Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2417
Frischborn (zu Lauterbach, Vogelsbergkreis)

Das Schloß Eisenbach

Das den Freiherren Riedesel zu Eisenbach gehörende Schloß Eisenbach ist eines der größten und besterhaltenen Schlösser im Vogelsbergkreis. Es liegt rund vier Kilometer südlich von Lauterbach und ca. zwei Kilometer südöstlich des Ortsteils Frischborn auf einem Bergsporn im Lautertal und ist seit fast 600 Jahren im Besitz der Familie von Riedesel. Erbaut wurde die Burg um 1200 durch die Grafen von Ziegenhain als Obervögte des Stiftes Fulda zur Sicherung der durch das Lautertal führenden Straße. Anfangs war die Burg ein Lehen der von Eisenbach, die 1217 mit Cunradus de Isenbach erstmals in hanauischen Urkunden erwähnt wurden. In der Fuldaer Stiftsfehde wurde die Burg 1269 vom Fuldaer Fürstabt Bertho II. von Leibolz zerstört, aber von den von Eisenbach wieder aufgebaut. Die Familie starb in der älteren Linie 1287, in der jüngeren Linie 1429 aus. Danach wurde Hermann Riedesel, seit 1432 Erbmarschall der Landgrafen von Hessen, von den Grafen von Ziegenhain mit der Burg Eisenbach belehnt. Auch bei der Teilung der Familie in mehrere Linien blieb das Schloß gemeinschaftlicher, ungeteilter Besitz; zeitweise wohnten hier mehrere Linien gleichzeitig in verschiedenen Wohnbauten. Eine Realteilung erfolgte aber nicht. Das Schloß ist etappenweise aus einer Burganlage hervorgegangen mit mehreren Ausbauphasen im 13., 14., 15. und in der zweiten Hälfte des 16. Jh. Die letzte Umgestaltung erfolgte im 19. Jh. Das Schloß wird privat bewohnt. Die einst in die äußere Ringmauer einbezogene, nördlich vorgelagerte Vorburg und der Park können betreten und besichtigt werden; das Kernschloß ist jedoch privater Bereich.

Schloß Eisenbach gliedert sich in drei Bereiche, das Hauptschloß im Süden auf unregelmäßig viereckigem Grundriß mit Eingang von der Nordseite her, eine weitläufige Vorburg mit Eingang von Westen her und einen äußeren Wirtschaftsbereich. Im Bereich der Vorburg knickt der Zugangsweg von der west-östlichen Richtung in die nord-südliche ab, fast unmerklich, so daß es in der Literatur oft zu Irritationen bei den Angaben der Himmelsrichtungen kommt. Das Kernschloß besteht im wesentlichen aus zwei nicht ganz parallel gestellten, jeweils viergeschossigen Flügeln, einer im Westen (hangseitig, oben im Bild links, mit dem zweimal geknickten Schieferdach) und einer im Osten (talseitig, oben im Bild rechts mit dem südlichen, dreigeschossigen und mit Gesimsen gegliederten Renaissance-Schweifgiebel mit S- und C-Voluten und mit insgesamt fünf Obelisken), die an den Innenseiten der Ringmauer errichtet worden sind und einen trapezförmigen Hof einschließen. Im Süden wurden beide Flügel früher nur durch eine Schildmauer mit Wehrgang verbunden, an die im 19. Jh. hofseitig ein dritter Flügel angebaut wurde. Am Südgiebel des trotz Renaissance-Überformung im Kern spätgotischen Ostflügels sind seitlich zwei aus Platten zusammengesetzte Aborterker angebracht; ein weiterer polygonaler Erker aus der Spätgotik befindet sich an der Ostseite. Die Umgestaltung des Südgiebels in der Renaissance ließ den Rundbogenfries entfallen. Der Westflügel macht in der Südansicht einen älteren Gesamteindruck, wozu das mittelalterliche Mauerwerk aus dem späten 13. Jh., im unteren Bereich aus großen Quadern gefügt, der erhaltene Rundbogenfries aus der Mitte des 14. Jh. oben, die auskragenden Ecktürmchen und die Buckelquader an der Südwestecke beitragen. Schloß Eisenbach wurde zeitweise von mehreren Linien der Familie bewohnt, wobei der Ostflügel das Wohngebäude der Linie Hermannsburg, seit 1756 Ludwigseck war, der Westflügel war zuletzt das Wohngebäude der Linie Eisenbach-Altenburg, wurde aber seit mindestens 1825 nicht mehr bewohnt.

Über einer kleinen Pforte an der Westseite der Kernburg ist dieser Wappenstein angebracht. Die plastische Darstellung ist künstlerisch relativ anspruchsarm, insbesondere im Vergleich zu den künstlerisch souveränen späteren Wappensteinen am Schloß, zeigt aber dennoch das Wappenbild der Riedesel von Eisenbach in archaisch zu nennender Ausdrucksstärke, in Gold ein schwarzer Eselskopf, wobei das dreiblättrige grüne Riedgras im Maule unterrepräsentiert ist. Die Steine sind erst später im Verbund nachträglich mit der Jahreszahl 1486 versehen worden; das Wappen ist älter als die eingehauenen Zahlen, die dem Duktus nach erst im 17. oder 18. Jh. eingeschlagen wurden. Die Tür hingegen, eine aufgedoppelte Brettertür mit vier Feldern und aufgesetzten Eisennägeln, stammt aus dem 16. Jh.

Die Nordfassade des Kernschlosses wird beherrscht von einem gewaltigen, in den Halsgraben vorspringenden Turm auf fünfeckigem Grundriß mit zum Hof der Vorburg gerichteter Spitze, westlich des heutigen Zuganges zum Kernschloß. Das links neben besagtem Fünfeckturm sichtbare Tor ist spätgotisch und weist Schlüssellochschießscharten auf. Der Anschlag der einst vorhandenen Klappbrücke ist noch zu sehen. Über dem Tor befindet sich ein rechteckiges, gestäbtes Feld in der Wand, das bestimmt einmal ein Wappen getragen hat, das aber verlorengegangen ist und heute durch einen hölzernen Bärenkopf ersetzt ist. Links daneben wurde um 1595 ein zweigeschossiger Vorbau aus Sandsteinquadern in den Halsgraben gesetzt. Ein wirkungsvoller Akzent ist die talseitige, turmartige Erhöhung um ein verschiefertes zusätzliches Geschoß mit einem geschweiften Zeltdach darüber.

