Bernhard Peter
Gestaltung mit Ständerungen (2)

Mehrfarbige Ständerungen
Das gleiche Prinzip der einzelnen Ansprache abweichend tingierter Plätze geht auch mit mehreren abweichenden Plätzen und mit anderen zugrundeliegenden Geometrien:

Mehrere Formulierungen sind möglich, so könnte in der oberen Reihe das erste Bild auch als "Zu 14 Plätzen geständert, der untere mittlere Ständer golden, die übrigen rot und silbern" und das zweite Bild als " Zu 7 Plätzen zum Schildhaupt geständert, der Unterständer golden, die übrigen rot und silbern" blasoniert werden.

Eine mehrfarbige Ständerung ist durchaus möglich, dabei wird aber eine vorgegebene Reihenfolge immer eingehalten, es erfolgt keine Permutation der Farben. Wenn man angibt, eine Fläche sei von Gold, Rot, Silber und Schwarz zu 16 Plätzen geständert, so erscheint jede Farbe auf 4 Plätzen, und jede Farbe bildet bei mittigem Ausgangspunkt quasi ein Kreuz, denn die angegebene Reihenfolge wird, einmal gewählt, immer beibehalten. Hier drei Beispiele mit Ständerungen zum oberen Schildrand:

Blasonierungs-Grenzfälle
Selbstverständlich gibt es immer Grenzfälle, Heroldsbilder, die man nicht nur als modifizierte Ständerung ansehen kann, sondern auch als Konstrukt aus Spitzen, Keilen, Halbkeilen etc. - im Einzelfall wird man sich für die plausiblere und vor allem unkompliziertere, kürzere Variante entscheiden. Bei einer Ansprache als modifizierte Ständerung hat man inbegriffen, daß die Winkel der Aufteilung gleich groß sind, und daß alle Linien in einem Punkt zusammenlaufen, deshalb gibt man manchmal dieser Sichtweise gerne den Vorzug. Alle drei abgebildeten Beispiele würde man jedoch nicht als Ständerung ansprechen. Die ersten beiden Beispiele haben n = 4 und lassen sich besser als eine Kombination aus Schrägteilung und Spitze beschreiben. Das dritte Bildchen ist ein Beispiel, das sich ausschließlich als Konstrukt aus einem gevierten Schild und Keilen beschreiben läßt und überhaupt nicht als Ständerung, obwohl es auf den ersten Blick so aussieht. Alternativ wäre möglich: Geviert, 1: in Silber ein schwarzer, schrägrechter Keil, 2: in Rot ein goldener, schräglinker Keil, 3: in Rot ein goldener, steigender, schräglinker Keil, 4: in Silber ein schwarzer, steigender, schrägrechter Keil. Alternative: In silbern-rot geviertem Schild ein Ständerschragen mit schwarzen schrägrechten Armen und goldenen schräglinken Armen.

Definition einer Ständerung
Fassen wir zusammen: Allen Ständerungen gemeinsam ist:

Eine Einschränkung bezüglich gleicher Winkel gibt es nur bei stark verzerrten oder extrem länglichen Teilflächen, die geständert werden.

Keine notwendigen Eigenschaften einer Ständerung sind:

Definition: Eine Ständerung ist die radiale Teilung der Schildfläche in n gleichwinklige Abschnitte, wobei Lage des Ausgangspunktes und Tingierungsabfolge sowie bei mehreren Möglichkeiten die Lage der Trennungslinien angegeben werden müssen, sofern n von 8 und/oder der Ausgangspunkt von der Schildmitte abweicht.

Ständerung von Teilflächen
Es kann der ganze Schild geständert sein oder nur eine Teilfläche, wenn der Schild vorher durch andere Heroldsbilder in einzelne Felder eingeteilt wurde. Hierbei ergibt sich die Schwierigkeit, die Abfolge der Farben korrekt zu benennen. Es konnte anhand des mir vorliegenden Datenmaterials keine durchgehende Regel gefunden werden, deshalb möchte ich die Empfehlung aussprechen, daß man, wenn eine Schildteilung existiert, man mit dem ersten an die Teilung angrenzenden Platz beginne (diese Farbe also zuerst erwähne), bei mehreren Möglichkeiten mit dem am weitesten oben und rechts liegenden an die Teilungslinie angrenzenden Platz der Ständerung. Besonders reizvoll ist dabei die Kombination mit anderen spitzwinkligen Elementen wie Spitzen, Keilen, Spickeln etc. wie im Beispiel ganz rechts.

