Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2241
Mauthausen (Oberösterreich, Bezirk Perg)

Das Schloß Pragstein in Mauthausen

Schloß Pragstein steht am nördlichen Donauufer am Ortsrand der Marktgemeinde Mauthausen, eingekeilt zwischen der Donau-Bundesstraße im Südwesten und der Schloßgasse bzw. der Promenade auf der anderen Seite. Diese heutige Position ist etwas unglücklich und entspricht nicht der historischen Anlage, denn das Schloß befand sich früher auf einer kleinen, felsigen Donauinsel in Ufernähe, und eine Zugbrücke überspannte den Graben zum Festland. Die Rollen für die Zugseile und der Anschlagfalz sind auf der nordöstlichen Längsseite noch gut zu erkennen. Über dem Tor ist ein kleiner Erker angebracht. Erst 1863 wurde die Insellage durch Verschüttung des Grabens und eine damals durchgeführte Uferregulierung aufgehoben, und dann wurde sie später noch in den 1960er Jahren von der neugebauten Umgehungsstraße umarmt. Freilich erwartet man bei dem Begriff "Schloß" etwas mehr - es gibt weder Türme noch Zwingermauern etc. Statt dessen findet man eine kleine, kompakte, aus einem einzigen Baukörper bestehende und daher eher wohnturmartige, aber dennoch wehrhafte, vierstöckige Anlage aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. auf fünfeckigem Grundriß, die sehr gut erhalten und vorbildlich renoviert ist. Das Schloß ist so markant, daß es sogar das Motiv des Mauthausener Gemeindewappens ist.

Erbauer der Burg war Ladislaus (Lasla) Prager (von Prag) aus einem böhmischen Adelsgeschlecht, der die Herrschaft Mauthausen und vor allem die einträgliche Maut von den Donauschiffern innehatte, die hier erhoben wurde. Er war ein wichtiger Geldgeber des Kaisers und bekam dafür Grundbesitz und Rechte als Pfandschaften. Er errichtete den heute noch bestehenden Baukörper von rechteckigem Grundriß, der stromaufwärts an der nordwestlichen Schmalseite zu einer kielförmigen Spitze ausgezogen ist, so daß insgesamt ein unregelmäßiges Fünfeck auf einer Fläche von ca. 19 x 35 m entstand. Diese Mautburg in Wellenbrecherform erinnert ein wenig an den im Rhein gelegenen Pfalzgrafenstein, auch wenn die Konstruktion dort eine völlig andere ist mit innerhalb eines späteren Beringes stehendem Turm. Die Erlaubnis zum Bau der Burg gab Kaiser Friedrich III. im Dezember 1490, und das Schloß wurde 1491-1506 in Form der Turmburg errichtet. Unter der Dachkante zieht sich ein Stichbogenfries auf Kragsteinen um die Anlage, der erkennen läßt, daß der obere Abschluß wohl nicht original ist, vielmehr ist hier ein Wehrgang mit Scharwachtürmchen ("Pfefferbüchsen") an den Ecken anzunehmen, wie dies bei Merian 1649 und Vischer 1674 auch dargestellt wird. Die Lage auf dem begrenzten Baugrund der Insel machte bauliche Erweiterungen unmöglich, ein Glücksfall, denn nur so konnte sich die Anlage so wenig verfälscht über die Jahrhunderte erhalten. Die spätgotische Raumstruktur im Inneren hat sich bis auf wenige nachträglich eingesetzte Zwischenwände weitgehend unverändert erhalten. Hinter dem Haupteingang liegt ein Mittelflur, der die ganze Breite des Schlosses einnimmt, in den oberen Geschossen liegt dort jeweils eine zentrale Halle mit Stiegenhaus. Zu beiden Seiten ist jeweils eine aus zwei Räumen bestehende Einheit angelegt.