Der Fünfeckturm (es ist kein Bergfried!) weist an den Kanten eine sorgfältig geglättete Eckquaderung ohne Bossen auf und ist damit spätmittelalterlich. Dazwischen ist Bruchsteinmauerwerk. Im Erdgeschoß des Fünfeckturmes befindet sich ein netzgewölbter Raum, dessen Gewölberippen auf teilweise figürlich oder ornamental ausgebildeten Konsolen sitzen und dessen Schlußsteine die Wappen Röhrenfurt und Riedesel zeigen. Dieser prachtvoll gewölbte Raum war vermutlich ursprünglich als Kapelle gedacht, wofür ein steinernes Wasserbecken seitlich des Tors zum Burghof hinweist. In dieser Funktion wurde der Raum aber schnell durch die Kapelle im Bereich der Vorburg abgelöst. Der Raum wurde deshalb zu Anfang des 16. Jh. umgenutzt und nach Einbau eines Tores als zweite Durchfahrt in den Hof verwendet, was mit verschiedenen, auf dem Schloß wohnhaften Linien zusammenhängen könnte. Noch später wurde diese Durchfahrt wieder vermauert. Das gleiche Wappenpaar, Röhrenfurt und Riedesel, ist auch an der östlichen Außenflanke angebracht, dem Torweg und der über den Halsgraben führenden Steinbrücke zugewandt (Abb. unten). Das oberste Geschoß des Fünfeckturmes weicht in der Gestaltung und auch im Mauerwerk völlig von den darunter liegenden Geschossen ab und ist erst im späten 16. Jh. entstanden. Das Mauerwerk dieses Saalgeschosses besteht aus sorgfältig geglätteten Quadersteinen, und zum Innenhof des Kernschlosses hin gerichtet schließt ein Renaissancegiebel den Turm ab.

Wappen an der Außenseite des Fünfeckturmes: Heraldisch rechts wird das Wappen der Margarethe von Röhrenfurt (-1464) dargestellt, in Rot drei silberne Rauten balkenweise, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter, beiderseits mit den drei zum Balken gelegten silbernen Rauten belegt. Das ist die Familie, die 1432 von den Riedesel beerbt wurde, wodurch jene an das hessische Erbmarschallamt kamen. Hermann II. Riedesel (-31.7.1463) war der Schwiegersohn des 1432 verstorbenen Eckhard II. von Röhrenfurth, der seit 1422 hessischer Erbmarschall war. Auf der anderen Seite ist das Wappen der Riedesel wie beschrieben dargestellt. Der Wappenstein wurde durch eine moderne Kopie ersetzt. Ungewöhnlich ist die Positionierung des Wappens der Ehefrau heraldisch rechts, was aber vermutlich mit der Bedeutung der durch sie mitgebrachten Erbschaft lag, denn ohne sie gäbe es weder das Erbmarschallamt noch wichtige Besitzungen für die Riedesel. Durch das Auftreten dieser Wappenkombinationen im Gewölberaum und an der Außenfläche läßt sich der Fünfeckturm im Wesentlichen in das mittlere Drittel des 15. Jh. datieren, jedenfalls vor 1463. Er entstand damit als repräsentativer Ausdruck der Übernahme der Eisenbacher Herrschaft durch Hermann II. Riedesel ab 1429.

Abb. oben: Auszug aus der Genealogie, die zu dem Wappenstein paßt. Das gleiche Wappenpaar, aber als zwei einzelne Vollwappen aufgelöst und farbig gefaßt, findet man als Teil einer Ahnenprobe in der Stadtkirche Lauterbach am Doppelepitaph für Volprecht (Volpert) I. Riedesel von Eisenbach (1500-24.2.1563) zu Ludwigseck, Erbmarschall in Hessen, fürstlich hessischer Geheimrat, Amtmann der Grafschaft Katzenellenbogen, und dessen Frau Appolonia Waldbott von Bassenheim (1510-1571). Die Ahnentafel macht auch deutlich, daß an den im folgenden beschriebenen Gebäuden der Vorburg zweimal das Wappen seines Ururenkels auftaucht.

Das nördlichste Bauwerk der ganzen Baugruppe ist ein breit gelagerter Hausteinbau, der mit seiner linken Stirnseite an die zum Torturm führende Wehrmauer stößt. Auch die Rückseite (Feldseite) integriert die alte Wehrmauer, wie an einem kleinen, mit Schießscharten versehenen Wachtürmchen, das hangseitig auf Kragsteinen ruht, nachzuvollziehen ist. Das Gebäude ist dreigeschossig, wobei es ursprünglich zwei Wohngeschosse über einem Kellergeschoß besaß. Letzteres ist, wie die zweiflügelige klassizistische Eingangstür zeigt, im frühen 19. Jh. bewohnbar ausgebaut worden. Heute ist hier ein Waldorf-Kindergarten untergebracht. Die Rechteckfenster der älteren Wohngeschosse wie auch des Erdgeschosses sind unregelmäßig plaziert. Das Satteldach setzt hofseitig höher an als feldseitig. Eine Baufuge ist im Mauerwerk bzw. Putz zwischen erstem und zweitem Obergeschoß zu erkennen, die anzeigt, daß das Gebäude erst nur zweistöckig war.

