Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2974
Wonfurt (Landkreis Haßberge, Unterfranken)

Rathaus Wonfurt und Schloßökonomie

Das Rathaus von Wonfurt steht in der Kirchgasse ca. 50 m im Nordosten des Schlosses, direkt vor dem Kirchturm von St. Andreas. Das zweistöckige Satteldachgebäude ist schmucklos bis auf das barocke Portal in der mittleren der sieben Achsen, das aber nicht ursprünglich hierfür gemacht wurde. Dieses aus dem Jahr 1677 stammende Portal aus Sandstein stammt von der ehemaligen von der Beeck'schen Begräbniskapelle. Die rechteckige Portaleinfassung besitzt eine profilierte, geohrte Rahmung. Darüber tragen zwei geschwungene Konsolen einen halbkreisförmigen Giebel, der seitlich von Pinienzapfen auf viereckigen Postamenten flankiert wird, ein dritter ist oben in der Mitte auf dem Giebel angebracht.

Zwischen den Konsolen ist eine vierzeilige Inschrift eingehauen: "D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / PERILLVSTRIS DOMINVS D(OMINVS) MELCHIOR LEOPOLVS LIBER BARO D(OMINVS) IN WVNFVRT ET MARIA FRANCISCA / IVLIANA NATA DE ROSENBACH HVNC PORTICVM FIERI CVRAVERVNT ANNO POST CHRISTVM NA(T)VM / 1677". Die Verwendung des einleitenden "D. O. M." belegt, daß der Kontext ursprünglich kein säkularer war, und verrät die Zweitverwendung hier am Rathaus.

Das Giebelfeld trägt ein Allianzwappen aus zwei zusammengestellten und einander zugeneigten Wappenschilden für Melchior Leopold von der Beeck (-1.1.1693) und seine Frau, Maria Francisca Juliana von Rosenbach. In der Mitte schwebt über beiden Schilden ein gemeinsamer siebenperliger Kronreif. Zwei geflügelte Engel seitlich dienen als Schildhalter.

Melchior Leopold von der Beeck war kaiserlicher Kammerherr, Hofkriegsrat, Generalwachtmeister, Generalfeldzeugmeister, Obrister über ein Regiment zu Fuß, und er war Kommandant der Festung Ofen (Budapest). Und in Friedenszeiten war er würzburgischer Oberamtmann in Gerolzhofen. Wie sein Vater machte er eine Militärkarriere. Der Dreißigjährige Krieg, der seinen Vater berühmt und wohlhabend gemacht hatte, war vorbei, aber Kriege gab es weiterhin, erst gegen die Franzosen, dann gegen die Türken, dann wieder gegen die Franzosen, dann wieder gegen die Türken. 1669 war er Hauptmann im von Wolfgang Friedrich Cob von Nüdingen befehligten Regiment zu Fuß, 1675 war er Oberstlieutenant im Regiment Kaiserstein. 1675 besiegte er im Elsaß bei Colmar das Garde-Regiment Königs Ludwigs XIV. von Frankreich und wurde dabei schwer verwundet. 1682 bekam er das Patent zur Errichtung des salzburgischen Infanterie-Regiments Nr. 59. Melchior Leopold Freiherr von der Beeck bekam am 14.2.1682 zu Wien die Anrede "Wohlgeboren" zugestanden (österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/AVA Adel RAA 23.4). 1683 verteidigte er Wien gegen die Türkengefahr. Er nahm an mehreren Schlachten in Ungarn teil und wurde 1685 zum General-Feldwachtmeister befördert. Bei der Erstürmung von Ofen (Budapest) am 2.9.1686 war er mit seinem Regiment dabei. Mit 6000 Mann besetzte er die Stadt und brachte die Festung wieder in einen verteidigungsfähigen Zustand. 1688 leitete er die Gewinnung von Stuhlweißenburg.

 

Ofen war durch den Sieg bei Mohács seit 1687 sicher. Deshalb ging es jetzt wieder nach Westen, gegen die Franzosen: General von der Beeck wurde vom Kaiser 1688 zum Kommandant der Festung Köln berufen, gleichzeitig wurde er außer Rang zum Feldmarschall-Lieutenant befördert. Da sein eigenes Regiment als Besatzung in Ofen zurückgeblieben war, errichtete er in Köln ein zweites Regiment. Zwischenzeitlich hatten die Türken die anderen Sorgen des Kaiserreichs weidlich ausgenutzt, also wurde von der Beeck 1690 wieder nach Wien berufen, um die Armee in Ungarn wieder zu verstärken. Wichtige Schlachten konnten geschlagen werden, 1691 bei Szlankament (Slankamen, heute in Serbien), Brood und Gradisca konnten erobert werden. Der erfolgreiche Krieger wurde 1692 erneut außer der Reihe zum General-Feldzeugmeister befördert. Seine Aufgabe war es, das Heer an der Save zu sammeln und bis zur Ankunft des Feldherrn Markgrafen Ludwig von Baden zu befehligen. Nach dessen Eintreffen im ungarischen Mohács bekam von der Beeck den Gesamtbefehl über die Infanterie. Er ist auf diesem Feldzug erkrankt und am Neujahrstag 1693 verstorben im ungarischen Rima-Szombath (heute: Rimavská Sobota, Slowakei).

