Bernhard Peter
Wappen, Linien und Territorien der Welfen (2):
Die Entwicklung der Welfen-Wappen

Einfeldrige Wappen: Braunschweig
Wappen der Herzöge von Braunschweig: In Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen (Leoparden). Auf dem Helm zu rot-goldenen Decken ursprünglich ein roter Spitzhut mit goldenem Stulp, an der Spitze golden gekrönt und mit einem Pfauenfederbusch besteckt, gewandelt zur oben gekrönten roten oder silbernen Säule, oben mit einem Pfauenfederbusch besteckt. Zur Diskussion der Wappengeschichte vgl. im Detail Teil 1.

Bildbeispiel: Wappen für Sophie von Braunschweig, einer Tochter von Herzog Magnus II ("torquatus") von Braunschweig, aus der Ahnenprobe des als Kind verstorbenen Herzogs Heinrich von Sachsen-Lauenburg, Marktkirche St. Georg zu Weikersheim (Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Martin Henzler-Hermann, Kirchengemeinde Weikersheim 2007 http://www.kirchenbezirk-weikersheim.de/).

Ein weiteres Element taucht in der zweiten Hälfte des 14. Jh. auf: Ein silbernes, aufspringendes Pferd wird vor die Säule mit dem Pfauenfederbusch gestellt. Das Oberwappen wird nun wie folgt blasoniert: Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine rote oder später silberne Säule, oben mit aus einer goldenen Krone hervorkommenden naturfarbenen Pfauenfedern besteckt, vor der Säule ein aufspringendes silbernes Pferd.

Bildbeispiel: Wappen für Elisabeth v. Braunschweig-Göttingen, aus der Ahnenprobe von Johann Friedrich Kurfürst v. Sachsen (30.6.1503 - 3.3.1554) am Sockelpodest des Großen Wendelsteines in Schloß Hartenfels zu Torgau. Zwei ganz analoge Wappendarstellungen finden sich dort in der gleichen Ahnenprobe für Katharina v. Braunschweig-Calenberg (- 28.12.1442) und für eine dritte Person.

Zweifeldrige Wappen mit zwei Themen: Braunschweig, Lüneburg
Diese Entwicklungsstufe kombiniert die Wappen von Braunschweig und Lüneburg in gespaltenem Schild: Rechts in Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen (Leoparden, Fürstentum Braunschweig), links in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein rotbewehrter und rotgezungter blauer Löwe (Fürstentum Lüneburg, zur Diskussion der Geschichte dieser Komponente vgl. im Detail Teil 1). Alternativ kommen die Felder auch vertauscht vor, rechts in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein rotbewehrter und rotgezungter blauer Löwe (Fürstentum Lüneburg), links in Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen (Leoparden, Fürstentum Braunschweig). Die Lüneburger Herzen können auch fehlen.

Bildbeispiel: Braunschweig-Lüneburgische Wappenschilde aus einem Fries mit einer Ahnenprobe an einer spätgotischen Tumba in der Klosterkirche zu Blomberg für Bernhard VII. Herr zur Lippe (1429 - 1511) und seine Frau Anna v. Holstein (Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis der Ev. ref. Kirchengemeinde Blomberg vom 13.12.2007).

Ein solch durch Spaltung vereinigtes Wappen befindet sich ferner für Herzog Heinrich aus dem Jahre 1371 am Schloßturm von Wolfenbüttel.

Das dieser Entwicklungsstufe zugehörige Kleinod ist erst noch das alte braunschweigische mit der Säule und dem Pferd allein, später kombiniert es die Teilelemente beider Einzelkleinode: Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine rote oder später silberne Säule, oben mit aus einer goldenen Krone hervorkommenden naturfarbenen Pfauenfedern besteckt, vor der Säule ein aufspringendes silbernes Pferd, das Ganze zwischen zwei mit den Schneiden nach innen gerichteten silbernen Sicheln, die am Rücken jeweils mit natürlichen Pfauenfedern besteckt sind. Die Anzahl der Pfauenfedern ist meist sechs; die Sicheln wurden ferner auch zeitbedingt mit gezähnter Schneide dargestellt.

Vierfeldrige Wappen mit zwei Themen: Braunschweig, Lüneburg
Diese Entwicklungsstufe ist stellt eine Variante der vorher besprochenen Version dar: Braunschweig und Lüneburg werden nun entsprechend der Mode der Zeit in einem quadrierten Schild vereint: Geviert, Feld 1 und 4: in Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen (Leoparden, Fürstentum Braunschweig), Feld 2 und 3: in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein rotbewehrter und rotgezungter blauer Löwe (Fürstentum Lüneburg). Die Lüneburger Herzen können auch fehlen. Das Kleinod kombiniert genau wie oben bei der gespaltenen Version die Teilelemente beider Einzelkleinode: Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine rote oder später silberne Säule, oben mit aus einer goldenen Krone hervorkommenden naturfarbenen Pfauenfedern besteckt, vor der Säule ein aufspringendes silbernes Pferd, das Ganze zwischen zwei mit den Schneiden nach innen gerichteten silbernen Sicheln, die am Rücken jeweils mit natürlichen Pfauenfedern besteckt sind (Braunschweig-Lüneburg). Die Anzahl der Pfauenfedern ist meist sechs; die Sicheln wurden ferner auch zeitbedingt mit gezähnter Schneide dargestellt.

Bildbeispiel: Wappen für Erich I. Herzog v. Braunschweig-Salzderhelden (-28.5.1427), aus der Ahnenprobe von Johann Friedrich Kurfürst v. Sachsen (30.6.1503 - 3.3.1554) am Sockelpodest des Großen Wendelsteines in Schloß Hartenfels zu Torgau. Das Wappen ist aus Courtoisie komplett gewendet, so daß nicht nur die Tiere in ihrem Feld gespiegelt sind, sondern auch die Felderbelegung insgesamt mitgespiegelt ist.

Ein solcherart geviertes Wappen wird im Siebmacher für Herzog Magnus torquatus im Jahre 1370 und für Herzog Bernhard im Jahr 1409 beschrieben. Das zeigt, daß beide Formen der Wappenvereinigung von Braunschweig und Lüneburg vermutlich annähernd zeitgleich in Gebrauch kamen, denn wie oben bereits erwähnt, gibt es aus dem Jahr 1371 für Herzog Heinrich ein durch Spaltung vereinigtes Wappen am Schloßturm von Wolfenbüttel.