Links der Mitte ist oben zwischen den Fenstern des ersten Obergeschosses ein dreizonig aufgebauter Wappenstein angebracht. Die oberste Zone wird von einem flachen Segmentbogen überspannt und beiderseits von einer Kugel abgeschlossen. Das Bogenfeld enthält eine religiöse Inschrift, "PS(ALM) LIX / ER(R)ET(T)E MICH DIE MEIN HER(R) VNT GOT(T) VON MEINEN FEINDEN ES THVT NOT SEY VOR DENE(N) MEI(N) SCHIRM MEI(N) SCHVTZ / STETS WIDER MICH SIND MEI(N) TRVTZ". Das ergibt etwas anders gruppiert mehr Sinn: Errette mich, mein Herr und Gott, es tut Not, vor meinen Feinden, die stets wider mich sind, sei mein Schirm, mein Schutz, mein Trutz. Die entsprechende Zeile wird in der Lutherbibel einfacher wie folgt formuliert: "Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden und schütze mich vor meinen Widersachern".

Die untere Zone wird beiderseits von einer S-förmigen Schnecke als Ornament begrenzt und enthält die eigentliche Bauinschrift, die auf der schrägen Gesimsfläche beginnt: "NACH CHRI(STI) GEBVRT IM 1559 IA(H)R HAT MEI(N) LIEBER IVNCKER SELIGER DI(E)S HAVS GEBAVT DAS DEN DI(E)NSTAG NACH MICHAELIS EINVI(E)L / BRACHT MANCHE(N) LEYT VNT ETLICHE(N) EI(N) KVRTZ ZI(E)L / DES LXI IA(H)R HAB ICHS MIT GOT(T) WI(E)TER AVFGERICHT(ET) / WIE MAN HIE(R) VOR AVGEN DEN NOCH SICHT / NV(N) BEFE(H)L ICHS GOT(T) IN SEINE H(A)END(E) / DER WO(H)L AL(LE) MEI(NE) BEDRV(E)BNVS SCHICKE(N) ZVM SELIGEN END(E)". Also wurde dieser Bau 1559 vom mittlerweile verstorbenen Ehemann erbaut, also von Hermann VI. Riedesel von Eisenbach (1512-3.3.1560), der im Alter von 48 Jahren verstarb, und nach einem Einsturz des noch im Bau befindlichen Gebäudes von der Witwe 1561 wiederhergestellt, bei der es sich um Margarethe von der Malsburg (ca. 1523-19.12.1565) handelt, die nur wenige Jahre nach Fertigstellung im 42. Lebensjahr verstarb.

 

Das Zentralfeld enthält ein Ehewappen vom Bauherrn, Hermann VI. Riedesel von Eisenbach (1512-3.3.1560), mittlerweile verstorben, und Bauherrin, Margarethe von der Malsburg (ca. 1523-19.12.1565), mittlerweile verwitwet, als sie diesen Stein anbringen ließ. Die Eltern von Hermann VI. Riedesel von Eisenbach waren Johann VII. Riedesel zu Eisenbach (ca. 1490-24.5.1550), Herr auf Eisenbach und Neumark, Erbkammermarschall Fürstlicher Kammersekretär zu Weimar, und Klara von Cronberg (-1.12.1520). Die Eltern von Margarethe von der Malsburg waren Hermann von der Malsburg (-1557), hessischer Hof- und Feldmarschall, württembergischer Generalfeldmarschall, hessischer Drost zu Scharfenberg und Liebenau, Herr auf Eicheberg, Lahn, Eisungen und Ottenstein, Elmarshausen und Oeringhausen, und Anna von Hundelshausen.

Das heraldisch rechte Wappen ist das der Riedesel von Eisenbach, in Gold ein schwarzer Eselskopf mit einem dreiblättrigen grünen Riedgras im Maule, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein Flug, beiderseits mit einem goldenen Schildchen mit dem schwarzen Eselskopf und den grünen Riedgrasblättern belegt (Siebmacher Band: He Seite: 22 Tafel: 24, Band: NaA Seite: 34 Tafel: 56, Westfälisches Wappenbuch, Münchener Kalender 1917). Das heraldisch linke Wappen ist das der von der Malsburg; es ist geteilt, oben in Gold ein schreitender, roter Löwe, unten in Blau drei (2:1) silberne Rosen, auf dem Helm mit rechts blau-silbernen und links rot-goldenen Decken zwei ausgestreckte, rot gekleidete Arme, dazwischen ein goldengekrönter schwarzer Ochsenkopf (Band: Pr Seite: 54 Tafel: 69, Band: PrE Seite: 131 Tafel: 111, Band: PrE Seite: 212 Tafel: 184, Band: SaA Seite: 103 Tafel: 67, Band: He Seite: 19 Tafel: 20, Jahrbuch des Deutschen Adels, Bd. 2, 1898).

 

Abb. oben links: Westliche Giebelseite des nördlichen Steinbaus der Vorburg mit giebelmittig angeordnetem Kamin, von außerhalb des Torturmes gesehen und auf den äußeren Wirtschaftshof blickend. Abb. oben rechts: Der Torturm gibt von Westen her Zugang zur Vorburg. Das Tor war ursprünglich Teil des mittelalterlichen Mauerzuges. Das Erdgeschoß stammt zumindest auf der Außenseite aus dem 15. Jh., wobei ältere Teile integriert wurden. Vermutlich hatte der Turm erst nur ein Obergeschoß und wurde später im 16. Jh. weiter ausgebaut und dabei zu einem dreigeschossigen Gebäude aufgestockt. In der Literatur wird der Torbau auf 1557 datiert, mit Umbauten gegen Ende des 16. Jh.. Wie am Mauerwerk nachzuvollziehen ist, stand der Turm ursprünglich im 2. Obergeschoß frei; nur in den unteren Bereichen war er mit der Wehrmauer verzahnt. Der Blick durch die tonnengewölbte Durchfahrt zeigt, daß die beiden Durchfahrtsöffnungen in unterschiedlicher Weise gemauert sind, außen rund-, innen spitzbogig. Das Satteldach über den beiden sich mit je drei Rechteckfenstern (Datierung auf 1597) zur Vorburg öffnenden Obergeschossen steht quer. Auf der Innenseite führt linkerhand ein überdachter hölzerner Treppenlauf nach oben. An der Feldseite befinden sich zwei breite Maulscharten in Höhe des ersten Obergeschosses im Mauerwerk, die ein Fenster flankieren.

