Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2274
Stein an der Donau (zu Krems, Niederösterreich)

Holzingerhaus (Steiner Landstraße 90) in Krems-Stein

Das Holzingerhaus befindet sich in Stein an der Donau in der Steiner Landstraße 90, in der nördlichen Häuserzeile links neben dem Holzingerhof (ehem. Brauhaus). Im Gegensatz zu jenem ist das Holzingerhaus derzeit dringend renovierungs- und revitalisierungsbedürftig. Das seit 2011 im Besitz des Ehepaares Dr. Eva und Dr. Leopold Riess befindliche Haus war bis vor wenigen Jahren noch vermietet, scheint aber nach Auszug der letzten Mieter noch nicht gänzlich von deren Hinterlassenschaften geräumt worden zu sein. Dieses historische Haus wartet darauf, wieder seinem Wert entsprechend behandelt zu werden.

Die oft zu findende Annahme, Christoph Holzinger d. J. habe das Haus 1595-1599 erbaut, stimmt nicht, wie die Bauforschung mittlerweile erwiesen hat. Dennoch ist er der erste greifbare Besitzer des Anwesens, und er ist für eine in dieser Zeit erfolgte Umgestaltung des wesentlich älteren, aus der Gotik stammenden Hauses im Stil der Renaissance verantwortlich. Das Jahr 1599 ist in den Schlußstein des Portalbogens geschlagen. Die an den Seiten mit Putzlisenen versehene Vorderfront des Vorderhauses zur Steiner Landstraße hin ist dreiachsig und dreigeschossig; hinter der gequaderten Blendattika verbirgt sich ein Schopfwalmdach. Rücklings, zur Hinteren Fahrstraße hin, ist ein Hinterhaus angesetzt. Ein schmaler, dreigeschossiger Hoftrakt verbindet die beiden Bauten zu einem Gesamtkomplex, der ca. 11,50 m Breite und 40 m Tiefe hat. Zum kleinen Hof hin öffnen sich Arkaden aus der Barockzeit.

Schmuckstück des vernachlässigten Gebäudes ist der Portalbogen mit Rankenfeldern auf dem Bogen und darüber einem halbplastisch herausgearbeiteten, leicht S-förmig gebogen stehenden Geharnischten, der einen Cabasset oder Birnhelm trägt und früher einmal - der Arm ist abgebrochen und verloren, aber auf älteren Aufnahmen noch zu sehen - in der erhobenen Rechten einen Trinkpokal hielt. Die Umrisse sind als Wunde auf der Fassade noch zu erkennen. Die Linke ist eingestemmt. Dieser Geharnischte steht zwischen zwei Tierfiguren, die rechte klar einen Löwen, die linke einen flügellosen Greifen darstellend, der den Schweif um den Leib geschlungen trägt. Beide haben eine Pranke erhoben.

Der Schlußstein trägt innerhalb eines Laubkranzes den Wappenschild von Christoph Holzinger, darunter seine Initialen CHVL = Christoph Holzinger von Linz. Er war der Sohn von Christoph Holzinger d. Ä., vermögender Bürger in Linz, der in den Diensten der Habsburger-Kaiser Ferdinand I. und Maximilian I. stand und ihr Kreditgeber war (200 fl. im Jahr 1566). Christoph Holzinger d. J. und sein Bruder Georg Christoph Holzinger schlugen eine militärische Laufbahn ein und zeichneten sich in den Kriegen gegen die Türken aus, als sie etliche Jahre im kaiserlichen Heer in Ungarn dienten. Wahrscheinlich stellte sich der Bauherr in dem beschriebenen Geharnischten selbst dar.

Das hier angebrachte Wappen sieht anders aus als das spätere am Holzingerhof rechts neben diesem Anwesen, was an der zwischenzeitlich erfolgten Erhebung in den Ritterstand liegt. Nach Befund sehen wir hier einen geteilten Schild, oben über einem Dreiberg ein springender Hirsch, unten dreimal schräglinksgeteilt mit je einem sechszackigen Stern im zweiten und im dritten Platz. Im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 200 Tafel: 96 werden nur die späteren Formen des Holzinger-Wappens von 1605 und 1630 besprochen, nicht diese frühe Form, die die beiden Brüder Georg Christoph und Christoph im Jahr 1595 als Anerkennung für geleistete Dienste vom niederösterreichischen Statthalter, Ruprecht Freiherr von Stotzingen, mit Wappenbrief verliehen bekamen. Ebenfalls im Jahr 1595 nahm Christoph Holzinger seinen Abschied von der Truppe und wurde Verwalter des kaiserlichen Salzamtes in Stein und Krems. Und deshalb koinzidiert auch die Herrichtung des Hauses mit seiner Etablierung in dieser Stadt, wo er das Bürgerrecht erwarb, und vier Jahre später entstand dieser Schlußstein des Portals. Christoph Holzinger stieg rasch in der Stadtgesellschaft auf und stand bald an der Spitze des örtlichen Patriziates. Bereits 1599, als dieser Schlußstein gesetzt wurde, war er Mitglied des Steiner Stadtrates.

Für dieses frühe Wappen werden bei Fries et al. folgende Tinkturen angegeben: geteilt, oben in Gold über einem grünen Dreiberg ein naturfarbener, rotgezungter, springender Hirsch, unten dreimal rot-golden-blau-golden schräglinksgeteilt mit je einem sechszackigen Stern im zweiten und im dritten Platz in verwechselter Tinktur. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rechts rot-goldenen und links blau-goldenen Decken ein wachsender, naturfarbener, rotgezungter Hirsch zwischen zwei Büffelhörnern, rechts golden-rot, links golden-blau gestreift. Die beiden oberen Zwickel des Schlußsteines werden hier noch mit jeweils einer Löwenmaske verziert.

Literatur, Quellen und Links:
Liste der Baudenkmäler: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Krems-Stein
Krems an der Donau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Krems_an_der_Donau
Stein an der Donau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stein_an_der_Donau
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Oliver Fries, Alexandra Sagmeister und Ronald Kurt Salzer, Das Holzingerhaus in Stein an der Donau. Wohn- und Repräsentationskultur eines Bürgerhauses im Lichte von Bauforschung, restauratorischer Befundung und historischer Quellenforschung. In: Das Waldviertel, 63/2014, S. 132-150.

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