Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2919
Marktbreit (Landkreis Kitzingen, Unterfranken)

Der historische Kran von Marktbreit

Am linken (südlichen) Mainufer von Marktbreit steht auf der gemauerten Uferterrasse ca. 4 m vom Wasser entfernt ein historischer Tretradkran aus dem Jahre 1784. An ihm finden wir herrschaftliche Wappensymbolik der Fürsten von Schwarzenberg, die den Freiherren von Seinsheim als Ortsherren im Jahre 1643 nachgefolgt waren, damals noch im Grafenstande. Fürst Johann Nepomuk von Schwarzenberg hatte den Lastkran erneuern lassen, weil der aus Holz in Fachwerkbauweise gefertigte Vorgänger, den sein Vater, Fürst Joseph I. Adam von Schwarzenberg, ca. 1745-1755 hatte errichten lassen, durch ein Hochwasser im März desselben Jahres zerstört worden war, das mit einem Extremwinter begonnen hatte. Das war eines der verheerendsten Hochwasser der letzten Jahrhunderte mit sehr viel Eisgang, und die alte Konstruktion war vollständig von den Fluten weggerissen worden. Dieses Hochwasser zerstörte z. B. auch in Bamberg die ganze Uferbebauung im Mühlenviertel und zerstörte bzw. beschädigte die Bamberger Brücken. Auch in Würzburg richteten ungewohnt hohe Pegelstände großen Schaden an; davon zeugt die Hochwassermarke am Grafeneckart in Höhe des Türgriffs; nur das Hochwasser am Magdalenentag 1342 war noch höher.

Nun wurde vom  Maurermeister Johannes Michel in fürstlichem Auftrag der neue Kran stabiler aus Stein gemauert, mit einem zylindrischen Kranhaus. Der untere Teil besteht aus Muschelkalkblöcken, wobei auf zwei leicht geböschte Lagen vier gerade gemauerte Lagen folgen. Darüber ist alles Weitere aus honiggelbem Sandstein gemauert. Alle senkrecht gemauerten Lagen sind abwechselnd vorstehend und dann wieder eingerückt, was im Sonnenlicht ein lebhaftes Streifenmuster ergibt. Der gegenseitige Versatz beträgt jeweils ca. 5 cm. Oben dient ein vorkragendes Abschlußgesims mit Ringfurchen als Dachauflage. Der erhöhte, rundbogige Eingang ist auf der Westseite, also stromabwärts, und wird über eine angebaute Steintreppe erreicht. Es gibt zwei Fenster, eines zum Main hin, das andere zur Stadt gerichtet; beide sind vergittert. Stromaufwärts besitzt der Rundbau einen massiv aus dem widerstandsfähigeren Muschelkalkstein gemauerten, spitzen Vorbau als Eisbrecher. zur Abwehr von Eis im Winter und treibenden Bäumen und Ästen bei Hochwasser. Insgesamt ist der Rundbau 16 m hoch (Höhe bis zum Auslegerende, 6 m bis zur Dachkante, 5,80 m bis zur Dachkugel); der Durchmesser beträgt 9,2 m. Betrieben wurde der Kran durch zwei miteinander verbundene Eichenholz-Treträder im Inneren, die früher von einer Mannschaft von Windenknechten betrieben wurden, die eine eigene Zunft bildeten. Die Mechanik im Inneren ist aus Holz und Metall, ebenso das teilweise drehbare, Kegeldach von 40° Schräge mit dem einzigen Kranausleger. Dieser Ausleger hat eine Gesamtlänge von 12,50 m und ragt 9,40 m mit einer Neigung von 50° aus dem Dach heraus.  Die ca. 50 m lange Kette trug ca. 3 t Gewicht. Im ausgehenden 18. und das ganze 19. Jh. hindurch diente der Kran zum Be- und Entladen der Mainfrachtschiffe, zum Verladen der Waren von/auf Karren und Wagen. Er war insgesamt 116 Jahre lang in Betrieb und wurde erst im Jahr 1900 stillgelegt. Die Mechanik im Inneren ist gut erhalten und voll funktionsfähig.