Vierfeldrige Wappen mit vier Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg
Nach dem Anfall von Everstein 1408 und Homburg 1409 wandelt sich der Wappenschild zu einem vierfeldrigen mit vier Inhalten: Geviert, Feld 1: in Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen (Leoparden, Fürstentum Braunschweig), Feld 2: in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein rotbewehrter und rotgezungter blauer Löwe (Fürstentum Lüneburg, die Herzen können auch fehlen), Feld 3: Grafen von Everstein: in Blau ein silberner Löwe, meist golden gekrönt, rot bewehrt und rot gezungt (zur Diskussion der Geschichte dieser Komponente vgl. im Detail Teil 1), Feld 4: Edelherren von Homburg: innerhalb eines blau-silbern gestückten Bordes in Rot ein goldener Löwe, blau bewehrt und ebenso gezungt (zur Diskussion der Geschichte dieser Komponente vgl. im Detail Teil 1).

Bildbeispiele: Wappenschilde für Anna v. Braunschweig-Grubenhagen-Einbeck (ca. 1415 - 9.10.1474) aus Ahnenproben für Elisabeth Pfalzgräfin bei Rhein (30.6.1540 - 8.2.1594) in der rechten Abb. und für ihren Ehemann Johann Friedrich II. Herzog v. Sachsen-Coburg-Eisenach (8.1.1529 - 9.5.1595) in der linken Abb., beide auf bronzenen Grabplatten im Ostchor der Kirche St. Moriz zu Coburg (Verwendung der Aufnahmen aus St. Moriz zu Coburg mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Markus Merz vom 30.6.2008).

Das Kleinod ist immer noch das gleiche, aus den Teilelementen der beiden höherwertigen Feldern kombinierte wie oben beschrieben: Auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine rote oder später silberne Säule, oben mit aus einer goldenen Krone hervorkommenden naturfarbenen Pfauenfedern besteckt, vor der Säule ein laufendes silbernes Pferd, das Ganze zwischen zwei mit den Schneiden nach innen gerichteten silbernen Sicheln, die am Rücken jeweils mit natürlichen Pfauenfedern besteckt sind (Braunschweig-Lüneburg).

Bildbeispiele: Abb. links: Wappen für Katharina v. Braunschweig-Gifhorn aus der Ahnenprobe des Ludwig III. Graf v. Isenburg-Büdingen (30.5.1529 - 7.2.1588) an der unteren Galerie des Isenburger Schlosses zu Offenbach. Abb. rechts: Wappen für Wilhelm V. Herzog v. Braunschweig-Lüneburg-Celle (4.7.1535-1592) am Alten Rathaus von Celle.

Bildbeispiel: Wappen aus dem Jahr 1577 für Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (29.6.1528-3.5.1589) am Treppenturm des Kollegiengebäudes der von ihm 1576 gegründeten Universität Helmstedt.

Weitere Belege für diese Entwicklungsstufe finden sich z. B. am Epitaph der Marie von Braunschweig-Lüneburg-Celle in der Stadtkirche zu Darmstadt.

Der Pfauenfederbusch des Kleinods wird seit der Wende vom 15. zum 16. Jh. mit einem goldenen, sechsstrahligen Stern belegt. Dazu wird im Siebmacher, Band Landesfürsten 1, die Geschichte berichtet, daß Herzog Erich I. Kaiser Maximilian 1504 in der Schlacht gegen die Böhmen rettete, als dieser im Getümmel vom Pferd gestürzt war und unterzugehen drohte, und zum ewigen Angedenken an des Kaisers Huld diesen Stern verliehen bekam. Dies ist eine hübsche Wappenlegende, die im Siebmacher unreflektiert übernommen wurde, denn man findet den Stern erstmals 1383 im Siegel des Herzogs Friedrich II., aber im Schild über dem dort dargestellten Pferd schwebend. Später bildete man das Pferd auch im Kleinod mit dem Stern darüber ab, und so kam der Stern bereits 1483 auf den Pfauenfederbusch (vgl. Ströhl).

Fünffeldrige Wappen mit fünf Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Lauterberg
Im Siebmacher Landesfürsten wird ein fünffeldriges Wappen für die 1596 erloschene Linie Grubenhagen beschrieben. Es ist geviert mit Schildfuß:

Zwei Helme:

Wappen mit sechs Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Bruchhausen, Hoya
Nach dem Anfall von Hoya mit Bruchhausen wandelt sich der Wappenschild zu einem sechsfeldrigen mit sechs bzw. eigentlich sieben Inhalten (zur Diskussion der Geschichte dieser Komponenten vgl. im Detail Teil 1): Der neue Schild ist gespalten und zweimal geteilt:

Bildbeispiel: Wappen für Elisabeth von Braunschweig-Wolfenbüttel (geb. 1567, gest. 1618), Ehefrau von Graf Adolf XI von Holstein-Schauenburg (geb. 1547, reg. 1576-1601, gest. 1601, Sohn von Otto IV) am äußeren Tor der Burg Schaumburg bei Rinteln.

Genauso wird das Wappen im Siebmacher Landesfürsten auf Tafel 51 für Herzog Wilhelm d. J. aus dem Jahr 1585 abgebildet, den Sohn Ernsts des Bekenners, nach einem Stammbuch eines Herrn von Honhorst.

Eine Variante dieses Types ist am alten Palas bzw. Amtshaus der Burg Schaumburg bei Rinteln zu sehen, ganz analog, jedoch sind die Positionen des gevierten Feldes Nr. 6 ausgetauscht, also geviert, Feld 1 und 4: Neu-Bruchhausen (dreimal rot-silbern geteilt), Feld 2 und 3: Alt-Bruchhausen (achtfach silbern-blau geständert).

Zu dieser Entwicklungsstufe gehören nun drei Helme, was dem Erwerb der nicht ganz unbedeutenden Grafschaft Hoya Rechnung trägt:

Bildbeispiel: Wappen für Margareta v. Braunschweig-Lüneburg (6.4.1573 - 7.8.1643), Tochter von Wilhelm V. Herzog v. Braunschweig-Lüneburg-Celle (4.7.1535 -1592), vermählt mit Dorothea von Dänemark (1546 - 1617), sowie Ehefrau von Johann Kasimir Herzog v. Sachsen-Coburg (12.6.1564 - 16.7.1633), am Gymnasium Casimirianum zu Coburg.

