Bernhard
Peter
Shah-i
Sinda - eine Straße voller Mausoleen in Samarqand
sog.
Ustad Alim-Mausoleum
Andere Namen: Mausoleum eines
Unbekannten I, Ustad Ali Mausoleum, Usto Ali Mausoleum, Ustad
Nasif Mausoleum, im "Pander": Nr. 10 im Grundriß
Erbauungszeit ca. 1385
Ca. in der Mitte der oberen Gräberstraße steht linkerhand vom
Weg ein einzelnes Mausoleum, dessen Auftraggeber oder
Bewohner nicht bekannt sind. Also benennen wir es
nach dem Baumeister, der wenigstens namentlich genannt ist: Laut
einer Inschrift wurde dieses Grabmal von Ustad Ali Nasafi, Ustad
= Meister, Nasafi = aus der Stadt Nasaf (Nesef, Karschi)
errichtet. Es ist eines der wenigen Mausoleen, die frei stehen
und aus einer vernünftigen Perspektive betrachtet werden können,
weil sie kein Gegenüber haben. Früher war hier der Weg auch mal
schmaler, aber im Zuge umfangreicher Restaurierungsarbeiten wurde
der Weg verbreitert und ein platzartiges Ensemble davor
geschaffen, das erholsam wirkt nach der korridorartigen Enge der
ersten Mausoleen nach dem mittleren Torbau. Früher stand es
einsam inmitten von Mauerresten, das ist jetzt alles
"aufgeräumt". Das Mausoleum hebt sich deutlich von den
anderen Mausoleen in der Fassadengestaltung ab. Es hat nicht die
vielen umgekehrt U-förmigen Friese um die Iwan-Nische in
unendlicher Staffelung, sich nur in Breite und Machart
unterscheidend, sondern es hat ein plastisches übergreifendes
Gestaltungskonzept der Fassade. Die eigentliche Besonderheit sind
die Fassadenpaneele rechts und links der Portalnische: Bänder,
die ihrerseits aus kufischer Schrift bestehen, folgen einem
überdimensionalen Muster mit Vignetten aus achtzackigen Sternen
oder Verdoppelungen derselben, die ihrerseits mit Platten
kufischer Schrift ausgefüllt sind. Ein großes
zusammenhängendes Ornament erzeugt einzelne Felder. Das Muster
selbst ist belegt mit einer Kufi-Inschrift (Quadrat-Kufi). Auch
die sich ergebenen Achtsterne sind mit Kufi-Schrift gefüllt. Die
Felder in Kreuzform hingegen haben Rankenwerk als Füllung. Ein
beispielloser Dekor mit extravaganter Überstruktur. Hellblau,
Weiß, Gelb und Grün sind die beherrschenden Farben. Um alles
läuft noch ein schmaler Kufi-Fries herum.
Die Kuppel auf polygonalem Tambour ist ein Meisterwerk für sich,
nicht so sehr wegen der Konstruktion, die der vieler anderer
Beispiele dieser Gräberstraße folgt, sondern wegen des
komplizierten Flechtwerks aus Linien im Innern, in dessen Felder
weitere Mosaiken eingepaßt sind. Der Tambour unter der flachen
blaufarbenen Kuppel ist außen komplett verkleidet. Leider war
der Dekor außen wie innen z. T. schwer beschädigt, ist aber
mittlerweile perfekt restauriert worden; nur wenge Lücken
mußten bleiben, in der Regel betrifft das die Inschriften, die
sich nicht vollständig rekonstruieren ließen. Von allen
Dekorationstechniken fehlt an diesem Mausoleum nur das
formgeschnittene Mosaik.
Innen handelt es sich um ein quadratisches Einraum-Mausoleum, die
seitlichen Nischen sind maximal 35 cm tief. Innen ist dies eines
der einzigartigsten Mausoleen, ein unglaublicher Reichtum an
geometrischen Ornamenten erwartet den Besucher. Alles ist aus
Cuerda-seca-Einheiten zusammengesetzt. Die untere Wandzone hat
mehrere exquisite Bildplatten in Cuerda-seca-Technik, wobei vor
allem das Gelb und das Rot in der Farbigkeit auffallen. Über der
Reliefplatten-Zone ist ein Cuerda-seca-Fries mit Flecht-Kufi,
darüber sind in Feldern bis zur Decke geometrische Ornamente
angebracht. Vier Trompen mit Muqarnas leiten zum Oktogon über.
Die Kuppel ist innen mit einem geometrischen Muster überzogen,
wegen der Krümmung sehr dynamisch, aber exquisit gelöst, in den
Feldern sind lauter Sternornamente, wodurch das Ganze wie ein
bildgewordenes Himmelsnetz wirkt. Unter dem Fußkreis der Kuppel
befindet sich ein umlaufendes Band mit Kufi-Inschriften, die
entweder sehr stark abstrahiert sind oder irgendwann einmal
fehlerhaft zusammengesetzt worden sind.
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