Bernhard Peter
Kyoto (Präf. Kyoto), Takao, Jingo-ji, Teil (1): Beschreibung und Photos der Gebäude der unteren Ebene


Lage und Touristisches
Der Tempel Jingo-ji bzw. mit Bergnamen Takao-san Jingo-ji gehört zu einer kleinen Gruppe von Tempeln und Schreinen im Dorf Takao nördlich von Kyoto. Man erreicht Takao bequem und alternativlos mit dem Bus. Wo man den Bus bekommt, ist beim Tempel Kozan-ji erklärt; die Abfahrtszeiten werden beim Tempel Saimyo-ji genannt. In diesem Kapitel wird besprochen, welche Kombinationsmöglichkeiten ein gutes Gesamt-Tagesprogramm ergeben. Die drei Tempel in Takao selbst füllen zusammen einen halben Tag aus. Das kann man einerseits mit Wanderungen rings um das Dorf kombinieren, dafür bietet sich z. B. der insbesondere im Frühling oder Herbst besonders schöne Tokai Nature Trail im Kinunkei-Tal und im Kinreikei-Tal an, insgesamt 2 h. Der Kiyotaki hiking course beginnt an der Brücke Kiyotakibashi südlich des Jingo-ji. Oder man nutzt für die andere Tageshälfte günstig an der Busroute gelegene Sehenswürdigkeiten. Nur ein kurzes Stück in Richtung Kyoto kann man in Hiraoka Hachimangu aussteigen und den dortigen Schrein besichtigen, der für seine Hanatenjo, die mit Blumen bemalte Decke berühmt ist, ca. 3 min. zu Fuß. Wenn man aus Takao zurückkommt, kann man In Omuro-Ninnaji aussteigen und den Ninnaji besichtigen, ggf. mit einer Wanderung auf dem kleinen Pilgerweg durch die Hügel. Oder man steigt an der Haltestelle Ryoanji-mae aus und besichtigt entweder den sehr touristischen Ryoanji nördlich der Straße und / oder den viel schöneren und ruhigeren Toji-in südlich der Straße. Von der Haltestelle Kitano Hakubaicho aus geht man wenige Minuten nach Osten zum Schrein Kitano Tenmangu. Von der Haltestelle Enmachi aus erfolgt der Zugang zu einer ganz untouristischen Tempelgruppe, wo unter anderem der Darumadera liegt. Und von der Haltestelle Nijo-ekimae aus ist es eine Viertelstunde nach Osten zum Haupteingang der Burg Nijo. Und an der vorvorletzten Station kann man an der Haltestelle Nanajo Omiya aussteigen, wo das Aquarium liegt. All diese Alternativen lassen sich bequem auf dem Rückweg für die zweite Tageshälfte einbauen und ergeben eine fahrtechnisch sinnvolle Kombination, ehe die gleiche Buslinie zurück zum JR Hauptbahnhof zurückführt.

Wenn man mit dem Jingo-ji (Adresse: 5 Takao-cho, Ume-ga-hata, Ukyo-ku Kyoto-shi) die Tempeltour in Takao beginnt, steigt man an der Bushaltestelle Takao aus und läuft wenige Meter nach Süden, bis rechterhand ein Weg zur Brücke Takaobashi über den Kiyotaki-gawa abzweigt. Diese von einem zinnoberroten Geländer gesäumte Brücke überquert man, um dann nach einer Linkswendung rechterhand den Sando zu finden. Wenn man hingegen im Norden beim Kozan-ji beginnt und danach den Saimyo-ji besichtigt hat, geht man von diesem über eine der beiden Brücken zurück auf den Weg am Südrand der Schlucht und folgt diesem nach Westen und dann nach Süden bis zur Brücke Takaobashi. Am westlichen Flußufer befindet sich eine einfache Unterkunft, daneben beginnt der Weg und zieht sich hinter den Gebäuden mit vielen Stufen den Hang hinauf, an mehreren Teestuben (Takao Chaya, Suzuri ishi-tei) vorbei.