Im Siebmacher Landesfürsten wird für Herzog Wilhelm d. J. aus dem Jahr 1585 (S. 29) eine leicht unterschiedliche Tinktur bei dem Kleinod für Alt- und Neu-Bruchhausen angegeben: auf dem gekrönten Helm mit rechts rot-silbernen und links blau-goldenen Decken zwischen zwei silbern-rot abwechselnd gestückten Büffelhörnern vier (lt. Text) bzw. sechs (lt. Abb.) von Rot und Silber geteilte Fähnchen an roten Lanzen.

Ursprünglich hatten die Kleinode der Helme von Alt-Bruchhausen (Edle von Bruchhausen) und Neu-Bruchhausen (Oldenburg-Wildeshausen-Bruchhausen) keine Kronen, sondern Wülste. Mit dem Aussterben der Grafen von Hoya 1582, welche einen gekrönten Helm führten, kamen zuerst nur die kombinierten Bruchhausener Kleinode in das Braunschweiger Wappen, später 1595 ergänzt durch Hoya und auf nun gekröntem Helm. 1599 wurden die Komponenten wieder getrennt, seitdem steht ein Kleinod Hoya neben dem Kleinod Alt- und Neu-Bruchhausen, die jetzt aber auf einem gekrönten Helm blieben.

 

Bildbeispiel: Wappen für Margareta von Braunschweig-Lüneburg (6.4.1573 - 7.8.1643) aus der Linie zu Celle in der St. Johannis-Kirche in Rödental-Oeslau, Kleinod in der rot-silbernen Variante.

Wappen mit sieben Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Bruchhausen, Hoya, Diepholz
Im Siebmacher Landesfürsten wird auf Tafel 51 ein achtfeldriges Wappen für Herzog Christian, den Sohn von Herzog Wilhelm dem Jüngeren, aus dem Jahre 1610 wiedergegeben. Der neue Schild ist gespalten und dreimal geteilt:

Dabei widerspricht der Umgang mit Hoya und Bruchhausen in den Feldern 5 und 7 gröblich heraldischen Konventionen. Im Detailo besteht eine ziemliche Willkür bei der exakten Anordnung.

Im Siebmacher Landesfürsten wird für Herzog Christian (S. 29) eine leicht unterschiedliche Tinktur bei dem Kleinod für Alt- und Neu-Bruchhausen angegeben, ferner halten die Hörner von Diepholz Einzug in eine Kombinationshelmzier:

Die Willkür der Tingierung von Büffelhörnern, die nicht mehr mit den Feldfarben übereinstimmt, zeigt, daß die eigentliche Kenntnis der ursprünglichen Farben angesichts der unübersichtlichen Kombinationen mehr und mehr abhanden gekommen war.

Wappen mit elf Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Bruchhausen, Hoya, Lauterberg, Klettenberg, Regenstein, Blankenburg, Hohnstein
Der nächste große Schritt in der Wappenentwicklung war der Anfall der ganzen Harz-Grafschaften: Quasi als eine Einheit hielten die Felder für Lauterberg, Klettenberg und Hohnstein (1593 erloschen) im Südharz sowie die für Regenstein und Blankenburg (1599 erloschen) im Nordharz Einzug in die herzoglichen Wappen (zur Diskussion der Geschichte dieser Komponenten vgl. im Detail Teil 1). Der neue Wappenschild ist zweimal geteilt und zweimal gespalten über gespaltenem Schildfuß, besitzt also elf Felder, wovon zwei noch einmal unterteilt sind.

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, in den Jahren 1613-1617 errichtetes Zeughaus, auf 1619 datiertes Wappen für Friedrich Ulrich Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel (15.4.1591-1634) aus dem mittleren Haus Wolfenbüttel

Zuordnung der einzelnen Felder:

Es widerspricht den heraldischen Grundsätzen, die beiden Hälften des Wappens von Lauterberg auseinanderzureißen und durch eine weitere Komponente, hier Hohnstein, zu trennen.

Zu dieser Entwicklungsstufe gehören nun fünf Helme, was nun dem erfolgten Erwerb der Harzgrafschaften Rechnung trägt:

Genau dieser Wappentypus wird im Siebmacher Band Landesfürsten für Herzog Christian 1611 auf Tafel 52 und S. 29 nach der Abb. in einem Stammbuch beschrieben und abgebildet. Dort werden aber abweichende Tinkturen für die Helmdecken angegeben, die auch anscheinend einer gewissen Willkür unterliegen:

Geistliche Komponenten: Administrator des Bistums Halberstadt:
Das in karolingischer Zeit als Missionsbistum für das Gebiet des Sachsen gegründete, ehemalige Bistum Halberstadt war vom Salier-Kaiser Heinrich III. (28.10.1017-5.10.1056) mit Grafenrechten ausgestattet worden und konnte sich ein Territorium im Harzgebiet um Halberstadt, Osterwieck, Oschersleben, Aschersleben und Ermsleben aufbauen. Die Rolle als Lehnsherr für diverse Harzterritorien wurde zuvor in den Abschnitten Hohnstein und Regenstein etc. erwähnt. Von 1479 unter Ernst von Magdeburg bis 1566 war das Bistum Halberstadt in Personalunion mit dem Bistum Magdeburg verbunden. Diese Personalunion wurde erst mit der Wahl von Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg (15.10.1564-1613) zum Administrator wieder gelöst. Im Jahre 1541, 20 Jahre nach dem Wormser Reichstag, war das Bistum Halberstadt protestantisch geworden, hatte aber erst seit 1566 protestantische Administratoren, die nach ihrer Wahl durch das Domkapitel in Nachfolge der früheren katholischen Fürstbischöfe die landesherrlich-weltlichen Funktionen ausübten und bezüglich der geistlichen Aufgaben mehr oder weniger eng mit dem Domkapitel zusammenarbeiteten.

