Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2721
Blankenburg (Landkreis Harz, Sachsen-Anhalt)

Bergkirche St. Bartholomäus: Graf Ernst von Regenstein und Blankenburg und Barbara von Hohnstein

Das beste und schönste Epitaph der Kirche steht an der südlichen Langhauswand. Es handelt sich um ein Doppelepitaph für Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg (7.12.1528-17.2.1581) und seine Frau, Barbara von Hohnstein-Vierraden. Graf Ernst war 1557-1563 Dompropst zu Naumburg und 1544-1562 Abt zu Michaelstein, ehe sein Halbbruder das übernahm und Ernst die Nachfolge in der Regierung der Grafschaft antrat. Das Epitaph gliedert sich in einen annähernd quadratischen Hauptbereich und einen Aufsatz. Der Hauptbereich ist durch drei halbrunde Säulen mit phantasievollen Kapitellen mit 8er-Symmetrie in zwei Bereiche aufgeteilt, optisch links für den Grafen, optisch rechts für seine Frau. Beide Figuren stehen in Bogennischen, deren schräge Seiten Tiefe vermitteln. Die Bogenzwickel werden jeweils von geflügelten Engelsköpfen ausgefüllt, insgesamt vier Stück. Am Bogenansatz der Nischen werden die Kapitelle auf den sichtbaren Flächen mit Löwenmasken mit Ring im Maul verziert, insgesamt acht Stück. Weitere drei Löwenmasken mit Ring werden auf den Sockeln der drei Halbsäulen dargestellt.

 

Das Gebälk wird mit einem kräftigen Gesims abgeschlossen. Die Aedikula darüber wird seitlich von die Zwickel füllenden Beschlagwerk-Ornamenten begleitet, das in den Flächenauflagen mit bunten "Edelsteinen" verziert ist. In dem Hauptfeld der Aedikula wird Christus als Weltenrichter innerhalb eines Wolkenkreises auf dem Regenbogen sitzend dargestellt, mit Gloriole und erhobener rechter Hand, während unten links die Auserwählten von einem grün gekleideten Engel ins Paradies geschickt werden, während rechts unten schwarzhaarige und -bärtige Teufel die Verdammten der Hölle zuführen und bereits anfangen, die Seelen zu peinigen. Als seitliche Karyatiden dienen zwei Engel, die jeweils eine S-förmig geschwungene Naturtrompete blasen, die mit der inneren Hand gehalten wird und in das Zentralfeld hineinreicht. Über den Köpfen sieht man die beiden schneckenförmig eingerollten Abschlüsse des ionischen Kapitells. Im abschließenden Dreiecksgiebel der Aedikula stürzt sich die weiße Taube des Heiligen Geistes vor einem goldenen Strahlenkranz herab.

 

Die außen auf dem Rand umlaufende und auf dem Bogen fortgesetzte Inschrift für Ernst lautet: "DER WO(H)LGEBOR(E)N(E) VND EDEL / ERNST GRAF VND HERRE ZV REINSTEIN VND BLANCKEN(BURCK) / IST SELIGLICH IN GOT(T) ENTSCHLAFFE(N) ANNO (15)81 17. FEBRVARII / DER SEELE GOT(T) GN(A)EDICH SEIN WOLL(E)". Der untere horizontale Bereich ist ohne Text. Alle Buchstaben "N" werden mit seitenverkehrtem Schrägstrich verwendet. Die Rüstung besitzt exquisite Details und Verzierungen.

 

Die Inschrift für Barbara ist kürzer und bedarf des Bogens nicht; sie lautet: "BARBARA GEBOR(E)N(E) GR(A)EFFIN / VON HO(H)NSTEIN VIERRADEN GR(E)EFFIN VND FRAW ZV / REINSTEIN VND BLANCKENBVRCK". Wir sehen auf dem Gebälk des Epitaphs eine Reihe von insgesamt acht Wappen der Ahnenprobe, die vier heraldisch rechten für Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg (7.12.1528-17.2.1581), die vier heraldisch linken für seine Frau, Barbara von Hohnstein-Vierraden. Die Wappendarstellungen sind herausragend schön und gut erhalten, auch wenn sich im Detail etliche Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Farbgebung, der Positionierung und sogar der Auswahl ergeben, wie nachfolgend diskutiert werden soll.

