Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 777
Hameln

Das Dempterhaus in Hameln

Das Dempterhaus in Hameln (Am Markt 7) ist ein Meisterwerk der Weserrenaissance. Vom Typus her folgt das Bürgerhaus noch dem traditionellen gotischen Giebelhaus, ist aber auf seiner Fassade über und über mit den neuen Motiven der Renaissance in ihrer spezifischen Ausprägung der Weserrenaissance überzogen: Auslucht, Bossenquader, Beschlagwerk, Kerbschnittbänder, Löwenfratzen, Obelisken, Kartuschen.

Das Bruchsteinmauerwerk eines gotischen Vorgängerbaus wurde als Unterbau für das zweite Obergeschoß und den Giebel in Fachwerkbauweise verwendet. Man beachte die reiche Beschlagwerksornamentik an den geschnitzten Brüstungsplatten im 2. Obergeschoß und in beiden Giebelgeschossen. Die beiden unteren Geschosse sind in Stein ausgeführt und sind durch eine regelmäßige Abfolge von Glatt- und Kerbschnittbändern gegliedert. Die schichtweise Gliederung betont die Horizontale. Die Auslucht erstreckt sich über zwei Geschosse und hat je drei Fensterachsen zwischen je vier Säulen. Die Steinbänder sind mit Beschlagwerk verziert, Löwenköpfe und Gesichter verzieren die vertikalen Elemente. Die Füllungen enthalten reich ornamentierte Kartuschen. Die Auslucht trägt in ihrem figürlich geschmückten Giebel die Jahreszahl 1608. Offensichtlich hat bei diesem Haus das Leisthaus Pate gestanden, die Figur über der Auslucht ist hier jedoch die antike Göttin Ceres. Diese Göttin des Ackerbaus war für die Korn- und Mühlenstadt Hameln von herausragender mythologischer Relevanz. Tatsächlich ist die Nischenfigur vor der Muschel jedoch eine Neuerwerbung, 1970 von den Eignern in Norditalien erworben, zwar kein authentisches Fassadenelement, doch ungemein passend.

Die Bauinschrift über dem Portal lautet: "ANNO 1607 INVIDIA FORTVNAE COMES (Der Neid ist der Begleiter des Glücks) TOBIAS V DEMPTER ET ANNA BOCKS ME FIERI CVRARVNT (Tobias v. Dempter und Anna Bock ließen mich erbauen)".

Rechts und links der Bauherreninschrift befinden sich die beiden Wappen. Hier das Wappen der Ehefrau Anna Bocks = Bock, ein redendes Wappen. Anna Bock wurde ca. 1584 in Hameln geboren und war die Tochter von Johannes Bock, Superintendent und Magister, und Mechthild Kaiser. Anna Bock brachte das Haus ihres Vaters am Markt 7 mit in die Ehe, und ihre Eltern lebten bis zu ihrem Tode im nun auch von dem jungen Ehepaar bewohnten Haus.

Auf der optisch linken Seite das Wappen des Ehemannes, Tobias von Dempter mit dem Rosenast, von dem zwei gestielte Blüten nach oben sprossen, über einer Hausmarke. Als Helmzier zwei sich überkreuzende gestielte Rosen zwischen einem Paar Büffelhörner. Tobias von Dempter war Großhandelskaufmann und Essigfabrikant. Er war auch seit 1612 Ratsherr und ab 1629 Bürgermeister von Hameln, insgesamt 15mal. 1625 rettete er die Stadt vor der Zerstörung durch Tilly. Er entstammte einer Patrizierfamilie und war der Sohn des Kaufmanns Heinrich Koopmann-Eggers, der im 16. Jh. aus religiösen (spanische Besetzung) und wirtschaftlichen (Versandung des Hafens und dadurch Verarmung der Stadt) Gründen aus Deventer in den Niederlanden nach Hameln kam, und so entstand der Familienname, von Dempter = van Deventer. Heinrich Koopmann-Eggers = Heinrich van Deventer hatte Adelheid van Todelingen zur Frau, ebenfalls einer Patrizierfamilie entstammend. Tobias von Dempter wurde am 15.6.1583 in Hildesheim geboren und starb am 24.3.1657 in Hameln, 74 Jahre alt. Seine Eltern starben beide früh; nach dem Tod der Mutter kam er in die Schule nach Hameln, danach nach Hannover und Lemgo. Er studierte 1600-1605 in Marburg, Wittenberg und Leipzig und heiratete Anna Bock in Hameln im Jahre 1606, dreiundzwanzigjährig. Durch die Eheschließung kam er in Besitz des Elternhauses seiner Frau, das er nun 1607-08 umbaute, obwohl das Ergebnis eher ein kompletter Neubau im Stile der Zeit war.

Portalbogen mit typisch gearbeiteten Quadern, Löwenmaske und Rosetten innerhalb Beschlagwerkfeldern.

Detail der Auslucht, Zone zwischen beiden Stockwerken, den ganzen überreichen Schmuck der Weserrenaissance illustrierend. Heute präsentiert sich das Haus in hervorragend restauriertem Zustand (Elisabeth Tönebön, Helmut Hundertmark (Architekt)).

Literatur, Quellen und Links:
Informationstafeln am Gebäude
Erholung mit Kunst und Kultur: Die Weserrenaissance 1-3, herausgegeben vom Fremdenverkehrsverband Teutoburger Wald e.V. in Detmold, Bielefeld 1988, ISBN 3-926843-16-0
Ein herzliches Dankeschön an Frau Ingelore Frank für wertvolle Hinweise.
Dempterhaus, Beschreibung und Genealogie:
http://www.kanzlei-dempterhaus.de/sites/dempterhaus.htm

Hameln: Dempterhaus - Leisthaus - Haus Lackemann - Rikehaus/Rattenkrug - Hochzeitshaus - Emmernstraße 12 - Alte Marktstraße - Kiepehof/Feuerwache

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