Von den drei Tempeln in Takao zieht dieser hier aufgrund seiner Größe, seiner Weitläufigkeit und seiner repräsentativen Gebäude die meisten Besucher an. Er ist berühmt für seine Herbstlaubfärbung, und er gilt als eine Stelle, wo sich Herbstlaub relativ früh zeigt. Außerhalb der Saison ist der Tempel ruhig und angenehm und weit abseits der Massen, aber von Ende Oktober bis Ende November ist hier halb Japan unterwegs, denn die Ahornlaubfärbung dieses Tempels ist berühmt und bekannt. Im August und September ist es hier jedenfalls herrlich ruhig. Man kann nur eine einzige Halle innen besichtigen, die Haupthalle, diese hat aber einen lohnenden Figurenbestand.


Geschichte und Bedeutung
Der Jingo-ji gehört zum Shingon-Buddhismus, der durch das Berg-Asketentum geprägt ist. Die Anfänge des Tempels sind sehr stark im Grenzbereich zwischen Buddhismus und Shintoismus angesiedelt. Mit vollständigem Namen heißt der Tempel "Jingokokuso-Shingon-ji". Die ersten Kanji stehen für Gott, Schutz und Land. Insgesamt heißt der Tempel also "Tempel des Shingon(-Buddhismus) für das Gebet für den (geistigen, spirituellen) Schutz des Landes durch den Gott (Hachiman)". Dieser lange Tempelname (Jigo) wird dann abgekürzt zu Jingo-ji, also "Gottes-Schutz-Tempel", und so steht der Name auch über dem Durchgang des Romon. Einerseits kennzeichnet dieser Langname den Tempel eindeutig als esoterische Shingon-Glaubensstätte, andererseits nimmt er direkten Bezug auf die Schutzgottheit des Landes, Hachiman, der seine Wurzeln im Shintoismus hat. Im Rahmen des buddhistisch-shintoistischen Synkretismus war der Jingo-ji ursprünglich ein Tempel, der einem Shintoschrein angegliedert war und diesen verwaltete.

Dieser Tempel entstand im Jahr 824. Zwei Tempel wurden dabei zusammengelegt. Der eine war der von einem end-Nara-zeitlichen und beginnend Heian-zeitlichen, hochrangigen Verwaltungsbeamten namens Wake no Kiyomaro (733-799) spätestens Ende des 8. Jh. gegründete Shingan-ji (auch: Jingan-ji), für dessen Ort verschiedene Theorien existieren, aber letztlich keine belegt ist. Der Hofadelige Wake no Kiyomaro war ein Berater von Kanmu Tennou und maßgeblich an der Verlegung der Hauptstadt von Nara erst nach Nagaoka-kyou und dann nach Heian-kyou = Kyoto beteiligt. Im Hachiman gudoukun wird folgendes erzählt: Der Kaiser sandte Kiyomaro zum Schrein Usa-Hachiman-gu, um dort die Frage klären zu lassen, ob der machthungrige Doukyou den Thron besteigen solle. Hachiman sagte "nein", und die Überbringung dieser Antwort kam Kiyomaro teuer zu stehen. Ihm wurden die Beine abgeschlagen, als Doukyou die Antwort erhielt, und auf einem Boot ausgesetzt. Hachiman half bei der Heilung von Kiyomaro, und dieser gelobte, ihm zu Ehren aus Dankbarkeit ein Kloster zu gründen. Ein Orakel wies ihm die Stelle zu: Am Otokoyama im Südwesten von Kyoto soll das neue Kloster erbaut werden, also dort, wo auch der Iwashimizu Hachimangu liegt. Im Jinnou Shoutouki wird erzählt, daß als Name des neuen Tempels "Shingan-ji" gewählt wurde, Tempel der Gottesverheißung, und daß dieser später an die Stelle des heutigen Jingo-ji verlegt wurde. Im Nihon kouki wird die Geschichte ganz anders erzählt, aber der Kern ist der gleiche.