Ernsts Eltern waren Ulrich von Regenstein und Blankenburg (-1551) und Barbara von Mansfeld-Vorderort (1505-1529). Seine Großeltern waren väterlicherseits Ulrich Graf von Regenstein und Blankenburg und Anna von Hohnstein (-1539) sowie mütterlicherseits Ernst II. Graf von Mansfeld-Vorderort (6.12.1479-9.5.1531) und Barbara von Querfurt (-23.1.1511).

Barbaras Eltern waren Wolfgang Graf von Hohnstein-Vierraden-Schwedt und Katharina von Hohnstein-Klettenberg. Ihre Großeltern waren väterlicherseits Johann II. Graf von Hohnstein-Vierraden, der 1458 Herr zu Dahme, 1478 zu Vierraden wurde, 1480 Schwedt und Vierraden kaufte und 1484 Heldrungen verkaufte, und Anna (Agnes) von Anhalt-Zerbst (-8.4.1492), sowie mütterlicherseits Ernst IV. Graf von Hohnstein-Klettenberg (-1508), welcher 1454 zu Klettenberg herrschte, 1456 in Lauterberg und 1492 auch zu Lohra, und dessen Frau, Margarete von Gera. Soweit die Literatur (Stoyan-Datenbank, Stammtafeln), doch Ernst von Hohnstein heiratete zweimal, nach Margareta von Gera in zweiter Ehe Felicitas von Beichlingen, was für die Diskussion der Wappen noch eine Rolle spielen wird, denn die Ahnenprobe bringt nicht das Wappen der Vögte von Gera (Löwe), sondern das der von Beichlingen (Teilungen).

Das Wappen optisch ganz links gehört zur Ahnenprobe von Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg und entspricht dem Wappen der väterlichen Stammlinie. Es ist geviert, Feld 1 und 4: in eigentlich silbernem Feld (nicht golden wie hier) eine schwarze, nach links gekrümmte Hirschstange, Feld 2 und 3: in Silber eine rote, nach links gekrümmte Hirschstange, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen und eigentlich schwarz-silbernen (der schwarz-goldene Anstrich ist irrig, ebenso ist hier die Farbe innen und das Metall außen gemalt, was ebenfalls nicht zutreffend ist) Decken ein Paar Hirschstangen, die rechte schwarz, die linke rot.

Das zweite Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg und stellt das Wappen der Grafen von Hohnstein dar, es ist silbern-rot geschacht, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken (hier irrig Farbe innen und Metall außen) eine silberne (hier irrig schwarz angestrichen) und eine rote Hirschstange.

Das dritte Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg und stellt das Wappen der Herren von Querfurt dar, in Rot hier drei silberne Balken, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken (hier irrig Farbe innen und Metall außen) ein rotes Hirschgeweih vor einem silbernen Flug. Das ist ein ungewohntes Kleinod, weil die Herren von Querfurt entweder eine Gruppe von acht wie der Schild tingierter Fähnchen oder ein oben mit Hahnenfederbüschen bestecktes Schirmbrett verwendeten. Hier ist die Reihenfolge der Wappen nicht logisch, das Wappen der Herren von Querfurt müßte eine Position weiter optisch rechts erscheinen, wo lt. Befund das Mansfeld-Wappen angebracht ist. Denn die ganze andere Logik dieser Reihung listet optisch von links nach rechts die Wappen, wie sie in der Ahnentafel von links nach rechts erscheinen, wenn man den Vater immer links schreibt und die Mutter immer rechts.

