Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2293
Fürstenfeldbruck (Landkreis Fürstenfeldbruck, Oberbayern)

Das ehemalige Klosterrichterhaus

In der Hauptstraße 9 befindet sich ein heute dreigeschossiger Satteldachbau mit rustiziertem Mauersockel, einem hübschen Flacherker unter einem kleinen Konkavdach und mit einem großem Toreingang mit rustizierter Umrahmung unter einem auf den Erkerkonsolen ruhenden, unterbrochenen Segmentbogen, dessen Teile innen in Schnecken auslaufen. Es handelt sich um das ehemalige Hofmark- oder Klosterrichterhaus, welches 1626 unter dem Fürstenfelder Abt Leonard Lechner aus Inchenhofen (im Landkreis Aichach-Friedberg in Schwaben) als zweigeschossiges Traufseithaus errichtet wurde. Die Aufgaben des Klosterrichters waren Regelungen aller Strafrechtsfälle (1508 bekam das Kloster die niedere Gerichtsbarkeit) und Zivilrechtsstreitigkeiten; außerdem beurkundete er die Rechtsgeschäfte der Bürger. Die Klosterrichter, die hier ihre Amtswohnung nahmen, waren:

Bis dahin besaßen die Klosterrichter kein eigenes Haus, sondern mußten selbst für ihr Unterkommen sorgen. Das Kloster Fürstenfeld hatte neben diesem Klosterrichter für die Hofmark Bruck zeitweise noch einen weiteren Klosterrichter für die Hofmark Thal eingesetzt, zumindest bis ca. 1691/92. Danach wurden offensichtlich beide Hofmarken wieder vom Brucker Richter verwaltet.

Der Bau des Klosterrichterhauses in Bruck war für seine Zeit protzig und sorgte aufgrund der Überbauungen für Unmut bei den Nachbarn, insbesondere beim Bürger und Bierbrauer Michael Mez und bei Hans Mayr von Vierkirchen, die den Kurfürsten Maximilian I. für eine Lösung bemühten. Das Haus wurde errichtet, kurz bevor der Dreißigjährige Krieg die Klostermark heimsuchte. 1704 brannte das Klosterrichterhaus im Verlauf des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) bis auf die Grundmauern nieder. Bis 1707 erfolgte der Wiederaufbau. Den Franzoseneinfall 1796 scheint das Haus unbeschadet überstanden zu haben.

Eine Rotmarmortafel am Haus gibt die Besitzerfolge an, wenn auch nicht ganz korrekt und vollständig. Nach der Säkularisation 1803 wurde das Gebäude verstaatlicht. Als Administrator diente der letzte Klosterrichter, Alois Steger. Eine kurfürstliche Verordnung vom 16.4.1804 wandelte das Klosterrichterhaus in eine Oberförsterei um, die der Amtsinspektion Friedberg unterstellt war. Forstmeister Anton Willibald Jägerhuber kaufte das Haus, noch bevor er die Anstellung als Oberförster in Bruck in der Tasche hatte (kurfürstliches Reskript vom 13.4.1804). Er besaß das Haus 1804-1809 und kaufte noch ein zweites Haus in Bruck, das sog. Forstmeisterhaus (Kirchgasse 3). Hier sind die Angaben auf der am Haus angebrachten Rotmarmortafel unzutreffend. Nach Jägerhubers Tod 1809 blieb das Haus bei der Erbengemeinschaft, ehe es erneut veräußert wurde. Am 20.8.1817 kaufte Karl Ehrenbert Freiherr von Moll, königlich-bayerischer Geheimer Rat, das Haus. Am 7.12.1818 verkaufte dieser es für 3550 fl. weiter an Metzgermeister Anton Willibald aus Adelzhausen, der sich etwa gleichzeitig mit Katharina Werner aus Gauting vermählte, die mit ihren in die Ehe eingebrachten 2000 fl. den Erwerb möglich machte.