Von 1566 bis 1623 wurde Halberstadt von Vertretern des Hauses Braunschweig-Wolfenbüttel regiert, eine enge Verquickung mit den territorialen Interessen der Herzöge war die Folge. Vor dieser Phase lückenloser Herrschaft von Heinrich Julius und seinen drei aufeinanderfolgenden Söhnen gab es nur einen einzigen, damals noch katholischen Bischof aus dem Welfenhaus: Albrecht II. von Braunschweig-Lüneburg, der 1324-1358 das Amt eines Halberstädter Bischofs innehatte. Die Herzöge übernahmen das Amt des Administrators teilweise sehr jung, Heinrich Julius war ganze 2 Jahre alt, sein Sohn Heinrich Karl war bei seiner Wahl erst 4 Jahre alt, Rudolf 13 Jahre alt. Da spielte durchaus die Hoffnung des Domkapitels eine Rolle, durch die Wahl eines Bischofs im Kindesalter wenigstens ein paar Jahre lang selbst bestimmen zu können und Ruhe vor allzu großer Einmischung zu haben. Heinrich Karl und Rudolf waren Kinder und spielten keine große Rolle, sie störten nicht und sie bewirkten nichts, denn sie starben früh. Erst unter Christian, dem dritten Sohn von Heinrich Julius als Halberstädter Administrator, kam es wieder zu einer nennenswerten Regierungsperiode, denn er wurde immerhin erst mit 17 Jahren gewählt und regierte 7 Jahre lang, auch wenn er eigentlich andere Interessen hatte. Dieser letzte Adminstrator aus dem Welfenhause war alles andere als ein geistlich-weltferner Bischof voller christlicher Ideale, im absoluten Gegenteil, er war ein ungestümer Haudegen, verwegener Söldnerführer und zeittypischer "Kriegsunternehmer" im 30jährigen Krieg, der im Dienste von Moritz von Oranien einerseits und für den geächteten "Winterkönig" Friedrich V. von der Pfalz andererseits kämpfte und kurz vor seinem Tod auch noch für den dänischen König Christian IV. in den Krieg ziehen wollte, der gegen Spanier (Spinola, Cordoba), Kaiserliche (Tilly) und vor allem gegen alles Katholische focht und der die katholischen Stifte Paderborn und Münster plünderte. Nicht grundlos bekam er den Spitznamen &bdquoder tolle Halberstädter&ldquo. Und dennoch schaffte er es, nicht auf irgendeinem Schlachtfeld dieser gräßlichen Auseinandersetzungen zu enden, sonden er starb an einem Fieber ungeklärter Ursache in Wolfenbüttel. Was für ein Bischof!

Das Wappen des Hochstifts Halberstadt, ein silbern-rot gespaltener Schild, wurde dem Wappen des jeweiligen Administrators als Herzschild aufgelegt.

Nach einer kurzen Sedisvakanz übernahm 1624-1628 Christian Wilhelm von Brandenburg (7.9.1587-11.1.1665) die Administration von Halberstadt, der seit dem 1.1.1615 mit einer Schwester der drei vorherigen Administratoren verheiratet war, seine erste von drei Ehen. Auch dieser war ein Kriegsherr seiner Zeit, der zwischen beiden Konfessionen lavierte, bis die Stifte die Nase gestrichen voll von ihm hatten und ihn absetzten, der nach seiner Gefangennahme durch die Kaiserlichen als Preis für die Freiheit zum Katholizismus übertrat und sich damit politisch ins Abseits setzte.

Es folgte mit Leopold Wilhelm von Österreich (6.1.1614-20.11.1662) wiederum ein katholischer Bischof, ein letzter, einer jener typischen barocken Ämter- und Pfründensammler, der sechs Bistümer innehatte (aber immerhin nie mehr als vier gleichzeitig) und noch Hochmeister des Deutschen Ordens dazu war und anscheinend noch Zeit übrig hatte, um sein Amt als Statthalter der habsburgischen Niederlande auszuüben.

1648 wurde nach dem Ende des 30jährigen Krieges das Bistum Halberstadt komplett aufgelöst und in ein säkulares Fürstentum umgewandelt, welches dem Kurfürstentum Brandenburg zugeschlagen wurde. Dieses Fürstentum umfaßte Halberstadt selbst, Gröningen, Schlanstedt, Regenstein, Aschersleben, Gatersleben, Ermsleben, Konradsburg, Falkenstein, Winningen, Weferlingen, Emmeringen, Oschersleben, Krottorf, Osterwieck, Dardesheim, Derenburg etc. Mit anderen Territorialherrschaften zusammen kam das neugegründete Fürstentum 1807 kurzfristig an das Königreich Westfalen, ehe es 1815 auf dem Wiener Kongreß zur preußischen Provinz Sachsen kam.

Herzogliches Wappen als Administrator von Halberstadt:
Das Wappen folgt im wesentlichen dem allgemeinen Aufbau der Wappen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, hat aber einen Herzschild für das Hochstift Halberstadt zusätzlich. Er ist in dem Wappen von Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel zu finden ist, denn er war postulierter Bischof von Halberstadt, im Jahre 1566 trat er erst unter Vormundschaft und 1578 endgültig die Herrschaft im Bistum Halberstadt an, welches daraufhin protestantisch wurde. Der Herzschild Halberstadt wurde von Herzog Heinrich Julius in unterschiedlichen Kombinationen geführt, in einem 4-feldrigen Wappen (undatiert), in einem 6-feldrigen (1589), in einem 9-feldrigen (1596/97, anschließend beschrieben) sowie in einem 12-feldrigen Wappen (wie weiter unten beschrieben). Diesen Herzschild Halberstadt führte neben diesem Herzog Heinrich Julius übrigens auch Herzog Christian der Jüngere.

Ein neunfeldriges Wappen: Der Schild ist über einem Schildfuß dreimal geteilt und einmal gespalten und trägt einen Herzschild:

 

Bildbeispiel: Helmstedt, Juleum novum = Hauptgebäude der ehemaligen Helmstedter Universität, herzogliches Wappen von Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel am Kellereingang auf der Nordseite.

Zu diesem Wappen werden nur drei Helme geführt:

Bildbeispiel: Helmstedt, Juleum novum = Hauptgebäude der ehemaligen Helmstedter Universität, herzogliches Wappen von Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel am Kellereingang auf der Nordseite.