Das vierte Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Ernst I. Graf von Regenstein und Blankenburg und stellt das Wappen der Grafen von Mansfeld-Vorderort dar, Hauptschild geviert, Feld 1 und 4: erneut geviert, Feld a und d: silbern-rot mehrfach geteilt (Herrschaft Querfurt), Feld b und c: silbern-rot gerautet (Grafschaft Mansfeld), Feld 2: in Schwarz ein silberner, golden bewehrter und rotgezungter Adler (Grafschaft Arnstein), Feld 3: in Blau ein goldener, golden gekrönter und rot gezungter und ebenso bewehrter Löwe, überdeckt von einer eigentlich noch in zwei Reihen rot-silbern geschachten Schrägleiste (Herrschaft Heldrungen). Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit eigentlich rot-silbernen (hier vertauscht mit denen des anderen Helmes) Decken acht mehrfach rot-silbern geteilte Fähnchen, vier zu jeder Seite abwehend (Querfurt), Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit eigentlich schwarz-silbernen Decken (hier vertauscht mit den Decken des anderen Helmes, und irrig golden statt silbern, außerdem jeweils Farbe innen und Metall außen) zwischen einem silbernen Adlerflug (Arnstein) ein wachsender gekrönter goldener Löwe (Heldrungen). Hier ist die Reihenfolge der Wappen nicht logisch, das Wappen der Grafen von Mansfeld müßte eine Position weiter optisch links erscheinen, wo lt. Befund das Querfurt-Wappen angebracht ist, denn ein Graf von Mansfeld hat eine Frau von Querfurt geheiratet und nicht umgekehrt.

Das fünfte Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Barbara von Hohnstein-Vierraden und entspricht dem Wappen der väterlichen Stammlinie. Das Wappen der Grafen von Hohnstein ist silbern-rot geschacht, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken (hier irrig Farbe innen und Metall außen) eine silberne (hier irrig schwarz angestrichen) und eine rote Hirschstange.

Das sechste Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Barbara von Hohnstein-Vierraden und stellt das Wappen der früheren Askanier-Linie Anhalt-Zerbst dar, wobei etliche Farbfehler in der gegenwärtigen Fassung zu erkennen sind. Im folgenden werden ausschließlich die korrekten Tinkturen angegeben und grobe Verstöße mit (!) gekennzeichnet. Entgegen den Erwartungen an ein anhaltinisches Wappen dieser Zeit kommt die Gaugrafschaft Warmsdorf zweimal vor, aber die Grafschaft Waldersee wird unterschlagen. Hauptschild: zweimal gespalten und zweimal geteilt, Feld 1: Beringer, in Silber ein nach einwärts gekehrter, gekrönter schwarzer Bär mit goldenem Halsband, der auf den Zinnen einer schrägen, roten, mit einer geschlossenen goldenen Tür versehenen Mauer emporsteigt, Feld 2: Herrschaft Ballenstedt, von Schwarz (!) und Gold neunmal geteilt, Feld 3: Grafschaft Askanien (Aschersleben), schwarz-silbern (!) mit 12 Feldern geschacht, Feld 4 und Feld 6: Gaugrafschaft Warmsdorf, in Blau zwei (!) goldene Schräglinksbalken (nicht drei wie hier), Feld 7: Grafschaft Mühlingen, in Blau (!) ein einwärts blickender silberner (!) Adler (kein Doppeladler!), golden bewehrt, Feld 8: Regalien, ein lediges rotes Feld (die blau-silberne Schrägteilung im oberen Teil muß als Artefakt angesehen werden, das sonst nirgends in Anhalter Wappen zu sehen ist und auch keine Bedeutung bekannt ist), Feld 9: Herrschaft Bernburg, in Silber ein schwarzer Bär mit silbernem Halsband, der auf den Zinnen einer schrägrechten roten, mit einem offenen Tore versehenen Mauer emporsteigt, Herzschild: Anhalt, gespalten, rechts: Mark Brandenburg (ohne Kleestengel und ohne Krone), in Silber (!) ein an die Spaltlinie gestellter halber roter (!), goldenbewehrter Adler, links: Sachsen, von Schwarz (!) und Gold neunmal geteilt, darüber ein grüner (!) schrägrechter Rautenkranz. Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken zwei aus der Helmkrone wachsende, im Ellenbogen gekrümmte und sich an den Unterarmen überkreuzende Arme mit schwarz-golden gevierten Ärmeln, in den Händen Pfauenwedel haltend, Herzogtum Anhalt, Helm 2 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken wachsend ein rotgezungter, golden gekrönter und golden behalsbandeter schwarzer Bär, Herrschaft Bernburg, Beringersches Geschlecht, Helm 3 (links): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken zwölf aus der Helmkrone sich erhebende, eigentlich schwarz-silbern geschachte Fähnchen an goldenen Lanzen, Grafschaft Askanien. Das Wappen ist klar als anhaltinisches Wappen zu erkennen, hat aber im Detail so viele Abweichungen, daß man annehmen muß, daß der Künstler und der Anstreicher beide nur ungefähre Vorstellungen von diesem Wappen hatten.

