Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2245
Stadt Wels (Oberösterreich)

Das Hoffmannsche Freihaus in Wels

Im Osten der Altstadt von Wels liegt genau nördlich der Welser Burg und gegenüber der Stadtpfarrkirche mit dem Hoffmannschen Freihaus eines der schönsten Bauwerke der Stadt. Es ist ein dreigeschossiges Eckhaus, das durch einen übereck gestellten, auf reich verzierten Kragsteinen und Kragstützen vorkragenden Rechteckerker in den beiden oberen Geschossen akzentuiert wird. Die Schmalseite weist zum Stadtplatz, während die Längsseite den Zugangsweg zur Burg begleitet. Die erste Fensterachse der Fassade zum Stadtplatz wird durch einen von einem auf zwei Kragsteinen sitzenden Stichbogen getragenen, über beide Obergeschosse reichenden Flacherker betont.

Das 1464 erstmals urkundlich erwähnte Haus (Stadtplatz 24) gelangte um 1550 in den Besitz Hans Hoffmanns, der zu dieser Zeit Pfandinhaber der Burgvogtei Wels war. Die Burg Wels war landesherrlicher Besitz, wurde aber meistens verpachtet. Ferdinand I. wies Hans Hoffmann an, dieses benachbarte Gebäude, das heute nur durch den Burggarten von der Burg getrennt ist, für 1000 fl. zu erwerben, weil die Burg zu wenig Räume aufwies, um Gäste, Gefolge und Hofstab unterzubringen. Diese Kaufsumme wie auch die Umbaukosten blieben an Hans Hoffmann hängen, weshalb es im Gegensatz zur Burg, die nur ein Pfand war, das jederzeit ausgelöst werden konnte, sein Eigenbesitz war. Als adeliger Stadtsitz wurde das Haus zum Freihaus erhoben, was später Kaiser Maximilian II. noch einmal dem Hans Friedrich Hoffmann bestätigte. Freihaus bedeutete, daß die Immobilie nicht dem Stadtgericht unterworfen war und daß es von Steuern befreit war, eine Enklave adeliger Vorrechte innerhalb der Stadt. Die charakteristischen Erker entstanden wahrscheinlich beim Umbau um 1550. Die illusionistische Fassadenmalerei im Stil der Renaissance, die fast oberitalienisch anmutet, ist wahrscheinlich erst unter Adam, dem Sohn des Käufers, zwischen 1564 und 1573 entstanden. Das Erdgeschoß ist mit perspektivisch dargestellten grauen Steinquadern bemalt, während die Obergeschosse ein großflächiges Rautenmuster aus weißen und roten Ziegeln aufgemalt bekamen. Die Fenster des ersten Obergeschosses erhielten seitlich toskanische Säulen und oben Sprenggiebel mit Figuren aus der antiken Mythologie.

Die wichtigsten Wappen sind am Erker zu finden, jeweils von einem runden Laubkranz eingerahmt, der mit goldenen Bändern gebunden ist. Vorne auf der großen Rechteckfläche prangt zwischen den Fenstern des ersten und des zweiten Obergeschosses das Wappen der Hoffmann von Grünbühel und Strechau. Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer aufspringender Steinbock, Feld 2 und 3: in Rot eine goldene Getreidegarbe. Dazu werden zwei (hier schlecht dargestellte) Helme geführt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken eine goldene Garbe, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein schwarzer wachsender Steinbock. Das ist unlogisch, denn der Steinbock paßt zu den schwarz-goldenen Decken, ebenso die Garbe zu den rot-goldenen Decken, außerdem müßte Helm 1 das wichtigere, zu Feld 1 gehörige Kleinod tragen. Hier sind also die Decken richtig, die Kleinode aber vertauscht.

Das Wappen der 1730 im Mannesstamm erloschenen Hoffmann von Grünbühel und Strechau wird in seinen verschiedenen Entwicklungsstufen beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 192 Tafel: 91, Band: OÖ Seite: 125 Tafel: 37 und Band: SchlA2 Seite: 50 Tafel: 33; außerdem wird es bei Zacharias Bartsch in seinem Steiermärkischen Wappenbuch auf Seite 42, Tafel 20 abgebildet. Das Stammwappen zeigt in Gold einen schwarzen aufspringenden Steinbock, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer wachsender Steinbock.

Das erste vermehrte Wappen ist normalerweise geviert, Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer aufspringender Steinbock, Feld 2 und 3: in Rot eine goldene Getreidegarbe (Wappen Pichler). Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer wachsender Steinbock, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken eine goldene Garbe. Meist werden die Steinböcke jeweils einwärts gestellt, was aber kein Muß ist, wie hier am Haus deutlich wird. Die Eltern von Hans Hoffmann waren Adam Hoffmann und Margaretha Pichler. Das Wappen vorne am Erker gehört zu Adam, Sohn von Hans.