Ein zwölffeldriges Wappen: Der Schild ist über einem Schildfuß dreimal geteilt und zweimal gespalten und trägt einen Herzschild auf der Stelle von Feld 5:

Bildbeispiel: Burg Polle, über dem Eingangstorbogen, Wappen für Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Dazu werden die gleichen fünf Helme wie oben beschrieben geführt.

 

Bildbeispiel: Helmstedt, Juleum novum = Hauptgebäude der ehemaligen Helmstedter Universität, herzogliches Wappen von Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel am Treppenturmportal.

Geistliche Komponenten: Bistum Osnabrück, Bistum Verden, Dompropstei Halberstadt:
Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel (1.7.1568-19.3.1623), Sohn von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (29.6.1528-3.5.1589) und Hedwig von Brandenburg (23.2.1540-21.10.1602), war 1591-1623 lutheranischer Fürstbischof von Osnabrück, 1586-1623 Fürstbischof von Verden und 1598-1623 Dompropst von Halberstadt, wo sein eigener Bruder, Heinrich Julius Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, postulierter Bischof war. Der Schlüssel für die Identifizierung sind die Felder des Herzschildes mit den Hinweisen auf Osnabrück und Verden. Aber zeitüblich hatte er noch mehr Eisen im Feuer, so war er auch noch Domherr in Magdeburg und in Bremen. Dazu hatte er noch seit 1589 drei Hoya'sche Ämter nahe Verden aus des Vaters Erbe. Abgesehen von seinen Pflichtpräsenzen lebte er in seinen Schlössern Iburg und Rotenburg (Wümme). Seine Wahl in Osnabrück führte zu konfessionellen Auseinandersetzungen im dortigen Domkapitel. Philipp Sigismund hielt an seinem protestantischen Glauben fest, gab aber die Zusage, niemanden in seiner Religionsausübung zu behindern. Deshalb gab es auch keine päpstliche Bestätigung der Wahl, was ihn aber nicht anfocht und die Regierungsarbeit auch nicht einschränkte.

Bildbeispiel: Halberstadt, Dompropstei

Sein Wappen ist wie folgt aufgebaut:

In den Kunstsammlungen der Veste Coburg existiert ein Stich mit dem Bildnis des Philipp Sigismund von Braunschweig-Wolfenbüttel (Inv.-Nr. II,17,2d), wo die heraldischen Inhalte auf die vier Ecken des Blattes aufgeteilt sind, rechts oben das sechsfeldrige braunschweigische Wappen, in den drei anderen Ecken Osnabrück, Verden und Halberstadt. Im Osnabrücker Rathaus hängt ein Brustbild (Öl auf Leinwand) dieses Bischofs in der Kleinen Ratskammer, auch hier findet sich die selbe Aufteilung auf vier einzelne Wappenschilde, und alle sind entsprechend mit Beischriften benannt ("BRUNSWICK",  "OSNABRUGK", "VERDEN" und "HALBERS(TADT)").

Bildbeispiel: Halberstadt, Dompropstei

Zu diesem Wappen gehören drei Helme:

Das Wappen enthält nicht die Harzgrafschaften Blankenburg, Regenstein und Hohnstein, weil diese erst 1593 von dem Bruder Heinrich Julius erworben wurden, ebensowenig Klettenberg, das 1593 an Grubenhagen kam und dann auch an den Bruder. Sein Wappen in vollständiger Form ist an der Schloßmühle in Bad Iburg angebracht (Herzschild geteilt aus Osnabrück und Verden). Sein Wappen in der Form, die derjenigen an der Dompropstei Halberstadt (Photos oben) entspricht, ist im Stammbuch des David von Mandelsloh im Jahre 1605 eingetragen worden (Stadtbibliothek Lübeck, Mshist 824); dort sind die Helmdecken rechts rot-golden, links blau-silbern.

Wappen mit zwölf Themen: Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Bruchhausen, Hoya, Lauterberg, Klettenberg, Regenstein, Blankenburg, Hohnstein, Diepholz
Der einzige Neuzugang in das System der welfischen Territorien ist im Jahre 1585 die Grafschaft Diepholz (zur Diskussion der Geschichte dieser Komponente vgl. im Detail Teil 1). Dabei wurde Diepholz nicht in ein Feld gedrängt, sondern nahm zwei Felder für seine obere und seine untere Hälfte in Anspruch. Dennoch entstanden insgesamt nur zwölf Felder, weil Hoya und Bruchhausen zusammen in ein Feld gedrängt wurden. Der Schild ist nun zweimal gespalten und dreimal geteilt:

Bildbeispiel: herzogliches Schloß Wolfenbüttel, Wappen über dem Haupteingang für August Wilhelm Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel (8.3.1662-23.3.1731) aus dem neuen Haus Wolfenbüttel  

Eine ganz ähnliche Darstellung findet sich am Bankhaus Seeliger in Wolfenbüttel, dort jedoch etwas älter und für August Herzog v. Braunschweig-Wolfenbüttel-Dannenberg (10.4.1579-17.9.1666), gen. August d. Jüngere, aus dem neuen Haus Wolfenbüttel, der von 1635 bis 1666 regierte und das Haus 1646 erwarb und als Fürstliche Apotheke einrichten ließ. Dort haben wir aber bei gleichen Inhalten nur elf Felder statt zwölf, weil die unterste Reihe ein gespaltener Schildfuß mit nur zwei Feldern ist, rechts Klettenberg, links Blankenburg und Regenstein in einem einzigen Feld zusammengelegt. Im Siebmacher Band Landesfürsten wird auf Tafel 53 genau diese Variante abgebildet und auf S. 29-30 beschrieben für Herzog August d. J. Dort werden noch zwei goldene Löwen als Schildhalter angegeben, die die beiden äußersten Helme tragen, um Platz auf dem oberen Schildrand zu schaffen.

Oberwappen: Fünf Helme, wobei etliche Kleinode der einzelnen Ansprüche zusammengelegt und verändert wurden:

Die genaue Darstellung der Kleinode variierte im Laufe der Zeit und je nach Herrscher und gerade vorherrschender Interpretation. Im Vergleich zu den ursprünglichen Helmzieren ist grundsätzlich von zeitbedingten Anpassungen auszugehen. Im Detail ergeben sich bei den Kleinoden viele Varianten, wie folgende alternative Darstellung zeigt.