Und der andere Tempel war der schon viel länger bestehende Takaosan-ji an genau diesem Ort, wo nun der Jingo-ji entstand. Dieser Tempel hatte ebenfalls eine enge Beziehung zur Familie Wake. Mit zwei berühmten Personen war der Tempel in Kontakt: Dieser Tempel beherbergte 809 eine Zeitlang Kuukai (Koubou Daishi), bevor dieser 823 zum Tou-ji in Kyoto und auf den Koya-san weiterzog und die Shingon-Schule gründete. Und auch Saichou (Dengyou Daishi), der Tendai-Gründer, hielt in diesem Tempel 802 eine Lehrpredigt über die Lotus-Sutra.

Im Jahr 824 wurden die Tempel von Kiyomaros Söhnen quasi "getauscht", also die Örtlichkeiten. Der Tempel Shingan-ji, der davor noch nichts mit dem Shingon-Buddhismus zu tun hatte, kam so nach Takao und in Kontakt mit dem Berg-Asketentum. Seinerseits brachte er die Eigenschaft als Schutztempel für Hachiman-Daibosatsu mit, und so kamen diese ganz unterschiedlichen Eigenschaften zusammen. Deshalb war der Jingo-ji der erste Tempel in der Region Kyoto, der eine enge Beziehung zur Shinto-Gottheit Hachiman hatte. Kuukai übernahm die Leitung des neuen Tempels als Oberpriester, ca. 10 Jahre lang. Nach der Zeit von Kuukai übernahmen dessen Schüler Jichie und Shinzei die Leitung des Tempels. 994 wurde der Tempel niedergebrannt, 1149 wurden wichtige Gebäude durch Blitzschlag zerstört. Während der späten Heian-Zeit verfiel der Jingo-ji, und der Mönch Mongaku unternahm große Anstrengungen zur Wiederbelebung ab 1164. Kaiser Go-Shirakawa und Minamoto no Yoritomo unterstützten die Revitalisierung des Tempels. Nach der 1199 und 1204 erfolgten Verbannung von Mongaku übernahm dessen Schüler Jokaku (Jokakubo Gyoji) die Leitung und die weitere Wiederherstellung des Tempels. Während der Kamakura-Zeit war der Jingo-ji ein Tempel der Kegon-Schule. Der Mönch Myoue, der den Kozan-ji wiederbelebte, war ein Neffe von Jokaku, und er wohnte zuerst auch im Jingo-ji, den er 1181 im Alter von 9 Jahren betreten hatte. Später fand der Tempel wieder zum Shingon-Buddhismus zurück. Mehrfach besuchten die Kaiser als Förderer den Tempel, und dadurch konnte der Jingo-ji Kunstschätze ansammeln.

Die Gebäude des Tempels wurden mehrfach zerstört, durch Feuer oder durch Kriegseinwirkung, und jedes Mal wiederaufgebaut. Den Onin-Krieg (1467-1477) überlebte als einziges Gebäude die Halle Daishi-do, aber auch die wurde später umfassend erneuert. Alle anderen Gebäude verbrannten im Krieg. Danach verlor der Jingo-ji seine Ländereien, verfiel und wurde sogar ein Subtempel des Ninna-ji. Während der Taiei-Ära (1521-1528) wurde von Keishin die Halle wiederhergestellt, aber bald darauf zerstörte 1547 ein erneutes Feuer den Tempel. Toyotomi Hideyoshi schenkte dem Tempel erneut Land. Tokugawa Ieyasu schenkte dem Tempel 1601 noch viel mehr Land, und einige Gebäude wurden wiedererrichtet.

