Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2195
Innsbruck (Österreich, Bundesland Tirol)

Das Deutschordenshaus (Gebhardhaus, Hofgasse 3)

Das ehemalige Deutschordenshaus befindet sich in der Innsbrucker Altstadt unweit der Hofburg in der engen Hofgasse Nr. 3. Es handelt sich um ein ursprünglich dreigeschossiges, heute nach einer im 18. Jh. erfolgten Aufstockung fünfgeschossiges Haus mit zwei dreigeschossigen, ganz unterschiedlich gestalteten Erkern an der fünfachsigen Fassade vor der zweiten und vierten Fensterachse. Stilistisch ist es am Übergang von der Spätgotik zur Renaissance anzusetzen. Die Bildhauerarbeiten an den Erkern zeigen einerseits noch spätgotisches Maßwerk, andererseits werden schon Renaissance-Formen verwendet, vor allem in der Malerei. Die Fassade ist reich mit Grisaille-Malereien geschmückt, und die beiden Erker tragen an den Brüstungen des ersten und zweiten Obergeschosses Reliefschmuck aus Sandstein. Die Brüstungen und Rahmen der Erkerfenster sind aus rotem Nagelfluh, genau wie das Hauptportal. Die neueren, oberen Stockwerke sind schmucklos.

Der Deutsche Orden hatte nie eine Kommende in Innsbruck. Dieses Haus war nur ein Stadthaus zum Aufenthalt, wenn man geschäftlich in der Stadt weilte oder am Innsbrucker Hof seinen Tätigkeiten als landesfürstlicher Rat nachging. Der Deutsche Orden besaß dieses Haus nur kurz. Der Landkomtur Heinrich von Knöringen kaufte es im Jahre 1522 von der Familie Fuchs von Fuchsberg. Im Anschluß wurde das Haus zu einer standesgemäßen Absteige von drei Stockwerken im typischen Stil spätgotischer Innsbrucker Stadthäuser von Stadtbaumeister Gregor Türing umgebaut, der 1532 auch die Reliefs schuf. Es handelt sich lediglich um ein Quartier, wenn Ordensrepräsentanten in der Landeshauptstadt weilten, insbesondere der Landkomtur selbst, der Kaiser Maximilian I. und König Ferdinand I. als Rat und Diplomat diente. Aber bereits 1539 wurde das Haus wieder verkauft - 17 Jahre lang war es nur Ordensbesitz. Einer der nächsten Besitzer war Freiherr Carl zu Welsperg, Erbmarschall in Brixen. Dann folgte 1580 Paul von Schiestl-Rizol, Richter von Axams. Im späten 16. Jh. kam das Haus an Christoph Philipp Diepperskircher. Es folgten 1604 Karl Jaring, 1645 Reinhardt Schlechtl, 1678 Franz Stainhauser, 1728 Johann Baptist Dannemann, und seit 1774 war der Schuhmacher Joseph Fankhauser Besitzer, seit 1800 Jakob Felderer und seit 1808 der Glasermeister Konrad Gebhart (Gebhard), nach dem dieses Haus seinen zweiten Namen trägt. Am 14.11.1872 richtete ein Brand große Zerstörungen an. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und 1954 restauriert. Eine zweite Restaurierung folgte im Jahr 2001. Heute wird es als Wohn- und Geschäftshaus genutzt.

 

Die Ballei an der Etsch und im Gebirge war so organisiert, daß die Zentrale als Sitz des Landkomturs in Bozen (Bolzano, St. Georg im Weggenstein) saß und daß es mehrere abhängige Kommenden gab: in Sterzing (Vipiteno), in Schlanders (Silandro) und in Lengmoos auf dem Ritten und dann noch in Trient (Trento). Bozen war die Keimzelle der Ballei, nachdem der Bischof von Trient am 9.4.1202 dem Orden das Hospital und die Kirche übertragen hatte, und Lengmoos und Sterzing waren zunächst Filialspitäler, die dem Orden 1234 bzw. 1235 übertragen wurden. Diese beiden wurden in der zweiten Hälfte des 13. Jh. selbständige Kommenden, 1254 kam die Kommende Sterzing hinzu, und Bozen wurde 1269 Landkommende. 1283 kam als weitere Kommende das ehemalige Augustinerkloster S. Maria Coronata zu Trient zur Ballei hinzu. 1469 übernahm der Landkomtur die nahe Sterzing gelegenen Burgen Reifenstein und Welfenstein. Erst unterstand die Ballei dem Deutschmeister, seit kurz vor 1300 als Kammerballei direkt dem Hochmeister, dann kam sie wieder durch Verpfändung 1520 an den Deutschmeister, und ab 1525 war das sowieso die gleiche Person, nämlich der uns hier mit seinem Wappen begegnende Walter von Cronberg als Administrator des Hochmeistertums. Die Ballei an der Etsch und im Gebirge wurde 1810 aufgelöst, 1819 bzw. 1835/36 wiederbegründet und 1929 endgültig aufgelöst. Nachfolger ist die Südtiroler Ordensprovinz des heutigen Klerikerordens mit dem traditionsreichen Namen.

