Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2910
Würzburg (Unterfranken)

Dom zu Würzburg, Gerhard von Schwarzburg

Das Epitaph für den Würzburger Fürstbischof Gerhard von Schwarzburg (-9.11.1400, regierte 1372-1400) steht im nördlichen Querschiff an der Westwand, links neben dem Eingang zur Schönborn-Kapelle und rechts neben dem Eingang zur Liborius-Wagner-Kapelle. Das Material ist gelbgrauer Sandstein, unten durch Steinfraß stark beschädigt. Das Epitaph ist 2,45 m hoch und 1,0 m breit. Die links, oben und rechts nur an drei Seiten umlaufende Inschrift in gotischen Minuskeln beginnt links unten und lautet: "(Anno domini) m cccc fe(r)ia t(er)cia an(te) die(m) s(an)c(t)i martini o(biit) d(omi)n(u)s / gerhardus / comes de s(ch)warczburg ep(iscopu)s herb(ipole)n(sis) cui(us) a(n)i(m)a requiescat i(n) pa(ce)". Die untere Schmalseite ist ohne Inschrift. Der Bischof, gekleidet in Mitra, Rationale, Albe, Dalmatik und Kasel sowie Manipel, steht aufrecht mit der Rechten am Herzogsschwert (man hat übrigens auch eines in seinem Grab gefunden), in der Linken den Bischofsstab haltend, zu seinen Füßen ein Löwe (Kopf fehlt zum Großteil). Das Grabdenkmal weist große stilistische Ähnlichkeiten mit dem Epitaph für den 1396 verstorbenen Konrad von Weinsberg im Mainzer Dom auf und stammt vermutlich vom gleichen Meister. Zwei Wappen sind rechts und links desselben angebracht, beide ca. 45° zur Seite gedreht. Optisch links handelt es sich um das eigene Wappen des Fürstbischofs, aber um das reine Familienwappen der Grafen von Schwarzburg, in Blau ein goldener, rot gekrönter, hersehender Löwe.

 

Gerhard von Schwarzburg war der Sohn von Graf Heinrich XI. (IX.) von Schwarzburg zu Schwarzburg, Oberhauptmann in Thüringen, und dessen Frau Helene von Schauenburg Gräfin von Holstein. Die Großeltern väterlicherseits waren Günther XII. Graf von Schwarzburg und Mechtild Gräfin von Käfernburg (Kevernburg). Die Großeltern mütterlicherseits waren Adolf VI. Graf von Schauenburg und von Holstein-Pinneberg (-13.5.1315) und Helene von Sachsen-Lauenburg. Entsprechend ist der Schild im rechten unteren Eck der Grabplatte aufgebaut, denn er bildet eine Vierer-Ahnenprobe, geviert, Feld 1: in Blau ein goldener, rot gekrönter, hersehender Löwe (Grafen von Schwarzburg), Feld 2: von Schwarz und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner schrägrechter Rautenkranz (Herzogtum Sachsen), Feld 3: in Rot ein silbernes Nesselblatt (von Schauenburg Grafen von Holstein), Feld 4: in Blau ein goldener, rot gekrönter, hersehender Löwe (Grafen von Kevernburg). Die bei Salver angegebene Zuordnung (Schwarzburg, Sachsen, Sonneberg und Katzenelnbogen) ist zur Hälfte falsch, er weist aber auf eine widersprüchliche Quellenlage hin: Es ist nicht die vorarlbergische Grafschaft Sonnenberg, sondern Schauenburg, es ist nicht die mittelrheinische Familie der Grafen von Katzenelnbogen, sondern Kevernburg.

 

Gerhard von Schwarzburg studierte in Avignon. Er war Hauskaplan von König Karl IV. Er hatte mehrere Kanonikate inne, in Würzburg (dessen Besitz er aber trotz päpstlicher Providierung nicht erlangte), Naumburg, Straßburg, Bamberg, Merseburg und in Magdeburg. 1355 wurde er Propst zu Regensburg. 1360/1362-1372 war er Bischof von Naumburg. Da er eher weltlich orientiert war, wurde er vom Naumburger Domkapitel nur mit Widerwillen aufgenommen. Seine Wahl erfolgte auch gegen den Willen des Papstes. Sein Episkopat in Naumburg war von internen Konflikten und von der Verschuldung des Hochstifts überschattet. Er mußte aufgrund der immensen Schulden die letzten Besitzungen des Hochstifts jenseits der Mulde und an der mittleren Elbe verkaufen, und deswegen überwarf er sich mit seinem Domkapitel. 1372 wechselte er als Bischof von Naumburg nach Würzburg; Hintergrund war eine schismatische Wahl in Würzburg, und das Problem wurde dadurch gelöst, daß einer der in Würzburg gewählten Kandidaten nach Naumburg ging, während der Naumburger Bischof nach Würzburg wechselte (päpstliche Providierung am 6.10.1372) und sich dort gegen den anderen Gewählten durchsetzen mußte, was auch gelang. Sein Kontrahent, Albrecht von Heßberg, verzichtete 1376 und blieb weiterhin Dompropst.

