Bernhard Peter
Onomichi (Präf. Hiroshima): Jodo-ji


Tempel Jodo-ji, Lage und Touristisches
Der Jodo-ji (Joudo-ji) liegt direkt nördlich der Bahntrasse der Sanyo Line ganz im Osten der Altstadt von Onomichi (Adresse: 20-28 Higashikubocho, Onomichi). Wenn man dem offiziellen "Temple Walk" folgt, ist es der letzte Tempel der Route, zusammen mit dem Kairyu-ji ist es einer der östlichsten Tempel der Altstadt. Mit Berg-Namen heißt der Tempel Tenporinzan Jodo-ji (Tenpourinzan Joudo-ji).

Dieser Tempel unterscheidet sich von den meisten anderen durch den zinnoberroten Anstrich seiner Holzelemente, und auch durch seine großzügige Anlage. Und er ist der Tempel mit der wertvollsten Bausubstanz: Mehrere seiner Gebäude sind als Nationalschatz oder wichtiges Kulturgut eingestuft. Wie bei allen Tempeln von Onomichi ist auch hier das Tempelgelände frei zugänglich. Man kann aber gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes an einer halbstündigen Führung (ausschließlich japanisch) durch die Innenräume teilnehmen. Das ist lohnend, weil es nicht nur sehr schöne Fusuma-e im Inneren gibt, sondern auch viele wertvolle Kunstschätze nur so angeschaut werden können. Und nur so kommt man in die Gartenanlagen. Wie ganz Onomichi macht auch dieser Tempel einen authentischen Eindruck weitab der Touristenrouten, man fühlt sich als Gast unter Einheimischen, auch wenn dieser Tempel beliebter und belebter ist als viele andere Tempel in der Stadt.


Tempel Jodo-ji, Geschichte und Bedeutung
Der Jodo-ji ist ein sehr alter Tempel, dessen Gründung im Jahre 616 stattfand und Prinz Shotoku (574-622) zugeschrieben wird, einem der Wegbereiter des Buddhismus in Japan. Damit wäre der Jodo-ji der älteste Tempel von Onomichi. Gesichert ist jedenfalls, daß hier seit dem Ende der Heian-Zeit eine buddhistische Kultstätte bestand. Ab 1306 erfolgte mit der Haupthalle der Aufbau einer größeren Tempelstruktur, der eigentliche Ausbau. 1325 brannte der Tempel aber schon wieder ab und mußte neu aufgebaut werden. Er ist berühmt als ein Tempel, in dem Ashikaga Takauji im Vorfeld der Schlachten um Kyushu und am Minatogawa (Minato-Fluß) auf dem Hinweg nach Kyushu um den Sieg betete. Und auf dem Rückweg nach Kyoto hielt er noch einmal im Jodo-ji an. Dabei schenkte er 1336 dem Tempel eine Sammlung von 33 Gedichten (wichtiges Kulturgut). Sieben der Waka-Gedichte stammen von ihm selbst. Ashikaga Takauji bestimmte ferner den Jodo-ji zu einem der Schutztempel (Ankoku-ji) im Lande. Der Aufbau eines solchen Tempelnetzwerkes war ein Mittel der Ashikaga-Shogune zur Befriedung und Stabilisierung des Landes.

Der Tempel gehört zur Richtung des Shingon-Buddhismus. Das Hauptkultbild ist eine elfköpfige Kannon = Juuichimen Kannon (Juuichimen Kanzeon Bosatsu). Dieses Bild, Farbe auf Hinoki-Holz (Hinoki-Scheinzypresse, Chamaecyparis obtusa), stammt aus der frühen Heian-Zeit (9. Jh.). Der Tempel gehört zu den "Onomichi-shichi-butsu-meguri", den sieben Buddhas von Onomichi (das sind, jeweils mit Hauptkultbild: Jiko-ji = Amida Nyorai = Amida Buddha, Tenne-ji = Shaka Nyorai = Buddha Shakyamuni, Senko-ji = tausendarmige Kannon = Senju Kannon Bosatsu, Taisan-ji = Dainichi Nyorai, Saigoku-ji = Yakushi Nyorai, Jodo-ji = elfköpfige Kannon = Juuichimen Kanzeon Bosatsu, Kairyu-ji = tausendarmige Kannon, Senju Kanzeon Bosatsu).


