Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2840
Innsbruck (Tirol, Österreich)

Das Innsbrucker Servitenkloster

Das Innsbrucker Servitenkloster mit der Servitenkirche St. Josef liegt südlich der Altstadt an der Maria-Theresia-Straße (Nr. 42). Der Ordensname "Serviten" leitet sich von der lateinischen Bezeichnung "Ordo Servorum Mariae (OSM)" = Orden der Diener Mariens ab. Das Leitmotiv der Spiritualität ist es nämlich, Gott und den Menschen nach dem Vorbild Mariens zu dienen. Gegründet wurde dieser Orden in der ersten Hälfte des 13. Jh. in Florenz. Das erste Kloster dieses Ordens wurde 1245-1247 auf dem Monte Senario bei Florenz gegründet, und 1250 erfolgte der Bau der Servitenkirche Santissima Annunziata. Der Orden wurde 1304 päpstlich bestätigt. Erst breitete sich der Orden in Italien aus. Vom 13. bis zum 15. Jh. wurden zahlreiche Niederlassungen in Deutschland gegründet, die aber alle in der Reformationszeit untergingen. 1613 kamen die Serviten nach Innsbruck, und von Innsbruck aus entstanden 26 Klöster im Bereich der ehemaligen Donaumonarchie. Auch in Deutschland gab es wieder Niederlassungen. Nach der Blüte des Ordens in der ersten Hälfte des 18. Jh. ging es wieder bergab durch die Kirchenreform von Joseph II. in der Habsburger-Monarchie und dann durch die Säkularisation durch Napoléon im Reich, so daß der Orden zum zweiten Mal aus Deutschland verschwand und erst 1954 wieder eine Niederlassung gründete. In Österreich gibt es heute Niederlassungen in Innsbruck, in Volders, in Maria Waldrast und in Gutenstein sowie in Maria Luggau. Innsbruck ist das Mutterhaus und Provinzialat.

Das Kloster wurde im Jahre 1614 von Anna Katharina von Gonzaga-Mantua (17.1.1566-3.8.1621) gestiftet, der Witwe von Erzherzog Ferdinand II. von Österreich (1529-1595). Nach dem Tod ihres Mannes entschloß sie sich, Nonne zu werden (Ordensname: Anna Juliana). Eigentlich begann sie schon 1607 mit dem neuen Kloster, doch die genaue spirituelle Ausrichtung des Klosters änderte sich dreimal. Das erste Kloster war ein Anbetungskloster der Marienschwestern, das zweite waren die Annaschwestern, und hier trat sie selber ein. Durch den Kontakt mit P. Pietro Martire M. Felini kam sie in Kontakt mit den Serviten und rief sie nach Tirol. 1612 traten die Annaschwestern und die Marienschwestern in den Servitenorden ein. Auch der Gründerin Tochter Maria (16.6.1584-2.3.1649) wurde unter dem Klosternamen Anna Katharina Servitin. Beide haben ein Grabdenkmal im Kreuzgang. Im Oktober 1613 erfolgte die Grundsteinlegung für das entsprechende Männerkloster. 1614 richtete man sich nach der Serviten-Reformbewegung der Eremiten vom Monte Senario, so daß dieses Jahr das eigentliche Gründungsjahr des Klosters in der letztgültigen, vierten Form ist. Der Anfang des 17. Jh. errichtete Erstbau von Kloster und Kirche, die am 31.1.1616 eingeweiht worden waren, brannte schon 1620 wieder ab. Innerhalb eines Jahres wurde das Kloster wiederhergestellt, das konnte die Gründerin gerade noch erleben. Bis 1626 wurde der zweite Kirchenbau hochgezogen.

Die Stifterin war die Schwester von Herzog Vincenzo I. Gonzaga (22.9.1562-18.2.1612) von Mantua und Montferrat (regierte seit 1587). Ihre Eltern waren Herzog Guglielmo Gonzaga (24.4.1538-14.8.1587) und Eleonore von Österreich (2.11.1534-5.8.1594). Damit ist die Stifterin eine Enkelin von Kaiser Ferdinand I. Sie heiratete am 14.5.1582 mit Erzherzog Ferdinand II. von Österreich-Tirol (14.6.1529-24.1.1595) den zweiten Sohn ihres eigenen Großvaters, also ihren eigenen Onkel. Für diesen war es die zweite Ehe nach der Ehe mit der bürgerlichen, 1580 verstorbenen Philippine Welser. Der Ehemann hatte 1564 die Herrschaft über Tirol und die Vorlande erhalten; sein Bruder Maximilian II. wurde Kaiser. Ab 1612 regierte dessen Sohn, Kaiser Matthias (24.2.1557-20.3.1619), der heiratete 1611 die jüngste Tochter der Stifterin, seine Cousine und gleichzeitig Großcousine Anna (4.10.1585-15.12.1618), typisch habsburgische Inzucht, aber mit päpstlichem Dispens ging alles.