Das Wappen der Freiherren von der Beeck ist gemäß dem Diplom von 1681 geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, golden gekrönter und ebenso bewehrter Adler, einwärtsblickend, Feld 2 und 3: in Rot ein goldener, golden gekrönter und doppelschwänziger Löwe, gekrönter Herzschild: in Silber drei rote Balken. Hier sind die Tiere abweichend nicht gekrönt dargestellt, auf dem Portrait des Melchior Leopold Freiherr von der Beeck in der Österreichischen Nationalbibliothek ebenfalls nicht. Hinsichtlich der genauen Anzahl der Teilungen des Herzschildes komm es in manchen historischen Darstellungen zu Abweichungen. Im Diplom wurden drei gekrönte Helme verliehen, von denen hier kein Gebrauch gemacht wird, die der Vollständigkeit wegen aber angegeben werden sollen: Helm 1 (Mitte): zu rechts schwarz-goldenen und links blau-roten (sic, gemäß Abb. in den Diplom-Unterlagen) Decken ein schwarzer, golden gekrönter und ebenso bewehrter Adler, auf der Brust belegt mit einem golden gekrönten silbernen Schildchen mit drei roten Balken, Helm 2 (rechts): zu schwarz-goldenen Decken ein aufrechter goldener, doppelschwänziger und golden gekrönter Löwe, der in seinen Vorderpranken drei gebündelte naturfarbene Turnierlanzen mit Fähnchen am oberen Ende hält, eines dreimal golden-schwarz geteilt, eines golden mit schwarzem Balken und eines dreimal schwarz-golden geteilt, Helm 3 (links): zu blau-roten (sic, gemäß Abb. in den Diplom-Unterlagen) Decken ein wachsender Türke in rotem Gewand, mit silbernen Ärmeln und mit blauem Gürtel, auf dem Kopf ein silberner Turban, in den Händen zwei Fähnchen haltend, die beide silbern-rot-blau geteilt sind und eine goldene abnehmende Mondsichel tragen. Bei den Komponenten sind der Adler als kaiserliches Gnadenzeichen, der Löwe als Anerkennung der militärischen Leistungen und der Türke als Bezug zur Rolle in den Ungarn- und Türkenkriegen interpretierbar. Bei historischen Abbildungen aus anderen Quellen gibt es Abweichungen im Detail, z. B. alle drei Fähnchen von Helm 2 gleichermaßen dreimal golden-schwarz geteilt, 5-7 Teilungen im Herzschild, Decken links rot-blau-silbern gemischt, Variationen der Fähnchen des Türken mit liegender Mondsichel o. ä.

Die Melchior Leopold von der Beeck 1670 angetraute Ehefrau, Maria Juliana Francisca von Rosenbach (1657-), war die Tochter von Franz Rudolph von Rosenbach (-1673), Würzburgischer Oberamtmann zu Jagstberg und Rothenfels, und dessen Ehefrau Maria Sidonia von Heddersdorf. Ihre Großeltern väterlicherseits waren Weiprecht von Rosenbach (-1630) und Scholastica von Falkenstein. Das Wappen der von Rosenbach ist von Silber und Schwarz geteilt, oben aus der Teilung hervorkommend ein schwarzer, rotgezungter, golden gekrönter Löwe. Die hier nicht verwendete Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken zwischen zwei silbern-schwarz geteilten Büffelhörnern ein wachsender, schwarzer, rotgezungter, golden gekrönter Löwe. 

Ein ganz ähnliches Wappen ist an der ehemaligen Schloßökonomie zu finden. Im Südosten des Schlosses umschließen mehrere Remisen, Scheunen und zweigeschossige Reihenhäuser den ca. 90 m breiten und 40 m tiefen von Seckendorff-Platz. Sie sind teilweise mit Fachwerkgiebel und geohrten Sandsteinrahmungen ausgestattet. Diese Bebauung entstand im 17. Jh., wurde aber mehrfach umgebaut. Am Haus, das das nördliche Kopfende bildet (Nr. 5, Abb. oben), ist ein auf dem Sturz auf das Jahr 1677 datiertes Portal zu sehen, das das gleiche Allianzwappen für Melchior Leopold von der Beeck und Maria Francisca Juliana von Rosenbach trägt (Abb. unten), mit den oben beschriebenen Inhalten. Die gegenwärtige Farbfassung hat wenig mit den heraldisch korrekten Tinkturen wie oben genannt zu tun.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: Rathaus: https://www.google.de/maps/@50.0118598,10.4656223,20z - https://www.google.de/maps/@50.0118598,10.4656223,77m/data=!3m1!1e3, Ökonomie: https://www.google.de/maps/@50.0112112,10.4655139,20z - https://www.google.de/maps/@50.011202,10.4654822,63m/data=!3m1!1e3
Portrait des  Melchior Leopold Freiherr von der Beeck in der Österreichischen Nationalbibliothek:
https://onb.digital/result/BAG_7790159
österreichisches Staatsarchiv  AT-OeStA/AVA Adel RAA 23.3: https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1362344
österreichisches Staatsarchiv  AT-OeStA/AVA Adel RAA 23.4:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1362345
Philipp von der Beeck, in: Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich:
https://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ:Beckh,_Philipp,_Frei-_und_Panierherr
Melchior Leopold von der Beeck, in: Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich:
https://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ:Beckh,_Melchior_Leopold_Freiherr
Raimund Vogt: Auf- und Niedergang des stolzen und ruhmreichen Adelsgeschlechts der "von der Beeck": ein Stück Wonfurter Geschichte von 1650 bis 1747, Selbstverlag 2018

Friedhofskapelle: Tafel am Treppenaufgang - Schloß Wonfurt - Friedhofskapelle: Anna Margaretha Cob von Nüdingen - Friedhofskapelle: Wilhelm Karl Fuchs von Wonfurt

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