Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2928
Arnstein (Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)

Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Epitaph für Catharina Zobel (-1533)

Diese Grabplatte ist für Catharina Zobel von Giebelstadt (-1533). Sie wird aufrecht stehend dargestellt und blickt den Betrachter frontal an. Die Hände hat sie vor der Brust zusammengelegt und leicht nach links gerichtet, die einzige und fast unmerkliche Asymmetrie. In den Händen hält sie einen Rosenkranz. Das von einer großen Haube umschlossene Gesicht ist mit großer Plastizität und Detailtiefe gearbeitet und unterscheidet sich darin vom relativ flach wirkenden Relief des übrigen Gewandes - es ist offensichtlich später ergänzt worden. Catharina war die erste Ehefrau von Esram (Erasmus) von Hutten (-1541) zu Michelfeld bei Kitzingen, deshalb ist ihr faltenreiches Gewand unten mittig mit einem Wappenschild der von Hutten (in Rot zwei goldene Schrägbalken) belegt, der etwas größer ist als die vier Ahnenwappenschilde in den Ecken der Platte. Die umlaufende und nur durch die vier in den äußeren Ecken positionierten Schilde unterbrochene Inschrift lautet: "An(n)o D(o)m(ini) 1533 / am .. Son(n)tag nach Cantate Starb die E(h)rbare / und Tugenthafte / (fraw cath)arina vo(n) hutte(n) gebor(e)ne zoeblin d(er) G(ott) g(nade)". Die Ergänzung des Eigennamens ist erklärungsbedürftig. Inschrift und Epitaph sind offensichtlich im Rahmen einer Restaurierung nachgearbeitet worden, wobei auch die vertieften Buchstaben ihre schwärzliche Füllfarbe erhielten. Der Anfang des vierten Inschriftenabschnitts, also optisch am unteren linken Rand, war dabei bereits unlesbar, nur das Lesbare hat man ausgemalt. Auf den ersten Blick liest man "...anna". Es gibt aber keine Anna oder Marianna Zobel, zu der die Kombination der Ahnenwappen paßt und die 1533 verstorben ist, wohl aber eine Catharina, bei der es paßt. Deshalb wurde der Name hier zu Catharina ergänzt, denn "...anna" und "...arina" ergibt eine sehr ähnliche Spur im Stein, und daß der Ausmalende den Namen nicht identifiziert hat, ist offensichtlich, denn sonst hätte er auch den Abschnitt davor ergänzt. Hanna führt sie als "Anna", ohne die Lücke vorher zu erklären. Der Sonntag Cantate ist der vierte Sonntag nach Ostern. Da im Jahre 1533 der Ostersonntag auf den 13. April fiel, war der Sonntag Cantate der 11. Mai. Der Sonntag nach Cantate war der 18. Mai, und er wird üblicherweise Sonntag Rogate genannt, was man auch als Bezeichnung hätte nehmen können.

 

Catharina Zobel von Giebelstadt war die Tochter von Georg (Jörg) Zobel von Giebelstadt (-1508) auf Guttenberg und Rockenstadt, Stammherr der wieder erloschenen Linie zu Rockenstadt, und Dorothea Rüdt von Collenberg (-1509). Deshalb sehen wir heraldisch oben rechts den Wappenschild der Zobel von Giebelstadt, in Silber ein roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln, und gegenüber den Wappenschild der Rüdt von Collenberg, in Rot ein silberner Rüdenkopf mit Halsband. Ihre Großeltern waren väterlicherseits Hans Zobel von Giebelstadt und seiner zweiten Frau Elisabeth von Crailsheim (in erster Ehe war er vermählt mit Barbara von Seldeneck), sowie mütterlicherseits Heinz (Heinrich) Rüdt von Collenberg auf Wildenburg und Margarethe von Zwingenberg. Deshalb sehen wir heraldisch rechts unten den Schild der von Crailsheim, in Schwarz ein goldener Balken.

