Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2452
Friesenhagen (Landkreis Altenkirchen)

Pfarrkirche St. Sebastianus: die "kleineren" Epitaphien

1.) Epitaph für Johann von Selbach (-1563)
In der Grafenkapelle am östlichen Ende des nördlichen Seitenschiffes hängt innen über dem Durchgang ein Bronze-Epitaph für Johann von Selbach (1483-11.1.1563), Herr von Crottorf und Zeppenfeld, dem Söldnerkommandeur und Teilnehmer etlicher militärischer Aktionen in den Niederlanden, Befestigungsspezialisten und einstigen Kommandanten der Festung Coevorden. Das Epitaph wurde errichtet von Sebastian von Hatzfeld, dem Ehemann seiner einzigen Tochter Katharina. Tatsächlich ist Johann von Selbach im Kloster Marienstatt bei Hachenburg bestattet; dort ist seine gußeiserne Grabplatte zu sehen mit den vier Ahnenwappen Selbach zu Crottorf, Lipp gen. Hoen, Hatzfeld zu Wildenburg und Dietzenkausen. Johann von Selbach war 1511-1512 Drost in der Herrschaft Wisch (Geldern), 1519-1536 Marschall von Geldern, Drost zu Coevorden, 1522-1536 "Gubernator" von Drenthe und Twente; er wurde 1539 Nassau-Dillenburgischer Rat, war bergischer Marschall und 1542-1549 Amtmann zu Windeck, Rat und Anführer des Nassauischen Contingents zur Türkenhilfe 1542, nahm 1542 an den Türkenkriegen in Ungarn teil und war 1542 Oberst der Truppen des Westfälischen Kreises.

 

Die Inschrift lautet: "D(OMI)N(VS) / IOHAN(N) DE SELBACH / IN CRVTTORF AVO MATERNO / CVI VIRTVS GLORIAM, FAMA IMMORTALITATEM COMPARAVIT / EX NOBILISS(IME) & VETVSTISS(IME) SELBACHIORV(M) PROSAPIA ORIVNDO / QVONDA(M) CAROLI POSTREMI SICAMBRORV(M) DVCIS CONSILIARIO / INTIMO, TRENTAE & ZVENTAE. TRACTVV(M) GVBERNATORI, ARCIS / MVNITISS(IMAE) CVVARDIANAE PRAEFECTO, POSTMODV(M) MENAPIORV(M) / PRINCIPIS GVLIELMI MAGISTRO MILITV(M) SVPREMO &SATRAPAE / IN WINDECK MVLTIS EXPEDITIONIB(VS) INQ(VE) LONGE DISSITAS TERRA / SVSCEPTIS PEREGRINATIONIB(VS) EXIMIO, ATQVE AN(NO) MDXXXXII / IN MAGNA ILLA EXPEDITIONE CONTRA IMANISS. CHRISTIANI NO/MINIS HOSTEM TVRCAM ADORNATA S. CAES. MAI. A CONSILIIS / BELLICIS & MILITIAE CIRCVLI INFERIORIS RHENI AC WESTPHALIAE / DVCI VIRO INCOMPARABILI, TAM BELLI QVAM TOGAE ARTIV(M) / PERITISS. AN(NO) MDLXIII DIE IAN(VARII) XI CVM PLENVS / DIERVM VITAM PIETATE RELIGIONE, AC RERV(M) FORIS DOMIQ(VE) GESTARV(M) / GLORIA INSIGNITER DECORATAM IN LXXX AN(N)VM TRADVXISSET / & MVLTIS IVXTA BENEFICIIS IN PAVPERES & ECCLESIAS COLLATIS / PROFVISSET MVLTIS OBFVISSET NEMINI, ARCEMQ(VE) SVA(M) CRVTTORFIANA(M) / FVNDITVS ANTE EXSTRVXISSET, PIE EX HAC LACRIIMARVM VALLE / IN COELESTEM PATRIAMQ(VE) TRIVMPHANS BEATORVM CONCILIVM / EMIGRANTI, HOC MONVMENTVM P. E. S. EX FILIA VNICA / CATHARINA NEPOS SEBASTIANVS AB HATZFELD SVFFIGEBAM / TANTI VIRI MEMORIA HIC LOCVS NE CARERET, NEVE OFFICIO EI / HOC PIO DEESSEM, CORPOREIS EXVVIIS IN ASCETERIO MARIENSTAT(T) / VBI TVMVLVM SIBI STRVXERAT VIVVS, QVIESCENTIB(VS) / MORTI MORTE TVA MORTEM MORIENDO DEDISTI / EST TVA MORD MORTIS CHRISTE MEDELA MEAE".