Das siebte Wappen von links gehört zur Ahnenprobe von Barbara von Hohnstein-Vierraden und stellt das Wappen der Grafen von Hohnstein-Klettenberg dar. Es ist geviert, Feld 1 und 4: silbern-rot geschacht (Grafschaft Hohnstein), Feld 2 und 3: geteilt, oben in Rot (das Blau ist irrig) ein goldener Löwe, unten dreimal golden-rot geteilt (Grafschaft Lauterberg), hier wurden bei Feld 3 die untere und obere Hälfte vertauscht, was wohl aus ästhetischen Gründen geschah, denn heraldisch ist es unzulässig, weil es sich um ein einziges Feld, nicht um zwei kombinierte Felder handelt, Herzschild: in Silber (die goldene Tinktur des Feldes ist irrig) ein schreitender schwarzer Hirsch (Grafschaft Klettenberg). Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken eine silberne und eine rote Hirschstange (Grafschaft Hohnstein), Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken (hier irrig schwarz-golden, außerdem überall Farbe innen und Metall außen, ein durchgängig praktizierter Fehler der Farbfassung) ein naturfarbener Pfauenstoß (Lauterberg).

Das achte Wappen von links und das letzte der Reihe gehört zur Ahnenprobe von Barbara von Hohnstein-Vierraden und stellt das Wappen der Grafen von Beichlingen dar, von Silber und Rot dreimal geteilt, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken (Farbe hier irrig innen und Metall außen) ein rot-silbern mehrfach geteilter Schaft, oben mit einem grünen Pfauenfederbusch besteckt. Wenn man die Genealogie gemäß Stoyan-Datenbank und gemäß den einschlägigen Stammtafeln zugrunde legt, müßte hier das Wappen der ersten Ehefrau erscheinen, der Löwe der Vögte von Gera, nicht aber das Wappen der zweiten Ehefrau, der Grafen von Beichlingen.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung in Google Maps: https://www.google.de/maps/@51.7876463,10.9545544,18.5z - https://www.google.de/maps/@51.7877626,10.9545643,66m/data=!3m1!1e3
Siebmachers Wappenbücher
Evangelische Kirche Blankenburg:
https://www.evangelisch-in-blankenburg.de/
Kirche St. Bartholomäus:
https://www.evangelisch-in-blankenburg.de/kirchen/st-bartholomaeus.html
Hinweistafeln an den einzelnen Grabdenkmälern in der Kirche
Grafen von Regenstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Regenstein_(Adelsgeschlecht)
Grafen von Hohnstein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hohnstein_(Adelsgeschlecht)
Herren von Querfurt auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Querfurt_(Adelsgeschlecht)
Grafen von Mansfeld auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mansfeld_(Adelsgeschlecht)
Grafen von Beichlingen auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Beichlingen_(Adelsgeschlecht)
Askanier auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Askanier
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Eckehart Winde vom 9.1.2021, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei

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