Bildbeispiel: Helmreihe für Georg Wilhelm Herzog v. Braunschweig-Lüneburg-Celle (26.1.1624-28.8.1705) am 1664 erbauten sog. herzoglichen Alten Reithaus in der Westcellertorstraße / Ecke Schloßplatz in Celle

Fünf Helme, wobei etliche Kleinode der einzelnen Ansprüche zusammengelegt und verändert wurden:

 

Bildbeispiel: Wappen für Ludwig Rudolph Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel (22.7.1671-1.3.1735) am Rathaus in Blankenburg, datiert auf 1734.

Im Siebmacher Band Landesfürsten wird auf Tafel 52 eine Variante abgebildet und auf S. 29 beschrieben für Herzog Georg, den 6. Sohn von Wilhelm dem Jüngeren, aus dem Jahr 1640. Die marginalen Unterschiede sind: Feld 7 ist geteilt, oben Hoya, unten geviert aus Neu-Bruchhausen und Alt-Bruchhausen. Die Hörner auf dem 3. Helm (Mitte links) sind von Rot und Silber gestückt (für Alt-Bruchhausen), und die Büffelhörner auf dem 5. Helm (ganz links) sind rechts rot, links silbern (für Diepholz). Bei Herzog Georg treten erstmals zwei wilde Männer als Schildhalter auf, mitunter werden ihnen die beiden äußersten Helme aufgesetzt, um Platz zu schaffen.

Ernst August von Braunschweig-Lüneburg, Fürstbischof von Osnabrück
Im Siebmacher Band Landesfürsten wird auf Tafel 53 das Wappen des lutherischen Fürstbischofs von Osnabrück, Ernst August I., Herzog zu Braunschweig und Lüneburg (20.11.1629-23.1.1698, reg. 1662&ndash1698, späterer Kurfürst von Hannover) aus dem Jahr 1662 angegeben und auf S. 29 beschrieben. Der Schild folgt dem oben angegebenen allgemeinen Schema, bis auf zwei Änderungen:

Die 5 Helme werden wie beschrieben geführt, außer daß die Hörner des 5. Helmes wiederum rot-silbern übereck geteilt sind, das Oberwappen wird bereichert durch Schwert und Krummstab hinter dem Schild als Insignien für weltliche und geistliche Macht des Fürstbischofs.

Ferner werden im Siebmacher Landesfürsten im Gegensatz zu Ströhl die Hirschstangen auf Helm 4 (rechts außen) konsequent als das Kleinod von Klettenberg angesprochen, schwarz tingiert und mit schwarz-silbernen Decken versehen.

Großes Staatswappen des Herzogtums Braunschweig:
Mehrfach waren die Braunschweiger Wappen einer Umgruppierung der Inhalte unterworfen. Hier ist das Wappen des neuen, 1814 auf dem Wiener Kongreß entstandenen Herzogtums Braunschweig gemeint als Nachfolgestaat des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, welches 1807 durch den Einmarsch französischer Truppen und der Eingliederung in das Königreich Westfalen endete. Das neugeschaffene Herzogtum bestand im Grunde aus drei verschiedenen geschlossenen Territorien und mehreren Exklaven. Die Hauptterritorien waren 1.) Braunschweig-Wolfenbüttel-Helmstedt, 2.) Holzminden-Gandersheim-Harzburg und 3.) Blankenburg. Dazu gehörte noch ein bißchen "Streuterritorium" zum neudefinierten Herzogtum: Oelsburg, Thedinghausen, Ostharingen, Kalvörde und Bodenburg.

Das Große Staatswappen hatte 12 Hauptfelder. Hier ein Beispiel eines Hoflieferantenwappens, bei dem Hohnstein ganz für sich allein ein eigenes Feld bekam und die beiden Lauterberg-Komponenten wieder in einem einzigen Feld zusammenfanden, wie es eigentlich sowieso korrekt wäre. Hoya und Bruchhausen bilden zusammen ein einziges Feld.

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Haus Ruge, Hoflieferantenwappen

Der Schild ist weiterhin zweimal gespalten und dreimal geteilt:

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Haus Ruge, Hoflieferantenwappen

Auf dem Schild eine purpurn gefütterte Herzogskrone mit fünf sichtbaren, goldenen, mit silbernen Perlen belegten Bügeln über juwelengeschmücktem Reif. Als Schildhalter dienen zwei nackte, silbernbärtige, um Stirn und Hüften grün laubbekränzte wilde Männer, mit der äußeren Hand eine naturfarbene Keule haltend.

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Haus Ruge, Hoflieferantenwappen

Um den Schild ist eine Ordenskette gelegt. Es handelt sich um die Kette des Herzoglich Braunschweigischen Orden Heinrichs des Löwen. Dieser Orden wurde erst am 25.4.1834 von Wilhelm August Ludwig Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel (25.4.1806-18.10.1884) gestiftet. Es war ein Zivil- und Militärverdienstorden. Das an drei kleinen goldenen Kettchen von der Collane herabhängende Kleinod ist ein blaues, golden bordiertes achtspitziges Kreuz mit goldenen Kugelenden. In den Winkeln zwischen den Kreuzarmen befinden sich vier radial gestellte goldene Initialen "W" (für den Stifter, Herzog Wilhelm), jeweils herzoglich gekrönt. Im senkrecht nach unten gerichteten Kreuzarm ist ein golden gekrönter, silberner Bügelhelm. Sein Kleinod, das silberne schreitende Pferd vor einer silbernen Säule zwischen den silbernen, gezähnten Sicheln ragt in die rot unterlegte Mitte des Kettenkleinods, und die Pfauenfedern von Sicheln und Köcher ragen in die drei freien Kreuzarme hinein (hier vereinfacht dargestellt). Der senkrecht nach oben gerichtete Kreuzarm hat zwischen seinen beiden je mit einer Kugel abgeschlossenen Spitzen einen goldenen schreitenden Leoparden auf rotem Untergrund zwischen zwei grünen Lorbeerzweigen (hier vereinfacht), darüber eine weitere herzogliche Krone. Die hier nicht sichtbare Rückseite des Ordenskreuzes hätte im Zentrum die Devise des Ordens "IMMOTA FIDES" ("unverrückbare, unerschütterliche Treue"), dazu umlaufend die römische Jahreszahl MDCCCXXXIV als Erinnerung an das Jahr der Stiftung.

