Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2358
Nordheim vor der Rhön (Landkreis Rhön-Grabfeld, Unterfranken)

Das Weiße Schloß in Nordheim vor der Rhön

Das Weiße oder Alte Schloß schließt sich direkt im Südwesten an die einstige Kirchenburg an. Hier stehen oben am Hang die letzten vier Gaden der Westseite, und die Außenmauer der Kirchenburg ist die Rückseite des einstigen Herrensitzes einer Linie der Herren von der Tann (Von-der-Tann-Straße 28, etwas rückwärtig und versteckt gelegen). Bei dem Weißen Schloß handelt es sich um einen zweiflügeligen, dreigeschossigen Bau aus steinernem Unterbau und Fachwerkaufbauten auf T-förmigen Grundriß. Bis auf zwei Sichtfachwerkgiebel ist das Anwesen verputzt. Der ältere Teil stammt im Kern noch aus der Zeit vor dem Stadtbrand 1640 und wurde 1651-1668 nach Zerstörungen erneuert. Ein rundbogiges Eingangsportal mit Renaissanceprofilen liegt im Eck des Kernbaus. Der Westflügel links im Bild mit einer mächtigen Gewölbedecke innen enthielt früher die Küche und Wirtschaftsräume, der größere Südostflügel rechts im Bild den Saal und die Wohnräume. Im Nordwesten gibt es einen Aborterker mit geschwungenen Konsolen und Schürzen. Innen sind noch Renaissancetüren erhalten. Ein Nordostflügel wurde 1900-1920 im rechten Winkel rückwärtig an den L-förmigen Kernbau angefügt.

Das erstmals im Jahr 1386 anläßlich des Erwerbs durch Friedrich von der Tann urkundlich erwähnte Anwesen war über 420 Jahre, nämlich bis 1810, in Besitz der Adelsfamilie, dann ging es nach dem Tod von Rosina Sophia von der Tann an das Stift St. Burkhard in Würzburg und kam danach durch erneuten Verkauf in verschiedene bürgerliche Hände. Das Anwesen mit Stall und Scheune auf dem Hofgelände wurde zuletzt landwirtschaftlich genutzt. Aktuell (2016) steht das unbewohnte und renovierungsbedürftige Anwesen wieder zum Verkauf.

Beide Wappensteine sind an dem kleineren Flügel des Kernbaus hofseitig in die Wand eingelassen. Der kleinere der beiden Wappensteine trägt zwei in eine doppelte Bogenstellung eingepaßte Wappenschilde, darunter die Inschrift "1577 HABEN DISSE ZWEY EEHLEVT(E) DI(E)S(ES) HAVS GEBAVET SOWEIT DER KELLER GE(H)T". Der auf dem Schriftband oben darüber mit "H. M. V. D. TAN" bezeichnete Schild trägt das Wappen der von der Tann wie bereits oben beschrieben. Der andere Schild für die Ehefrau ist mit "K. V. TRVMBACH" auf dem Schriftband bezeichnet und trägt das Wappen der von Trümbach zu Wehrda, in Gold drei (2:1) rote Rosen. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-goldenen Decken ein hoher roter Hut, auf dem goldenen Aufschlag mit den drei Rosen belegt, an der Spitze mit rot-goldenen Federn besteckt (Siebmacher Band: He Seite: 28 Tafel: 32, Band: PrE Seite: 174 Tafel: 150). Die Initialen verweisen auf Hans Melchior von der Tann (geb. 1544, gest. 1620), Sohn von Conrad von der Tann und Agnes von Ostheim, und seine erste Frau, Katharina von Trümbach. In zweiter Ehe heiratete er später Cordula von Haun.

Der größere der beiden Wappensteine ist sehr aufwendig gestaltet. Im dreieckigen Giebelfeld ist ein geflügelter Engelskopf zu sehen. Das Rechteckfeld darunter enthält eine Wappenzone und eine Schriftzone. Die renovierungsbedürftige, aber noch lesbare Inschrift lautet: "Haben di(e)ß(es) Haus und alle neben Geb(a)eude welche in dem 30=Jährigen Krieg freytag nach Pfingsten (An)no 1640 samt gantzem Dorff in die Aschen gelegt Worden, A(nn)o 1651 mit Göttl(icher) hülff(e) wi(e)der auffzubauen angefang(en) u(nd) 1668 glückl(ich) vollbracht. Der nahM(e) Vnser(e)s herrn IesV Ist eIn Vestes sChLoß". Die letzte Zeile enthält ein Chronogramm, welches D + M + V + I + V + I + I + V + C + L = 500 + 1000 + 5 + 1 + 5 + 1 + 1 + 5 + 100 + 50 = die Jahreszahl 1668 ergibt. Der Hintergrund der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg ist, daß ein in Diensten der von der Tann stehender Jäger einen kaiserlichen Parlamentär abknallte. Die Rache war furchtbar: Das Schloß und der Großteil des Dorfes wurden gebrandschatzt. Ab 1651 konnte dann der Wiederaufbau erfolgen, der 1668 abgeschlossen war.