Selbstverständlich können auch mehrere unterschiedlich geständerte Teilflächen kombiniert werden, wobei der Bezugspunkt der Ständerung ein unterschiedlicher oder der gleiche sein kann (abgebildete Reihe).

Pfähle, Balken, Schrägbalken können auch perfekt in das System der alternierenden Farben einbezogen werden, wie folgende drei Beispiele zeigen:

Überlagerung von Ständerungen mit anderen Heroldsbildern
Durch Überlagerung von Ständerungen mit anderen Heroldsbildern und Anwendung des Prinzips der verwechselten Farben entstehen Muster verwirrender Komplexität. Gut geeignet sind Heroldsbilder, die den vorgegebenen Richtungen folgen oder zirkuläre Motive wie Scheibe, Ring, Kranz etc.

Das erste Beispiel in der folgenden Reihe zeigt die Grenzen, denn hier schlägt schon eine optische Täuschung dem Auge ein Schnippchen und läßt die Balken leicht nach außen gebogen erscheinen, ein Effekt, der unter Umständen willkommen sein kann, aber auf jeden Fall berücksichtigt werden sollte. Hochkomplex wird das Ganze, wenn sich zwei Ständerungen überlagern.

Überlagerung von Ständerungen mit einfachen gemeinen Figuren
Analog erhält man durch Überlagerung von Ständerungen mit einfachen geometrischen gemeinen Figuren komplexe Muster von eigenem Reiz (alternative Blasonierungen mit den Begriffen "Raute" und "Fensterraute" sind ebenfalls möglich):

Idealerweise werden dabei solche Anordnungen gewählt, bei denen die Eckpunkte des Motivs, der Figur exakt auf den Ständerungslinien zu liegen kommen. Ist das der Fall, gewinnt das Motiv Synergien. Ist das nicht der Fall, leidet die Erkennbarkeit.

Sonstige Ständerungen
Auf eine Ständerung können auch beliebige Figuren deckend gelegt werden. Die minimalen Verstöße gegen die Farbregel können in Kauf genommen werden. Einfachen Figuren mit klarer Begrenzungslinie sollte der Vorzug gegeben werden. Das zweite Bild zeigt eine identische Ständerung in vier Feldern, was eine Art Ausschnitt eines unendlichen Rapports erzeugt. Die Nähe zu gespickelten Flächen ist gegeben, allerdings mit dem deutlichen Unterschied, daß bei gespickelten Flächen jedes Teilquadrat gleich aufgebaut ist. Die kürzestmögliche Blasonierung dieses komplexen Musters käme sogar mit nur 7 Worten hin: "Geviert, jedes Feld achtfach rot-silbern geständert". Auch hierbei lassen sich natürlich einzelne Felder abweichend tingieren und ansprechen.

Interessante Motive ergeben sich ferner, wenn man in einem gevierten Schild einfache Feldteilungen oder Heroldsbilder mit Ständerungen kombiniert. Die beiden folgenden Motive arbeiten beide mit dem geständerten Schragen als Grundstruktur, das Ergebnis ist ein komplexer Rhythmus.

Literatur und Quellen:
Walter Leonhard: Das große Buch der Wappenkunst, Bechtermünz Verlag 2000, Callwey Verlag 1978
Georg Scheibelreiter: Heraldik, Oldenbourg Verlag Wien/München 2006, ISBN 3-7029-0479-4 (Österreich) und 3-486-57751-4 (Deutschland)

Deutsche Wappenrolle, Band 1-63, Degener Verlag
Wappenbilderordnung, Symbolorum armoralium ordo, hrsg. vom HEROLD, bearbeitet von Jürgen Arndt und Werner Seeger, Skizzen von Lothar Müller-Westphal, Verlag Degener, 2. Auflage 1996, Band 1 und 2

Ständerungen (1) - Ständerungen (2)

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