Bernhard
Peter
Kyoto,
Nanzen-ji (6): Subtempel Tenju-an, Beschreibung und 1. Teil
Im Süden des zum Nanzen-ji-Haupttempel gehörenden Sanmon ist der 1336 von Abt Kokan Shiren unter der Schirmherrschaft von Kaiser Kogon gegründete Tenju-an zu finden (Adresse: 86-8, Nanzenji Fukuchicho, Kyoto-shi Sakyo-ku, Kyoto-fu, 606-8435, Japan), ein Subtempel des Nanzen-ji und wie dieser zum Rinzai-Zen-Buddhismus gehörend. Kokan Shiren war der 15. Oberpriester des Nanzen-ji und lebte zur Zeit des in einen nördlichen und einen südlichen Hof gespaltenen Kaiserhof. Der Tempel kann sicher im Frühjahr und im Herbst besichtigt werden; in neuerer Zeit Öffnungszeiten im Rest des Jahres unsicher, 2019 war eine Besichtigung im September möglich. Der Name bedeutet soviel wie "Einsiedelei des himmlichen Geschenks". Der Tempel wurde zur Erinnerung an Mukan Fumon erbaut, den Gründer des Nanzen-ji, ausführlicher Name: Dai-mon-kokushi Mukan-fumon. Das war der 3. Oberpriester des Tofuku-ji, und er wurde von Kaiser Kameyama hierher geholt. Er starb aber vor Fertigstellung der kaiserlichen Villa, die zum Tempel wurde. Damit ist der Tenju-an aus historischer Sicht einer der wichtigsten Subtempel, wenn auch nicht exakt an der Stelle der Villa, das ist der Nanzen-in, und auch lange nach dem Tod der Protagonisten gegründet, aber an den Gründungsabt erinnernd. Ein Feuer vernichtete 1447 den ursprünglichen Bau. Im Onin-Krieg (1467-1477) wurde er erneut zerstört, danach lag der Tempel über 130 Jahre brach und wüst, wurde aber schließlich 1602 durch den Daimyo Hosokawa Yusai (Hosokawa Fujitaka, 1534-1610) wiederaufgebaut. Dieser war ein Anhänger der letzten Ashikaga-Shogune, und nach deren Niedergang wechselte er zu Oda Nobunaga, welcher ihm das Lehen Tango gab. Sein Sohn, Hosokawa Tadaoki, sollte einer der wichtigsten Generäle von Oda Nobunaga werden. Hosokawa Yusai finanzierte also den Wiederaufbau, und Zen-Priester Genporeisan bestimmte Ungakureikei zum Abt des Tenju-an.
Aus dieser Zeit stammen noch der Hondo (Haupthalle, mit Zedernrinde gedeckt), der Shoin (Lesehalle) und das Tor (Omote-mon). Der Besucher betritt den Tempel durch das San-mon (Tempeltor), das westliche von den beiden auf der Nordseite vorhandenen Toren. Geradeaus nach Süden liegt der Kuri (Küchenbau, persönlicher Lebensbereich) mit einer herrlichen Holzkonstruktion im offenen Dachstuhl. Das Gebäude ist aber ein Neubau aus dem Jahre 1853, also spät Edo-zeitlich. Der Weg führt dann nach Osten um die 1602 erbaute Haupthalle (Hondo bzw. Hojo) herum. Im Hondo steht eine Figur von Fumon; mehrere Memorialtafeln erinnern an Mitglieder der Familie Hosokawa, darunter auch an Hosokawa Yusai. Mehrere Landschaften sind auf die Fusuma gemalt (schwarz-weiß). Die Gemälde stammen aus dem frühen 17. Jh. und wurden von Hasegawa Tohaku (berühmter Maler der Momoyama-Zeit) ausgeführt (nicht zu besichtigen). Unter den Motiven sind Kiefern, Kraniche und Zen-Lehr-Szenen. Alle 32 bauzeitlichen Schiebetüren gelten als wichtige Kulturgüter. Nordöstlich des Hondo sieht man das zweite Tor, das 1602 erbaute Omote-mon (Vordertor). Südlich an den Kuri ist der Shoin angebaut. Er stammt aus der Kaei-Ära (1848-1854) und ist damit spät Edo-zeitlich. Im Winkel zwischen Shoin und Hojo/Hondo liegt ein Teehaus (Chashitsu), das den Namen Shokan-no-seki trägt und Meiji-zeitlich ist; es wurde 1899 angebaut. Im Südwesteck befindet sich isoliert das Schatzhaus Fumon-den, nüchtern, modern, Zement - aber brandsicher.