Die beiden Vollwappen werden mit einem von zwei seitlich stehenden Engeln aufgespannten Schriftband namentlich dem Bauherrenpaar zugewiesen: Heraldisch rechts befindet sich das aus Courtoisie gewendete Wappen für "OTTO HERMAN(N) V(ON) V(ND) Z(V) D(ER) THANN", in Rot eine gebogene, mit Kopf und Schwanz abwärts gekrümmte, silberne Forelle, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein golden gekrönter roter hoher Hut (oder als Säule beschrieben, ursprünglich aber ein Hut, der wie so oft später zur Säule wurde), belegt mit der silbernen Forelle, oben mit rot-silbernen Federn besteckt (Siebmacher Band: PrGfN Seite: 24 Tafel: 18, Band: Bad Seite: 25 Tafel: 16, Band: He Seite: 27 Tafel: 31, Band: Bay Seite: 60 Tafel: 63, Band: Bay Seite: 119 Tafel: 146, Band: Sa Seite: 17 Tafel: 16, Band: ThüA Seite: 22 Tafel: 15, Band: SchlA3 Seite: 60 Tafel: 36, Schöler, Familienwappen Seite: 104-105 Tafel: 57).

Otto Hermann von der Tann war der Enkel des oben erwähnten Hans Melchior von der Tann (1544-1620), welcher zwei Söhne hatte, Wilhelm Rudolph und Otto Heinrich. Wilhelm Rudolph heiratete Margaretha von Boyneburg, hatte aber keine Kinder. Sein Bruder Otto Heinrich heiratete Christina von Rußwurm und bekam mit ihr zwei Söhne, wovon der ältere der hier repräsentierte Otto Hermann war. Er wurde Ritterhauptmann des Ritterkantons Rhön-Werra und Direktor. Mit Maria Eva Marschalk von Ostheim hatte er keine Kinder. Sein Bruder war Caspar Adam von der Tann (1633-1681), der die Linie fortsetzte.

Heraldisch links befindet sich das Wappen für seine Ehefrau, laut Schriftband "MARIA EVA V(ON) D(ER) THANN G(EBORENE) MARSCHALCKIN V(ON) OSTH(EIM)", in Silber ein schwarzes Tischgestell (Tischfuß) in altmodischer Form, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken wachsend ein schwarzer Brackenrumpf, der einen silbernen, oben mit drei schwarzen Hahnenfedern besteckten Becherdeckel (oder Rundhut) trägt (Siebmacher Band: Pr Seite: 288 Tafel: 341, Schöler, Familienwappen Seite: 73 Tafel: 34).

Ausschnitt aus der Genealogie der Herren von der Tann, fett sind für dieses Kapitel relevante Personen, fett und burgunderrot sind die Besitzer der hier beschriebenen Wappensteine, rot sind Wappen-Fundstellen, fett und blau sind die einzelnen Linien:

Literatur, Links und Quellen:
Liste der Baudenkmäler: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Nordheim_vor_der_Rhön
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Marschalk von Ostheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Marschalk_von_Ostheim
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6
Genealogie: Allgemeines Historisches Lexikon, Bd. 4, Leipzig 1732,
https://books.google.de/books?id=ntZPAAAAcAAJ oder https://books.google.de/books?id=bbNRAAAAcAAJ S. 672
von der Tann:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tann_(Adelsgeschlecht)
Makler-Exposé 2016
https://www.immowelt.de/expose/25YQV4U
Gemeindechronik: Heimat an der Streu, 1200 Jahre Nordheim v. d. Rhön
Weißes Schloß:
http://www.nordheimvdrhoen.rhoen-saale.net/internet/index.php?page=12135&&detailID=6135

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