Am 12.11.1821 wurde das Gebäude durch Verkauf gegen 5000 fl. bayerischer Staatsbesitz und erst bis 1913 Sitz des königlich-bayerischen Rentamtes, später bis 1952 des Forstamtes (ehemalige Oberförsterei, die zwischenzeitlich in der Fürstenfelder Straße 14 untergekommen war). Im frühen 19. Jh. wurde das Haus umgebaut. Dabei wurde die Fassade erneuert; außerdem erhielt das Gebäude ein zweites Obergeschoß. 1870 wäre es beinahe um das Haus geschehen gewesen: Man erwog den Abriß, um einem Neubau Platz zu machen. Das wurde zum Glück 1871 verworfen. 1885 wurde das Haus renoviert, wobei die Fassade noch einmal überarbeitet wurde. Das Forstamt zog 1952 in die Polzstraße um. Seit 1953 war das ehemalige Klosterrichterhaus erst Sitz der Kreis-, dann der Stadtsparkasse Fürstenfeldbruck und wurde schließlich am 11.2.1969 wieder Privateigentum. Es gehörte erst Therese Weiß, Besitzerin des Post-Hotels, dann ab 1971 ihrem Sohn, Ludwig Weiß, der das Haus unter Erhaltung der Fassade zu einem Geschäftshaus umbaute. Heute befinden sich in dem Gebäude u. a. Läden (Drogerie Müller), eine Rechtsanwaltskanzlei und ein Institut für Logotherapie und Existenzanalyse. Während die Obergeschosse eine hübsche Fenstergestaltung in angemessenen Proportionen aufweisen, sind die riesigen Parterrefenster ein Zugeständnis an die Geschäfte dahinter.

Wichtig ist die Wappentafel aus Rotmarmor, die im unteren Teil folgende Inschrift enthält: "ANNO D(OMINI) 1626 MENSE 2 IVLII HANC SANCTAE IVSTITIAE DOMVM ET SEDEM AEDIFICAVIT ADM(ODVM) R(EVERE)NDVS D(OMINVS) LEONARDVS DE INKENHOFEN ABBAS IN FÜRSTENFELD... IVSTITIAE DOMINVS IN CVIVS HONORE HAEC DOMVS FV(N)DATA NV..IE SVO PERPETVET" - Im Jahre des Herrn am 2. Juli 1626 hat der hochzuverehrende Herr Leonhard von Inchenhofen, Abt von Fürstenfeld, dieses Gebäude als Haus und Sitz der heiligen Gerechtigkeit erbaut und das Haus zu Ehren des Gerichtsherrn gegründet und unterhalten.

Dieser Abt Leonhard Lechner (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Komponisten) ließ als Grund- und Hofmarksherr des Marktes Bruck ebendort das Klosterrichterhaus erbauen und als Kenner der Kirchenmusik die Orgel in der Kirche seines Stifts erneuern, während die Wirren des Dreißigjährigen Krieges immer näher kamen. 1632 kam Gustav Adolf mit seinem Heer erstmals auch nach Bayern, nahm Donauwörth und überquerte die Donau. Im April starb Tilly infolge seiner Verwundung bei Rain, und Bayern lag quasi offen: Augsburg wurde besetzt, Moosburg und Landshut wurden besetzt und sicherten die Isar-Linie, Freising wurde ebenso heimgesucht; einzig das außerordentlich stark befestigte Ingolstadt widerstand. In der Regel kauften sich die Städte von der Plünderung frei, und wenn die Summe nicht sofort aufgebracht werden konnte, wurden Geiseln genommen und nach Augsburg verschleppt. Am 17.5.1632 hielt Gustav Adolf Einzug in München, das sich ebenfalls von der Zerstörung freikaufte, was aber in einer Geiselnahme seitens der Schweden endete, weil die Stadt die geforderte Summe von 300000 Reichstalern nur zur Hälfte aufbringen konnte. Der Abt erlebte zeitgleich mit dem Einzug in München die Plünderung seines Klosters und der Klosterhofmark Bruck durch schwedische Truppen, die Plünderung der Ernte, die Schändung der Grablegen sowie die Tötung mehrerer Patres, aber aus halbwegs sicherer Entfernung, denn er war in die Landeshauptstadt geflohen und hielt sich dort in dem zum Kloster gehörenden Stadthaus bedeckt, und dort starb er am 24.7.1632, aber nicht durch schwedische Einwirkung. Die Schweden hatten ihrerseits kurz darauf wenig Glück, als sie in Hardt von den Kroaten überfallen wurden. Augenblicklich war kurz Ruhe, denn Gustav Adolf zog nach Nürnberg und weiter nach Sachsen. Am 28.7.1632 erfolgte die Überführung der sterblichen Überreste des verstorbenen Abtes nach Fürstenfeld. Der Konvent war in diesen Kriegszeiten größtenteils geflohen, vor allem in das Münchener Stadthaus, aber auch in andere Klöster, vor allem in das Mutterkloster Aldersbach bei Vilshofen. Gustav Adolf lebte nicht mehr lange nach dem ersten Überfall auf Fürstenfeld, denn am 16.11.1632 kam er in der Schlacht bei Lützen ums Leben. Da Augsburg aber besetzt geblieben war, kam es noch im selben Jahr zu einem erneuten Kriegszug der Schweden nach Fürstenfeld, am 8.12.1632. Zwischen Juni 1632 und April 1635 fielen die Schweden insgesamt sechsmal im Kloster und in der Klosterhofmark ein und richteten unmittelbar durch Plünderungen, Zerstörungen und Lösegelder sowie mittelbar durch Kriegsdarlehen an den bayerischen Landesherrn immensen wirtschaftlichen Schaden an. Erst am 10.9.1633 konnte der Fürstenfelder Konvent in Aldersbach zusammentreten, um mit Pater Georg Echter einen Nachfolger für Abt Leonhard zu wählen. Sieben bedauernswerte Zisterzienserbrüder waren unter den Geiseln bei den Schweden, die erst 1634 freigekauft werden konnten.