Abb. unten: Südlich des Torturmes ist ein dreigeschossiges Gutshaus auf trapezförmigem Grundriß angebaut. Das Gebäude ist jünger als der Torturm; insbesondere die beiden Obergeschosse wurden erst viel später an den Torbau angesetzt. Die westliche, feldseitige Außenwand ist massiv und Teil der Vorburgbefestigung; hofseitig sind einem steinernen Sockelgeschoß mit unregelmäßiger Eckquaderung zwei Fachwerkobergeschosse aus der ersten Hälfte des 19. Jh. aufgesetzt.

Am Torturm befindet sich über der spitzbogigen inneren Durchfahrt, dem weiträumigen Hof der Vorburg zugewandt, ein aufwendiger, aber schlecht erhaltener Wappenstein, der im Zentralfeld zwei Vollwappen und an den beiden Seiten je drei Wappenschilde enthält, aber keinerlei Inschriften aufweist. Inhaltlich entspricht der Stein dem zuvor beschriebenen Wappenstein für Hermann VI. Riedesel von Eisenbach (1512-3.3.1560) und seine Frau Margarethe von der Malsburg (ca. 1523-19.12.1565), ist aber um die Ahnenprobe beider Ehepartner erweitert. Die beiden Vollwappen sind identisch mit den weiter oben beschriebenen Wappen. Die Ahnenproben enthalten jeweils nur drei Schilde, so daß entweder das jeweilige Vollwappen mitgerechnet werden muß, oder aber ein früher vorhandener Aufsatz über dem erhaltenen Steinfragment die beiden fehlenden Schilde enthielt. Daß weder eine Bauinschrift noch eine Datierung zu finden ist, unterstützt die These, daß es sich hier nur um ein Fragment handelt.

Die Großeltern von Hermann VI. Riedesel von Eisenbach waren väterlicherseits Hermann IV. Riedesel zu Eisenbach (1463-11.10.1529) und Agnes von Hopffgarten, und mütterlicherseits Johann VII von Cronberg (-19.4.1506), Amtmann zu Oppenheim, Vicedomus zu Aschaffenburg, und dessen Frau Klara von Helmstadt. Das oberste Wappen der heraldisch rechten Spalte ist das der Herren von Cronberg, in der Variante des Kronenstammes, geviert, Feld 1 und 4: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld 2 und 3 rot, in Feld 2 eine goldene Laubkrone, Feld 3 ledig (Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 20 Seite 39, 43, 71, 87, 117-117, 123, 124, Siebmacher Band: NaA Seite: 4 Tafel: 4, Band: GfA Seite: 6 Tafel: 6, Scheiblersches Wappenbuch Folio 409). Darunter folgt das Wappen der thüringischen von Hopfgarten (Hopffgarten), typischerweise in Silber zwei schräggekreuzte, goldene Streitgabeln mit schwarzem Stiel, in anderen Darstellungen auch in Gold zwei schräggekreuzte, schwarze Streitgabeln mit silbernem Stiel (Siebmacher Band: Sa Seite: 2 Tafel: 2, Band: Sa Seite: 33 Tafel: 36, Band: SchwA Seite: 16 Tafel: 10, Band: Schw Seite: 58 Tafel: 3, Band: Erg Seite: 31 Tafel: 14, Band: Ha Seite: 11 Tafel: 10, Band: Lip Seite: 3 Tafel: 3, Band: Me Seite: 11 Tafel: 8, Band: Pr Seite: 177 Tafel: 225, Band: Pr Seite: 13 Tafel: 14, Band: PrGfN Seite: 33 Tafel: 25, Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Teil A, 40. Jg. 1941, S. 179; dsgl., 1. Jg. 1900, S. 431; Alter Siebmacher). Zuunterst folgt das gewendete Wappen der zum Kraichgauer Adel gehörenden von Helmstadt (Helmstatt), in Silber ein flugbereiter (auffliegender) schwarzer Rabe (Otto Hupp, Münchener Kalender 1918; Siebmacher Band: Bad Seite: 9 Tafel: 7, Band: Bay Seite: 12 Tafel: 6, Band: Lot Seite: 27 Tafel: 19; Scheiblersches Wappenbuch Folio 119).

Hermann VI. Riedesels Ehefrau, Margarethe von der Malsburg (ca. 1523-19.12.1565), hatte als Großeltern väterlicherseits Otto VI. von der Malsburg (-1504) und dessen Frau Beata von Schachten, mütterlicherseits Heimbrod von Hundelshausen (ca. 1466-ca. 1516) und dessen Frau Catharine von Herda-Brandenburg. Die heraldisch linke Spalte beginnt mit dem Wappen der von Hundelshausen, von Rot, Silber und Schwarz geteilt (Siebmacher Band: He Seite: 14 Tafel: 15, Band: PrE Seite: 104 Tafel: 88, Band: PrE Seite: 201 Tafel: 175, Band: ThüA Seite: 60 Tafel: 46, Jahrbuch des Deutschen Adels, Bd. 3, 1898). Dann folgt der Wappenschild der von Schachten, in Silber ein schrägliegender, gestümmelter roter Rosenzweig, oben mit zwei Rosen, unten mit einer Rose besetzt (Siebmacher Band: He Seite: 24 Tafel: 26, Band: Pr Seite: 346 Tafel: 400; Westfälisches Wappenbuch; Jahrbuch des Deutschen Adels, Bd. 2, 1898). Zuunterst folgt der Wappenschild der von Herda, in Rot ein schwarz gekleideter Mannesrumpf mit schwarzen Eselsohren (Siebmacher Band: Pr Seite: 166 Tafel: 214, Band: OstN Seite: 65 Tafel: 45, Band: Sa Seite: 32 Tafel: 35, Band: SaA Seite: 69 Tafel: 44).

Abb. oben: Auszug aus der Genealogie, die zu beiden Wappensteinen paßt. Die Zuordnung bei den "hessischen Renaissanceschlössern" ist falsch; dort wird das Helmstatt-Wappen irrig als Hatzfeld identifiziert, außerdem sind die Angaben der Verwandtschaftsverhältnisse fehlerhaft und total unlogisch. Eine noch um eine Generation erweiterte und farbig gefaßte Ahnenprobe für beide Ehepartner ist übrigens in der Stadtkirche Lauterbach zu sehen am Doppelepitaph für Hermann VI. Riedesel von Eisenbach und seine Frau Margarethe von der Malsburg. Diese umfangreiche Ahnenprobe befindet sich in völliger Übereinstimmung mit obigen Angaben.