Tempel Jodo-ji, Rundgang und Beschreibung
Das mit einem Satteldach versehene und mit Papierlaternen behangene San-mon (Tempeltor, wichtiges Kulturgut) erreicht man auf einer parallel der Bahngleise verlaufenden Straße, alternativ durch die Bahnunterführung auf geradem Weg die Treppen hoch. Das ca. 1332-1392 erbaute Tor ist vom Typ eines Shikyakumon, eines vierbeinigen Tores mit zwei Pfostenpaaren vor und hinter der eigentlichen Mittellinie. Das Dach ist im Kirizuma-Stil mit gleich langen Abständen zwischen First und Traufen auf beiden Seiten. Es ist mit Hongawarabuki gedeckt, also mit konkaven Ziegeln geringer Krümmung und stark konvexen, fast halbrunden Deckziegeln über den Stoßstellen. Am Tor sieht man das Familienwappen der Ashikaga-Shogune, den Ring mit zwei Balken darin.

Die Mauern der Gebäude links des San-mon sind zur Straße hin über dem Steinsockel mit dunklem Holz verkleidet, so daß wir drei Zonen übereinander sehen: Sockel aus diagonal gesetzten Hausteinen, Holzverbretterung, Putz mit gestäbten rechteckigen Sichtöffnungen, ganz oben das Ziegeldach. Nur rechts und links des San-mon besteht ein kurzes Stück des Abschlusses ganz aus Holz; dieses und die Holzelemente des Tores sind zinnoberrot angestrichen mit goldenen Balkenenden der Dachsparren. Rechts des Sanmon führt eine einfache verputzte Mauer auf Steinsockel um den ganzen Tempelbereich herum, bis zum Ost-Zugang und dem dort steil ansteigenden Berghang.

Das San-mon führt direkt auf die Haupthalle (Hondo) zu, welche als Nationalschatz klassifiziert ist. Sie ist einstöckig, mißt 5 x 5 Pfostenabstände und ist im Irimoya-Stil gedeckt. Das über dem Eingang rechteckig vorgezogene Dach ist ebenfalls mit Hongawarabuki gedeckt. Die Halle wurde 1327 vom Zimmermann Fujiwara Tomokuni im Wayo-Stil (japanischen Stil) erbaut und ist ebenfalls spät Kamakura-zeitlich. Eine kleine Adaptation an den Zen-Stil erfolgte durch das viereckig vorgebaute Vordach über der Stufenanlage der Frontseite.

Links vom Hondo führt ein in eine Abgrenzungsmauer eingebautes, 1712 erbautes Karamon mit geschwungenem Karahafu nordwärts in einen hinteren Bereich mit der Abtsresidenz (Hojo). Dieses Tor kam erst 1719 an diese Stelle, vorher stand es ein paar Jahre zwischen Hondo und Amidado. Der Hojo wurde mit Spenden wohlhabender Handelsmänner aus der Hashimoto-Familie im Jahre 1690 errichtet. Es mißt 16,7 x 13,1 m und trägt ein Dach im Yosemune-Stil (Walmdach) und ist mit Hongawarabuki-Ziegeln gedeckt. Zwischen Karamon und Hojo befindet sich ein Karesansui-Garten (Trockenlandschafts-Garten).

Ganz links befinden sich Kyakuden (Gästehalle) und Kuri (Küchenbau, privater Lebensbereich der Mönche), beide aus dem Jahre 1719, von denen ein Korridor zu den ganz im Westen liegenden Bauten und zum Museum führt. Der 15,90 x 12,0 m messende Kuri ist mit seiner Stirnwand zum großen Tempelhof ausgerichtet. Er trägt ein Dach im Kirizuma-Stil. Der Kyakuden ist rings um einen schmalen Innenhof gebaut. Vom Tempelhof aus sieht man den 18 m langen und 7 m breiten Ostflügel mit Yosemune-Dach.

Ein weiterer Korridor führt schräg nach Nordwesten zu einem Teehaus (Chashitsu) auf einem künstlichen Hügel, das Roteki-an genannt wird. Das Teehaus kam erst 1814 an diesen Ort und ist eine Spende der Familie Tomishima, wohlhabende Händler von der Insel Mukaishima auf der anderen Seite der Meerenge vor Onomichi. Die Legende sagt, daß dieses Teehaus einst im Schloß Fushimi gestanden haben soll (wie ach so viele Bauwerke), dann in den Hongan-ji in Kyoto kam, dann dort wieder abgebaut wurde und an die Familie Tomishima kam, die es wiederum zwei Jahrhunderte später dem Tempel stiftete. Wo auch immer es ursprünglich stand, es ist einstöckig mit einem Schilfdach im Irimoya-Stil.