Eine umfassende Erneuerung fand unter Itakura Katsushige (1545-14.6.1624) statt, einem Daimyo und Parteigänger von Tokugawa Ieyasu. Er focht mit ihm bei Sekigahara, war 1601-1619 als Kyoto Shoshidai ein wichtiger Verwaltungsbeamter in Kyoto, und er war ordinierter Priester. Er ist aber nicht hier begraben, sondern im Chouen-ji in Nishio (Präfektur Aichi). Der heutige Baubestand des Jingo-ji geht also weitgehend auf die frühe Edo-Zeit zurück, wobei die wesentlichen Neubauten 1623 entstanden, mit weiteren Bauten aus dem 20. Jh. Denn der Tempel wurde 1830 bei einem Erdbeben schwer beschädigt. 1868 trennte man Buddhismus und Shintoismus, und der Jingo-ji verlor 1871 seine Ländereien durch Beschlagnahmung. Dabei wurden auch mehrere Untertempel abgetrennt und etliche Gebäude zerstört. Das Kiyomaro-Mausoleum und der Schrein wurden in den Vordergrund gerückt und in den Rang eines offiziellen Schreins erhoben. 1878 mußte der Tempel mit anderen Tempeln fusionieren. Erst gegen Ende des 19. Jh. wurde der Tempel restituiert. Der Schrein wurde ausgegliedert. Im Jahr 1900 wurden der Jizou-in und andere Strukturen wiederaufgebaut. Eine großzügige Spende von Yamaguchi Gendou (1862-1937), der aus Kyoto stammte, ließ in den 1930er Jahren eine neue Haupthalle und die Pagode entstehen. 1952 gab die Regierung einen Teil des Tempelgeländes zurück.

Goshuin des Tempel Jingo-ji, Mittelspalte: Yakushi Nyorai, linke Doppelspalte oben: Datum: So, 27.8.2023 = Reiwa 5 nen hachi-gatsu ni-juu-shichi-nichi. Linke Spalte unten: Jingo-ji. Rechte Spalte: Bergname: Takao-san.

Das in diesem Tempel verehrte Hauptkultbild ist ein Yakushi Nyorai, ein heilender Buddha (Medizin-Buddha, Bhaisajyaguru). Der Tempel ist die 7. Station auf einem insgesamt 18 Stationen in der Kinki-Region umfassenden Pilgerweg der alten Tempel mit Pagoden (Butto-koji Juhasson), eine erst 1995 geschaffene Pilgerroute, die ausschließlich Tempel mit Bezug zur Shingon-Schule umfaßt. Und es gibt noch eine Route zu 49 Yakushi Nyorai in der Region Saigoku, darin ist der Tempel die Station Nr. 44.


Rundgang und Beschreibung: Aufstieg, Tempeltor und Gebäude der östlichen Baugruppe
Die Tempelanlage ist die größte der drei in Takao; das Gelände ist weitläufig. Sie ist nur über einen den Hang hinaufmäandrierenden Weg mit insgesamt ca. 350 Steinstufen zu erreichen. Als erstes erreicht man am Ende einer steilen Steintreppe das 1623 erbaute Romon (Roumon), das turmartige Eingangstor. Es basiert auf einem vier Pfosten breiten Schema mit Mitteldurchgang und seitlichen Nischen und besitzt einen Aufbau mit außen umlaufender Galerie, und alles wird von einem 14 m breit ausladenden und 11 m tiefen Irimoya-Dach überragt. Das Obergeschoß ist unzugänglich und nicht für eine regelmäßige Nutzung vorgesehen; auch die Galerie ist mehr dekorativ. In den beiden äußeren Seiten-Kompartimenten, die von einem halbhohen Lattenzaun unten verschlossen sind, befinden sich hinter Karnickeldraht zwei Wächterfiguren, aber diesmal keine Nio-Figuren, sondern auf der linken Seite Jikokuten, der Wächter des Ostens, und auf der rechten Seite Zochoten, der Wächter des Südens, zwei der vier Himmelskönige (Shitenno) und Wächter der buddhistischen Lehre. Am Tor, das auch Sakura-mon genannt wird, befindet sich das Tickethäuschen.

