Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2252
Pleissing (Gemeinde Hardegg, Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich)

Pfarrhof und Kunigundenkirche in Pleissing

Im nordöstlichen Teil des zur Gemeinde Hardegg gehörenden Pleissing befinden sich nebeneinander die der hl. Kunigunde (Frau von Heinrich II., der manchmal als Mitpatron genannt wird) geweihte Pfarrkirche und der Pfarrhof (Pleissing 1). An beiden sind Khevenhüller-Wappen zu sehen. Johann Heinrich Siegmund Friedrich I. Graf von Khevenhüller-Hochosterwitz (17.9.1666-8.12.1742) hatte mit Vertrag vom 1.8.1730 die Grafschaft Hardegg mit allen zugehörigen Herrschaften, Riegersburg, Prutzendorf und Ober- und Untermixnitz, käuflich von Johann Julius von Saint-Julien-Wallsee (1702-1783) erworben, und seitdem gehörte auch das der Herrschaft Prutzendorf zugeordnete Pleissing den Grafen Khevenhüller bis zur Aufhebung der Grundherrschaft. Die Patronatsrechte lagen ebenfalls bei dem jeweiligen Inhaber des Herrschaftsverbundes Hardegg-Fronsburg-Prutzendorf-Riegersburg, und erst 1935 wurde das Patronat abgelöst.

Am 25.2.1757 stiftete Johann Joseph Reichsgraf von Khevenhüller-Metsch (3.7.1706-18.4.1776) als Inhaber der Herrschaft für die Dörfer Pleissing, Waschbach und Heufurth eine eigene Pfarre in Pleissing; deshalb findet man an Pfarrhaus und Pfarrkirche die entsprechenden Wappen, denn die Errichtung und Erhaltung eines Pfarrhofes war versprochener Bestandteil der Stiftung. Früher wurden die drei Dörfer vom Pfarrer in Weitersfeld mitbetreut. In der Reformationszeit war sogar die Pfarrei Hardegg mit der in Weitersfeld vereinigt. Nachdem die Pfarrei 1694 wieder eingerichtet wurde, blieb Pleissing zunächst noch bis zu dieser Stiftung Filialkirche von Weitersfeld.

In der Stiftungsurkunde wurde zugleich der Unterhalt des Pfarrers geregelt: Er bekam jährlich 300 fl., 10 Eimer Wein, 12 Klafter Holz und 200 "Stückel Bürdel" von der Herrschaft Prutzendorf zugesichert. Dafür hatte der Inhaber der Herrschaft Prutzendorf, also der Graf bzw. später der Fürst Khevenhüller, das Präsentationsrecht; außerdem hatte die Gemeinde Pleissing einmal im Jahr in einer entsprechenden Andacht des Stifters zu gedenken. Der Stifter, also Johann Joseph von Khevenhüller, übernahm im Gegenzug 3000 fl. von den 4898 fl. 56 kr. Aktivschulden der Kirche Pleissing. Kleinere Abreden waren, daß die Pfarrgemeinde jährlich zu Martini eine Prozession zur Mutterkirche Weitersfeld durchzuführen hatte und daß die drei Dörfer Pleissing, Waschbach und Heufurth dem damaligen Pfarrer von Weitersfeld, Sigismund Dietrich, auf Lebenszeit jährlich eine Summe von 16 fl. als Beitrag zur Frühmesse zahlen mußten, andererseits wird der neuen Pfarrei in Pleissing mit Zustimmung des Pfarrers von Weitersfeld die Stola überlassen. Soweit die Bestimmungen der Stiftungsurkunde.

Der Pfarrhof ist ein einstöckiges Gebäude mit hohem Krüppelwalmdach, mit fünf Achsen und einer Tür zwischen je zwei Fenstern zu beiden Seiten. Die rechteckige Tür mit schmalem Oberlicht wird durch einen kleinen Dreiecksgiebel akzentuiert, in dem das Allianzwappen des Stifters und Patronatsherrn zu finden ist, Johann Joseph Fürst von Khevenhüller-Metsch (3.7.1706-18.4.1776). Zu seinem Lebenslauf siehe Kapitel Riegersburg. Zwei schräg nach innen gelehnte Kartuschen sind vor einem aus einem Fürstenhut herabfallenden und zu beiden Seiten hochgerafften Wappenmantel zusammengestellt. Die stark asymmetrische Form der Kartusche führt zu ungünstigen Verhältnissen für einzelne der insgesamt 17 heraldischen Inhalte, deshalb werden diese unten beim Wappen an der Kirche einzeln angesprochen.