Das Wappen des Johann von Selbach-Crottorf ist ganz unten angebracht und ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold drei schwarze, schrägrechts und schrägbalkenweise aneinandergelegte Rauten (Selbach), Feld 2 und 3: in Silber eine rote Rose mit goldenem Butzen (Herrschaft Crottorf). Eine Helmzier fehlt, kann aber gleich ums Eck am Epitaph für seine Tochter Katharina betrachtet werden.

2.) Epitaph für Wilhelm von Selbach (-1570)
In der Grafenkapelle am östlichen Ende des nördlichen Seitenschiffes hängt innen über dem Durchgang ein Bronze-Epitaph für Wilhelm von Selbach (-17.7.1570), Herr zu Wildenburg und Crottorf, 1560 Oberst, Ehemann von Katharina von Selbach (-1582). Er starb im Alter von nur 38 Jahren. Das Epitaph wurde 1602 errichtet vom einzigen Sohn, Sebastian von Hatzfeld, der diese Grabkapelle einrichten und ausstatten ließ.

Die Inschrift lautet: "AVSPICIO / S. S. TRINITATIS / MAGNAN. HEROS PATER BENE MERENTISS. GVLIELMVS AB / HATZFELD, IN WILDENBERG & CRVTTORF DOMINVS HENRICI / II. & CAROLI IX. GALLIARVM REGVM ALAE EQVITVM PRAEFEC/TVS, AB INEVNTE AETATE BELLICIS EXERCITIIS ADDICTVS / INTERQ(VE) ARMA AC LITVOS PENE ENVTRITVS, INSIGNEM INDE / SIBI TVM EXPERIENTIAM, TVM LAVDEM ET NOMINIS PEPERIT / AETERNITATEM, PRAELIO ACERRIMO INTER MAVRITIVM SAXON. / & ALBERTVM BRANDENBVRG. DVCES AD OPPIDVM SEIBERTZ/HAVSEN GESTO, SVB DANIELE AB HATZFELD AGNATO FORTISS. / VIRO PRAEFECTO MILITVM IBIDEMQ(VE) STRENVE OCCVMBENTE / FORTVNAM EXPERIRI MILITAREM NON DVBITAVIT IVVENIS / HVNGARICIS DE HINC BELLIS DVOS BELLOQ(VE) PROTESTANTIVM / & ALIIS QVAM PLVRIMIS EXPEDITIONIS NON INTERFVIT MODO / SED & PRAEFVIT. MEMORATIS DENICQ(VE) SERENISS: GALLIARVM / REGIB. MVLTIS. ITIDEM IN BELLIS VARIA FORTVNA CONFECTIS / PRAECLARAM & FIDELISS. NAVAVIT OPERAM. ADEOQ(VE) CVM OMNIB. / MILITIAE GRADIB. AB INFIMO AD SVPREMVM ESSET DEFVNCTVS / TANDEM A(NN)O MDLXIX (1569). A REGE CAROLO OMNIB. GERMANI / CARVM COHORTIVM DVCIB. APPLAVDENTIB. PROPTER REI BEL/LICAE PERITIAM ATQ(VE) ANIMI FORTITVDINEM, PRVDENTIAMQ(VE). / EXIMIAM, NEC MINVS OB PROMISSORBM CONSTANTIAM & FIDEM / HATZFELDICA GENTE DIGNISS. IN MAGISTRVM MILITVM TOTIVS / GERMANICI EXERCITVS EVOCATVR QVEM TAMEN HONOREM / VT SVSCIPERET NVLLIS PROMISSIS AVT PRECIB. POTVIT IMPELLI / PARTA IAM GLORIA ACQVIESCENS. SED VT NIHIL EST IN REB. HVM / DIISENTERIAE CORREPTVS IN OPPIDO GALLIAE BREVIEL LA GAR/RADT MENSE XVII IVL. A(NN)O MDLXX (17.7.1570). AETATIS XXXIIX (38). VITAM / HANC TVRBVLENTAM PLACIDA MORTE COMMVTAT, MAGNO SVI / DESIDERIO APVD OMNES BONOS RELICTO IBIDEM IVSSV REGIS / A BORBONII DVCIS VIDVA HONORIFICE HVMATVR. HVIVS / LAVDATISS. MEMORIAE HANC AENEAM TABVLAM DEBITAE / PIETATIS & AMORIS TESTEM FILIVS VNICVS SEBASTIANVS / CVM MATRE BIMVLVS IN ORBITATE RELICTVS DVM / CONSTANTEM INGREDIOR AETATEM, L. M. Q. DEDICO / SACRO SIGNVMQ(VE) HOC MILITARE PARENTI AB IPSO / REGE FORTITVDINIS CAVSA DONATVM SUSPENDO A(NN)O MDCII / VIVIT POST FVNERA VIRTVS".