Hinter dem Tor öffnet sich eine ca. 100 m lange freie Ebene. Rechterhand, also nördlich des langgezogenen Platzes, befindet sich ein normalerweise nicht zu besichtigender Bereich, wo die Mönche leben und wo sich die Tempelverwaltung befindet, Honbo genannt. Eine Mauer mit zurückgesetztem Karamon trennt diesen Bereich ab; der First steht parallel zur Mauer; die geschwungene Linie zeigt sich an den beiden Seiten. Die Torflügel sind reich verziert mit filigranen Feldern und vergoldeten Beschlägen. Hinter dem Tor liegt ein Trockengarten aus Kiesflächen und Felsen. Der Weg zur größten Halle (Shoin) knickt zweimal rechtwinklig ab und unterstreicht die Strenge der Gartengestaltung. Etliche weitere Hallen bilden ein dichtes Konglomerat. Ein zweiter Zugang zu diesem Bereich liegt außen rechterhand noch vor dem Romon, dort kann man durch das offene Satteldachtor einen Blick in den Garten und auf die Gebäude erhaschen. Im Garten sind zwischen den üppigen Moospolstern und Azaleen-Büschen mehrere alte Oni-gawara aufgestellt, End-Ziegel der Dächer mit Dämonenfratzen. Im Herbst gibt es Sonderöffnungszeiten für den Shoin, normalerweise ist hier aber zu.

Wenn man auf dieser Ebene weiter nach Westen geht, passiert man nacheinander das ein Schatzhaus (Hozo, Houzou), das Wake-no-Kiyomaro-Mausoleum, den über eine steile Treppe erreichbaren Glockenturm (Shoro) und die Myoo-Halle (Myoo-do).

In dem feuersicher mit glatt verputzten und weiß gestrichenen Wänden erbauten Schatzhaus werden die wertvollen Kunstschätze des Tempels aufbewahrt, darunter 17 Nationalschätze. Nur einmal im Jahr wird dieses Schatzhaus für den Publikumsverkehr geöffnet, und zwar im Mai.

Die Rolle von Wake-no-Kiyomaro wurde im vorherigen Abschnitt über die Tempelgeschichte beleuchtet. Innerhalb der Umzäunung steht ein 1934 erbauter Schrein. In diesem Schrein wird der Geist von Wake-no-Kiyomaro verehrt. Einst stand hier der Go-ou-jinja, dessen Name die beiden Kanji für Schutz und König enthält. Dieser Schrein war Kiyomaro gewidmet, wurde aber 1874 umbenannt und 1886 in den Westen des Kaiserpalastes von Kyoto verlegt. An der alten Stelle wurde ein neuer Schrein errichtet.

Der ganz aus Holz gebaute Glockenturm wurde 1623 im Stil Ro-zukuri errichtet; er besitzt ein Untergeschoß mit starker Böschung, im Obergeschoß eine umlaufende Galerie und ein breit ausladendes Irimoya-Dach. Die Glocke selbst (Bonshou, Sanzetsu no kane) ist Heian-zeitlich und wurde 875 gegossen; sie ist als Nationalschatz eingestuft. Sie besitzt eine Inschrift von Fujiwara no Toshiyuki und ist exakt auf den 23.8.875 datiert. Die Höhe beträgt 1,48, der Durchmesser der Öffnung 80,5 cm. Man kann sie aber derzeit aufgrund des schlechten Zustandes des Turmes nicht zu sehen bekommen.

In der Halle Myoo-do (Myou-ou-dou) wird Fudo-Myoo (Acala) verehrt, einer der buddhistischen Mantrakönige (Sanskrit: Vidya-raja). Zwischen der Treppe zum Glockenturm und der Fudo-Halle führt ein Weg in den Bergwald hinein, wo das eigentliche Grab von Wake no Kiyomaro liegt.


Rundgang und Beschreibung: westliche Baugruppe der unteren Ebene
Von der Fudo-Halle kommt man zu einer sich nach Süden erstreckenden Fläche, auf der zwei große Tempelhallen stehen, im Norden der Godai-do und im Süden der etwas größere Bishamondo. Beide sind einstöckige Hallen mit Irimoya-Dach und rechteckigem Dachauszug über den Stufen aun der Südseite. Die Halle Godai-do wurde 1623 errichtet, innen werden die Godai Myoo (Godai Myou-ou) verehrt, die fünf großen Myoo, das sind Fudo Myoo in der Mitte, Gozanze Myoo im Osten, Gundari Myoo im Süden, Daiitoku Myoo im Westen und Kongoyasha Myoo im Norden, so jedenfalls allgemein in Shingon-Tempeln. Allesamt werden als zornige Gottheiten dargestellt.

