Bernhard
Peter
Kyoto,
Nanzen-ji (8): Subtempel Konchi-in, Beschreibung und 1. Teil
Der Subtempel Konchi-in befindet sich im Südwesten des Nanzen-ji-Tempelkomplexes, noch diesseits des Chumon. Es handelt sich um einen einst selbständigen Tempel, der im frühen 15. Jh. von Shogun Ashikaga Yoshimochi an anderem Ort im nördlichen Kyoto gegründet wurde. Der Gründungsabt war Daigo Tokuki Zenshi, der 68. Abt des Tempels Nanzen-ji. Im Onin-Krieg wurde der Tempel zerstört. 1605 wurde der Tempel verlegt und kam unter die Oberhoheit des Nanzen-ji. Der Wiederaufbau erfolgte durch Ishin Suden (1569-1633), den 3. Oberpriester des Konchi-in. Ishin Suden stand den ersten beiden Tokugawa-Shogunen sehr nahe und diente ihnen 1608-1633 als Vertrauter und Ratgeber, so sehr, daß man ihn als "Premierminister in schwarzer Robe" titulierte. Er trug jedenfalls zur Festigung der Macht des Tokugawa-Shogunates bei. Ishin Suden wurde 1619 Tenka Soroku, Verwaltungsoberhaupt der Gozan-Tempel, und bekam 1626 von Kaiser Go-mizuno-o den Titel Enshohonko verliehen, Lehrmeister der Nation. Im Namen des Shoguns ernannte er die Oberpriester der einzelnen zum Rinzai-Zen-Buddhismus gehörenden Tempel, eine außerordentlich herausgehobene Stellung. Auch die nachfolgenden Äbte des Konchi-in nahmen für rund 250 Jahre die Aufgaben des Sorokuji wahr, bis zu den Meiji-Reformen 1868. Zur Erinnerung an Ishin Suden wird jedes Jahr am 19. und 20. Februar ein Gedächtnisgottesdienst abgehalten.
Nach Norden grenzt ein Tor vom Typ eines Koraimon den Bereich von der Hauptachse des Nanzen-ji ab. Der Zugang zum Konchi-in erfolgt von Osten. Dort befinden sich zwei Tore, nördlicher das Daimon, welches der Besucher benutzt, und südlich das Romon, ein turmartiges Tor, das aber normalerweise geschlossen ist. Das vom Besucher benutzte äußere Tor ist unspektakulär, ein vierbeiniges Tor mit konkav geschwungenem Satteldach. Passiert man dieses, liegt rechterhand das Tickethäuschen. Geradeaus kommt man zum Kuri. Nach einer 90°-Wendung nach links kommt man zu einem sehr schönen zweiten Tor mit geschwungenem Dach. Dieses wird Akechi-mon genannt, Akechi-Tor. Das Tor ist im eleganten Momoyama-Stil erbaut worden, der stark von chinesischen Formen und Liebe zu Schmuck und Detailreichtum geprägt war. Akechi Mitsuhide (1528-1582), General unter dem japanischen Kriegsherren Oda Nobunaga, später Verräter und Mörder seines Dienstherrn, spendierte dieses Tor im Jahre 1582 zusammen mit einer Donation von 1000 Goldstücken dem Tempel Daitokuji, um das Andenken an seine Mutter zu ehren. Im Jahre 1868 wurde es dort abgebaut und hierhin versetzt.
Dahinter befindet sich eine sehr große und weitläufige Anlage mit großem Garten. Der Gartenteich (Benten-chi) wird von Wasserschildkröten bevölkert; und der ganze Park ist eine großartige Naturoase mit ganz unterschiedlich durchgestalteten Bereichen, von maximal arrangierter Inszenierung bis zu üppiger und wilder Natur. Schildkröten, Libellen, Nattern - das ist ein einzigartiger Lebensraum voller Tiere, und es lohnt sich, auch darauf zu achten, was hier alles lebt. Der Garten wurde zwischen 1611 und 1632 angelegt. Er macht sich das Prinzip der "geborgten Landschaft" (Shakkei) mit der Kulisse der im Süden und Osten liegenden Hügel zunutze.