Das Wappen besteht aus zwei unter einer verzierten und vorne und hinten oben mit einem Kreuzchen besteckten Inful und einem schräglinksgestellten Krummstab mit abflatterndem Sudarium zusammengestellte Einzelschilde. Der 1432-1451 amtierende Abt Andreas, gest. 8.1.1451, bekam auf dem Basler Konzil das Recht für sich und seine Nachfolger, die Pontifikalien zu tragen, seitdem sind die Leiter von Fürstenfeld infulierte Äbte. Der heraldisch rechte Schild zeigt das gewendete allgemeine Zisterzienserwappen mit einem in zwei Reihen rot-silbern geschachten Schrägbalken auf schwarzem Feld. Der heraldisch linke Schild trägt das persönliche Wappen des Abtes Leonhard Lechner, einen aufspringenden Löwe mit einem Palmwedel in den Vorderpranken (Tinkturen unbekannt).

Was fehlt, ist ein eigentliches, fest zugewiesenes Stiftswappen, das von Fürstenfeld nie geführt wurde. Apian gibt einen aus Zisterzienserbalken und bayerischen Rauten gevierten Schild an, eine erfundene Kombination, die so nie durch Siegelführung etc. belegt ist. Erst ganz spät wurde bei einigen wenigen Äbten, bei Martin Dallmayr und bei Gerhard Führer, eine Kombination geführt, die den Willen zur Schaffung einer heraldischen Identität des Klosters erkennen läßt: Abt Dallmayr legt das persönliche Wappen einem gevierten Schild auf, Feld 1: Maria als Himmelskönigin in einer Gloriole, Feld 2: Zisterzienserbalken, Feld 3: gespalten aus dem Pfälzer Löwen und den bayerischen Rauten, Feld 4: der hl. Leonhard. Ähnlich ist auch ein Wappen für den früheren Abt Kaspar (Casparus) Harder zu finden, der erste Schild mit dem persönlichen Wappen, der zweite Schild analog zum beschriebenen Rückschild. Abt Führer verwendete eine Kombination aus drei (2:1) Schilden, der erste mit dem Zisterzienserbalken, der zweite geviert, Feld 1: Maria als Himmelskönigin in einer Gloriole, Feld 2: der hl. Leonhard, Feld 3: der Pfälzer Löwe, Feld 4: die bayerischen Rauten. Der dritte Schild zeigt die persönlichen heraldischen Attribute des Abtes. Ähnlich handhabte es Abt Martin(us) II. Hazi. Abgesehen von diesen vereinzelten Ausnahmen kombinieren die Fürstenfelder Äbte stets den geschachten Balken mit dem persönlichen Wappen, auch bei den Dreischildwappen der Äbte Liebhard(us) Kellerer und Alexander Pellhammer, bei denen der letzte Schild auch mit persönlichem programmatischen Inhalt belegt ist.