Unterhalb der heraldisch rechten Kartusche ist die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies zu sehen; diese Auszeichnung hatte Johann Joseph Khevenhüller-Metsch (3.7.1706-18.4.1776) im Jahr 1744 erfahren. An der entsprechenden Stelle ist bei der Kartusche seiner Ehefrau ein Band mit Rosen zu sehen.

Heraldisch links ist die Wappenkartusche für seine Ehefrau zu sehen, Karoline Maria Auguste von Metsch (26.1.1709-17.4.1784). Ihr Wappen ist geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, golden nimbierter Doppeladler, über dem eine Kaiserkrone schwebt, Feld 2 und 3: in Blau eine goldene Krone, durch die drei goldene Federn gesteckt sind, gräflich (hier abweichend mit fünfperliger Krone) gekrönter Herzschild: in Silber ein blauer Sparren. Die Entwicklung dieses Wappens wird im Kapitel Riegersburg ausführlich diskutiert.

Die Pfarrkirche ist im Kern gotisch, wurde um 1750 barock umgebaut und durch die oben erwähnte Stiftung 1757 zur Pfarrkirche für die drei Dörfer Pleissing, Waschbach und Heufurth erhoben. Hier befindet sich das Wappen über der im wuchtig gebänderten Erdgeschoß des Turmes liegenden Tür. Dieses Wappen ist im Prinzip genau gleich aufgebaut wie das am Pfarrhof, aber aufgrund der günstigeren Form besser zu erkennen. Das Wappen in dieser Form ist das Ergebnis der im Jahr 1751 erfolgten Namen- und Wappenvereinigung mit Metsch, die auf der 1728 geschlossenen Ehe des Bauherrn mit der Erbtochter des letzten Grafen von Metsch basiert.

 

Das aus Haupt- und Herzschild bestehende Wappen für Johann Joseph Fürst von Khevenhüller-Metsch (3.7.1706-18.4.1776) ist bezüglich des Hauptschildes zweimal geteilt und fünfmal gespalten, so daß sich 18 Plätze ergeben, wovon aber die Plätze 3 und 4 zu einem großen Platz verschmolzen sind. Weiterhin umfassen die Plätze 8 und 9, 10 und 11, 14 und 15 sowie 16 und 17 jeweils nur einen heraldischen Inhalt. Die Tatsache, daß die genannten Inhalte eine Spaltung besitzen, nahm man zum Anlaß, alle Spalthälften auf die gleiche Breite wie die nicht gespaltenen Felder zu bringen. Deshalb ist die Anordnung zwar regelmäßig, aber nicht logisch. Aufgrund der sechs Doppelungen handelt es sich zwar insgesamt scheinbar um 19 Felder, aber in Wirklichkeit nur um 15 Felder und um 9 heraldisch unterschiedliche Inhalte. Die Verbreiterung des mittleren Feldes dient der Übersichtlichkeit hinsichtlich der Gliederung der Schildfläche, weil sich sonst bei fünf Feldern über zwei Reihen mit je sechs Feldern unschöne vertikale Verwerfungen ergäben, außerdem kann man so das kaiserliche Gnadenzeichen besser herausstellen.

Somit ergibt sich folgendes Bild: Die gesamte obere Reihe ist das umgruppierte Wappen der Grafen von Metsch, Feld 1 und 6: in Silber ein blauer Sparren (Stammwappen Metsch), Feld 2 und 5: in Blau eine goldene Krone, durch die drei goldene Federn gesteckt sind, Feld 3 und 4 verschmolzen zu einem breiten Platz: in Gold ein schwarzer, golden nimbierter Doppeladler, über dem eine Kaiserkrone schwebt. Die beiden unteren Reihen sind das Khevenhüller-Wappen, wie es vor der Vereinigung mit Metsch geführt wurde und wie es an Schloß Riegersburg zu sehen ist: Feld 7 und 18: von Schwarz und Gold im Wellenschnitt geteilt, oben aus der Teilung hervorkommend eine goldene Eichel zwischen zwei goldenen Eichenblättern, unten in Gold ein schwarzer Wellenbalken, Stammwappen Khevenhüller, Feld 8, 9 und 16,17: gespalten, rechts schwarz-silbern mit Spitzen gespalten, links schwarz (Weißpriach), Feld 10, 11: gespalten, rechts in Silber ein rotes Paar Adlerflügel, links in Rot ein silbernes Paar Adlerflügel (Kellerberg), Feld 12 und 13: in Silber ein golden gekrönter, bewehrter und mit einer goldenen Mondsichel belegter schwarzer Adler (Frankenberg), Feld 14, 15: gespalten, rechts in Rot ein silbernes Paar Adlerflügel, links in Silber ein rotes Paar Adlerflügel (Kellerberg), Herzschild: gespalten, rechts: in Blau auf einem grünen Felsen stehend eine natürliche oder schwarze Eule, der Kopf mit drei grünen Pfauenfedern besteckt (Aufenstein, Auf = Eule), links: geteilt, oben schwarz, unten ursprünglich golden und damasziert, später geschacht und farblich vielfach verändert, meist nun jedes Feld mit einer goldenen Kugel belegt, wohl eine Fehldeutung der Damaszierung (Mannsdorf).

