Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2815
Brixen (Bressanone, Südtirol, Italien)

Der Friedhof von St. Michael in Brixen (12): zwei Grafen von Sarnthein

Die Inschrift dieses Grabmonumentes lautet: "MEMORIAE / REVERENDISSIMORVM ET ILLVSTRIS/SIMORVM D(OMINORVM) D(OMINORVM) / FERDINANDI IOSEPHI GABRIEL / ET ROMEDII LEOPOLDI FRANCIS / S(ACRI) R(OMANI) I(MPERII) COMITVM DE SARNTHEIN / DOMINORVM IN ROTTENBVCH KELLER/BVRG ET KRAENZELSTEIN / VICARIORVM IN PONTIFICALIBVS SVM/MORVM PRAEPOSITORVM HVIVS ECCLE/SIAE CATH(EDRALIS) QVORVM PRIOR NATVS XXVI / MART(II) MDCXCVII EPISC(OPVS) HYPSOP(OLIS) XXX NOV(EMBRIS) / MDCCXXVII CONSECR(ATVS) XX DEC(EMBRIS) MDCCLXII / OBIIT ALTER NAT(VS) XXIV IVL(II) MDCCXXX / EPISC(OPVS) AVGVSTOP(OLIS) XXXI AVG(VSTI) MDCCLXVII / DECESSIT XXIV MART(I) MDCCLXXIV / VITRIVSQVE PIETAS ET NOMEN MANET". Unter dieser Inschrift sieht man eine am unteren Rand positionierte Bischofsmütze, die illustriert, daß die beiden Mitglieder der Familie infulierte Weihbischöfe waren.

Ferdinand Joseph Gabriel Reichsgraf von Sarnthein (26.3.1697-20.12.1762) wurde am 30.11.1727 zum Titularbischof von Hypsopolis geweiht. Hinter Hypsopolis verbirgt sich das Titularbistum Hypsus, eine antike Stadt im griechischen Arkadien, heute Stemnitsa. Maria Romedius Leopold Franz Reichsgraf von Sarnthein (24.7.1730-24.3.1774) wurde am 31.8.1767 zum Titularbischof von Augustopolis geweiht. Damit ist Augustopolis in Phrygia gemeint, ein untergegangener Bischofssitz im heutigen Anatolien, damaligen Nord-Phrygien, das zum Titularerzbistum Synnada in Phrygia gehört.

 

Beginnen wir die Diskussion des Wappens mit einer ersten Familie von zweien: Das Stammwappen der Familie von Sarnthein (auch: Serntein oder Sarenthein) zeigt in Blau einen goldenen Hirschkopf mit zwölf Enden, auf dem Helm mit blau-goldenen Decken der Hirschkopf. Am 25.4.1521 gab es für Cyprian von Sarnthein zu Hörtenberg im Oberinntal, Sohn des Hans Northeim, von Kaiser Karl V. zu Brüssel eine Wappenbesserung durch Kombination des Wappens der von Northeim mit dem der von Sarnthein. Cyprian von Sarnthein war Mitglied der Hofkanzlei von Maximilian I. und Hofrat, ab 1501 tirolischer Kanzler.

Das vermehrte Wappen aus dem Jahr 1521 ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein mit einem schreitenden, doppelschwänzigen, golden gekrönten roten Löwen belegter silberner Balken (von Northeim), Feld 2 und 3: in Blau Kopf und Hals eines goldenen Hirschen (von Sarnthein). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein golden gekrönter Greis in rotem Gewand mit goldenen Knöpfen (von Northeim), Helm 2 (links): zu blau-goldenen Decken ein goldener Hirschkopf mit Hals (von Sarnthein). Die Familie nannte sich Sarnthein von Northeim. Diese Familie ist 1646 erloschen.

Nun zu einer zweiten Familie: Der aus Augsburg stammende und in Bozen tätige Handelsmann David Wagner (Generation 3) kaufte 1610 die Herrschaft Rottenbuch und erhielt den Adelsstand als Wagner von Rottenbuch. Der Ansitz Rottenbuch heißt nach einer Bozner Patrizierfamilie Rottenpuecher und liegt in Bozen-Gries. Im Jahre 1633 bekam David Wagner die Landstandschaft in Tirol, am 11.9.1633 wurde er in die Tiroler Adelsmatrikel eingetragen. 1635 kaufte er die Pfandherrschaft Reineck (Burg Reinegg beim Sarntaler Hauptort Sarnthein) im Sarntal (Sarentino) mit den beiden Ansitzen Kellerburg und Kränzelstein. Der Ansitz Kränzelstein ist ein viergeschossiger Wohnturm aus dem 13. Jh., der nach Hans von Kränzelstein benannt ist. Danach kam der Turm an die von Northeim, dann an die Herren von Molart. Im 16. Jh. wurde der Turm umgestaltet.

Das Stammwappen Wagner zeigt in Gold auf grünem Dreiberg einen schwarz gekleideten Mann, in der Rechten ein silbernes Wagenrad emporhaltend, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken der Mann wie beschrieben wachsend zwischen zwei schwarzen Büffelhörnern. Georg Wagner (Generation 1), der Großvater des erwähnten David Wagner, hatte zu Augsburg am 29.9.1530 einen kaiserlichen Wappenbrief erhalten. Sebastian Wagner (Generation 2), Davids Vater, bekam von Kaiser Karl V. am 2.5.1541 eine Wappenbesserung. David Wagner selbst (Generation 3) wurde am 18.6.1594 in den Reichsadelsstand erhoben, mit einer weiteren Wappenbesserung.