Der Weg führt durch Moos-Gärten südwärts zum Romon und biegt dann nach Westen ab, wo man erst ein Chouzusha (Handwaschbecken und dann ein Torii passiert, ehe man über einen laternengesäumten Weg zu einer separaten Baueinheit kommt. Im Konchi-in befindet sich ein Toshogu-Schrein (alles lang gesprochen: Toushouguu). Das im Stil Gongen-zukuri errichtete Bauwerk ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Dieser ist von einer rechteckigen Mauer umgeben, die im Osten ein Tor (Onarimon) mit Karahafu und mit Schnitzereien und Tokugawa-Wappen besitzt (Stand 2019; Dach wird repariert). Dahinter kommt man zum eigentlichen Schrein. Er besteht aus zwei aneinandergebauten Teilen, dem Haiden vorne und dem Honden hinten. Ishin Suden ließ dieses Bauwerk zum Gedächtnis an Tokugawa Ieyasu im Jahr 1628 errichten, in Übereinstimmung mit dem letzten Willen des 1616 verstorbenen Shoguns. Der Kult um den Dynastiegründer wurde von dessen Enkel aktiv gefördert, um Autorität und Legitimitätsanspruch der Dynastie zu stärken. Die Außenwände des renovierungsbedürftigen Schreines sind mit exquisiten Schnitzereien verziert. Reste der Farbfassung und der Lackarbeiten im Innern lassen die einstige Pracht erahnen. Die Ziegel von Schrein und Mauerdächern tragen das Tokugawa-Wappen, die drei Asarum-Blätter im Dreipaß, aus einem Kreis nach innen wachsend. Man verläßt das Gelände durch ein kleines Tor (Mon) auf der Nordseite und schreitet den Hang hinunter.
Nach dem Shinto-Bauwerk kommt man nun zu einem buddhistischen Gebäude (Kaizando) mit einer Figur des Gründers Ishin Suden in der Mitte, zwei Figuren seitlich hinter Gittern verborgen, noch einmal zwei Figuren in Nischen an der Stirnwand und je 8 weiteren Figuren heiliger Männer zu beiden Längsseiten. Dahinter liegt ein Friedhofsbereich.
Danach gelangt man zur Haupthalle (Hojo, Abtsquartier, wichtiges Kulturgut). Die Veranda ist frei zugänglich, hier herrscht aber abolutes Photoverbot, und so kompromißloses wie sensibles Personal wacht auf Einhaltung. Nur in Richtung auf den Garten (Teien) darf man photographieren. Der Kranich-und-Schildkröte-Garten wird Kobori Enshu (1579-1647) zugeschrieben. Die große Fläche besteht aus geharktem weißem Kies (Shirasu), welcher den Ozean darstellt. Hinten staffeln sich sorgsam geschnittene Büsche und Bäume zu einer Landschaft. Mit dem Hojo im Rücken erkennt man rechterhand die Kranichinsel (Tsurushima) mit Flügel-Stein und Schnabel-Stein und linkerhand die Schildkröteninsel (Kamejima) mit Panzer-Stein und Kopf-Stein. Weitere Elemente sind Steinbrücke (Ishibashi) ganz rechts, Tobi-ishi, Raihai-seki (Yohai-seki, ein langer flacher Stein wie ein niedriger Altar, der sogenannte Anbetungsstein), ein eine buddhistische Triade darstellender Felsen und und Horai ishigumi (Insel der Unsterblichen) in der Mitte.
Die sechsräumige Haupthalle und ein nicht mehr hier vorhandenes Karamon stammen von der auseinandergenommenen Burg Fushimi. Die Gebäude wurden 1627 hierhin versetzt. Besagtes Tor wurde in der Meiji-Zeit in den Hokoku-Schrein versetzt, Teil der Politik der Meiji-Herrschaft, die buddhistischen Tempel zu schwächen, und sei es durch Raub nicht nur ihres Grundbesitzes, sondern auch ihrer Kunstwerke, und die Shinto-Schreine zu stärken. So ändern sich die Präferenzen: Die Burg Fushimi wurde von Toyotomi Hideyoshi erbaut, um Kyotos Südostflanke zu schützen. Die Burg spielte eine wichtige Rolle bei der Machtergreifung durch Tokugawa Ieyasu. Und selbiger ließ sie abtragen, zum einen, weil er den Einwohnern keine Chance geben wollte, sich der Befestigung gegen ihn selber zu bedienen, zum anderen, weil die Erinnerung an Toyotomi Hideyoshi klein gehalten werden sollte. In der Meiji-Zeit war es umgekehrt: Toyotomi Hideyoshi wurde wieder aus der Geschichte als Held und zweiter der drei Reichseiniger hervorgeholt, und ihm wurde ein prächtiger Schrein erbaut, und man war glücklich, dafür ein Originalstück der von ihm einst errichteten Burg zu "bekommen". Zugleich war es ein politisches Instrument, den bis dahin mit höchster Achtung behandelten Tempelkomplex des Nanzen-ji im Prestige zu schmälern.