 

Hoch über dem Eisbrecher ist an der östlichen Außenwand das Wappen von Johann Nepomuk Anton Joseph Joachim Procop Fürst zu Schwarzenberg Herzog von Krumau (3.7.1742-5.11.1789) angebracht, dem 5. Fürsten des Hauses, der mit Eleonora Maria Anna Agnes Walburga zu Oettingen-Wallerstein (22.5.1747-25.12.1797) vermählt war und 1782-1789 regierender Fürst war. Er war der Sohn von Joseph I. Adam Johann Nepomuk Franz de Paula Joachim Judas Thaddäus Abraham Fürst zu Schwarzenberg Herzog von Krumau (15.12.1722-17.2.1782), 4. Fürst, und Maria Theresia Eleonore Walpurga Innocentia von und zu Liechtenstein (28.12.1721-19.1.1753). Dieser Fürst trat weniger prominent nach außen in Erscheinung als sein Vater und auch als sein Großvater, und er war auch weniger am kaiserlichen Hof präsent als jene. Dafür war seine viel zu kurze Regierungszeit geprägt vom Bemühen um Verbesserungen im Wirtschaftsleben seines Fürstentums und um Ausbau der Land- und Forstwirtschaft, und dazu paßt dieser Kranneubau ebenso wie der von ihm initiierte Bau des Schwarzenbergschen Schwemmkanals nahe der bayerisch-tschechischen Grenze.

Das hier angebrachte fürstliche Wappen nach dem Diplom vom 8.2.1688 ist geviert mit Herzschild, Feld 1: siebenmal silbern-blau gespalten (Herrschaft Seinsheim in der Form der Schwarzenberger Linie), Feld 2: silbern-rot mit drei Spitzen (im Spitzenschnitt) geteilt (Grafschaft Sulz, cave: umgekehrt wie beim fränkischen Rechen!), Feld 3: in Silber ein schrägrechts gelegter, schwarzer, am oberen Ende rot brennender Ast (Brand) (von Brandis, war Bestandteil des vermehrten Wappens der Grafen von Sulz), Feld 4: in Gold ein abgetrennter Türkenkopf mit schwarzem Haarschopf und ebensolchem Schnurrbart, an dessen linkem Auge ein schwarzer Rabe mit goldenem Halsband kratzt (Wappenbesserung nach Türkensieg bei Raab), Herzschild gespalten, rechts in Rot auf schwarzem Dreiberg ein silberner Zinnenturm (Herrschaft Schwarzenberg), links in Blau drei (2:1) goldene Getreidegarben (Landgrafschaft Klettgau; die hier vorhandene Teilung ist heraldisch nicht signifikant, um nicht zu sagen unangebracht, also irreführend und falsch). Anstelle der fünf möglichen Helme wird hier nur ein Fürstenhut geführt, aus dem zwei Laubgirlanden herabhängen, die über die "Ohren" des Kartuschenrandes nach hinten geschlagen sind. Unten wird die Kartusche von einem belaubten Zweig und einem Palmwedel eingerahmt, deren Stiele unten in der Mitte gekreuzt sind. Um den Schild ist eine Ordenskette gelegt. Fürst Johann Nepomuk war seit 1782 Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, und dem entspricht das unten herabhängende Widderfell, aber die Glieder der Ordenskette sind untypisch geformt, eine Nachlässigkeit. Vom Schildaufbau ähnliche Wappen sind an der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Scheinfeld (in einer Form mit fünf Helmen) und in Graz am Palais Schwarzenberg angebracht.