Sein Wappen ist als Ehewappen gespalten, rechts geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Maueranker (Stammwappen Hatzfeld), Feld 2 und 3: in Silber 3 (2:1) rote Mispelblüten mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern (Wildenburg), links geviert, Feld 1 und 4: in Gold drei schwarze, schrägrechts und schrägbalkenweise aneinandergelegte Rauten (Selbach), Feld 2 und 3: in Silber eine rote Rose mit goldenem Butzen (Herrschaft Crottorf).

3.) Epitaph Hersell und Cortenbach
Im südlichen Seitenschiff befindet sich dieses Grabmonument für zwei Personen mit weißen Wappen auf schwarzem Stein. Auf der einen Seite erinnert dieses Epitaph an Friederike Maria Hubertina Coelestine Freiin von Hersell (13.6.1770-16.7.1833), die Tochter von Klemens August Freiherr von Hersell und Maria Anna Franziska Johanna Josepha Freiin von Bourscheidt. Sie war die Ehefrau von Edmund Karl Eugen Innocenz Graf von Hatzfeld (10.4.1774-1799), dem Sohn von Edmund Gottfried Wilhelm Cornelius Graf von Hatzfeld-Wildenburg-Weisweiler (17.7.1746-1806).

 

Auf der heraldisch rechten Seite ist in beiden Fällen das Wappen des Ehemannes, von dem auch die im Ehewappen gemeinsam genutzten Helme stammen: Der jeweils rechte Schild ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer Maueranker (Hatzfeld), Feld 2 und 3: in Silber 3 (2:1) rote Mispelblüten (oft wie Rosen dargestellt) mit goldenem Butzen und grünen Kelchblättern (Herrschaft Wildenburg), gekrönter Herzschild: fünfmal schwarz-golden geteilt (Pallandt). Dazu werden drei gekrönte Helme geführt, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein golden gekrönter schwarzer Doppeladler (Gnadenzeichen), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein goldener Adlerflug, jeder Flügel belegt mit einem schwarzen Maueranker (Hatzfeld), Helm 3 (links): auf dem Helm mit eigentlich rot-silbernen, hier aber rot-goldenen Decken ein schwarz mit goldenen Aufschlägen und Knöpfen und einer schwarzen, golden aufgeschlagenen Mütze gekleideter Mannesrumpf (Wildenburg).

