Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2217
Landeshauptstadt Mainz

Die Pfarrkirche St. Peter in Mainz

Die katholische Pfarrkirche St. Peter (Petersplatz 9) steht mit ihrer Längsrichtung parallel zur Großen Bleiche westlich des Deutschhauses und südlich des kurfürstlichen Schlosses. Diese räumliche Nähe zu wichtigen Repräsentationsbauten und die Gleichzeitigkeit von Bauarbeiten an allen drei Objekten führten dazu, daß dieses schloßnahe Gebiet schon zur Bauzeit als städtebauliches Ensemble einheitlicher Konzeption wahrgenommen wurde. Früher war die Wirkung jedoch eine andere, denn die Kirche bildete den Abschluß einer nicht mehr existierenden Häuserzeile; heute hingegen steht die in nordöstliche Richtung orientierte Kirche frei und bildet einen optischen Blickfang am Ende der Großen Bleiche.

Es handelt sich um eine barocke Hallenkirche dreischiffigen Aufbaus. Der auf Breite des Mittelschiffs eingezogene Chor führt nicht zu einer entsprechenden Abstufung im Außenbau, weil er von zwei zweigeschossigen Sakristeien eingefaßt wird, so daß die Flucht der Seitenschiffsaußenwände außen bis zum Ansatz des dreiseitigen Chorabschlusses weitergeführt wird, und man erst innen wahrnimmt, wie weit der Chor reicht, denn man brauchte entsprechend viel Platz für die Stiftsherren. Die Doppelturmfassade erreicht mit ihren welschen Hauben und Laternen eine Höhe von 60 m. Die Türme sind in ihren oberen Bereichen oktogonal.

 

Das ehemalige Kollegiatsstift St. Peter lag erst außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern. Als dieses beim Ausbau der Stadt zur Festung 1657 den neuen Wällen weichen mußte und zerstört wurde, mußte ein neues Obdach her, das die Brüder in der Marienpfarrkirche Udenmünster erhielten. Diese wurde 1746-47 abgebrochen, damit 1749-56 die neue Stiftskirche nach Plänen von Johann Valentin Thomann (1695-1777) errichtet werden konnte, die wieder den alten Namen St. Peter bekam. Die Stiftskirche wurde schließlich Garnisonskirche und ist heute Pfarrkirche. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Turmhauben, das oberste Geschoß des Südturmes sowie die meisten Ausstattungsstücke zerstört. Bis 1962 erfolgte der Wiederaufbau, während die Innenrenovierung bis Ende der 80er-Jahre dauerte.

 

In der Südwestfassade zum Petersplatz hin befindet sich das Hauptportal. In der Blendnische befindet sich wild wuchernde Rokoko-Ornamentik. Die bauzeitliche Tür war ursprünglich auf der Nordseite in das dortige Portal eingebaut und wurde hierhin versetzt. Im verkröpften Dreiecksgiebel befindet sich ein im 19. Jh. von Georg Scholl gehauenes Petruswappen, das auch vom Stift St. Peter geführt wurde, wie ein alter Grenzstein aus der Eltviller Gemarkung belegt. Dieses zeigt die beiden schräggekreuzten Petrusschlüssel; die Kartusche ist oben mit einer Tiara mit drei Kronreifen besetzt. Wie hier realisiert wird der Schlüsselbart gerne so gestaltet, daß ein Kreuz im Negativ darin entsteht.

Auch über den Nebenportalen, die von den Längsseiten der Kirche in die Mitte der Seitenschiffe führen, befindet sich ein dem Patrozinium entsprechendes Petruswappen bzw. Stiftswappen, wobei das an der Südostseite zum kleinen Kirchhof hin - heute ein kleiner Garten mit entlang der Mauern aufgestellten, historischen Grabplatten - in den Farben Silber und Gold gestrichen ist. Die Entsprechung an der Großen Bleiche (Nordseite) ist nicht farblich gefaßt. Diese beiden mit den Bärten nach oben und auswärts gelegten, schräggekreuzten Schlüssel sind nicht nur das Heiligenattribut des Apostels Petrus, sondern auch das Symbol des Papstes als Nachfolger Petri, und so kommt es vielfach vor: Päpstliche Wappen werden mit den Petrusschlüsseln unterlegt, das Paar ist im Wappen des Heiligen Stuhles und im Wappen der Vatikanstadt zu finden. Dabei sind jedoch die Schlüssel in verschiedenen Tinkturen gehalten, einer silbern, der andere golden, der goldene je nach Interpretation entweder für das Himmelreich oder für die Bindegewalt, der silberne Schlüssel entweder für das irdische Reich oder für die Lösegewalt. Im Wappen der Vatikanstadt (Vatikanstaat) steht der silberne Schlüssel schrägrechts, dito der weiße Schlüssel in der Flagge der Vatikanstadt; im Wappen des Heiligen Stuhles steht er jedoch schräglinks, ebenso in den persönlichen Wappen der Päpste. Hier wurden beide Schlüssel golden angestrichen, weil das Wappen nur für Petrus steht und nicht der Heilige Stuhl gemeint ist. Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen dem hier angebrachten Wappen für das Petrus-Patrozinium und denen der vorgenannten Institutionen und Personen: Hier ist keinerlei Kordel zu sehen, die durch die Schlüsselgriffe geführt wird. Im päpstlichen Wappen und im Wappen der Vatikanstadt wird die rote Kordel durch die Schlüsselgriffe geführt und anschließend um den Kreuzungspunkt der Schlüssel geschlungen, um von dort ausgehend mit ihren Enden lose nach unten zu hängen. Im Papstwappen hängen die losen Enden der roten Schnur aus den Schlüsselgriffen heraus nach unten, nachdem sie zuerst um den Kreuzungspunkt der Schlüssel geschlungen worden sind; genauso ist es bei dem Wappen der Vatikanstadt. Hier also weder das eine noch das andere, sondern gar keine Schnur, weil das Wappen nur für Petrus und das nach ihm benannte Stift steht.

Literatur, Quellen und Links:
Werner Schäfke: Der Rhein von Mainz bis Köln, eine Reise durch das romantische Rheintal, DuMont Kunstreiseführer, DuMont Verlag, Köln 2006, ISBN 978-3-7701-4799-1
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Stadt Mainz, Band 2.2: Altstadt, bearb. von Ewald Wegner, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz 1988, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 3. Auflage 1997, ISBN 3-88462-139-4, S. 108-110
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2014): Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreisfreie Stadt Mainz (Denkmalverzeichnis Mainz, 31. März 2014),
http://www.denkmallisten.gdke-rlp.de/Mainz.pdf
Schlüssel Petri
http://de.wikipedia.org/wiki/Schlüssel_Petri - http://de.wikipedia.org/wiki/Wappen_des_Heiligen_Stuhls - http://de.wikipedia.org/wiki/Papstwappen
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Andreas Praefcke für wertvolle Hinweise
Grenzstein des Mainzer Petersstiftes:
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Eltville_(Außerhalb_10)_Grenzstein_St._Peter_(04).jpg

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