Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 578
Friedberg (Wetterau)

Wappen in der Burg Friedberg

Burg Friedberg bietet eine außergewöhnlich reichhaltige Zusammenstellung von Wappen. Insgesamt finden wir an 18 Stellen über 50 Vollwappen bzw. Wappenschilde aus mehreren Jahrhunderten, vom 15. bis zum 18. Jh., in den Stilen von der Spätgotik bis zum Frühklassizismus, wobei der Bogen thematisch von der Reichsritterschaft bis zum Deutschen Orden gespannt wird. Das älteste Wappen befindet sich am sog. Teehäuschen hinter der Rentei, eine unscheinbare Sandsteinplatte an der Westwand mit einem von St. Georg gehaltenen Reichsadler-Wappen, datiert auf 1496. Der jetzige Platz ist nicht der ursprüngliche, es ist zu vermuten, daß es früher am Südtor war vor dessen Umbau. Die jüngsten Wappen sind die frühklassizistischen an der Burgkirche. Im einzelnen gibt es folgende Fundstellen:

Abb.: Position aller Wappenfundstellen in Burg Friedberg im schematischen Burggrundriß.

Friedberg: Deutschordenshaus

Das Deutschordenshaus in Friedberg befindet sich innerhalb der weitläufigen Burganlage (eine der größten Burgen Deutschlands) und ist an das Burggrafiat angebaut. Ursprünglich war es ein Burgmannenhaus, nämlich das der Grafen von Dörnberg. Ab 1491 diente es dem Deutschen Orden als Sitz und Niederlassung. Im Barock kam es zu einem vollständigen Neubau des Deutschordenshauses, dessen Pläne kein Geringerer als der Architekt Maximilian von Welsch fertigte. In den Jahren 1716-1718 wurde er ausgeführt. Auftraggeber war der Landkomtur der Ballei Hessen (Sitz in Marburg), Kardinal Damian Hugo von Schönborn. Erst 1809 verließ der Deutsche Orden Friedberg im Zuge der Säkularisierung. Danach wurde das Gebäude zusammen mit dem benachbarten Feldwebelbau als Kaserne verwendet. 1833/34 waren hier Gefährten Georg Büchners inhaftiert. Heute dient das Gebäude nach vorbildlicher Restaurierung staatlichen Behörden als Sitz (Finanzamt).

Wappen des Landkomturs
Über dem Portal befindet sich das Prunkwappen des Bauherren, Kardinal Damian Hugo von Schönborn, Landkomtur der Ballei Hessen.

  • Herzschild: In Rot auf drei silbernen Spitzen ein schreitender goldener Löwen mit blauer Krone. Stammwappen der Grafen von Schönborn. Darüber: Reichsständische Grafenkrone.
  • Hauptschild:
  • Die Anzahl der Fiocchi ist auf den ersten Blick etwas verwirrend, sieht man doch unten nur je vier. In der zweituntersten Reihe sind aber drei und ein angeschnittener zu sehen, und von der Höhenverteilung kommen wir insgesamt auf fünf Reihen. Ferner wird der äußerste untere von nur einer Kordel getragen, der letzte sichtbare auf der Innenseite jedoch von zweien. Aus all dem ist zu folgern, daß hier dem Schild erlaubt wurde, den jeweils innersten der unteren Reihe zu verdecken, es also insgesamt 2x 15 Fiocchi sind - dem Kardinalsrang entsprechend, den er 1713 erhalten hatte.

    Lebenslauf von Damian Hugo von Schönborn

    Zwei Deutschordenskreuze:
    Damian Hugo von Schönborn ist aufgrund seiner Karriere und Ämterakkumulation ein besonderer Mensch. So wundert es nicht, daß er im Gegensatz zu den meisten anderen Deutschordens-Würdenträgern zweimal das Deutschordenskreuz im zusammengesetzten Schild führt. Ein Deutschordenskreuz in das Wappen selbst aufzunehmen war Landkomturen und höheren Rängen vorbehalten. In der Regel wurde ein gevierter Schild verwendet, in zwei Feldern das Familienwappen, in den anderen beiden Feldern das Deutschordenskreuz, früher ein durchgehendes schwarzes Kreuz in Silber, später auch ein Tatzenkreuz oder getatztes Kreuz. Obwohl zweimal abgebildet, stand es für eine einzige Würde, so wie auch das Familienwappen in zwei Feldern repräsentiert war, aber für eine einzige Familie stand. Nicht so in unserem Falle: Hier führt Damian Hugo von Schönborn tatsächlich zwei Landkomturs-Kreuze, weil er Landkomtur von zwei verschiedenen Balleien war, in der Landkommende Marburg (Ballei Hessen) und in der Landkommende Alden-Biesen (Ballei Alden-Biesen). Die zwei Kreuze können in ein größeres Komplexwappen als zwei einzelne Felder aufgenommen werden (wie hier, desgleichen an der Marburger Deutschordenskommende) oder aber in einem separaten Schild geführt werden, wie in den Darstellungen am Bruchsaler Schloß, dort zusätzlich bereichert um ein den Schilden unterlegtes Deutschordenskreuz, wie es jeder Deutschordensritter führen darf. Somit führt er hier wirklich zwei Deutschordenskreuze mit zwei verschiedenen Bedeutungen.

