Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2825
Hall in Tirol (Innsbruck-Land, Tirol, Österreich)

Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Hall (2): Bernhard Beham

Eines der bemerkenswertesten Epitaphien in den Arkaden des alten Friedhofes an der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus von Hall in Tirol ist dasjenige des Münzmeisters Bernhard Beham d. Ä. (-2.9.1507). Der Name wird auch Beheim, Behaim, Böheim, Böhm oder Behem geschrieben. Die querrechteckige Platte mit der Darstellung eines verwesenden, von Würmern, Kröten, Schlangen und Schnecken zerfressenen Leichnams (eine Darstellung vom Typus Transi) in liegender Stellung im Zentralfeld wird Sebald Bocksdorfer zugeschrieben. Geburtsjahr und Herkunft dieses Münzmeisters sind nicht eindeutig überliefert. Er stammt nach Georg Kaspar Nagler (Künstler-Lexicon 1835) aus Nürnberg, war Medailleur und wurde 1435 geboren, ohne Beleg. Karl Moeser und Fritz Dworschak identifizieren ihn in ihrem Werk zur Münzreform unter Erzherzog Siegmund von Tirol (1936) mit einem Goldschmied des Namens Bernhard von Imst. Vom Wappen her hat dieser Münzmeister jedenfalls nichts mit den einschlägigen Nürnberger Familien dieses oder eines ähnlichen Namens zu tun, es gibt in Nürnberg aber eine andere Familie mit ähnlichem Schildbild (s. u.).

Gesichert ist nur, daß Bernhard Beham 1477 in der von Meran nach Hall verlegten Münzstätte seine Arbeit aufnahm und 1482 zum Münzmeister aufstieg, der zweite in der Geschichte der Haller Münzstätte. Er folgte 1482 dem eher konservativen Ferdinand Grienhofer (1484 verstorben) nach und war an einer der bedeutendsten Revolutionen der Münzprägung beteiligt, der Guldiner-Prägung. Die Idee dieser Großsilbermünzen löste das Problem des Goldmangels, indem man Silbermünzen des zehnfachen Gewichts an die Stelle von Goldmünzen bzw. Goldgulden treten ließ. Und Silber wurde durch den Tiroler Bergbau genug gefördert. Bevor der Guldiner als Prototyp eines neuen Standards im Münzwesen 1486 erfunden wurde, gab es aber vorher schon innovative Prägungen der Münzstätte und dieses Münzmeisters ab 1482, den Pfundner (entsprach 12 Kreuzern), den Sechser (entsprach 6 Kreuzern) und 1484 ein Silberstück im Werte eines halben Goldguldens (entsprach 30 Kreuzern). Diese Nominale schlossen die Lücke zwischen Kleinmümzen und dem Goldgulden. Den Siegeszug trat dann der Guldiner an, der zukünftig den Goldgulden kompensierte. Der kreative Bernhard Beham diente in der Funktion eines Münzmeisters erst Erzherzog Siegmund und dann König Maximilian.

 

Die Platte ist aus einem rötlichen, marmorierten Stein angefertigt worden. Bei Tageslicht sind die Details schwer zu erkennen, daher sind alle Aufnahmen außer der ersten nächtens entstanden. Die außen umlaufende Inschrift dieser Epitaphienplatte lautet: "Der hie leid (= liegt) iz(t) / Der Erber (= ehrbare) und fro(mme) Bernhard beham der Elder (= der Ältere) Ro(emisch) / kay(serlicher) M(ajestä)t Mincz / maister (= Münzmeister) starb am andern (= zweiten) tag september Im 1507 / Ja(h)r". Über dem Transi befindet sich noch ein stark dynamisch gewelltes Schriftband mit dem Wortlaut: "FAC BENE DVM VIVIS SEQVITVR SVA FAMA SEPVLTOS" - handle gut, solange du lebendig bist, denn den Begrabenen folgt ihr Ruf.