Problematisch ist die linke untere Ecke, wo wir jetzt das Wappen der von Zwingenberg erwarten würden. Tatsächlich sehen wir einen Balken, begleitet von drei (2:1) schräglinksgelegten Hufeisen. Dieses Wappenbild nach heutigem Befund ist nicht identifizierbar. Es gibt zwar Wappen mit einem Balken und drei Hufeisen, z. B. bei den Zingel aus dem Frankfurter Patriziat, die aber erstens 1460 in Frankfurt ausgestorben sind, zweitens nicht als Vorfahren in Frage kommen und drittens aufrechte Hufeisen hatten. Wenn wir nun das erwartete Wappen der von Zwingenberg betrachten, nämlich in Blau drei (2:1) silberne, rotbewehrte Schwanenhälse, erkennen wir das Hufeisenwappen als Restaurierungsfehler - denn die Kirche wurde 1892-1893 durchgreifend saniert und restauriert, und man schreckte damals auch nicht vor tiefgreifenden Überarbeitungen abgetretener Grabplatten, Auswechseln von ganzen Gesichtspartien und "Nachbessern" der Inschriften zurück. Die Tatsache, daß die oberen beiden Schilde ein erheblich plastischer wirkendes Relief haben als die unteren, und auch daß das Gewand unten sehr flach wirkt, spricht für eine komplette Überarbeitung des unteren Teils der Platte im Zuge einer Restaurierung, zeitlich erheblich nach der Herstellung. Offensichtlich war die Platte im unteren Teil verwittert, und man hat sich bemüht, ihr wieder ein "anständiges" Aussehen zu verschaffen, und die gebogenen Schwanenhälse wurden so bei der Nacharbeitung zu Hufeisen, und die schemenhaften horizontalen Abschlüsse der Hälse addierten sich zur Idee Balken. Denn der Balken ist schmal und nicht parallel zur Schildoberkante, die Schräglinksstellung der Hufeisen völlig ungewöhnlich, auch das spricht dafür, daß hier bei der Restaurierung die vorhandenen Reste nicht richtig interpretiert wurden. Insbesondere, wenn man alle Ehen zwischen einem Herrn von Hutten und einer Frau von Zobel prüft, gibt es nur eine sinnvolle Kombination, die zur Jahreszahl und den anderen Ahnenwappenschilden paßt. 

Eine Catharina Zobel mit den genannten Vorfahren wird bei Becke-Klüchtzner gleich zweimal aufgeführt, beide ohne Ehepartner oder Lebensdaten. Bei Wilhelm Benkert taucht sie nicht auf. Bei Biedermann wird sie ausführlich gelistet mit den hier genannten Ahnen. Die Linie wurde noch eine Generation weiter fortgeführt von ihrem Bruder, Sigmund Zobel (-1529), vermählt mit Margaretha Wolfskeel von Reichenberg, dessen Sohn Friedrich Zobel würzburgischer Amtmann zu Iphofen war, sich mit Dorothea von Heßberg vermählte und nach Becke-Klüchtzner kinderlos als der Letzte dieser Linie zu Rockenstadt starb. Catharina starb wohl an Kindbettfieber.

Catharina Zobel war eine Schwester des Würzburger Fürstbischofs Melchior Zobel von Giebelstadt, der 1544-1558 amtierte und einem Mordkomplott zum Opfer fiel. Deshalb ist eine in den betreffenden Generationen identische, aber noch eine Ebene Vorfahren mehr bietende Ahnenprobe auch an seinem Epitaph im Würzburger Dom zu finden, mit den gleichen hier zu sehenden Ahnenwappen, und mit einem korrekten Zwingenberg-Wappen.