Die Halle Bishamondo, die auf einem Schema von 5 ken x 5 ken beruht, wurde ebenfalls 1623 errichtet, innen wird in einem Miniatur-Schrein eine Heian-zeitliche stehende Figur von Bishamonten (Vaisravana) verehrt, die den Rang eines wichtigen Kulturguts hat. Die Figur mit juwelenbesetztem Helm und einer Dämonenmaske mißt 112,4 cm in der Höhe und ist in einem Zushi aufgestellt. Bevor die Haupthalle auf der oberen Ebene erbaut wurde, diente diese Halle als Haupthalle des Tempels. Dem Touristen sind beide Hallen verschlossen.

Im Südwesten dieses Bereichs steht versteckt am Rand, schon halb unter den Bäumen, die Halle Daishi-do (große Priesterhalle), die 2023 wegen Renovierung eingerüstet war. Sie trägt ein Irimoya-Dach und ist mit Holzschindeln gedeckt. Das Gebäude stammt aus der Azuchi-Momoyama-Zeit und der frühen Edo-Zeit und ist als wichtiges Kulturgut eingestuft. Seinerzeit ersetzte diese Halle das Haus von Kuukai (genannt Noryo-bo) aus seiner Zeit im Jingo-ji. Innen befindet sich in einem Miniatur-Schrein eine spät Kamakura-zeitliche Darstellung des Mönches Kobo (wichtiges Kulturgut, 1302) im Itabori-Stil (136,7 cm hoch, 84 cm breit). Das tatsächliche Alter dieser Halle läßt sich nur ungenau feststellen; es ist kein Baudatum überliefert. Einerseits war es das einzige Gebäude, das den Onin-Krieg überlebt hat. Andererseits wurde diese Halle danach erneuert, spätestens im Zuge der umfassenden Wiederherstellung am Anfang der Edo-Zeit.


Rundgang und Beschreibung: nördliche Gebäude der oberen Ebene
Neben dem Godaido führt eine breite, über 20 m lange Treppe auf die obere Ebene der Anlage, wo sich die Goldene Halle (Kondo) befindet, die größte und wichtigste Halle des Tempels. Sie ist im Gegensatz zu den unteren Hallen relativ neu und wurde erst 1934 errichtet, ermöglicht durch eine Spende des Industriellen, Handelsmannes und Financiers Yamaguchi Gendou (1862-1937). Es ist jedoch die einzige Halle, die man als Tourist betreten kann, wenn auch nur den vorderen Bereich. Das Irimoya-Dach (ohne Auszug an der Vorderseite) hat eine Breite von ca. 32 m und eine Tiefe von ca. 27 m. Innen wird das Hauptkultbild des Tempels verehrt, eine als Nationalschatz eingestufte Figur eines Yakushi Nyorai (heilender Buddha, Medizin-Buddha, Mokuzo yakushi nyorai ryuzo, Mokuzou yakushi nyorai ryuuzou). Die Ende des 8. Jh. in der ganz frühen Heian-Zeit entstandene, 1,697 m in der Höhe messende Figur stammt noch aus einem der beiden Vorläufertempel, entweder aus dem Shingan-ji oder aus dem Takaosan-ji. Das Material ist weitestgehend naturbelassenes Holz; sie wurde aus einem einzigen Baumstamm geschnitzt. Nur die Lippen sind zinnoberrat angemalt, und die Pupillen und die Augenbrauen tragen schwarze Farbe. Ebenfalls im Kondo stehen zwei hölzerne Standfiguren der Bodhisattvas Suryaprabha = Nikko Bosatsu (links, 151 cm hoch) und Candraprabha = Gakko Bosatsu (rechts, 150 cm hoch), beides wichtige Kulturgüter. Weiterhin werden in der Haupthalle vier Himmelskönige und 12 himmlische Generäle aufbewahrt, zu zwei Achtergruppen rechts und links zusammengestellt, je in zwei Reihen à 4 Figuren. Auf einem Seitenaltar werden Nyoirin Kannon, Jizuo, Daikokuten und Benzaiten verehrt.