Liste der Äbte von Fürstenfeld
mit Lebens- und Amtsdaten nach Peter Pfister (in: Werner Schiedermair: Kloster Fürstenfeld, z. T. korrigiert und ergänzt, z. T. abweichend von Karl Ad. Röckl) und unter Hervorhebung des Bauherrn:

Literatur, Quellen und Links:
Baudenkmäler in Fürstenfeldbruck: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Fürstenfeldbruck
Amperland, Artikelarchiv:
http://www.zeitschrift-amperland.de/artikelarchiv.php
Klaus Wollenberg: Das Kloster Fürstenfeld im Dreißigjährigen Krieg, in: Amperland, Bd. 24 (1988) S. 28-32
www.zeitschrift-amperland.de/download_pdf.php?id=867
Josef Bogner: Das ehemalige Klosterrichterhaus in Fürstenfeldbruck, in: Amperland, Bd. 24 (1988) S. 64-67
www.zeitschrift-amperland.de/download_pdf.php?id=880
Angelika Ehrmann, Peter Pfister, Klaus Wollenberg (Hrsg.): In Tal und Einsamkeit - 725 Jahre Kloster Fürstenfeld, Die Zisterzienser im alten Bayern, 3 Bände, München 1988
Peter Pfister, Wolf-Christian von der Mülbe: Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld, Schnell & Steiner Verlag, Große Kunstführer 39, Regensburg 1998, ISBN 3-7954-1159-9
Thomas Bachmair, Peter Pfister, Hugo Schnell: Ehemalige Zisterzienserabteikirche Fürstenfeld, Schnell & Steiner Verlag, Kunstführer 6, 15. Auflage, Regensburg 2007.
Brigitta Klemenz: Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld zur Zeit von Abt Martin Dallmayr 1640-1690, Weissenhorn, 1997.
Lehner, Wolfgang: Die Zisterzienserabtei Fürstenfeld in der Reformationszeit 1496-1623, Weissenhorn, 2001.
Stefan Trinkl: Das Zisterzienserkloster Fürstenfeld unter Abt Balduin Helm 1690-1705, Herbert Utz-Verlag, München 2015, ISBN 978-3-8316-4438-4, Inhaltsverzeichnis:
http://www.beck-shop.de/fachbuch/inhaltsverzeichnis/9783831644384_TOC_001.pdf - http://download.e-bookshelf.de/download/0003/9411/77/L-G-0003941177-0008490355.pdf
Kloster Fürstenfeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Fürstenfeld
Kloster Fürstenfeld:
http://www.kloster-fuerstenfeld.de/ - Geschichte: http://www.kloster-fuerstenfeld.de/000001985b0d93482/index.html
Kloster Fürstenfeld:
http://www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail?id=KS0115 - Geschichte: http://www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/detail/geschichte?id=KS0115
Karl Ad. Röckl: Beschreibung von Fürstenfeld, München 1840
https://books.google.de/books?id=7GVYAAAAcAAJ
Eduard Zimmermann, Bayerische Kloster-Heraldik, die Wappen der Äbte und Pröpste der bis zur allgemeinen Säkularisation in Ober- und Niederbayern, der Oberpfalz und bayerisch Schwaben bestandenen Herrenklöster, Selbstverlag des Verfassers, München 1930, S. 78-79
Werner Schiedermair: Kloster Fürstenfeld, Josef Fink Verlag, 2. Auflage 2013, ISBN-10: 389870324X, ISBN-13: 978-3898703246, insbesondere darin: Peter Pfister: Die Funktionen eines Abtes und die Reihenfolge der Fürstenfelder Äbte
Herrn Dieter Linder ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise und fachkundige Führung vor Ort

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