Gerhard von Schwarzburg blieb weltlich orientiert und beteiligte sich an vielen Fehden. Dadurch entstanden hohe Schulden für das Hochstift, die er wiederum durch hohe Steuern, Zölle und Gebühren für seine Untertanen einerseits und Verpfändungen andererseits kompensierte. Im Sommer 1373 zog er in die Stadt Würzburg ein und verlangte die Aufhebung des neu konstituierten Rates, desgleichen die der Zünfte und die Aushändigung der Stadtschlüssel. Dieses Vorgehen war ein Bruch früherer Versprechungen. Rat und Zünfte, gleichermaßen brüskiert, verbündeten sich gegen den Bischof, und im Februar 1374 wurde der Bischof auf dem Marienberg von den Bürgern belagert; die Kämpfe dauerten mehrere Wochen. Am 20.3.1374 konnte ein Kompromiß ausgehandelt werden: Die Stadtbefestigungen und die Schlüssel zur Stadt sollten für drei Jahre von Treuhändern verwaltet werden, und der bischöfliche Rat und der neue Rat der Bürger sollten parallel existieren. Spätestens 1379 hatte Gerhard von Schwarzburg die Befestigungen und die Stadtschlüssel wieder unter seiner Kontrolle. 1388 kämpfte er gegen den Schwäbischen Städtebund in der Schlacht bei Döffingen. 1395 leistete er sich eine Fehde mit dem Landgrafen von Thüringen, die er verlor, was sehr teuer für ihn wurde und neue Schulden nach sich zog. Diese im Grunde familiär begründete Fehde führte zu neuer Schuldenlast für das Hochstift. Den nächsten Streit mit der Bürgerschaft gab es im Jahr 1397: Im fränkischen Städtekrieg, der sich über Fragen des Ausfuhrzolls entzündet hatte, gerieten die Bürger in Opposition zum Bischof, sie protestierten, er belegte sie mit dem Bann, und über diesen Mißbrauch geistlicher Macht zur Durchsetzung weltlicher Interessen brach in Würzburg der Aufstand los. Die Bürger nahmen drei Chorherren des Bischofs gefangen, und Gerhard von Schwarzburg rettete sich auf den Marienberg und wurde dort zwei Wochen lang belagert, bis sein Bruder Günther XXVII. von Schwarzburg ihm mit Bewaffneten zu Hilfe kam und ihn entsetzte. Im Jahr 1400 schlug das bischöfliche Heer bei Bergtheim das städtische Heer vernichtend. Damit waren die Autonomiebestrebungen der Stadt Würzburg endgültig militärisch beendet.

Literatur, Links und Quellen:
Bistum Würzburg: https://www.bistum-wuerzburg.de/
St. Kilians-Dom:
https://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Beschreibung dieses Epitaphs in: Joh. Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler
http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 248-249
Alfred Wendehorst: Germania Sacra, Neue Folge 4, Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, Das Bistum Würzburg, Teil 2, Die Bischofsreihe von 1254 bis 1455, hrsg. vom Max-Planck-Institut für Geschichte, Berlin 1969, ISBN 978-3-11-001291-0, S. 100-127,
http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16DE-2 und http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16DE-2/NF%204%20Wendehorst%20W%c3%bcrzb.%20Bfsreihe%20bis%201455.pdf
Gerhard von Schwarzburg in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_von_Schwarzburg
Alfred Wendehorst: Gerhard von Schwarzburg, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 270-271 -
https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016322/images/index.html?id=00016322&seite=284 - https://www.deutsche-biographie.de/gnd118538608.html#ndbcontent
Die Deutschen Inschriften, hrsg. von den Akademien der Wissenschaften in Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Mainz, München und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, 27. Band, Münchener Reihe 7. Band, Die Würzburger Inschriften bis 1525, auf der Grundlage des Nachlasses von Theodor Kramer, unter Mitarbeit von Franz Xaver Herrmann, bearbeitet von Karl Borchardt, Dr. Ludwig Reichert Verlag, Wiesbaden 1988, S. 74-75, Nr. 137

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