Links hinter dieser Haupthalle, in der Nähe ihrer Nordwestecke, befindet sich noch höher am Hang innerhalb einer Umfriedung mit Tor eine zweistöckige Pagode (Tahoto), die ebenfalls 1934 erbaut wurde und wie die Haupthalle finanziert wurde. Sie befindet sich auf dem Standort des ehemaligen Hoto-in-Subtempels. In dieser Pagode, die auf einem 3 x 3 ken-Schema basiert, befinden sich die als Nationalschatz eingestuften Statuen der Godai Kokuzo Bosatsu (die fünf großen Akasagarbha, Mokuzo godai kokuzo bosatsu zazo, Mokuzou godai kokuuzou bosatsu zazou). Die Sitzfiguren stmmen aus der frühen Heian-Zeit, sind im 9. Jh. entstanden und messen 94-99 cm in der Höhe. Das Material ist bemaltes und teils auch lackiertes Holz. Jede Figur ist aus einem einzigen Holzstück geschnitzt worden, getrennte Holzstücke wurden nur an den Ellenbogen befestigt. Diese fünf großen Weisheits-Buddhas (Dhyani-Buddhas) sind Hokkai Kokuuzou, Gyouyou Kokuuzou, Renge Kokuuzou, Houkou Kokuuzou und Kongou Kokuuzou. Normalerweise steht eine Figur im Zentrum, die anderen stehen für die vier Himmelsrichtungen. In der Pagode sind sie von links nach rechts auf dem schwarzen Podest aufgereiht. Normalerweise kann man diese Figuren nicht zu Gesicht bekommen, aber es gibt Sonderöffnungszeiten 13.-15.5. und ein Wochenende im Oktober. Ein ähnliches Set dieser fünf Figuren kann man im Kanchi-in des Tou-ji sehen, jenes wurde aus dem Tang-zeitlichen China mitgebracht.

Neben der Haupthalle steht eine Statue von Fudo Myoo (Acala). Nahe der Haupthalle befindet sich ein Quelle, die Akai genannt wird, eine mit ein paar bemoosten Steinen gerahmte Öffnung im Hang mit einem Holzzaun davor. Wenn man in Richtung Südwesten weiter zum Jizou-in geht, passiert man einen großen Inschriftenstein, auf dem ein Gedicht von Toshiro Nomura (5.1.1911-24.5.2001) eingehauen ist. Das kurze Haiku handelt vom ersten gefärbten Herbstlaub. Durch den Wald führen Wege weiter nach Südwesten, wo man mit etwas Abstand zu den vorgenannten Tempelgebäuden den Jizou-in erreicht. Das ist ein Subtempel (Tatchu) des Jingo-ji; das halb unter Bäumen verborgene kleine Gebäude mit Pyramidendach stammt aus dem Jahr 1900. Es beherbergt einen Jizou Bosatsu. Insgesamt macht der Jizou-in einen einsamen und verlassenen Eindruck, hierhin verirren sich kaum Touristen. 

Etwas tiefer befindet sich ein freier Platz direkt an der Schlucht, der zum Werfen tönerner Scheiben (Kawarake nage - Keramik-Werfen) benutzt wird, die an einem kleinen Verkaufsstand feilgeboten werden. Das Werfen (nageru) von unglasierter Keramik (kawarake) von einem erhöhten Platz aus soll angeblich vor Übel aller Art schützen; der Brauch entstand hier und verbreitete sich von hier aus auf einige andere erhöhte Plätze, manchmal sogar mit einer Zielmarkierung. Die Tellerchen fungieren als eine Art Mayoke, ein Talisman gegen Unglück. Über Sinn und Unsinn kann man geteilter Meinung sein. Von dort aus, hoch über den Klippen (kin-unkei), hat man jedenfalls einen herrlichen Blick auf die umliegenden Hügel und die Schlucht des Flusses.