 

Die Grabplatte trägt insgesamt drei Vollwappen, wobei aber Schild und Oberwappen jeweils auseinandergerissen sind, die Schilde in den unteren Ecken und in der Mitte der unteren Längsseite angebracht sind, die Helme mit den Kleinoden aber mit reichlich Abstand in den oberen Ecken und in der Mitte der oberen Längsseite, erstere einwärts gewendet, letztere aufrecht bzw. frontal. Das Hauptwappen in der Mitte, das der Familie Beham (Behem, Beheim) zeigt im Schild eine Schneckenständerung zu drei Plätzen, oben rot, unten rechts silbern und unten links schwarz, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken drei Straußenfedern in den Farben Silber, Rot und Schwarz (Tingierung nach den Belegen in der Fischnaler-Wappenkartei). Ein ganz ähnliches Wappen führte übrigens die Nürnberger Familie Teuffel, oben silbern, unten rechts rot, unten links schwarz, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken wachsend ein rotgekleideter Mannesrumpf (so in Rosenwald 17, abweichend im Siebmacher Band: BayA1 Seite: 94 Tafel: 93).

Das Wappen wurde später vermehrt für die Beham (Behem, Beheim, Behaim) von Friedesheim, geviert, Feld 1 und 2: Stammwappen Beham, Feld 2 und 3: in Schwarz ein goldener Greif, Helm 1: Stammhelm Beham, Helm 2: zu schwarz-goldenen Decken ein wachsender goldener Greif. Ein Beleg ist in der Fischnaler-Wappenkartei, wo auch noch andere vermehrte Wappenformen aufgeführt sind (Erlaubnis zur Kombination der Namen Behaim und Friedesheim 1584, österreichisches Staatsarchiv AT-OeStA/FHKA SUS Fam.A. F-169).

 

Das Wappen heraldisch rechts zeigt einen aus einem Dreiberg wachsenden Widder, auf dem bewulsteten Helm der Widder wachsend. Mangels Daten über das familiäre Umfeld des Münzmeisters bleibt die Zuordnung offen; Hinweise willkommen.

 

Das Wappen heraldisch links zeigt eine aufspringende Gemse, auf dem gekrönten Helm die Gemse wachsend. Mangels Daten über das familiäre Umfeld des Münzmeisters bleibt die Zuordnung auch hier offen; Hinweise willkommen.

Nach Bernhard Beham d. Ä. folgte ihm 1507 sein gleichnamiger Sohn, Bernhard Beham d. J. (-1547), als dritter Haller Münzmeister nach. Als dieser nach Kremnitz ging, übernahm dessen Bruder Hans Beheim den Posten in Hall als vierter der Reihe. Bernhard Beham d. J. war 1507-1510 Münzmeister in Hall in Tirol und danach 1510-1523 Oberstmünzmeister für Österreich, Tirol, Kärnten und die Steiermark.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@47.2815831,11.5066981,20z - https://www.google.de/maps/@47.2815831,11.5066981,88m/data=!3m1!1e3
Verena Sauermann: Migration nach Hall, Spurensuche nach Migrationsgeschichten einer österreichischen Kleinstadt, Dissertation, 2017, S. 46-48
Ursula Kampmann: Das blieb von dem Mann, der den Taler erfand, in: Münzenwoche 2009
https://muenzenwoche.de/das-blieb-von-dem-mann-der-den-taler-erfand/
Wappen Beham in der Fischnaler-Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2399&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2405&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2400&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2401&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2415&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2416&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2406&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=2414&sb=behem&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Österreichisches Staatsarchiv:
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=1912547
Rosenwald-Kollektion
http://www.loc.gov/rr/rarebook/rosenwald-MandR.html - darin ein Wappenbuch Nürnberger Familien (Rosenwald 17): http://hdl.loc.gov/loc.rbc/rosenwald.0017.2 - http://lcweb2.loc.gov/service/rbc/rbc0001/2011/2011rosen0017/2011rosen0017.pdf
Münzprägungen in Hall:
https://www.tiroler-numismatik.at/de/muenzgeschichte/praegung-in-hall/ - der erste Taler: https://www.tiroler-numismatik.at/de/muenzgeschichte/der-erste-taler/ - Prägetechnik: https://www.tiroler-numismatik.at/de/muenzgeschichte/praegetechnik/
Georg Caspar Nagler: Künstler-Lesicon:
https://books.google.de/books?id=WQhVAAAAcAAJ - insbesondere S. 559
Anton Eberle: Grabsteine der St. Nikolaus-Pfarrkirche zu Hall, 1876, Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg 3/20, S. 1-42, https://www.zobodat.at/pdf/VeroeffFerd_3_20_0001-0042.pdf - insbes. S. 16-17

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