Das zweite vermehrte Wappen ist geviert mit Herzschild: Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, aufspringender, golden gekrönter Steinbock, Feld 2 und 3: in Rot eine goldene Getreidegarbe, Herzschild: in Blau ein gekrönter goldener Löwe. Dazu werden drei gekrönte Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender golden gekrönter goldener Löwe, am Rücken mit Pfauenfedern besteckt, Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer, wachsender, golden gekrönter Steinbock, Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken eine goldene Garbe.

Daneben wird noch eine andere gevierte Version beschrieben: geviert mit Herzschild: Feld 1: in Blau ein gekrönter goldener Löwe, Feld 2 und 3: in Rot eine goldene Getreidegarbe, Feld 4: in Gold ein schwarzer, aufspringender, golden gekrönter Steinbock. Dazu werden zwei gekrönte Helme geführt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein wachsender, golden gekrönter, goldener Löwe, am Rücken mit silbernem Kamm, der mit Pfauenfedern besteckt ist, Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein schwarzer, wachsender, golden gekrönter Steinbock.

 

Auf den beiden Seitenflächen des Erkers befinden sich die Wappen seiner beiden Ehefrauen. Adam Hoffmann Freiherr von Grünbühel und Strechau (1523-8.9.1573), hatte zweimal geheiratet. Seine erste Ehefrau war Elisabeth von Salm (1520-18.3.1557), deren Wappen oben im linken Bild zu sehen ist. Sie war die Tochter von Nikolaus Graf von Salm-Neuburg (1458-4.5.1530), der im Alter von 18 bei der Schlacht von Murten gegen Karl den Kühnen gekämpft hatte und am 25.2.1525 in der Schlacht von Pavia den französischen König Francois I. verwundete, was zu dessen Gefangennahme führte. Nikolaus war Statthalter in Ober- und Niederösterreich, Militärkommandant von Flandern, kaiserlicher Geheimrat sowie oberster Feldhauptmann in Niederösterreich und 1529 Retter Wiens vor der Belagerung durch des Osmanensultan Suleiman II. Am 14.10.1529 wurde er verwundet, was letztlich zu seinem Tod führte. Elisabeths Mutter war Elisabeth von Rogendorf.

Elisabeth von Salm heiratete in erster Ehe Christoph Graf von Sankt Georgen und Bösing. Nachdem sie 1543 zur Witwe wurde, heiratete sie erneut, diesmal Adam Hoffmann. Ihr Bruder Wolfgang war übrigens Fürstbischof von Passau. Ihr Wappen zeigt in rotem, mit goldenen Kreuzchen bestreutem Feld zwei silberne, aufrechte, gebogene und voneinander abgekehrte Salme, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken zwei gestürzte, silberne Salme.

Die zweite Ehefrau von Adam war Rosina von Polheim, deren Wappen oben im rechten Bild zu sehen ist. Das Wappen ist silbern-rot siebenmal schräggeteilt (schrägrechtsgeteilt), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Flug, beiderseits silbern-rot mehrfach schräggeteilt, rechts schräglinks, links schrägrechts (meistens umgekehrt dargestellt, die Linien also sturzsparrenförmig verlaufend). Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 354 Tafel: 193, Band: OÖ Seite: 258 Tafel: 71. Es wird abgebildet bei Zacharias Bartsch im Steiermärkischen Wappenbuch, Seite 85, Tafel 30, außerdem wird es beschrieben im Münchener Kalender 1909 von Otto Hupp. Die Familie erlangte 1501 den Reichsfreiherrenstand, erneuert 1622, und 1721 den Reichsgrafenstand. Das Wappen und seine Entwicklung wird ausführlich beim Schloß Polheim in Wels beschrieben.

Die Wappenmotive der Hoffmann von Grünbühel und Strechau, die goldene Getreidegarbe und der schwarze Steinbock, letzterer aus Kontrastgründen jeweils einem goldfarbenen Medaillon aufgelegt, wiederholen sich auf dem gemalten Architekturfries, der unter den Fenstern des ersten Obergeschosses um das ganze Haus läuft. Oben ein gealterter, unten ein frisch renovierter Abschnitt des Frieses.

Die Familie gehörte zum Landesadel der Steiermark. Ihre steirischen Güter waren in Grünbühel (Grünbüchel), Strechau, Ganobitz, Kaisersberg, Kammern, im Markt Mautern, in Radkersburg, Wolkenstein, Steinach und Tüffer etc. In Oberösterreich besaß die Familie neben dem Besitz in Wels Falkenstein, Frankenburg, Kogl, Neuattersee, Wildenschwert und zeitweise Burg Steyr. In Niederösterreich besaß die Familie Gars, Gleiss, Alt- und Neulengbach, Bruck an der Leitha, Eggenburg, Oberwallsee, Senftenberg und Wartenstein. Kaiser Ferdinand I. erhob Hans Hoffmann (-18.7.1564), den Käufer des Hauses, mitsamt der ganzen Familie am 14.4.1535 in den Herrenstand mit dem Titel eines "Freiherren zu Grünbühel und Strechau". Derselbe wurde, im Mannesstamm vererbbar, am 16.7.1540 mit dem Erblandhofmeisteramt in der Steiermark belehnt. Im Jahre 1560 erhielt der Begünstigte das oberste Erbmarschallamt in Ober- und Niederösterreich. Der Sohn von Hans Hoffmann war Adam Hoffmann, der für die Bemalung dieses Haus der Auftraggeber war. Anstelle seines Vaters war dieser bereits 1560 mit den Herrschaften Senftenberg und Oberwallsee belehnt worden. Adam Hoffmann (1523-8.9.1573), Burggraf von Steyr, wurde 1567 Kämmerer und Landrat in Oberösterreich. Sein Grabstein befindet sich an der Stadtpfarrkirche von Steyr (siehe entsprechendes Kapitel).