Bereits über dem Eingang an der Maria-Theresia-Straße erinnert eine Wappenkartusche an die Stifterin, aber in einer modifizierten Form: In Silber ein anstoßendes Tatzenkreuz, die senkrechten Arme rot, die waagerechten Arme blau, bewinkelt von vier schwarzen, golden bewehrten Adlern, im silbernen Herzschild ein roter, gekrönter Löwe. Das gleiche Wappen ist im Inneren des Portikus in einer Stichkappe des Gewölbes als Mosaik aus dem Jahre 1907 angebracht (Abb. links unten), mit den gleichen farblichen Abweichungen. Und das Wappen taucht noch einmal als Malerei an einer Innenwand auf (Abb. rechts unten).

Das ist eine freie Umsetzung des Gonzaga-Wappens. Tatsächlich hat die Familie Gonzaga di Mantova seit 1433 das Wappen wie folgt geführt: In Silber ein anstoßendes rotes Tatzenkreuz, bewinkelt von vier schwarzen Adlern (d'argento alla croce patente di rosso accantonate da quattro aquile affrontate e spiegate di nero), Herzschild geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silberner, doppelschwänziger, golden gekrönter Löwe mit goldenem Halsreif (modifiziertes Königreich Böhmen, nel 2° di rosso al leone dalla coda doppia d'argento, armato e lampassato d'oro, coronato e collarinato dello stesso), Feld 2 und 3: fünfmal golden-schwarz geteilt (Gonzaga, nel 3° fasciato d'oro e di nero).

Schließlich hat ihr Vater ab 1575 das Wappen wie folgt geführt: In Silber ein anstoßendes rotes Tatzenkreuz, bewinkelt von vier schwarzen Adlern (d'argento alla croce patente di rosso accantonate da quattro aquile affrontate e spiegate di nero), Herzschild zweimal geteilt und zweimal gespalten (sul tutto partito di due e troncato di due, che dà nove quarti), Feld 1: in Rot ein goldener Doppeladler mit darüber schwebender Krone (Ostrom, nel 1° di rosso all'aquila bicipite spiegata d'oro, bicoronata dello stesso), Feld 2: in Rot ein silberner, doppelschwänziger, golden gekrönter Löwe mit goldenem Halsreif (modifiziertes Königreich Böhmen, nel 2° di rosso al leone dalla coda doppia d'argento, armato e lampassato d'oro, coronato e collarinato dello stesso), Feld 3: fünfmal golden-schwarz geteilt (Gonzaga, nel 3° fasciato d'oro e di nero), Feld 4: in Silber ein goldenes Jerusalemkreuz (Königreich Jerusalem, nel 4° d'argento alla croce potenziata d'oro accantonata da quattro crocette dello stesso), Feld 5: in Gold vier rote Pfähle (Königreich Aragon, nel 5° quattro pali rossi su sfondo oro), Feld 6: silbern mit rotem Schildhaupt (Herzogtum Montferrat, nel 6° d'argento al capo di rosso), Feld 7: neunmal golden-schwarz geteilt, darüber ein schrägrechter grüner Rautenkranz (Herzogtum Sachsen, nel 7° fasciato d'oro e di nero di dieci pezzi al crancelino di verde attraversante), Feld 8: in Blau zwei aufrechte, gekrümmte, goldene Barben Rücken an Rücken bewinkelt von goldenen Steckkreuzchen (Herzogtum Bar, nell'8° d'azzurro seminato di crocette ricrocettate e fitte d'oro a due barbi addossati dello stesso), Feld 9: in Rot ein goldenes Kreuz, bewinkelt von vier mit der Schlagkante zum vertikalen Teil gerichteten goldenen Feuerstählen (Palaiologen, Konstantinopel, letzte byzantinische Kaiserdynastie, nel 9° di rosso alla croce d'oro accantonata da quattro B greche dello stesso, addossate due a due). Dieses Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: FstA Seite: 84 Tafel: 106. Der Bruder der Stifterin, Vincenzo I. Gonzaga, fügte 1588 über dem Herzschild wie beschrieben noch einen kleinen Ehrenschild des Erzherzogtums Österreich hinzu, golden gekrönt (nel punto d'onore di rosso alla fascia d'argento timbrato dalla corona arciducale).

In der anderen Stichkappe des Portikus-Gewölbes ist das Wappen des Ordens zu sehen, welches Kaiser Matthias 1615 dem Servitenkloster Innsbruck verliehen hat. Es ist gespalten, rechts in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), links in Blau ein goldenes halbes Monogramm am Spalt, gebildet aus den Majuskelbuchstaben "S" und "M", oben mit goldener Laubkrone besetzt. Dieses Wappen und auch die anderen beiden hier vorgestellten sind Mosaik-Arbeiten des Künstlers Josef Pfefferle aus dem Jahr 1907.