Ladislaus von Prag verpflanzte die ursprünglich böhmische Familie mit Besitzungen im heutigen Slowenien, die dann nach Kärnten und in die Steiermark kam, nach Oberösterreich. Er wurde Erbmarschall von Kärnten, Rat und Kämmerer von Kaiser Friedrich III. Seinen Reichtum stellte er dem Kaiser zur Verfügung, bekam im Gegenzug Pfandschaften, z. B. 1508 Weitra, 1490-1514 Mauthausen, 1500-1509 Freistadt und 1500-1514 Klingenberg mit Münzbach, und da der Herrscher meistens nie zahlen konnte, wurde er am Ende mit etlichen Besitzungen belehnt. So sammelte er Grundbesitz und Vogteien, Lehen und Pfandrechte. Ladislaus von Prag heiratete in erster Ehe Regina von Tannpeck (eine vermögende Erbtochter, die ihm die Herrschaften Windhag, Arbing und Aich einbrachte, gest. 12.8.1499), in zweiter Ehe eine Tochter des Grazer Bürgers und Handelsmannes Ulrich Eggenberger (aus der Familie der nachfolgenden Fürsten von Eggenberg) und in dritter Ehe Anna Fux von Fuxberg. Im Jahre 1485 bekam er die Burg Windhaag als Lehen von Kaiser Friedrich III., und am 19.12.1491 wurde Windhag zur Herrschaft erhoben, welche bis 1597 in Familienbesitz blieb. Es wird überliefert, im Jahre 1505 sei Ladislaus von Prag in den Freiherrenstand erhoben worden, was deutlich zu spät erscheint, weil die von Prag bereits 1480 in der Herrenstandsmatrikel eingetragen waren und als Freiherren auftraten. Ein genaues Datum der Erhebung scheint nicht mehr feststellbar.

Im Jahre 1539 wurde der Grundbesitz unter den drei noch lebenden Söhnen von Ladislaus von Prag aufgeteilt. Sohn Hans von Prag, vermählt mit Magdalena von Scherffenberg, erhielt den Besitz in Enns, Sohn Ladislaus, vermählt mit Engelburg von Lamberg, bekam Otsdorf und die Pfandherrschaft Weitra, und Sohn Andreas übernahm die Herrschaft Windhag mit Burg Windhaag und Schloß Saxenegg in Münzbach, welches 1525 unter der Witwe Anna von Prag in die Familie gekommen war, und dieser Sohn war es, der 1564 Schloß Pragtal (1681 zerstört) errichten ließ. Schloß Pragstein war 1514 bereits wieder an den Landesherrn gekommen und nicht mehr in der Familie. Der Enkel von Ladislaus und Sohn von Andreas und dessen Frau Katharina Magdalena von Lamberg, Friedrich Freiherr von Prag (-1600), Herr von Windhag, Erbmarschall in Kärnten und der Letzte seines Geschlechtes als Herr von Windhag, war völlig überschuldet, hatte bereits Schulden von seinem Vater übernommen, kam selber nicht finanziell auf die Füße und mußte schließlich 1597 den ganzen Besitz seiner Familie verkaufen. Unter den Nachkommen des Ladislaus von Prag, die allesamt Anhänger der Reformation waren, wurden die Herrschaften und die drei Windhager Pfarren Altenburg, Münzbach und Pergkirchen protestantisch. Es sind die unergründlichen Wege der Geschichte, die die Herrschaft Windhag später ausgerechnet an den eifrigsten Gegenreformator Joachim Enzmilner Graf von Windhag gelangen ließen.

 

Zurück zum Burgschloß Pragstein: Die Rechte an der Maut waren Ladislaus von Prag als Pfandschaft übergeben worden. Er nutzte diese Einnahmequelle und setzte die Gebühren kräftig herauf, bis die Bürger von Enns Beschwerde beim Kaiser führten, der ihnen nahelegte, eine Donaubücke zu bauen. Damit kamen die Bürger aber nicht wirklich voran, vor allem auch, weil Ladislaus von Prag sie nach Kräften behinderte.

Kaiser Maximilian I. löste nach dem Tod von Ladislaus von Prag am 28.11.1514 die Pfandschaft wieder aus, aber Pragers Witwe durfte noch hier wohnen bleiben. Dieses Spiel wiederholte sich mehrfach, immer wieder war die Anlage unbenutzt ("öde"), dann wurde sie wieder verpfändet und genutzt, oder die alte Burg wurde mit kaiserlichen Söldnern besetzt, als 1530 Türkeneinfälle drohten, diese wagten sich aber nicht so weit nach Westen. Nachfolgende Pfandherren zogen der alten Turmburg bequemere Wohnbehausungen vor.