Das Gebäude wird oben unter der Dachkante von einem aufwendig gemalten Schmuckfries abgeschlossen, von dem hier drei Ausschnitte gezeigt werden. Die aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. stammende Fassadengestaltung geriet im Laufe der Zeit außerhalb der Wahrnehmung. Erst als man 1956 das Haus restaurierte, kamen die alten Motive wieder zum Vorschein. Ab 1958 legte man sie frei, und ab 1963 ergänzte man die Dekorationen entlang der Längsseite des Hauses.

Das Hoffmannsche Freihaus wird alternativ auch als Haus der Salome Alt bezeichnet. Das hat seinen Grund in einer wilden Geschichte aus Reformationszeiten, einer filmreifen Liebesgeschichte: Wolf Dietrich von Raitenau (26.3.1559-16.1.1617), Fürsterzbischof von Salzburg, verliebte sich in eine reiche und hübsche Bürgerstochter, Salome Alt (21.11.1568-27.6.1633), Tochter des protestantischen Kaufmanns und Ratsherrn Wilhelm Alt, seit dem 28.8.1609 Salome Alt von Altenau. Nein, es ging nicht um irgendeine Mätresse, sondern um eine echte Liebe: Das Paar stand offen zueinander, die beiden wurden für zwei Jahrzehnte Lebensgefährten und zeugten 15 Kinder. Der Bischof errichtete für sich und seine Lebensgefährtin Schloß Altenau, das später zu Schloß Mirabell umbenannt und umgebaut wurde. Beflügelt von der Reformationszeit glaubten die Protagonisten, daß sich irgendwann auch Priesterehen in der katholischen Kirche durchsetzen könnten.

Wie wir wissen, kam es anders, und das in "wilder Ehe" vereinte Liebespaar endete tragisch. Nicht die Beziehung, sondern das selbstbewußte Ausleben derselben wurde als nicht tolerierbare Provokation empfunden und brach ihnen das Genick: Wolf Dietrich von Raitenau wurde in seiner eigenen Festung Hohensalzburg inhaftiert, wo er 1617 als Gefangener seines Nachfolgers, Markus Sittikus Graf von Hohenems (sein eigener Neffe übrigens), starb. Salome Alt, von ihrer eigenen Familie verstoßen, wurde erst 1611 ebenfalls verhaftet, dann wieder freigelassen. Sie floh zusammen mit ihren Kindern nach Wels, weil dort ihre Cousine Felicitas Alt mit dem Handelsherrn Christoph Weiß verheiratet war, und fand hier 1611 im Hoffmannschen Freihaus eine Zuflucht. 1622 erwarb sie das Anwesen. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1663 lebte sie hier in Trauer und Zurückgezogenheit. Die beiden haben sich nie wiedergesehen. Nach ihrem Tod im Alter von 64 Jahren kam das Haus an ihre Kinder, die es 1668 an die Adelsfamilie Eiselsberg verkauften.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Hoffmannsches Freihaus:
http://www.wels.at/multimedia/wels/html/architekturfuehrer/entstehungsjahr/gotik/stadtplatz24/stadtplatz24.htm
Sehenswürdigkeiten in Wels:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wels_(Stadt)#Schlösser_und_Häuser
Digitaler Architekturführer Wels:
http://www.wels.at/multimedia/wels/html/architekturfuehrer/stadtrundgang/archindex_rundg.htm
Raimund Locicnik: Schatztruhe Oberösterreich, Sutton Verlag, Erfurt 2011, ISBN 978-3-86680-878-2, S. 62-63
Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893
W. Aspernig, G. Kalliauer: Der Welser Stadtplatz und seine Häuser, Sonderreihe zum Jahrbuch des Musealvereines Wels, Bd. 8, Wels, 2002, S. 58-61
Salome Alt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Salome_Alt - http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Salome_Alt
Wolf Dietrich von Raitenau:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Dietrich_von_Raitenau
Karl Mayr-Deisinger: Wolf Dietrich von Raitenau, Erzbischof von Salzburg, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 43, Duncker & Humblot, Leipzig 1898, S. 723-726, online:
https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Wolf_Dietrich_von_Raitenau

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