Der Tempel besitzt zwei Gärten, einen Felsengarten (Trockengarten vor dem Hondo/Hojo, Hondo zentei) und einen Teichgarten (Südgarten vor dem Shoin, Shoin nantei) rückwärtig, beide mit sehr schöner Atmosphäre. Der östliche Garten besitzt einen aus diagonal in einem Moosbett zwischen Randsteinen verlegten Platten gebildeten, im rechten Winkel abknickenden Weg, der zu einem Tor führt. Das Tor und der in sauber geharktem Kiesbett verlaufende Weg mit reichlich Abstand zu den nächsten Büschen und Bäumen sind für kaiserliche Gesandte reserviert, dienen also nur zum Anschauen und der Pflege der Hoffnung auf hohen Besuch. Der große Weg wurde bereits 1338 angelegt, der abzweigende Weg zum Mausoleum von Hosokawa Yusai erst 1610 nach seinem Tod. Ein kleines Tor gibt Zugang zum zweiten Garten, vorbei an einer sehr urtümlich wirkenden Steinlaterne. Der bereits im 14. Jh. angelegte Teichgarten ist im Stil Chisen-kaiyushiki (Teich-Wandelgarten) gestaltet und wurde 1605 von Kozan Kyose erneuert und im späten 19. Jh. noch einmal modifiziert, wobei die Insel mit der sie mit dem Ufer verbindenden Brücke entstand. Trotz späterer Veränderungen hat sich aber das ursprüngliche Konzept aus der Zeit um 1337 erhalten. Im späten November wird abends das Herbstlaub künstlich und etwas kitschig illuminiert. Besonders malerisch ist die Führung des Weges über eine Reihe dicker Trittsteine im Wasser. Ein bemooster Stein dient als Wasserbecken und ist so perfekt inszeniert, daß er fast zufällig und natürlich wirkt. Auf dem Gelände des Subtempels liegt ein kleiner Friedhof mit dem Grab von Hosokawa Yusai und dem seiner Frau. Weiterhin liegen hier Yokoi Shonan, ein Gelehrter der späten Edo-Zeit und Rat der frühen Meiji-Regierung, Yanagawa Seigen, ein Dichter und kaiserlicher Parteigänger am Ende der Edo-Zeit, außerdem noch Murakami Sakuo und Horie Junkichi, die Gründer der Zeitung Kyoto Shinbun.
Dieser Subtempel ist sehr idyllisch und untoristisch. Nur wenige Besucher sind hier zu finden. Sobald man die Hauptachse des Nanzen-ji durch das Tor verläßt, betritt man schon eine andere Welt. Im vorderen Teil ist der Garten noch klar und übersichtlich, Karesansui-Stil eben, nach hinten wird er zunehmend verwunschen im Teichgarten. Und wenn man erst mal nach ganz hinten kommt zu dem stillen See und den Moosflächen unter den hohen Bäumen, wo jeder Schall gedämpf wird und nur spärliches Licht durch das Geäst dringt, ist der Alltag schon ganz weit weg. Der Besucher kann zwar die Hallen und Teehäuser nicht innen betreten, dafür wird man aber mit einem unendlich stimmungsvollen Garten belohnt. Vor allem rings um den See staffelt sich der Bewuchs ganz schnell von niederiger Uferbepflanzung zu hohem Baumbestand, so daß er wie eine Arena der Natur wirkt. Übrigens - Goshuin gibt es hier nicht.
Sanmon von Norden
Kuri von Norden
Innenkonstruktion des offenen Dachstuhls im Kuri
Kuri, Durchsicht nach hinten in den Shoin
Das Innere des Shoin, Blick nach Süden
Veranda auf der Nordseite des Hojo
Gartenbereich auf der Nordseite des Hojo
Gartenbereich auf der Nordseite des Hojo
Gartenbereich auf der Nordseite des Hojo
kleiner Shinto-Schrein im NO-Eck, Gartenbereich auf der Nordseite des Hojo
Nordseite des Hojo
Omotemon
Blick von der Ostseite des Hojo über den Ostgarten nach Südosten
Hojo, Nordostecke
Hojo, Südostecke
Ostseite des Hojo mit Ostgarten, im Hintergrund Omote-mon
Ostgarten
Ostgarten mit Omote-mon
am Übergang zwischen beiden Gärten
das Tor zwischen Ostgarten und Teichgarten, Blick von Nordosten
das Tor zwischen Ostgarten und Teichgarten, Blick von Südwesten
besonders urige Steinlaterne auf der Südseite des Hojo
unglaublich vielfältige Moosgärten
Shoin von Osten
rechts Hojo, links Teehaus, Ansicht von Süden
Teichgarten
Teichgarten, Weg mit versetzten Bohlengruppen
Teehaus
Shoin, Ansicht von Südosten
Shoin, Ansicht von Süden
Literatur,
Links und Quellen
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@35.0104722,135.792232,19.25z - https://www.google.de/maps/@35.0106285,135.7923478,97m/data=!3m1!1e3
Subtempel Tenju-an auf JPManual: https://jpmanual.com/en/tenjuan
Subtempel Tenju-an: https://japan-kyoto.de/tenjuan-subtempel-des-nanzenji-kyoto/
Subtempel Tenju-an: https://en.japantravel.com/kyoto/tenjuan-garden/28461
Subtempel Tenju-an: https://www.japanhoppers.com/de/kansai/kyoto/kanko/1173/
Subtempel Tenju-an auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report634.html
Ian Littlewood, Ayumi Oe Littlewood: Kyoto Without Crowds, A
Guide to the City's Most Peaceful Temples and Gardens, 264 S.,
CreateSpace Independent Publishing Platform, 1. Auflage 2018,
ISBN-10: 1978158998, ISBN-13: 978-1978158993, S. 96-103
Besucherfaltblatt des Tempels
Nanzen-ji (1): Beschreibung, Tore, Sanmon - Nanzen-ji (2): Hatto, Honbo und Hojo - Nanzen-ji (3): Gärten - Nanzen-ji (4): 3 Subtempel: Chosho-in, Jishi-in und Saisho-in - Nanzen-ji (5): Subtempel Nanzen-in - Nanzen-ji, Teil (7): Subtempel Tenju-an, 2. Teil - Nanzen-ji, Teil (8): Subtempel Konchi-in, Beschreibung und 1. Teil - Nanzen-ji, Teil (9): Subtempel Konchi-in, 2. Teil
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