Wenn wir der Randbebauung der Vorburg im Uhrzeigersinn folgen, stoßen wir als nächstes am nordöstlichen Rand der Anlage auf einen zur Vorburg hin zweigeschossigen Hausteinbau aus dem späten 16. Jh., der aus zwei stumpfwinklig aneinandergebauten Flügeln mit Satteldächern (Traufe zum Hof hin) besteht und als Scheune diente. Beide Flügel sind relativ schlicht und groß mit Bruchsteinmauerwerk und Eckquaderung; einziger Gebäudeschmuck sind die vereinzelt mit Steinmetzzeichen versehenen, rechteckigen Fenster- und Türgewände. Zum Tal des Eisenbachs hin ist rückwärtig ein mit Schießscharten versehener Vorbau auf rechteckigem Grundriß angebaut.

Der weitaus interessantere Bau ist die über etwa quadratischem Grundriß erbaute Kapelle, die mit nur geringem Zwischenraum an den zuvor beschriebenen Scheunenbau stößt, die nördliche und östliche Randbebauung der Vorburg abschließt und die mit ihrer Südseite an den vor dem Kernschloß eingetieften Graben stößt. Hier setzt auch die das Kernschloß auf drei Seiten umgebende Zwingermauer an. Das hohe, flach gedeckte Kapellengeschoß ist in Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung aus Sandstein ausgeführt. Das auf der Westseite erhöht gelegene Rundbogenportal mit rustiziertem Gewände wird über eine Freitreppe erreicht, die seitlich von sich einrollenden Wangen begrenzt wird. Die Hauptfassade ist mit zwei querovalen Ochsenaugen spärlich befenstert. Darüber liegt ein verschiefertes, etwas auskragendes Wohngeschoß aus Fachwerk mit acht dichtgereihten Rechteckfenstern. Der sich darüber erhebende geschweifte Giebel ist ebenfalls verschiefert; ein ganz ähnlicher Giebel begrenzt das Satteldach zum Tal hin. Auch der dem First in dessen Mitte aufsitzende, achteckige Dachreiter mit geschweifter Haube ist mit Schiefer verkleidet.

Für diese Schloßkapelle können drei Bauphasen unterschieden werden: Um 1440 wurde eine Liebfrauenkapelle erbaut, von der im Untergeschoß der Kirche noch Teile vorhanden sind. Diese wurde, wie an den gekuppelten Fenstern aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. zu erkennen ist, später umgebaut. Der heutige Bau entstand unter Verwendung älterer Reste in der Zeit von 1671 bis 1675, vielleicht unter Einfluß des Baumeisters August Rumpf. Dabei handelt es sich um den ersten Kirchenbau dieser Gegend, der innen architektonisch ganz auf die Bedürfnisse des protestantischen Glaubens ausgerichtet ist, mit Emporen auf drei Seiten und mit einer aus dem Jahre 1674 stammenden, im Knorpel- oder Ohrmuschelstil aufwendig geschnitzten Altarkanzel von Kaspar Wiedemann.

 

Rechts und links der Freitreppe sind zwei sandsteinerne Epitaphientafeln in die Bruchsteinmauer eingelassen. Sie besitzen jeweils auf der rechten Seite einen verzierten Pilaster, was darauf hinweist, daß dies nicht der ursprüngliche Anbringungsort ist. Vielmehr wurden diese Tafeln erst im 20. Jh. hier in die Wand eingelassen. Die Inschrift der optisch linken, auf 1593 datierten, von einem Rollwerkrahmen mit drei Löwenmasken eingefaßten Tafel lautet: "STRENUUS NOBILISSIMUS IUSTICI E PIETATIS FRUGALI / TATIS ET MULTARUM VIRTUTUM ORNAMENTIS VIR PRAESTANTISSIMUS ET LAUDATISSIMUS CHUNRAD RIEDESEL / IN EYSENBACH VOLPERTI FILIUS DE ECCLESIA AC REPUB A VITA / ET OMNIBUS SUIS OPTIME MERITUS EX UXORIBUS NOBILISSIMIS / ET HONESTISSIMIS PRIORI QVIDEM ELISABETHA DE BOYNEBURG FA / MILIAE LENGSFELDENSIS NULLIS POSTERIORE VERO ANNA DE / BOYNEBURG DICTA HOINSTEIN SEPTEM PROCREATIS LIBE / RIS VOLPERTO HERMANNO GEORGIO APPOLONIA IOHANNE IOHAN / NE ET ANNA MARIA CUM SUMMO OMNIUM LUCTU IN FATA PIE / CONCESSIT XII. MARTII A(NN)O MDXCIII AETATIS XLVII."

Damit wird ein Bezug hergestellt zu dem in der Stadtkirche Lauterbach aufgestellten Epitaph von Kurt Konrad II. von Riedesel zu Eisenbach (1546-12.3.1593), der im 47. Lebensjahr verstarb und dort mit seinen beiden Ehefrauen portraitiert wird, das waren in erster Ehe Elisabeth von Boineburg zu Lengsfeld (-13.10.1575) und in zweiter Ehe Anna von Boineburg genannt Hohenstein. Seine erste Frau hatte er um 1572 geheiratet, seine zweite Frau vor 1578. Die erste Ehe blieb kinderlos; mit Anna hatte Kurt Konrad II. von Riedesel insgesamt sieben Kinder. Kurt Konrad II. war der Sohn von Volprecht (Volpert) I. Riedesel von Eisenbach (1500-24.2.1563) und Appolonia Waldbott von Bassenheim (1510-1571).