Bei dieser Gelegenheit werfen wir noch einem näheren Blick auf die Umstände des Übergangs der Ortsherrschaft von den Herren bzw. Freiherren von Seinsheim auf die Grafen, späteren Fürsten von Schwarzenberg. Conrad von Seinsheim-Wässerndorf hatte seit 1409 Teilrechte an Unternbreit, dem damaligen Namen von Marktbreit. Ab 1451 hatten die Herren von Seinsheim die Ortsherrschaft ganz inne. Im 16. Jh. wechselte die Dorfherrschaft auf eine andere Linie, die der Herren von Seinsheim und Hohenkottenheim. Georg Ludwig von Seinsheim d. Ä. legte 1589 testamentarisch fest, daß seine Güter "unzertrennt und unbeschwert bleiben sollen". Es wurde vorbestimmt, daß sein Erbe nach Erlöschen der Hohenkottenheimer Linie an die Erlacher Linie übergehen sollte, und, falls auch diese erlöschen sollte, oder, und das ist interessant und wichtig, auch im Falle einer Mißwirtschaft durch diese Erben, an die verwandten von Schwarzenberg übergehen sollte. Gleichzeitig würde ausdrücklich festgelegt, daß die Untertanen auch bei einem Wechsel der Ortsherrschaft ungehindert bei ihrer hergebrachten Religion bleiben dürfen, das war die Bedingung, um das Erbe antreten zu können. Denn die Gemeinde war protestantisch, Georg Ludwig von Seinsheim ebenfalls, die Schwarzenberger waren aber katholisch. Und genau der vorhergesehene Fall der Mißwirtschaft trat ein: Die Erlacher Linie der von Seinsheim wirtschaftete schlecht, der Besitz war am Ende überschuldet, und so wurden 1643, noch während des Dreißigjährigen Krieges, Teile der würzburgischen Lehen dem Reichshofrat Graf Johann Adolf zu Schwarzenberg zugesprochen. Das einst blühende Marktbreit war damals auf einem Tiefpunkt angelangt, von Truppen beschossen und geplündert, die Pest hatte zugeschlagen, der Ort war entvölkert und verödet. Bis 1655 zog sich der Erbstreit hin, doch die Grafen von Schwarzenberg bekamen Recht, der Wortlaut des Testaments war eindeutig. Unter der neuen Ortsherrschaft entwickelte sich Marktbreit wieder zu einem blühenden Handelszentrum, wobei die wirtschaftliche Blüte bis ins späte 19. Jh. anhielt. Erst die Eisenbahn ließ Marktbreit wieder seine Bedeutung verlieren.

Am Main gibt es nur noch einen einzigen weiteren Kran dieses Typs, den 1767-1773 von Franz Ignaz Michael Neumann erbauten und bis 1846 in Betrieb befindlichen Alten Kranen in Würzburg. Der in Marktbreit war 43 Jahre länger in Betrieb als der in Würzburg. Drei weitere Kräne dieses Typs gibt es an anderen deutschen Flüssen, einen in Andernach am Rhein und zwei in Trier an der Mosel.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.6689821,10.1437232,20.46z - https://www.google.de/maps/@49.6689821,10.1437232,84m/data=!3m1!1e3
Hinweistafel am historischen Gebäude
Sehenswürdigkeiten in Marktbreit:
https://www.marktbreit.de/freizeit-tourismus/tourist-information/sehenswuerdigkeiten
Hans-Joachim Krause, Richard Scharnagel: Der Tretradkran in Marktbreit am Main, eine Betrachtung über das Hebezeug aus dem Jahr 1784, seine Tragfähigkeit und Leistung im stationären Betrieb und die Gefährdung seiner Krantreter im transienten Betrieb, Selbstverlag, Marktbreit 2004
Richard Plochmann: Urkundliche Geschichte der Stadt Marktbreit in Unterfranken, Erlangen 1864, 350 S. - Bayerische Staatsbibliothek - Signatur: Bavar. 2114 f:
https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-MDZ-00000BSB10377310
Johann Nepomuk Fürst von Schwarzenberg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_I._(Schwarzenberg)
Constantin von Wurzbach: Johann Nepomuk Fürst von Schwarzenberg, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 33. Theil, Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1877, S. 82-88, online:
http://www.literature.at/viewer.alo?objid=11781&page=89&scale=3.33&viewmode=fullscreen - https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:Schwarzenberg,_Johann_Nepomuk_Fürst
Kulturpfad Castell, Kapitel zu Marktbreit:
http://www.kulturpfad-grafen-castell.de/html/marktbreit.html

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