Im Nordwesteck liegt der 1806 angelegte Garten (Jodo-ji teien) zwischen Teehaus und Hojo. Er ist als Stätte besonderer landschaftlicher Schönheit klassifiziert. Genau südlich des Teehauses und westlich des Kuri befindet sich ein zweistöckiges, 6 x 4 m messendes Lagerhaus für wertvolle Dinge (Hoko, Houko) aus dem Jahre 1759 im Kura-Stil mit Kirizuma-Dach (Satteldach). Ganz im Südwesten liegt noch ein zweiter Torbau, das Ura-mon (Hintertor) im Stil eines Nagaya-mon, also eingebaut in einen querstehenden Gebäudetrakt mit von der Rückseite zugänglichen Räumen rechts und links des Durchgangs. Durch dieses im späten 18. Jh. erbaute Tor, an dem jeder von Westen her ankommende Besucher zuerst vorbeigeht, kommt man von der Rückseite her zum Kuri.

Das Homotsukan ist das Museum bzw. Schatzhaus für die Kunstschätze des Tempels. Hier wird z. B. ein Mandala aus dem Jahre 1317 aufbewahrt mit einer Darstellung des Mandalas beider Welten (Kenbonshiki ryokai mandara-zu), Malerei auf Seide. Aus der Kamakurazeit bzw. wenig später aus der Nanboku-cho-Zeit stammen drei Skulpturen mit Shotoku-Darstellung (wichtige Kulturgüter). Sie sind aus mehreren Holzstücken zusammengesetzt (Yoseki-zukuri) und bemalt; die Augen sind mit Kristall eingelegt. Sie messen jeweils 94 cm, 68 cm und 135 cm in der Höhe. Hier wird weiterhin eine malerische Darstellung des Nirvana aus dem Jahr 1274 aufbewahrt; der historische Buddha auf dem Sterbebett umgeben von Gefährten und Tieren (wichtiges Kulturgut). An drei Seiten sind 16 kleine Szenen aus dem Leben Buddhas angeordnet. Weiterhin werden hier historische Schriftstücke aufbewahrt.

Östlich der Haupthalle liegt mit dem 1345 erbauten Amidado (Amida-Halle, wichtiges Kulturgut) eine zweite große Halle. Sie ist einstöckig, 5 x 4 Pfostenabstände (Interkolumnien, Ken) groß, 9 m breit und trägt ein Dach im Yosemune-Stil (Walmdach mit trapezoiden Längsflächen und dreieckigen Seitenflächen), welches mit Hongawarabuki-Ziegeln gedeckt ist. Innen befindet sich eine Sitzfigur von Amida Nyorai.

Im Osten des Vorplatzes, südöstlich der Amida-Halle, steht die zweistöckige Pagode (Schatzpagode, Tahoto, Tahoutou) mit elegant geschwungenen Dächern; sie wurde 1328 erbaut und stammt damit aus der späten Kamakura-Zeit. 1936 wurde sie umfassend restauriert, wobei etliche historische Schriften in der Dachspitze entdeckt wurden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schatzpagoden ist hier das Baujahr exakt bekannt. Sie ist als Nationalschatz klassifiziert. Ihre Basis bildet eine 3 x 3 Pfostenabstände (Ken) messende Konstruktion. Das Dach ist mit Hongawarabuki gedeckt. Innen wird eine Figur eines Dainichi Nyorai verehrt, des Himmlischen Buddha (Sanskrit: Vairocana), mit Begleitern. Die acht Patriarchen (Gründerväter) des Shingon-Buddhismus sind auf die Wände gemalt.