Die fast ohne Lücke, Punkt und Komma ausgeführte Inschrift der optisch rechten, auf 1569 datierten und von einem Rollwerkrahmen mit einem menschlichen Gesicht oben in der Mitte eingefaßten Tafel lautet: "TAM GENERE QVAM PRAECLARIS VIRTVTIB(VS) NOBILISS(IMVS) IOHANNES VOLPERT / RIEDESEL IN EISENBACH CONIVGE ANNA DE TRV(E)BENBACH ORBAT(VS) DOMIN(VS) / WOLFFGANGI PALATINI RHENI CASTRA RELIGIONIS AMORE IN GALLIAM / SECVTVS VARTAM MARTIS SORTEM PROSPERE EXPERT(VS) TANDEM / DIE 9 IVNII ANNO SALVTIS 1569 AETATIS VERO 24 PROPE LEMOVICVM / METROPOL(IS) IMPIE IN FATA CONCESSIT CVIVS FVNVS PER VNIVERSI EXERCI / =TVS HEROES OMNES PLVRIMOSQVE NOBILES 14 IVNII NESSANAM LEMO / =VICVM PAGVM MAGNIFICE TRADVCTVM IBIDEM IN TEMPLO SEPELITVR / SAP 3 / IVSTORVM ANIMAE IN MANV DEI SVNT NEC TANGIT ILLOS / TORMENTVM MORTIS."

Das zweimal genannte Lemovicum ist die französische Stadt Limoges; hinter dem Akkusativ "Nessanam" verbirgt sich das heutige Nexon. Hans Volpert (auch Volprecht) Riedesel zu Eisenbach (1545-9.6.1569), vermählt mit Anna von Trümbach, machte eine militärische Laufbahn, die kurz und jäh im 24. Lebensjahr bei Limoges endete, wo er am 9.6.1569 starb und Anna als Witwe zurückließ. Der in der Inschrift genannte Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken hatte 1569 ein Söldnerheer aus dem Elsaß durch Burgund und Zentralfrankreich in das Limousin geführt, um im Dritten Hugenottenkrieg den französischen Glaubensverwandten unter dem Fürsten von Condé beizustehen. Hans Volpert Riedesel, der dem Pfalzgrafen in das französische Feldlager der Glaubenskrieger gefolgt war, wurde in der Nähe von Limoges in Nexon (Kleinstadt im Département Haute-Vienne) am 14.6.1569 begraben. Das Doppelepitaph für ihn und seine Frau befindet sich in der Stadtkirche Lauterbach. Auch Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken starb während des Feldzuges im Feldlager in Nexon, aber sein Leichnam wurde 1571 nach Meisenheim überführt.

Direkt über dem rundbogigen Eingang mit einem Gewände aus schweren Rustikaquadern ist ein Wappenstein aus rotem Sandstein mit der eigentlichen Bauinschrift angebracht. Das zentrale Rechteckfeld ist in der Mitte quergeteilt mit einer Wappenzone oben und einer Inschriftenzone unten, worin zu lesen ist: "FUNDAMENTUM HUIUS TEMPLI POSUERE SUA MANU / AC MDCLXXI IDQUE FELICITER AD FINEM PER= / DUXERE AC MDCLXXIV SUIS SUMPTIBUS ET AERE / D(OMI)N(US) IOHANN MARESCHALL(US) HAERED(ITARIUS) ET D(OMI)N(US) VOLPERTUS RI(E)DESELII IN EISENBACH POSTERIORI HOC BEATE DE= / FUNCTO IN AUGURARI SOLENNITER FECERE PRAEMEMORAT(I) D(OMI)N(US) MARESCHALL(US) HAERED(ITARIUS) ET D(OMI)N(US) IOHAN(N) NATU FERTUS RIEDES(EL) IN EISENBACH FER(IA) III PASCH(AT)." Diese letzte Datumsangabe verweist auf den dritten Osterfeiertag, Dienstag nach Ostern.

Die genannten Rahmendaten 1671 und 1674 helfen, die genannten Bauherren zu identifizieren. Der eine ist unzweifelhaft Volpert Riedesel von Eisenbach (9.3.1627-10.3.1675) aus der Hermannsburger Linie, Sohn von Georg VIII. Riedesel von Eisenbach (17.3.1588-8.1.1640), 12. Erbmarschall, hessischer Geheimer Rat, Statthalter zu Marburg, und dessen Frau Sophie Eleonore von Krosigk (1608-13.2.1673).

Bei dem anderen kommen zwei des Namens in Frage, die auch beide eine Frau aus derselben Familie geheiratet hatten, sogar Schwestern. Die erste Möglichkeit ist der 15. Erbmarschall Johann XIV. Riedesel von Eisenbach (9.8.1624-12.11.1691) aus der Burg-Lauterbacher Linie, Sohn von Johann XI. Riedesel von Eisenbach (4.12.1588-29.12.1632) und dessen am 17.10.1616 geehelichten Frau Anna Sidonie von Wersabe (8.12.1598-18.1.1649). Johann XIV. Riedesel von Eisenbach (9.8.1624-12.11.1691), hessischer Kammerherr und Obervorsteher der ritterschaftlichen Stifter, 1680 in den Reichsfreiherrenstand erhoben, hatte zunächst am 18.11.1651 in erster Ehe des vorgenannten Volperts Schwester Catharine Riedesel von Eisenbach (26.7.1628-14.5.1657) geheiratet, somit wären beide Bauherren verschwägert. In zweiter Ehe hatte er dann am 21.4.1667 zu Ziegenberg Anna Metta Diede zum Fürstenstein (1621-28.5.1688) geheiratet, die Tochter von Georg Christoph Diede zum Fürstenstein und Susanna Catharine von Bodenhausen.

Die zweite Möglichkeit ist der gleichnamige 14. Erbmarschall, Johann von Riedesel zu Eisenbach (11.6.1607-13.9.1676) aus der Altenburger Linie, Sohn von Georg Riedesel zu Eisenbach (1.11.1580-28.3.1631) und Hedwig Riedesel zu Eisenbach (10.11.1585-3.9.1623), der ebenfalls eine Diede zum Fürstenstein geheiratet hatte, Margarethe Christine, die Tochter von Georg Christoph Diede zum Fürstenstein und Susanna Catharine von Bodenhausen und damit die Schwester derjenigen Diede zum Fürstenstein, die der erstgenannte Johann geheiratet hatte.