Die Kette hat abwechselnd größere und kleinere Glieder. Das größere Glied, im Zentrum unten zu sehen, besteht aus einem aus den Wappen für Braunschweig und Lüneburg gespaltenen Schild, darüber ein goldener, herzoglich gekrönter Löwenkopf zwischen insgesamt sechs Fahnen mit abwechselnd dem braunschweigischen und dem lüneburgischen Wappenbild. Rechts und links des Wappenschildes dienen goldene, schreitende, hersehende Löwen (Leoparden) als Schildhalter.

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Haus Ruge, Hoflieferantenwappen

Das kleinere Kettenglied, im gewählten Bildausschnitt zweimal zu sehen, ist ein kreisrundes medaillonartiges Element. Die Mitte ist weiß emailliert mit einem goldenen, gekrönten Monogramm "W" (für den Stifter, Herzog Wilhelm). Der Bord ist rot und golden gesäumt, und darauf steht die Devise des Ordens "IMMOTA FIDES" ("unverrückbare, unerschütterliche Treue").

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Haus Ruge, Hoflieferantenwappen

Unter dem Wappen ist auf einem blauen Band die Devise zu lesen "NEC ASPERA TERRENT" (selbst Widrigkeiten schrecken mich nicht).

Soweit das Hoflieferanten-Wappen in einer etwas "abgespeckten" Version. In der Vollversion hat das Große Staatswappen noch fünf Helme:

Bis auf winzige Änderungen entspricht das den bisher schon geführten Kleinoden. Es sei angemerkt, daß in der offiziellen Darstellung ein Anachronismus vorliegt, denn dort tragen alle Helme blau-goldene Decken, was historisch unzutreffend ist. Die obigen Angaben sind gemäß der Farben der Einzelkomponenten korrigiert. Das Große Staatswappen enthält normalerweise immer die fünf beschriebenen Helme. Wird es in einer kleineren, abgespeckten Version verwendet, wird das Welfenroß auch als kompositorische Alternative auf einen Herzschild gesetzt, damit dieses wichtige Element nicht fehlt (s. u.). Dies ist bei diesem Hoflieferantenwappen nicht berücksichtigt.

Das Große Staatswappen besitzt noch mehr als die bereits beschriebenen Prunkstücke, nämlich einen purpurnen, hermelingefütterten Wappenmantel, der aus einer goldenen, purpurn gefütterten Herzogskrone mit fünf sichtbaren, goldenen, mit silbernen Perlen belegten Bügeln und mit blauem, golden beschlagenen Reichsapfel an der Spitze über juwelengeschmücktem Reif herabfällt.

Großes Staatswappen des Herzogtums Braunschweig, Variante:
Im Siebmacher, Landesfürsten, wird auf Tafel 46 eine Variante des Großen Staatswappens abgebildet, die in Feld 7 eine alternative Anordnung hat:

Alle anderen Felder und Prunkstücke wie zuvor beschrieben. Der Text im Siebmacher, Landesfürsten, S. 26, beschreibt in Widerspruch zur zugeordneten Abbildung die hier zuerst besprochene Anordnung.

Großes Staatswappen des Herzogtums Braunschweig, Variante:
Ein neues Element hielt unter dem letzten Herzog von Braunschweig aus dem neueren Haus Braunschweig-Wolfenbüttel Einzug, ein Herzschild mit dem Welfenroß. Der Hintergrund war der, daß das Große Staatswappen oft auch ohne Helme dargestellt wurde, z. B. in Siegeln. Damit ein so wichtiges Element wie das in dem ältesten und wichtigsten Kleinod dargestellte Symbol wie das Welfenroß dabei nicht gänzlich verloren geht, wurde dieses auf einem Herzschild dem vielfeldrigen Wappen hinzugefügt, der der Position 5 aufgelegt wurde. Das Pferd als Herzschild tauchte bereits in einem Siegel des Herzogs Johann Friedrich aus der jüngeren Lüneburgischen Linie auf (gest. 1679).

Da die Grundaufteilung des Schildes, zweimal gespalten und dreimal geteilt, beibehalten wurde, mußten dafür Felder verschoben werden und teilweise auch zusammenrücken: Regenstein und Blankenburg kamen in ein einziges Feld. Diepholz rutscht dafür mit seinen beiden übereinander stehenden Feldern nach unten. Der Klettenberger Hirsch rutscht nach rechts unter Bruchhausen. Eine weitere Variante gab es unter Wilhelm August Ludwig Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel (25.4.1806-18.10.1884) in dessen Siegeln und Wappen im Feld 7, wo Hoya und Alt-Bruchhausen nun in einer punktsymmetrischen Konstellation in gevierter Weise kombiniert wurden, getrennt durch eine schmale Zone für Neu-Bruchhausen. Diese gevierte Darstellung tauchte bereits im 17. Jh. auf, nun erlebte sie eine Neuauflage. Am 31.5.1859 gab es wiederum ein Reskript des Herzoglichen Staatsministeriums, das das Große Staatswappen neu regelte und die Vierung als überflüssig ansah, und seitdem wurde sie nicht mehr benutzt.

Bildbeispiel: Wolfenbüttel, Knustsches Haus, Hoflieferantenwappen

Der Schild ist weiterhin zweimal gespalten und dreimal geteilt, wobei im abgebildeten Beispiel farbliche Vereinfachungen getroffen wurden:

Auf dem Schild eine purpurn gefütterte Herzogskrone mit fünf sichtbaren, goldenen, mit Perlen belegten Bügeln über juwelengeschmücktem Reif. Als Schildhalter dienen zwei nackte, bärtige, um Stirn und Hüften laubbekränzte wilde Männer, mit der äußeren Hand eine Keule aufstützend. Um den Schild liegt die oben beschriebene Ordenskette des Herzoglich Braunschweigischen Orden Heinrichs des Löwen, hier allerdings unten abgeschnitten.

Hoflieferanten benutzten verschiedene Formen des herzoglich-braunschweigischen Wappens; es ist keine diesbezügliche Festlegung durch eine entsprechende Verordnung erfolgt.