    Wappen des Deutsch- und Hochmeisters
    Ganz oben im Giebel ist das Wappen des damaligen Deutsch- und Hochmeisters angebracht, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg. Das Wappen ist aufgeteilt in Hauptschild, Mittelschild, Hochmeisterkreuz und Herzschild und nochmals einen winzigen Schild auf diesem, hat also rein formal 5 (!) Ebenen übereinander. Der Hauptschild enthät das Familienwappen, also amtsunabhängige Komponenten, die auch während seiner Lebenszeit nicht verändert wurden. Der Mittelschild enthält Amtswappen, die im Laufe seiner Karriere Änderungen erfuhren. Zwischen Mittelschild und Herzschild liegt das Großmeisterkreuz, der Herzschild mit dem schwarzen Adler in Gold gehört zu ihm. Das winzige Herzschildchen ganz obenauf ist wieder ein kirchenamtsabhängiges Detail. Das eigentliche Stammwappen ist aber das der Wittelsbacher, von denen die Herzöge von Pfalz-Neuburg abstammen, als schmalrechteckiges Feld eingeklemmt zwischen den Pfälzer und Jülicher Löwen und dem Wormser Schlüssel.

    Hauptschild: Familienwappen der Herzöge von Pfalz-Neuburg. Geviert:

    Der Mittelschild enthält ausschließlich geistliche Ämter. Dieser Mittelschild hat sich im Laufe des Lebens entsprechend verändert, er wurde immer den jeweiligen Ämtern angepaßt. Frühe Hochmeisterwappen zeigen im Mittelschild Worms, Ellwangen und Breslau, welches beide unteren Felder einnimmt. Als Fürstbischof von Trier rückt Breslau in ein einziges Feld (wie hier in Feld 3), das Prümer Lamm belegt Feld 4. Ein kleiner Herzschild (Ebene 5) noch auf dem Hochmeister-Herzschild zeigt das Trierer rote Kreuz in Silber. 1729 wurde dieses gegen das Mainzer silberne Rad in Rot ausgetauscht, dem Ämterwechsel entsprechend. Hier finden wir ein Wappen aus der Zeit als Trierer Fürstbischof:

    Die dritte und vierte Ebene des Wappens bildet das über alles gelegte Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz. Herzschild in Gold, belegt mit einem schwarzen Adler. Das aufgelegte kleinste Schildchen zeigt in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz, Zeichen des Fürstbistums Trier, sein zu der Zeit wichtigstes Amt.

    Zur Territorialgeschichte der einzelnen Komponenten des Wappens existiert ein eigener Artikel (ehem. Pfarrhaus Ellwangen).

    Lebenslauf von Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Fürstbischof von Trier und Mainz (Hochmeister 1694–1732)

    Hier friedlich vereint, doch in Wahrheit....
    Hier stehen sie übereinander, die beiden Wappen. Doch so friedlich standen sich die beiden Herren nicht immer gegenüber. Damian Hugo vernachlässigte seine Ballei Hessen. 1723 fand eine Visitation statt. Visitationen waren durchaus nichts Ungewöhnliches, eher normal. Hier aber waren schwere Vorwürfe vorausgegangen, so daß die Visitation zu einer strengen Inspektion wurde. Ursächlich waren die ständige Abwesenheit des Landkomturs, während der die Ballei verlotterte. Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg schrieb eigenhändig an Damian Hugo von Schönborn, daß dieser entweder ab sofort in Marburg zu residieren habe und sich persönlich um die Angelegenheiten kümmern solle oder aber die Einsetzung eines Statthalters akzeptieren solle - natürlich in geschraubten und höflichen Formulierungen, aber de facto war es ein Ultimatum, seinen Marburger Saustall in Ordnung zu bringen. Natürlich war Damian Hugo ein Meister im "Niemand versteht mich, alle sind so böse zu mir". Fakt aber ist: Man kann nicht zwei Balleien und ein Bistum und diverse eigene Kommenden gut und gleichzeitig führen, solange man ein Mensch ist und der Tag nur 24 Stunden hat. Da war der Hochmeister wohl im Recht.

    Position der besprochenen Wappen im schematischen Burggrundriß.

    Literatur, Quellen und Links:
    Siebmachers Wappenbücher, bes. Band Bistümer
    Informationstafel am Gebäude
    Michael Keller, Stadtführer Friedberg, hrsg. vom Friedberger Geschichtsverein e.V., ISBN 3-87076-072-9
    Michael Keller, Klaus-Dieter Rack, Hans Wolf, Burg Friedberg - Adolfsturm - Römisches Bad, hrsg. vom Friedberger Geschichtsverein e.V.
    Friedberger Geschichtsverein:
    http://www.friedberger-geschichtsverein.de
    Burggymnasium
    http://www.burggymnasium-friedberg.de/index.html - http://www.burg100.de/ - Burggeschichte: http://www.burg100.de/burggeschichte/burggeschichte.htm
    Hans Wolf, Michael Keller, Dr. Klaus-Dieter Rack, Dr. Vera Rupp: Burg Friedberg:
    http://www.fh-friedberg.de/fbhistorisch/Burg_Friedberg.pdf
    http://www.bautz.de/bbkl/s/s1/schoenborn_d_h.shtml
    Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst: Damian Hugo von Schönborn, Verlag Regionalkultur, 2001, ISBN 3-89735-173-0
    Burg Friedberg:
    http://www.wissenportal-friedberg.info/index.html - Geschichte: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal18.html - Georgsbrunnen: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal07.html - Rundgang: http://www.wissenportal-friedberg.info/Rundgang_Burg.html - Südseite: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal03.html - Nordseite: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal04.html - Burgkirche: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal08.html - Wache und Kanzlei: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal09.html - Schloß: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal06.html - Wetterauer Rittergesellschaft: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wetterauer_Rittergesellschaft.html
    Burgfreunde Friedberg:
    http://www.burgfreunde-friedberg.de/index2.html
    Kulturdenkmäler in Hessen:
    http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=5496&session=913&event=Query.Details (Landesamt für Denkmalpflege Hessen)

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    Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn
    Wappen der Wittelsbacher (1): Pfalz
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