Welcher Erbmarschall Johann ist es nun? Für den 15. Erbmarschall spricht die Verschwägerung mit dem anderen Bauherrn, für den 14. Erbmarschall spricht 1.) die Tatsache, daß die Inschrift ihn ausdrücklich als Erbmarschall nennt, was er 1665-1676 und damit in dem genannten Zeitraum auch war, während der 15. Erbmarschall erst 1676 diesen Titel übernahm und bis 1691 trug, ferner 2.) das Vorhandenseins der Grabplatte seines Bruders in Eisenbach (s. u.) und 3.) die Präsenz des 15. Erbmarschalls als Bauherr von Schloß Lauterbach.

Johann Riedesel von Eisenbach (11.6.1607-13.9.1676) aus der Altenburger Linie, der 14. Erbmarschall, Sohn von Georg Riedesel zu Eisenbach (1.11.1580-28.3.1631) und Hedwig Riedesel zu Eisenbach (10.11.1585-3.9.1623), hessischer Obrister, hatte 1645 Margarethe Christine Diede zum Fürstenstein (1614-6.12.1698) geheiratet, die Tochter von Georg Christoph Diede zum Fürstenstein und Susanna Catharine von Bodenhausen. Das Wappen der Diede zum Fürstenstein ist ein von Schwarz und Silber gevierter Schild, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzer hoher Hut mit silbernem Stulp, oben mit einem silbernen Knopf besteckt, der mit schwarzen Hahnenfedern besteckt ist (Siebmacher Band: NaA Seite: 43 Tafel: 72). Die gleiche Kombination kommt auch zweimal an Schloß Lauterbach vor, allerdings dort für den 15. Erbmarschall aus der Burg-Lauterbacher Linie.

Volpert Riedesel von Eisenbach (9.3.1627-10.3.1675) vermählte sich 1653 mit Elisabeth von Hardenberg (1636-11.2.1692), Tochter von Jobst von Hardenberg und Sabine von Bennigsen-Benteln. Die Ehe war kinderlos. Wir sehen hier eine Kombination des Riedesel-Wappens mit dem der von Hardenberg, in Silber ein schwarzer Eberkopf, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzer Eberkopf (nach Lit. noch besteckt mit fünf schwarzen oder schwarz-silbernen Straußenfedern, Siebmacher Band: Bad Seite: 53 Tafel: 33, Band: Pr Seite: 11 Tafel: 11, Band: PrGfN Seite: 10 Tafel: 7, Band: PrGfN Seite: 32 Tafel: 24, Band: Me Seite: 10 Tafel: 7, Band: NÖ1 Seite: 164 Tafel: 78, Band: OstN Seite: 59 Tafel: 41).

Im Innern der Schloßkapelle befinden sich weitere Wappendarstellungen (ohne Abb.), einerseits am aus der Zeit um 1500 stammenden Taufstein, welcher eine achteckige, kantige Kelchform besitzt und mit Stabwerk überzogen ist, andererseits an den Wänden und an den Emporenbrüstungen in Form von aus dem 19. und frühen 20. Jh. stammenden runden Totenschilden, insgesamt sechs Stück. Vor der Schloßkapelle führt eine Treppe in den Graben vor dem Kernschloß hinunter; von dort kann man eine kleine Pforte in der Ringmauer erreichen. Bei einer Treppenstufe kann man sehen, daß hier ein Stein mit Riedesel-Wappen zweitverwendet wurde.

Im dem Besuchern nicht zugänglichen Innenhof des Kernschlosses befinden sich weitere Wappensteine. Der viergeschossige Westflügel besitzt etwa in der Mitte der Hofseite einen nachträglich angebauten, durch Gurtgesimse gegliederten, polygonalen Treppenturm mit geschweifter und verschieferter Haube. Als 1848 der Südflügel errichtet wurde, wurde der Hof entsprechend kleiner, so daß der Treppenturm mit rechtsläufiger Spindel im Innern jetzt in der südwestlichen Hofecke steht. Er hat ein nach Norden gerichtetes, rundbogiges, in eine rechteckige Rahmung gesetztes Portal mit skulptierten Pfosten, Archivolten und Sitzkonsolen. Das oben abgebildete Wappenpaar ist in einem trapezförmigen Aufsatz zwischen konvergierendem Beschlagwerk angebracht. Das vom Ende des 16. Jh. stammende Allianzwappen zeigt heraldisch rechts das Riedesel-Wappen, links das Wappen der von Boineburg, je nach Linie schwarz-silbern oder silbern-schwarz geviert, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silbern-schwarz oder schwarz-silbern übereck geteiltes Paar Büffelhörner (Otto Hupp, Münchener Kalender 1931; Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 20 Seite 114, 102; Siebmacher Band: He Seite: 4 Tafel: 3, Band: Sa Seite: 8 Tafel: 7).

 

Der viergeschossige Ostflügel besitzt hofseitig einen rechteckigen Treppenturm mit linksläufiger Treppe und mit schrägen Fenstern; an diesem ist über dem Eingang eine wappengeschmückte Spolie eingemauert. Dabei handelt es sich um die wiederverwendete Grabplatte für Curt Riedesel aus dem Jahr 1606. Er lebte nicht lange, wurde laut Inschrift am 1. August geboren und verstarb am 1. November des Jahres (abweichende Daten im Stammbuch der Althessischen Ritterschaft). Seine Eltern waren Georg Riedesel zu Eisenbach (1.11.1580-28.3.1631) und Hedwig Riedesel zu Eisenbach (10.11.1585-3.9.1623); er war damit der Bruder des bereits erwähnten 14. Erbmarschalls Georg Riedesel zu Eisenbach (11.6.1607-13.9.1676). Entsprechend sehen wir auf der Platte vier Wappenschilde, oben zweimal Riedesel für die beiden Großväter, unten Boineburg zu Lengsfeld und von Berlepsch (kaum zu erkennen) für die beiden Großmütter.