Gegenüber dem Amida-do finden wir am Südrand des Geländes den Glockenturm (Shoro). Nördlich der Pagode stehen versetzt zwei kleinere Hallen. Hier befindet sich die Halle Monju-do, in der Monju = Bodhisattva Manjusiri, der Bodhisattva der Weisheit, verehrt wird. Zwischen der linken Halle und dem Amida-do führt eine Treppe nordwärts den Hang hinauf (2019 Baustelle) zum Kaizando (Gründerhalle) auf der nächsten Ebene, und dahinter kommt der Friedhof. Der Kaizando liegt bereits unter dichten, hohen Bäumen. Ganz im Osten, wo man wieder auf die Straße gelangt, befindet sich mit dem Takano Daimyojin noch ein Shinto-Schrein, ebenfalls auf der nächsthöheren Ebene. Im östlichen und südöstlichen Bereich stehen mauernah einige sehr alte steinerne Grabdenkmäler, darunter eine 2,70 m hohe Pagode aus dem Jahre 1278 im Sutrenspeicherstil (Nokyo-to, Noukyou-tou) und zwei  im Hokyoin-Stil (Houkyouin-Stil). Davon ist die 3,20 hohe im Jahr 1348 erbaut worden, die kleinere, nur 1,90 m hohe stammt ebenfalls aus dem 14. Jh. Die erstgenannte, 2,70 m hohe wurde von Koua Yoshichika für seinen Vater errichtet. Die genannten drei Steinpagoden sind als wichtige Kulturgüter eingestuft.

Der Jodo-ji ist die 9. Station auf dem Chugoku-Kannon-Pilgerweg (Chugoku Sanjusan Kannon Reijo), der insgesamt 33 Kannon-Tempel in der Region Chugoku miteinander verbindet. Der Pilgerpfad ist relativ neu; die Route wurde erst 1981 festgelegt. In der üblichen Reihenfolge besucht man diesen Tempel nach dem Enko-ji (Enkou-ji, Myou-ou-in) in Fukuyama (8. Station). Danach pilgert man weiter zum Saigoku-ji (Sonderstation) und danach zum Senko-ji (Senkou-ji, 10. Station), beide in Onomichi. Übrigens gibt es rechts hinter dem Jodo-ji einen hübschen Wanderweg, der am Kairyu-ji vorbei zum Jodo-ji-yama hinaufführt. Die Dreiviertelstunde Anstieg zum Gipfel wird mit schönen Ausblicken auf die Stadt und die Inseln belohnt.


Übersicht über die Kunstschätze:
Nationalschätze:

wichtige Kulturgüter:


Jodo-ji, Sanmon, von Westen gesehen

Jodo-ji, Sanmon

Jodo-ji, Ema in Form von Brieftauben

Tauben bevölkern das Tempelgelände (und scheißen es zu)

Kuri von Osten

links Kyakuden, rechts Karamon

Jodo-ji, links Karamon, rechts Hondo (Haupthalle)

Jodo-ji, Hondo (Haupthalle)

Jodo-ji, Hondo (Haupthalle)

Jodo-ji, Hondo (Haupthalle)

 

vor der Haupthalle

links Amidado, rechts Tahoto

Jodo-ji, Amidado

Jodo-ji, Amidado

 

links Steinpagode, rechts Tahoto

Jodo-ji, Tahoto

Jodo-ji, Tahoto

 

Komainu


Literatur, Links und Quellen:
Jodo-ji (Daijouritsu-in) auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@34.411969,133.2104676,19.5z - https://www.google.com/maps/@34.4119496,133.2104462,140m/data=!3m1!1e3?hl=de
Jodo-ji:
https://en.wikipedia.org/wiki/J%C5%8Ddo-ji_(Onomichi) - https://de.wikipedia.org/wiki/J%C5%8Ddo-ji_(Onomichi)
Jodo-ji:
http://nihonisan-onomichi.jp/en/portrait/04_jodoji.php
Liste der Nationalschätze:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(temples)
Chugoku-Kannon-Pilgerweg:
https://en.wikipedia.org/wiki/Ch%C5%ABgoku_33_Kannon_Pilgrimage
Chugoku-Kannon-Pilgerweg:
http://www.kannon.org/
Karte:
https://tools.wmflabs.org/wp-world/googlmaps-proxy.php?page=https:%2F%2Ftools.wmflabs.org%2Fkmlexport%3Farticle%3DCh%25C5%25ABgoku_33_Kannon_Pilgrimage&output=classic
Pilgerschaft in Japan:
http://www.onmarkproductions.com/html/pilgrimages-pilgrims-japan.html
Pilgerwege in Japan:
http://www.onmarkproductions.com/html/holy-mountains-sacred-shrines.html
Kannon:
http://www.onmarkproductions.com/html/kannon.shtml
Jodo-ji:
https://shichibutsu.jp/temple/joudoji.php
Jodo-ji:
http://www.ermjp.com/j/temple/


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