 

Das Ordenswappen der Serviten selbst zeigt in Blau einen geschwungenen Majuskelbuchstaben "M", verschränkt mit einem "S", oben gekrönt mit einer goldenen Krone, die mit sieben silbernen Lilienblüten verziert ist. Die Initialen stehen für Servi Mariae, Diener Mariens, die Krone verweist auf die Himmelskönigin Maria, die weiße Gartenlilie ist in der bildenden Kunst ein Symbol der Reinheit Mariens, und die Anzahl 7 steht für die Sieben Väter des Servitenordens, das waren Kaufleute, welche 1233 den Orden gründeten. In dieser Form mit den Lilien, wenn auch vor andersfarbigem Hintergrund, sehen wir in der Mitte des Gewölbes im Portikus, auch dies eine Arbeit von Josef Pfefferle (16.6.1862-25.5.1939), einem bekannten Mosaizisten und Gründer der Zirler Mosaikanstalt.

Es gibt im Inneren des Gebäudes noch ein weiteres Wappen, das kleine kaiserlich-österreichische Wappen, wie es bis 1915 geführt wurde. Die Basis bildet der schwarze, golden bewehrte und rotgezungte Doppeladler, auf beiden Häuptern königlich gekrönt, die Kaiserkrone oben zwischen beiden Häuptern schwebend, aus der blaue Bänder mit goldener Fransenborte herabfallen und zur Seite gezogen sind. Der Adler trägt in seinen Fängen rechts ein goldenes Zepter und das silberne, golden gegriffte Reichsschwert, links den goldenen (nicht blauen!) Reichsapfel. Auf dem Adler liegt der genealogische Brustschild, zweimal gespalten, Feld 1: in Gold ein roter, blau gekrönter Löwe (Habsburg), Feld 2: in Rot ein silberner Balken (Erzherzogtum Österreich), Feld 3: in Gold ein roter Schrägbalken, nach der Figur belegt mit drei silbernen Alérions (Herzogtum Lothringen). Um den Brustschild liegt die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies, mit abwechselnden Gliedern aus Feuerstählen und funkensprühenden Feuersteinen, mit einem unten abhängenden Widderfell.

Am 3.11.1938 war das Servitenkloster das erste Kloster in Innsbruck, das von den Nationalsozialisten aufgehoben wurde. 1943 wurde das Gebäude bei einem Luftangriff fast vollständig zerstört und nach 1945 wiederaufgebaut. Der historische Teil beschränkt sich auf die links hinten angebaute Peregrinikapelle von 1731, wo ein Altar sogar noch aus der Zeit um 1600 stammt. Nach Rückkehr des Ordens gibt es wieder klösterliches Leben in den Mauern, und die Ordensmitglieder betreuen seit 1947 die neugeschaffene Pfarrei St. Josef. Ein Kreuzgang und ein Klostergarten liegen rückwärtig.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.2634053,11.3948201,19.04z - https://www.google.de/maps/@47.263651,11.3948764,176m/data=!3m1!1e3
Servitengemeinschaft:
http://www.serviten.de/ - Geschichte des Ordens: http://www.serviten.de/geschichte_des_ordens - Chronologie des Ordens: http://www.serviten.de/geschichte_des_ordens/Chronologische%20Tafel%20OSM.pdf - Innsbrucker Ordensniederlassung: http://www.serviten.de/oesterreich/KLOESTER/K_INNS/HAUPTTEIL_K_INNS1.html/hauptteil_geschichte_des_ordens1.html
Chris Mooney, P. Gottfried M. Wolff: 400 Jahre Serviten in Österreich, Broschüre, 36
S., erhältlich im Servitenkloster
P. Augustin M. Pötscher: Geschichte des Servitenordens, Verlag St. Peter, Salzburg 2001, 239 S., erhältlich beim Provinzialat der Serviten
Entwicklung der Wappen des Hauses Gonzaga:
https://it.wikipedia.org/wiki/Armoriale_di_casa_Gonzaga
Anna Katharina Gonzaga:
https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Caterina_Gonzaga - https://it.wikipedia.org/wiki/Anna_Caterina_Gonzaga
Gugleilmo Gonzaga:
https://de.wikipedia.org/wiki/Guglielmo_Gonzaga - https://it.wikipedia.org/wiki/Guglielmo_Gonzaga
Ferdinand II. von Österreich:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_II._(Tirol)
Hugo Gerhard Ströhl: Oesterreichisch-Ungarische Wappenrolle, Anton Schroll, Wien 1890, 1895.
Hugo Gerhard Ströhl, österreichisch-ungarische Wappenrolle, Reprint der Ausgabe von 1900, als Anhang die Staatswappen bis 1918, kommentiert von Michael Göbl, Edition Winkler-Hermaden 2010, ISBN 978-3-9502845-1-5
Franz Gall, Österreichische Wappenkunde: Handbuch der Wappenwissenschaft, 3. Auflage, Böhlau Verlag, Wien 1996, ISBN 3-205-98646-6
Josef Pfefferle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Pfefferle

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