Abb. oben: Blick von Süden auf die aus Basaltbruchstein gefügte Zwingermauer und das Kernschloß dahinter. Der Zwinger umgibt hufeisenförmig das Kernschloß im Westen, Süden und Osten. Das um 1500 entstandene, spitzbogige Einfahrtstor liegt links in der von zwei innen offenen Rundtürmen gesicherten Südmauer. Es ist vermutlich nicht in situ, sondern wurde von anderer Stelle (vermutlich ein ehemaliges Tor westlich der Vorburg) im 19. Jh. hierhin als Tor zum Schloßpark versetzt. Eine zweite Pforte befindet sich an der Ostseite, wo die Zwingermauer den Graben zwischen Kernschloß und Kapelle abschließt, auch diese nicht in situ. An der Ostseite des Zwingers befinden sich drei Schalentürme, der südöstliche Eckturm mitgerechnet. Zwischen West- und Ostflügel baute man zwar erst 1848 unter Verkleinerung des Innenhofes den neugotischen Südflügel nach Plänen von Hugo von Ritgen, dabei ließ man aber die Außenmauer der mittelalterlichen Burg mit Wehrgang auf dem Konsolfries bis auf die vier Fensterdurchbrüche intakt, so daß die äußere Erscheinung des Schlosses trotz der Umbauten harmonisch blieb. Man baute lediglich eine Terrasse in den Zwinger.

Einen letzten Wappenstein findet man noch, wenn man um die Zwingermauer außen herumgeht: Dort ist über einer in den Zwinger (Privatbereich) führenden Pforte außen ein Rokoko-Wappenstein angebracht, heraldisch rechts mit der Kartusche der Riedesel, heraldisch links mit der Kartusche der von Hettersdorf, in Silber ein ausgerissener schwarzer Eichenschößling. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken ein schwarzer Eichenschößling zwischen zwei einwärts gebogenen Bärentatzen mit je zwei silbernen oder wie hier goldenen Spangen. 1829 starb die Familie im Mannesstamme aus, Namen und Wappen wurden anläßlich der Heirat von Alexis von Buddenbrock mit der Tochter des Freiherrn Franz Philipp von Hettersdorf mit dem von Buddenbrock vereinigt.

Die beiden Familien Riedesel und Hettersdorf verbanden sich durch die Heirat von Eleonora Susanna Freiin von Riedesel zu Eisenbach (4.10.1736-), Tochter von Volpert Friedrich Adolph Riedesel von Eisenbach und Eleonora Wilhelmina Sophia von Zetwitz, mit Carl Amand Freiherr von Hettersdorf, Sohn von Georg Ernst Freiherr von Hettersdorf und Maria Josepha Augusta Schutzbar genannt Milchling. Interessanterweise ist das Wappen für die Ehefrau hier heraldisch rechts zu sehen.

Es gibt noch einen weiteren Wappenfund, der ganz aus der bisherigen Genealogie herausfällt (ohne Abb.). Wir finden ihn im Bereich der Tordurchfahrt, und er ist unauffällig im Halbdunkel und zudem stark beschädigt. Das untere Drittel des Dreieckschildes fehlt gänzlich, und das Motiv selbst ist durch eine erhebliche Zahl Macken verundeutlicht, zudem zieht sich ein vertikaler Riß durch den schrägstehenden Schild. Zu erkennen ist eine Zinnenmauer mit zwei sich darüber erhebenden Zinnentürmen. Das ist das Wappen der längst erloschenen Herren von Eisenbach, den ursprünglichen Besitzern der später zum Schloß ausgebauten Burg. Die Feldfarbe wäre Rot, die Farbe der Mauer und Türme Silber. Für das Wappen dieser Familie gibt es noch zwei weitere Fundorte, erstens in der Liebfrauenkirche zu Witzenhausen am Grabdenkmal für Melchior von Bodenhausen und zweitens im Lippischen Landesmuseum zu Detmold am Epitaph für Friedrich und Johann von Westphalen, ehemals in der Pfarrirche zu Langenholzhausen, letzteres aber fälschlich als "v. Husen" bezeichnet (danke für diesen Hinweis an Robert Krätschmar).

Literatur, Links und Quellen:
von Riedesel: https://de.wikipedia.org/wiki/Riedesel - http://www.riedesel.org/
Rudolf Buttlar-Elberberg: Stammbuch der Althessischen Ritterschaft, Kassel 1888:
http://gdz.sub.uni-goettingen.de/dms/load/img/?PID=PPN513401067 - http://gdz.sub.uni-goettingen.de/download/PPN513401067/PPN513401067___LOG_0001.pdf
Dehio, Hessen, 1982, S. 279 f.
Schloß Eisenbach:
http://schloesser.gnm.de/wiki/Frischborn,_Schloss_Eisenbach
Schloß Eisenbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Eisenbach
Übersicht Vorburg:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66513
Haus südlich vom Torbau:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66525
Burggasthof:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66533
Vor der Vorburg:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66531
Schloßpark:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66552
Torbau:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66523
Haus nördlich vom Torbau:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66521
Kernburg:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/78492
Wirtschaftsgebäude Nordrand der Vorburg:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66519
Schloßkirche:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/66515
Landau, Ritterburgen III, 1836, S. 357-404 (zu Schloß Eisenbach)
Landau, Ritterburgen IV, 1839, S. 1-79 (zu den Riedesel von Eisenbach)
Hermann Knott: Schloß Eisenbach, in: Geschichtsblätter für den Kreis Lauterbach, Bd. 2, 1913, Nr. 11-12, S. 161-183.
Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen - 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten, Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen, 3. Auflage 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 224-226.
Schloß Eisenbach:
http://www.burgenwelt.org/deutschland/eisenbach/index.htm, Grundriß: http://www.burgenwelt.org/deutschland/eisenbach/gr.htm, Geschichte: http://www.burgenwelt.org/deutschland/eisenbach/ge.htm
Ahnenprobe Hettersdorf/Riedesel:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b6/Hettersdorf-Stammtafel.png
ein herzliches Dankeschön an Herrn Robert Krätschmar für wertvolle Hinweise zum Eisenbach-Wappen in der Tordurchfahrt.

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