Innen sind hervorragende Gemälde der Momoyama-Zeit und der frühen Edo-Zeit zusehen (separater Eintritt wird erhoben). Die Bilder auf den Wänden stammen von Kano Tanyu und Kano Naonobu. Dahinter führt der Weg weiter zum Teehaus. Das 3 Daime (3/4 große Tatami-Matten) messende und 1627 erbaute Teehaus (Chashitsu) Hasso-no-seki mit seinen acht Fenstern (wichtiges Kulturgut) wird Kobori Enshu (1579-1647) zugeschrieben. Es gilt als das beste Teehaus der "drei größten Teehäuser von Kyoto". Im angrenzenden "Kleinen Shoin" befindet sich eines der berühmtesten Bilder, es stammt von Hasegawa Tohaku und zeigt einen Affen, der nach einem Spiegelbild des Mondes in einem Teich greift - eine Zen-Parabel für das Anhängen an Illusionen (wichtiges Kulturgut). Auch die Darstellung der "Alten Kiefer" stammt vom gleichen Künstler. Noch weiter nördlich ist ein Pavillon auf sechseckigem Grundriß angebaut (Rokkaku do).
Korai-mon am Übergang zur Hauptachse des Nanzen-ji
dito
Romon
Romon
Daimon
Daimon
Shishi am Daimon links
Shishi am Daimon rechts
Kuri von Osten
Kuri
Kuri von Südosten
Kuri mit Genkan von Südosten
Genkan
Genkan von Süden
Akechi-mon von Norden
Akechi-mon von Nordosten
Akechi-mon von Südwesten
Blick durchs Akechi-mon nach Norden auf den Genkan
Moosgarten
Moosgarten
Im Moosgarten fühlt sich eine Natter wohl
Benten-chi, ein Paradies für Wasserschildkröten
Seerosen im Benten-chi
Benten-chi mit Ishibashi
Moosgarten
Schnitzereien am Onari-mon vor dem Toshogu
Gegenseite
Wappen der Tokugawa-Shogune: Tokugawa-Kamon am Onari-mon
Literatur,
Links und Quellen
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@35.010208,135.7906468,19.25z - https://www.google.de/maps/@35.0102714,135.7905355,138m/data=!3m1!1e3
Subtempel Konchi-in: http://www.japanesegardens.jp/gardens/secret/000067.php
Subtempel Konchi-in: https://www.jnto.go.jp/eng/spot/gardens/konchiin.html
Subtempel Konchi-in: https://www.insidekyoto.com/konchi-in-temple-northern-higashiyama
Subtempel Konchi-in: https://www.japanhoppers.com/de/kansai/kyoto/kanko/1172/
Subtempel Konchi-in: https://japan-kyoto.de/konchiin-subtempel-des-nanzenji-kyoto/
Subtempel Konchi-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report665.html
Ian Littlewood, Ayumi Oe Littlewood: Kyoto Without Crowds, A
Guide to the City's Most Peaceful Temples and Gardens, 264 S.,
CreateSpace Independent Publishing Platform, 1. Auflage 2018,
ISBN-10: 1978158998, ISBN-13: 978-1978158993, S. 96-103
Besucherfaltblatt des Tempels
aufgestellte Informationstafeln im Tempelbezirk
Nanzen-ji (1): Beschreibung, Tore, Sanmon - Nanzen-ji (2): Hatto, Honbo und Hojo - Nanzen-ji (3): Gärten - Nanzen-ji (4): 3 Subtempel: Chosho-in, Jishi-in und Saisho-in - Nanzen-ji (5): Subtempel Nanzen-in - Nanzen-ji, Teil (6): Subtempel Tenju-an, Beschreibung und 1. Teil - Nanzen-ji, Teil (7): Subtempel Tenju-an, 2. Teil - Nanzen-ji, Teil (9): Subtempel Konchi-in, 2. Teil
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