Bernhard Peter
Kalender und Zeitrechnung:
Iran (7): Shahanshahi Ära - Einer der vielen Fehler von Schah Mohamed Reza Pahlevi

Im März 1976 AD führte der Schah von Persien, Mohamed Reza Pahlavi, im Rahmen seiner Rückbesinnung auf die altiranische Größe eine neue Ära ein (Gesetz vom 24. Esfand 1354 Hidschri Schamsi = 14. März 1976 AD). Der Kalender als solcher war der selbe, also der oben beschriebene neuiranische Kalender. Der neue Kalender wurde großspurig "kaiserlicher Kalender" oder "imperialer Kalender" genannt. Ausgangspunkt war die Gründung des Achmämenidenreiches unter König Cyrus I im Jahre 559 v. Chr.

Persische Ära: Sie kennzeichnet die Gründung der Monarchie in Persien. Sie ist auf den 28. März 559 v. Chr. (nach dem Julianischen Kalender) festgelegt. Das Jahr 559 v. Chr. entspricht dem Jahr 1 der persischen Ära bzw. Ära Shahanshahi, wie sie auch genannt wurde. Das Jahr 1976 AD bzw. 1354/1355 Hidschri-Schamsi, das erste Jahr nach der neuen ("alten") Ära war damit das Jahr 2534/2535 PE.

Christliche Zeitrechnung (AD) in Persische Ära (PE), Shahanshahi:
1. Januar bis Nawruz: PE = AD + 558
Nawruz bis 31. Dezember: PE = AD + 559

Persische Ära (PE), Shahanshahi in christliche Zeitrechnung (AD):
1. Januar bis Nawruz: AD = PE - 558
Nawruz bis 31. Dezember: AD = PE -559

Hidschri-Schamsi und Shahanshahi unterscheiden sich um genau 1180 Jahre, ansonsten sind die Kalender genau gleich.

Diese Ära ist ein Politikum. Nicht zuletzt die Rückkehr zur altpersischen Königstradition als Ausgangspunkt für die Jahreszählung hat dem letzten Schah Reza Pahlevi das Genick gebrochen, genau wie die extravagante Feier der Persischen Monarchie im Jahre 1971, die große Feier in Persepolis - an der eigenen Bevölkerung vorbei. Schah Mohamed Reza Pahlavi, eigentlich ein Vertreter einer äußerst jungen und zudem kurzlebigen Lametta-Dynastie ohne Tradition und nennenswerte Leistungen, sah sich in seiner Verblendung offensichtlich als Vollender einer 2500 jährigen Königstradition. Einmal abgesehen von der Lächerlichkeit und Eitelkeit dieses Kultes um seine Person waren diese Ereignisse schwerwiegende politische Fehler, die den Schah von seinem islamisch geprägten und islamisch denkenden Volk noch mehr entfremdeten. Gerade der Wechsel der Ära erschien dem tiefgläubigen Volk und dem Klerus als unislamisch bzw. schlimmer: als anti-islamisch - eine grobe Verkennung der Tatsache, daß im Iran eine 1300jährige islamische Kultur mittlerweile staatstragend geworden ist und die Achämeniden nur die Archäologen interessieren. Das alles beiseite zu wischen, wurde von Volk und Klerus als Hybris empfunden und entzog einem solchen Herrscher die Legitimation durch den Konsens der Bevölkerung. Der Shah driftete immer weiter ab in seiner Vision neuer iranischer Größe in Tradition des alten Reiches und verkannte immer mehr, was es wirklich in seinem Reich geschlagen hatte und welches die Stimmung in der Bevölkerung war. Selbst ein Schah von Persien kann nicht gegen die Bevölkerung regieren. Solche schweren politischen Fehler machten es seinen Gegnern, insbesondere im Umfeld des Ayatollah Khomeini, leicht, ihn schließlich zu stürzen. Daran konnte auch die hastige Rücknahme dieses Kalenders und dieser Ära im August des Jahres 1978 (5. Shahriwar 1357 Hidschri-Schamsi, 27. August 1978 AD), als sich die Stimmung im Lande drastisch zu Ungunsten des Shahs veränderte (Brand im Rex-Kino in Abadan mit 400 Toten), unter dem neuen Premierminister Jafar Sharif-Emami im Rahmen dessen Appeasement-Maßnahmen zur Besänftigung der aufgebrachten Bevölkerung nichts mehr ändern. Schon am 7. September 1978 wurde in Teheran und in 11 anderen Städten Kriegsrecht verhängt, und 1979 erfolgte die islamische Revolution durch Ayatollah Khomeini. Somit hatte ein Kalender nicht unwesentlichen Anteil am Sturz des Schahs und an der Errichtung der Islamischen Republik. Gerade zwei Jahre hat der politische Fehler gedauert - 27 Jahre dauern inzwischen schon die Folgen.

Mit der Umwandlung des Iran in eine Islamische Republik ist die Persische Ära hinfällig geworden. In der Islamischen Republik Iran gibt es zwei Kalender nebeneinander: 1.) den bürgerlichen, staatlichen Sonnenkalender und 2.) den religiösen, islamischen Mondkalender. Beide haben als Beginn ihrer Zeitrechnung die Hijra des Propheten, kommen aber auf unterschiedliche Jahre. Beide haben ferner einen unterschiedlichen Jahresanfang - der eine fängt am 1. Farwardin an, d. h. an Nawruz, der andere am 1. Muharram, welcher durch das Sonnenjahr wandert.

Beispiel:
Heute ist der 2.2.2006 AD, der 3. Muharram 1427 Hidschri-Qamari und der 13. Bahman 1384 Hidschri-Schamsi. Die Differenz zwischen beiden Hidschri-Zählungen ist also schon auf 43 Jahre angewachsen (ca. 3 % der verflossenen Zeit). Im Imperialen Kalender wäre es der 13. Bahman 2564 Shahanshahi.

Dazu wird als 3. Kalender natürlich im internationalen Verkehr der Gregorianische Kalender gebraucht.

Iran (1): Die unterschiedlichen Ären
Iran (2): Der Achämeniden-Kalender
Iran (3): Zeit für Schaltungen unter den Sassaniden
Iran (4): Der Kalender von Yazdegar III
Iran (5): Vom Malik-Schah-Kalender bis zum Gesetz von 1911
Iran (6): Der neuiranische Kalender
Iran (7): Shahanshahi Ära - Einer der vielen Fehler von Schah Mohamed Reza Pahlevi
Iran (8): Literatur zu iranischen Kalendersystemen

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