Im 17. Jh. kam Schloß Pragstein erst an Georg Erasmus Tschernembl von Schwertberg und Windegg, der es nach 1603 wieder bewohnbar machte und innen und außen dem Zeitgeschmack entsprechend neu gestaltete (Fenster, Renaissance-Stuckierungen), aber ohne die bestehende Bausubstanz selbst zu verändern. Im Jahre 1612 kam die Anlage an Veit Spindler von Hofegg, kaiserlicher Salzamtmann, dann über dessen Sohn 1631 an Leonhard Helfrich Graf von Meggau, der die Turmburg (nicht aber die Maut) in sein freies Eigentum überführen konnte, schließlich 1644 auf dem Erbwege an Friedrich Graf Cavriani. Im Barock wurden im Inneren einige neue Türen eingesetzt. 1770 erwarb Josef Gundaker Graf Thürheim von der Familie Cavriani die Herrschaft Mauthausen samt dem alten Schloß, und 1894 kaufte der damalige Mauthausener Bürgermeister Leopold Heindl Schloß Pragstein, das 1901 durch erneuten Verkauf Eigentum der Marktgemeinde wurde. Sie nutzte die alte Turmburg zur Verankerung der Stahltaue für die neu errichtete Drahtseilfähre über die Donau. Die Marktgemeinde richtete in den alten Räumen 1910 ein kleines Heimatmuseum mit Ausstellungen zur Donauschiffahrt, Hans-Gerstmayr-Museum und Jagdtrophäen-Sammlung ein; 2007 folgte ein Apothekenmuseum; außerdem ist hier seit 1984 die Landesmusikschule untergebracht.

 

Donauseitig ist ein 1507 bezeichneter marmorner Wappenstein für Ladislaus von Prag in die Außenmauer eingelassen. Hier befand sich früher noch eine kleine Ausfallpforte, das Wassertor, das dem Erheben der Maut von den vorbeifahrenden Schiffen diente. Das linksgewendete Wappen zeigt in Rot einen auf den Hinterbeinen hockenden, goldenen Affen, das Ende der an seinem Halsband befestigten und hier von hinten am Körper vorbeigeführten, silbernen Kette in seinen Händen haltend, das lose Ende mit abschließendem Ring zwischen den Beinen hängend und wieder nach hinten gelegt, auf dem gekrönten Helm mit rot-goldenen Decken der Affe mit Kette wie beschrieben wachsend, das lose Ende der Kette mit dem Endring vorne herabhängend. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NÖ1 Seite: 357-358 Tafel: 196, Band: NÖ2 Seite: 566 Tafel: 277, Band: OÖ Seite: 261-263 Tafel: 71 und in Band: OÖ Seite: 771. Das Wappen fand später Eingang in das des Joachim Enzmilner Graf von Windhag, der es nach dem Wappenbesserungsdiplom vom 25.6.1640 als Herzschild seinem Familienwappen auflegen durfte (zu sehen am St.-Barbara-Spital in Münzbach, am Eingang der Gruft in der Laurentiuskirche in Münzbach und am Schloß Waldreichs). Es wurde aber kein entsprechendes Kleinod aufgenommen. In Farbe kann man das Wappen von Ladislaus von Prag auf einem Originalfresko in der Gruft der Filialkirche Altenburg bei Windhaag sehen, dort geht die eiserne Kette anders als hier am Schloß über den Rücken des Affen und ist zwischen den Füßen nach vorne durchgezogen, und so wurde es auch in das Enzmilner-Wappen aufgenommen.

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Hinweistafel am Gebäude
Burgen Austria:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=377
Ebidat-Datenbank:
http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1569
Eckhard Oberklammer: Bezirk Perg - Kunst und Geschichte, Trauner Verlag, Linz 2010, ISBN 978-3-85499-826-6, S. 106 ff.
Freiherren von Prag und Ladislaus Prager:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ladislaus_Prager
Schloß Pragstein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Pragstein
Heimatmuseum:
http://www.ooemuseumsverbund.at/museum/112_heimatmuseum_mauthausen
Georg Grüll: Geschichte des Schlosses und der Herrschaft Windhag, in: Jahrbuch des oberösterreichischen Musealvereines, 87. Band, Linz, 1937, S. 185-312, online:
http://www.ooegeschichte.at/uploads/tx_iafbibliografiedb/JBMusver_1937_087_0185-0311_a.pdf - http://www.ooegeschichte.at/uploads/tx_iafbibliografiedb/JBMusver_1937_087_0185-0311_b.pdf - http://www.ooegeschichte.at/uploads/tx_iafbibliografiedb/JBMusver_1937_087_0185-0311_c.pdf
Farbabbildung des Wappens:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ladislaus_Prager#/media/File:Altenburg_Lassla_Prager_Wappenfresko.jpg

Franzen (Pölla, Niederösterreich, Bezirk Zwettl): Schloß Waldreichs
Münzbach (Oberösterreich, Bezirk Perg):
St. Barbara-Spital

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