Kunstschätze des Tempels
Insgesamt besitzt der Tempel trotz aller Zerstörungen im Laufe seiner Geschichte 17 Nationalschätze und 2833 wichtige Kulturgüter. Die meisten davon stammen aus der Heian-Zeit oder der Kamakura-Zeit. Drei der Nationalschätze wurden im Text bereits erwähnt (Glocke und Statuen in Kondo und in der Pagode). Weitere Nationalschätze im Besitz des Tempels sind:

Zu den wichtigen Kulturgütern gehören neben den bereits erwähnten Gebäuden (Daishi-do) und Figuren (2 Bodhisattvas im Kondo, Bishamonten im Bishamondo, Kobo im Daishido) unter anderem folgende Objekte:


Sando

 

 

Romon


Karamon


Schrein, Mausoleum für Wake no Kiyomaro


Glockenturm, Shoro

 


Myoo-do (Myou-ou-dou)


Godei-do


Bishamon-do (Bishamon-dou)


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@35.0546643,135.670386,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@35.0546643,135.670386,212m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
eigene Webseite des Tempels:
http://www.jingoji.or.jp/
Jingo-ji auf JPManual:
https://jpmanual.com/en/jingoji
Jingo-ji auf Inside Kyoto:
https://www.insidekyoto.com/jingo-ji-temple
Jingo-ji auf Japan Guide:
https://www.japan-guide.com/e/e3940.html
Jingo-ji auf Discover Kyoto:
https://www.discoverkyoto.com/places-go/jingo-ji/
Jingo-ji auf Kyo-Takao:
https://www.kyo-takao.com/en/spot/#jingoji
Jingo-ji auf Kyotofukoh:
https://kyotofukoh.jp/report469.html
Jingo-ji auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Jingo-ji
Übersichtskarte:
https://www.kyo-takao.com/pdf/sanbimap_en.pdf
Jingo-ji auf Japanese Wiki:
https://www.japanesewiki.com/shrines/Jingo-ji%20Temple.html
Jingo-ji bei Damien Douxchamps:
https://damien.douxchamps.net/photo/japan/kyoto/mountains/jingoji/
Godai Myoo:
https://www.japanesewiki.com/Buddhism/Godai%20Myoo,%20the%20Five%20Great%20Myoo.html
Itakura Katsushige
https://en.wikipedia.org/wiki/Itakura_Katsushige
Liste der Nationalschätze:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(paintings) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(sculptures) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(ancient_documents) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(crafts:_others)
Hermann Bohner: Wake-no-Kiyomaro-den, in: Monumenta Nipponica 3/1 (1940), S. 240-273
Bernhard Scheid: Jingo-ji, in: Religion in Japan, Universität Wien:
https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Jingo-ji
Bernhard Scheid: Wake no Kiyomaro, in: Religion in Japan, Universität Wien:
https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Wake_no_Kiyomaro
Wake no Kiyomaro in Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Wake_no_Kiyomaro
John H. Martin, Phyllis G. Martin: Kyoto - 29 Walks in Japan's Ancient Capital, 376 S., Verlag: Tuttle Pub. 2011, ISBN-10: 4805309180, ISBN-13: 978-4805309186, S. 291-294
Ian Littlewood, Ayumi Oe Littlewood: Kyoto Without Crowds, A Guide to the City's Most Peaceful Temples and Gardens, 264 S., CreateSpace Independent Publishing Platform, 1. Auflage 2018, ISBN-10: 1978158998, ISBN-13: 978-1978158993, S. 215


Stadtteil Takao: Saimyo-ji - Kozan-ji - Jingo-ji, Teil (2): Photos Hondo, Tahoto, Honbo

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