Kleineres Staatswappen des Herzogtums Braunschweig:
Das Kleinere Staatswappen des seit 1814 bestehenden Herzogtums Braunschweig, wie es typischerweise von der herzoglichen Hofverwaltung und den Gesandtschaften benutzt wurde, zeigt in seinem gespaltenen Schild nur die Kern-Komponenten, rechts Braunschweig (in Rot zwei goldene, schreitende, meist hersehende Löwen), links Lüneburg (in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein rotbewehrter und rotgezungter blauer Löwe). Um den Schild ist ein rotes, golden gesäumtes Schnallenband gelegt, auf dem in goldenen Lettern die Devise "IMMOTA FIDES" ("unverrückbare, unerschütterliche Treue") steht, die Devise des Herzoglich Braunschweigischen Ordens Heinrichs des Löwen. Wilhelm August Ludwig Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel (25.4.1806-18.10.1884) war selbst Mitglied des britischen Hosenbandordens, und dieses Band führt er in seinem persönlichen Wappen. Das allgemein verwendete und nicht personenbezogene Staatswappen erhielt nun dieses Band in Nachahmung des britischen Vorbildes. Dieses Band wird von der Kette des Ordens (wie oben beschrieben) unterzogen. Auf dem Band oben eine purpurn gefütterte Herzogskrone mit fünf sichtbaren, goldenen, mit Perlen belegten Bügeln über juwelengeschmücktem Reif. Als Schildhalter dienen zwei goldene, herzoglich gekrönte, hersehende Löwen, die auf dem blauen, golden gesäumten Schriftband mit einer weiteren Devise "NEC ASPERA TERRENT" (selbst Widrigkeiten schrecken mich nicht) in goldenen Lettern stehen.

Eine Variante des kleineren Staatswappens hat den gleichen, von Braunschweig und Lüneburg gespaltenen Schild, aber ohne Schildhalter, und das den Schild umgebende Schnallenband ist nun blau und goldengesäumt und trägt die Devise "NEC ASPERA TERRENT" in goldenen Lettern. Herzogskrone über dem Schnallenband und das Ordensband des Herzoglich Braunschweigischen Ordens Heinrichs des Löwen vervollständigen diese Variante.

Als mit dem Tod von Wilhelm August Ludwig Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel das neue Haus Braunschweig-Wolfenbüttel ausstarb und das Herzogtum unter preußischer Verwaltung regiert wurde, benutzte der Regent die Wappen von Herzog Wilhelm weiter, natürlich ohne dessen in persona geführten Garter des Hosenbandordens.

Kleines Staatswappen des Herzogtums Braunschweig:
Das Kleine Staatswappen des seit 1814 bestehenden Herzogtums Braunschweig, wie es verwendungstypisch für herzogliche Ämter und Behörden ist, ist noch einfacher aufgebaut und zeigt in rotem Schild das laufende silberne Pferd, das Welfenroß oder Niedersachsenroß. Die Herzogskrone ruht auf dem Schild. Manchmal werden die beiden wilden Männer als Schildhalter benutzt, welche eigentlich die Schildhalter des Großen Staatswappens sind.

Herzogliche Schildhalter:
In den Wappen der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg gibt es drei prinzipielle Arten von Schildhaltern:

Bildbeispiel: Löwen als Schildhalter von Johann Friedrich Herzog von Braunschweig-Calenberg (25.4.1625-1679) an Schloß Herzberg.

Es kommt auch vor, daß zwei Arten von Schildhaltern gemischt werden, z. B. bei:

oder daß beide Schildhalter gemeinsam vorkommen, die wilden Männer stehend, die Löwen liegend wie für

Bildbeispiel: Schildhalter von Christian Ludwig Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Celle (25.2.1622-1665) am Glockenturm von Schloß Herzberg.

Und die gleiche Person konnte in unterschiedlichen Wappen unterschiedliche Schildhalter verwenden: Wilhelm August Ludwig Herzog zu Braunschweig-Wolfenbüttel (25.4.1806-18.10.1884) hatte

Bildbeispiele: Schildhalter des Herzogtums Braunschweig, linkes Paar am Haus Ruge in Wolfenbüttel, rechtes Paar am Knustschen Haus in Wolfenbüttel

Noch ganz andere Schildhalter werden später beim neuen Haus Hannover eine Rolle spielen, dort fanden die beiden Schildhalter des britischen Wappens Eingang, weil es sich bei den Kurfürsten und Königen von Hannover und ihren Nachkommen um Könige bzw. Prinzen Großbritanniens handelte.

Literatur, Links und Quellen:
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Siebmachers Wappenbücher
Orden Heinrichs des Löwen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Orden_Heinrichs_des_Löwen
Halberstadt: http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_Halberstadt - http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bisch%C3%B6fe_von_Halberstadt
Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg: Albrecht Eckhardt, Heinrich Julius, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, S. 352&ndash354, online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016409/images/index.html?seite=368
Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg: Ferdinand Spehr, Heinrich Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 11, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 500&ndash505, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Heinrich_Julius
Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel: Berent Schwineköper, Christian d. J., in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 225 f, online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016319/images/index.html?seite=241
Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel: Ferdinand Spehr, Christian der Jüngere, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 677&ndash683, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Christian_der_Jüngere
Leopold Wilhelm von Österreich: Franz Krones: Leopold Wilhelm (Bischof von Straßburg und Passau), in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 402&ndash404, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Leopold_Wilhelm_(Bischof_von_Straßburg_und_Passau)
Leopold Wilhelm von Österreich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Leopold_Wilhelm_von_Österreich
Christian Wilhelm Markgraf von Brandenburg: Berent Schwineköper, Christian Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 226, online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016319/images/index.html?seite=242
Christian Wilhelm Markgraf von Brandenburg: Karl Janicke: Christian Wilhelm, in: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB), Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 164&ndash168, online:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Christian_Wilhelm
Christian Wilhelm Markgraf von Brandenburg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Wilhelm_von_Brandenburg
Dieter H. Müller-Bruns, Herzog Erich I. und seine beiden Frauen, Steinplatte mit Wappen in Pattensen,
Kleeblatt, Zeitschrift für Heraldik und verwandte Wissenschaften, 2/2012, S. 70-91

Wappen, Linien und Territorien der Welfen (1): Wappen-Komponenten und ihre Geschichte
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