Es gibt auch noch ein anderes Epitaph, das mit diesem hier in Verbindung steht: In der ev. Stadtkirche St. Cyriakus in Bönnigheim steht das Epitaph für Bernhard von Liebenstein (-22.3.1596), bis 1580 württembergischer Hofmarschall, dann bis 1584 Obervogt zu Vaihingen und bis 1592 zu Lauffen, und seine Gemahlin Margaretha von Hutten (-1.12.1610), die wiederum eine Tochter dieser Catharina Zobel von Giebelstadt und ihres Mannes Esram (Erasmus) von Hutten zu Michelfeld war. Deshalb sind dort auf der Spindelseite im Rahmen der 8er-Ahnenprobe von oben nach unten die Wappen der von Hutten, Zobel von Giebelstadt, Steinau gen. Steinrück, Rüdt von Collenberg, von Thüngen, von Zwingenberg, von Münster und von Crailsheim angebracht, wobei immer abwechselnd eines von der Hutten-Seite und eines von der Zobel-Seite kommt, so daß die Reihe der Wappen 2, 4, 6 und 8 wiederum identisch mit der Ahnenprobe dieser Platte in Arnstein ist.

Nach Biedermann hatte Esram von Hutten neben dieser mit Catharina gezeugten Tochter noch eine Tochter Magdalena von Hutten, vermählte von Crailsheim, einen jung verstorbenen Sohn Bernhard und den Stammhalter Sigemund von Hutten zu Michelfeld, mit dem diese Nebenlinie zu Michelfeld wieder erlosch.

Zur Übersicht: Eltern:

Großeltern:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,19z - https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,162m/data=!3m1!1e3
Pfarreien-Gemeinschaft "Um Maria Sondheim":
https://www.pg-um-maria-sondheim.de/ - https://www.pg-um-maria-sondheim.de/gemeinden/arnstein
Wallfahrtskirche Maria Sondheim:
https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-main-spessart/maria-sondheim/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Christian Ammersbach vom 23.5.2022, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie von Hutten: Johann Gottfried Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach
http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ ab Tafel 72 ff., insbesondere Tafel 82
Genealogien:
https://www.geni.com/people/Catharina-Zobel-von-Giebelstadt/6000000097172303844
Genealogie Zobel bei Johann Gottfried Biedermann: Geschlechts-Register Der Reichs Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken Löblichen Orts Ottenwald (Odenwald)
http://books.google.de/books?id=g9JDAAAAcAAJ Tafel 21-35, insbes. Tafel 24
Vergleichsplatte in Bönnigheim: Deutsche Inschriften Band 25, Lkr. Ludwigsburg, Nr. 463 (Anneliese Seeliger-Zeiss und Hans Ulrich Schäfer), in:
www.inschriften.net, https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0238-di025h009k0046301 - https://www.inschriften.net/landkreis-ludwigsburg/inschrift/nr/di025-0463.html
von Hutten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hutten_(Adelsgeschlecht)
Zobel von Giebelstadt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zobel_(Adelsgeschlecht)
Rüdt von Collenberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rüdt_von_Collenberg
von Crailsheim:
https://de.wikipedia.org/wiki/Crailsheim_(Adelsgeschlecht)
Georg-Wilhelm Hanna: Die Ritteradeligen von Hutten, ihre soziale Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches, Dissertation, Fakultät für Geschichts- und Geowissenschaften, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2006,
https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/105 - Download: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/105/1/Dokument_1.pdf - S. 410

Pfarrkirche Maria Sondheim: Grabdenkmäler außen - Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Hans von Hutten (-1515) - Wolff von Hutten (-1517) - Anna von Rosenberg (-1528) - Agapitus von Hutten (-1520) - Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517) - Ludwig von Hutten d. J. (-1548) und Agatha von Liebenstein (-1547) - Bernhard von Hutten (-1539) und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-1544) - Philipp von Hutten (-1546) - Wilhelm von Hutten (-1546), Eva von Heßberg (-1541) und Anna von Selbitz (-1599) - Konrad von Hutten (-1502), Anna von Rechberg (-1471) und Elisabeth von Sickingen (-1479) - Bartholomäus von Hutten d. J. (-1495) - Stephan Zobel von Giebelstadt (-1597) und Cordula Echter von Mespelbrunn (-1599) - Johann Julius Zobel von Giebelstadt (-1585) - Konrad von Hutten (-1556) - Jobst von Hutten (-1483) - Amalia von Berlichingen (-1570) - Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-1452) und Elisabeth (Else) von Thüngen (-1458) - Konrad von Hutten (-1447) - weitere Wappendarstellungen

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