Dennoch sind es sehr viele Inhalte auf begrenztem Raum, worunter die Darstellung im einzelnen leidet und was am Sinn solcher Vermehrungen zweifeln läßt. Die beiden Metsch-Sparren sind unschön nach innen gekippt, das eigentliche Khevenhüller-Stammwappen ist kaum noch als solches zu erkennen, die Wellenteilungen werden aus Platzmangel schräggestellt, die Kellerberger Flügelpaare könnten auch Baguettes sein, und bei Weißpriach hat man nur einmal die schwarze Stelle gerastert. Zudem ist über dem Auf (= Eule) eine häßliche Flickstelle. Prächtig und sehr plastisch ausgeführt sind hingegen Fürstenhut (er wurde 1763 Fürst), Wappenmantel und die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies.

 

Hier wurde zwar auf die Darstellung eines Oberwappens verzichtet, dennoch sollten der Vollständigkeit wegen die theoretisch möglichen neun Helme aufgelistet werden, die auch das Diplom vom 23.9.1739 in Vorbereitung der späteren Namens- und Wappenvereinigung vorsieht:

Dazu wurden zwei goldene Löwen als Schildhalter geführt. Das Wappen der Khevenhüller wird beschrieben im Siebmacher Band: FstA Seite: 124 Tafel: 152-153, Band: NÖ1 Seite: 225 Tafel: 110, Band: Bö Seite: 194 Tafel: 83-84, Band: Erg Seite: 48 Tafel: 1, weiterhin im Münchener Kalender 1903.

Literatur, Quellen und Links:
Genealogie Khevenhüller: http://www.angelfire.com/realm/gotha/gotha/khevenhuller.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Wappen nach den Diplomen 1763: http://wwwg.uni-klu.ac.at/kultdoku/kataloge/24/html/2087.htm
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Joseph_von_Khevenhüller-Metsch
Constantin von Wurzbach: Joseph Fürst Khevenhüller-Metsch, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Bd. 11. Verlag L. C. Zamarski, Wien 1864, S. 211 f., online:
https://de.wikisource.org/wiki/BLKÖ:Khevenhüller-Metsch,_Joseph_Fürst
Johann Joseph von Khevenhüller-Metsch:
http://geschichte.landesmuseum.net/index.asp?contenturl=http://geschichte.landesmuseum.net/personen/personendetail.asp___ID=1023358187
Johann Carl von Khevenhüller-Metsch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Carl_Khevenhüller
Adam Wolf: von Khevenhüller, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 15, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 705 f., online: 
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Khevenhüller,_von
Khevenhüller:
https://de.wikipedia.org/wiki/Khevenhüller
Kurt Peball: Khevenhüller, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 569, online:
http://www.deutsche-biographie.de/pnd118722174.html
Genealogie der Khevenhüller:
http://genealogy.euweb.cz/austria/kheven1.html, http://genealogy.euweb.cz/austria/kheven2.html, http://genealogy.euweb.cz/austria/kheven3.html
Stiftungsurkunde:
http://www.archivesportaleurope.net/ead-display/-/ead/pl/aicode/AT-00000001156/type/fa/id/5b444153505d492f30342d3031/unitid/1757+II+25
Geschichte von Pleissing:
http://www.hardegg.gv.at/gem_kat_pleissing.htm
Konrad Jekl: Hardegg und seine Geschichte
Pfarrei Pleissing:
http://www.archivesportaleurope.net/ead-display/-/ead/pl/aicode/AT-00000001156/type/fa/id/5b444153505d5066412033333032

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