Am 27.9.1650 erhielten Davids Söhne, Ludwig und David Wagner (Generation 4), von Erzherzog Ferdinand Karl von Österreich zu Bozen den Freiherrenstand und die Erlaubnis, ihr Wappen um das der erloschenen Sarnthein von Northeim zu vermehren, in dem Sinne, daß dieses den Hauptschild bildete und das Wagnersche Wappen den Herzschild. Das Wappen der Freiherren Wagner von und zu Sarnthein sah folgendermaßen aus: geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot ein mit einem schreitenden, doppelschwänzigen, golden gekrönten roten Löwen belegter silberner Balken (von Northeim), Feld 2 und 3: in Blau Kopf und Hals eines goldenen Hirschen (von Sarnthein), Herzschild: in Gold auf grünem Dreiberg einen schwarz gekleideten Mann, in der Rechten ein silbernes Wagenrad emporhaltend (Wagner). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein golden gekrönter Greis in rotem Gewand mit goldenen Knöpfen (von Northeim), Helm 2 (links): zu blau-goldenen Decken ein goldener Hirschkopf mit Hals (von Sarnthein). Die Wagner durften also die eigene Stammhelmzier einfach unter den Tisch fallen lassen.

Am 12.12.1681 erfolgte die Erhebung in den Reichsgrafenstand durch Kaiser Leopold I. zu Oedenburg. Die Begünstigten waren der oben genannte David Wagner junior (Generation 4) und die Kinder seines Bruders, Carl Anton, Franz Ludwig, Johann Dominik, Johann Joseph, Maria Anna Magdalena und Maria Catharina Theresia (Generation 5). Dabei kam es zu einer weiteren Wappenbesserung: Die Erinnerung an die Familie Wagner wurde gänzlich getilgt. Das "Wagner" fiel im Namen weg, und die Begünstigten durften sich fortan "Graf von Sarnthein, Lehensinhaber der Herrschaft Reineck, Herr zu Rottenbuch, Kellerburg und Kränzelstein" nennen, und sie bekamen das Prädikat "Hoch- und Wohlgeboren". Der Herzschild Wagner flog raus, als Herzschild wurde das Wappen der erloschenen von Molart gesetzt. Die beiden Helme blieben. Familie Wagner war endgültig Geschichte.

Zwischen die beiden Helme wurde noch ein rotes Krückenkreuz mit vier kleinen Kreuzchen in den Winkeln gesetzt. Das war ein persönliches Ordenszeichen eines Jerusalempilgers der früheren von Sarnthein. Da es ein personengebundenes Zeichen war, kann es nicht Bestandteil des Familienwappens sein. Und es konnte auch nicht von einer anderen Familie nach dem Erlöschen übernommen werden. Aber nach dem bisher Gesagten kam es darauf jetzt auch nicht mehr an. Ein solches Wappen, mit dem Ordenskreuz auf einem mittleren, dritten Helm, ist an der Kellerburg im Sarntal angebracht, datiert auf 1778.

Das gräfliche Wappen von 1681 ist nun wie folgt aufgebaut: Geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Rot ein mit einem schreitenden, doppelschwänzigen, golden gekrönten roten Löwen belegter silberner Balken (von Northeim), Feld 2 und 3: in Blau Kopf und Hals eines goldenen Hirschen (von Sarnthein), Herzschild: in Blau ein silbernes Windspiel, darüber drei goldene Sterne (Molart). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (rechts): zu rot-silbernen Decken ein golden gekrönter Greis in rotem Gewand mit goldenen Knöpfen (von Northeim), Helm 2 (links): zu blau-goldenen Decken ein goldener Hirschkopf mit Hals (von Sarnthein).

Die Geschichte der Freiherren und Grafen von Sarnthein (Sarenthein) wird beschrieben im Siebmacher Band: Bay Seite: 21 Tafel 15: und Band: Erg: Seite: 9. Die Wandlung der Familie Wagner zu Grafen von Sarnthein wird differenzierter beschrieben im Siebmacher Band: Tir Seite: 15 Tafel: 17. Hier auf dem Grabmonument werden keine Helme mit Kleinoden geführt, sondern eine neunperlige Rangkrone ist über den oberen Schildrand positioniert.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,20z - https://www.google.de/maps/@46.716143,11.6576034,92m/data=!3m1!1e3
Der Alte Friedhof in Brixen:
https://www.hiwio.com/de/Artikel/Der-Alte-Friedhof-in-Brixen-78
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Josef Resch (Josephus Reschius): Monumenta veteris ecclesiae Brixinensis, Brixen 1765, online:
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10939445?page=,1 - https://books.google.de/books?id=vYxQAAAAcAAJ
Familie von Sarnthein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Sarnthein_(Adelsgeschlecht)
Wappen von Sarnthein und Northeim in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24363&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24364&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24380&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24381&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24369&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=21803&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Wappen Wagner in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24378&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Wappen Wagner von 1650 in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24360&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99
Wappen Molart in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=20638&sb=molart&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=20641&sb=molart&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=20639&sb=molart&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=20645&sb=molart&sw=&st=&so=&str=&tr=99 - http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=20644&sb=molart&sw=&st=&so=&str=&tr=99
gräfliches Wappen Sarnthein in der Fischnaler Wappenkartei:
http://wappen.tiroler-landesmuseen.at/index34a.php?id=&do=&wappen_id=24361&sb=sarnthein&sw=&st=&so=&str=&tr=99

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