Das Wappen der rheinischen, sich nach dem gleichnamigen Ort bei Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis nennenden Freiherren von Hersell ist im Gruber unter "Hersel" gelistet, in blauem, mit goldenen Lilien besäten Feld ein silberner Sparren, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein roter Hut mit silbernem Stulp, oben mit schwarzen Hahnenfedern besteckt. Analog, aber etwas präziser hinsichtlich der Anordnung der Lilien gibt Rietstap an: "D'azur au chevron d'argent accompagné de neuf fleurs-de-lis d'or, trois à dextre 2 et 1 et trois à senestre 2 et 1, en chef les trois autres mal-ordonnées en pointe. Cimier un bonnet de gueules retroussé d'hermine sommé de sept plumes de sable. Lambrequin d'argent et d'azur."

Auf der anderen Seite erinnert dieses Epitaph an Maria Anna Antonia Freiin von Cortenbach (21.12.1758-12.9.1833), die Tochter von Friedrich Heinrich Freiherr von Cortenbach und Anna Maria Luise Freiin von Bourscheidt-Burgbrohl. Sie war seit dem 19.3.1773 die Ehefrau von Edmund Gottfried Wilhelm Cornelius Graf von Hatzfeld-Wildenburg-Weisweiler (17.7.1746-1806), dem Sohn von Carl Eugen Innocenz Graf von Hatzfeld-Wildenburg-Weisweiler (14.2.1719-21.1.1785) und Vater des Edmund Karl Eugen Innocenz Graf von Hatzfeld (10.4.1774-1799). Damit wird hier nebeneinander an Schwiegermutter und Schwiegertochter erinnert, die im Abstand von nur 2 Monaten verstarben.

Das Wappen der ursprünglich von Schloß Cortenbach in Voerendaal in der niederländischen Provinz Limburg stammenden von Cortenbach, seit dem 17.3.1626 Freiherren,  wird beschrieben im Siebmacher Band: Pr Seite: 39 Tafel: 47: In Gold drei rote Schrägbalken, auch von Rot und Gold ungerade schräggeteilt, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein wachsender Mannesrumpf in den Farben und Teilungen des Schildes und mit flachem rotem Hut (Kardinalshut) mit abhängenden Schnüren. Auch Rietstap gibt als Tinkturen Rot und Gold an: "D'or à trois bandes de gueules. Cimier un buste d'homme habillé aux armes de l'écu coiffé d'un chapeau d'abbé de gueules galonné d'or". Hingegen wird das Wappen im Westfälischen Wappenbuch anders aufgeführt, es hat dort in Silber drei rote Schrägbalken (Schrägrechtsbalken), auf dem rot-silbern bewulsteten Helm mit rot-silbernen Decken ein wachsender silberner Mannsrumpf, belegt mit drei roten Schrägbalken (Schrägrechtsbalken), auf dem Kopf ein flacher roter Hut, um den Hals ein nach beiden Seiten abflatterndes rotes Tuch.

Literatur, Links und Quellen:
Veröffentlichung der Photos aus dem Innenraum der Pfarrkirche mit freundlicher Genehmigung von Frau Gertrud Bender vom 7.2.2018, wofür ihr an dieser Stelle herzlich gedankt sei
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Lokalisierung in google maps:
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Sehenswürdigkeiten in Friesenhagen:
http://www.friesenhagen.eu/tourismus-kultur-vereine/sehensw%C3%BCrdigkeiten/
St. Sebastianus:
http://begegnung-im-netz.de/pages/st.-sebastianus-friesenhagen.php
St. Sebastianus:
http://www.kirchen-sieg.de/show.php?page=BarockkircheFriesenhagen
Johann von Selbach:
https://nl.wikipedia.org/wiki/Johan_van_Selbach
Johann von Selbach:
https://geschiedenis.coevorden.nl/coevorden/picardtreeks/johan-van-selbach
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter"
Rietstap, Rolland
Siebmachers Wappenwerk wie angegeben
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels, mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band, Görlitz 1901 - 1903. Online:
http://wiki-commons.genealogy.net/images/0/0e/WappenWestfAdel.djvu?djvuopts&page=1 und http://wiki-commons.genealogy.net/images/e/e3/Wappen_Westf_Adel2.djvu?djvuopts&page=1
von Cortenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Cortenbach_(Adelsgeschlecht)

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