Die Wappen sind hierarchisch angeordnet: Ganz oben ist am linken Breiterker auf der Brüstung in Höhe des zweiten Obergeschosses der amtierende Deutsch- und Hochmeister zu finden, optisch links das Wappen, rechts die Inschrift. Die Inschrift lautet: "BALTHER VON CRONBERG ADMINISTRATOR DES HOE(CH)MEISTER AMPTS ZV PREVS(S)E(N) VND MEISTER DEVTSCH ORDENS IN DEVTSCHEN VND BELSCHENN LANDENN 1532" - Walter von Cronberg Administrator des Hochmeisteramts in Preußen und Deutschmeister in deutschen und welschen Landen 1532. Das Wappenrelief ist das einzige bauplastische Denkmal des ersten Administrators des Hochmeisteramtes in Tirol.

Das Wappen ist geviert (Tinkturen wie folgt ergänzt), Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes Kreuz (Deutscher Orden, Deutschmeistertum), Feld 2 und 3: erneut geviert, Feld a und d: ledig und rot, Feld b und c: in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (blau-silberner pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh), über allem liegt das Hochmeisterkreuz, eigentlich ein durchgehendes schwarzes Balkenkreuz, das hier aber nicht eigens abgesetzt ist, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, welches hier direkt dem Hauptschild aufliegt, in der Mitte ein goldener Herzschild mit dem schwarzen Adler für das Königtum des Reichs. Dazu werden drei Helme geführt: Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silbernes, achteckiges Schirmbrett, belegt mit einem Hochmeisterkreuz, an den sieben freien Ecken außen mit goldenen Kugeln und daran Federnbüschen besteckt (Hochmeistertum), Helm 2 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz (Deutscher Orden, Deutschmeistertum), Helm 3 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Flug, von Rot und in Silber 4 (2:2) blauen Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordnetem Eisenhutfeh) geviert (von Cronberg, Flügelstamm).

Dann folgt eine Hierarchieebene tiefer der Landkomtur, am linken Erker in Höhe des ersten Obergeschosses. Ebenso wie eine Etage höher ist im optisch linken Frontfeld das Wappen zu finden, im rechten Frontfeld die Inschrift. Die beiden seitlichen Felder sind relieffrei und bemalt. Die Inschrift lautet: "HAINRICH VON KNERINGEN DEVTSCH ORDENNS LANNDTCOMENNTHVR DER PALLEI AN DER ETSCH VND IM GEPVRG ROMISCH HVNGERISCHEN VND PECHEMISCHER K(Ö)N(IGLICHER) M(AJESTÄ)T .... RAT...." - Heinrich von Knöringen Deutschordens-Landkomtur in der Ballei an der Etsch und im Gebirge Rat der königlichen ungarischen und böhmischen Majestät.

Er war zuvor ab 1495 Komtur von Sterzing und übte das Amt als Landkomtur als Nachfolger des abgetretenen Wolfgang von Neuhaus von 1504 bis zu seinem Tod 1534 aus, und sein Nachfolger wiederum wurde Bartholomäus von Knöringen, der hier noch am Haus als einfacher Komtur geführt wird (s. u.). Heinrich war kaiserlicher Rat und Statthalter zu Innsbruck und einer der kaiserlichen Diplomaten, die am 6.6.1508 einen Waffenstillstand mit Venedig schlossen. Den Sitz des Landkomturs, Weggenstein, ließ er völlig umbauen, dort ist ein auf 1508 datierter Wappenstein von ihm. Ab 1515 taucht Heinrich von Knöringen als kaiserlicher Rat und Statthalter zu Innsbruck in vielen Urkunden auf. Sein Bemühen, die Abtei Reichenau seiner Ballei als Kommende hinzuzufügen, war jedoch nicht von Erfolg begleitet, weil statt dessen der Papst die Abtei dem Hochstift Konstanz einverleibte. 1522 kaufte er das Innsbrucker Stadthaus und ließ es umbauen.

Heinrichs Wappen (Abb. unten) ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz ein silberner Ring (Knöringen), Feld 2 und 3: in Silber ein schwarzes Kreuz (Deutscher Orden), dazu 2 Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten, bequasteten Kissen ein silberner Ring, oben mit einer Krone und mit drei daraus hervorkommenden, schwarzen Straußenfedern besteckt (Knöringen), Helm 2 (links): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit einem durchgehenden schwarzen Kreuz (Deutscher Orden). Es sei angemerkt, daß eigentlich das Deutschordenskreuz in den Feldern 1 und 4 positioniert werden müßte und hier eine Vertauschung der Inhalte gegenüber regelhafter Anordnung vorliegt. Auch die beiden Helme wurden in ihrer Position entsprechend den Felder-Inhalten vertauscht.

Sein Wappen gibt es in Südtirol mehrfach zu sehen, 1.) in Sterzing in der Pfarrkirche Unserer Lieben Frau im Moos an einem gewölbten Triumphbogen, ein polychromiertes Relief aus dem Jahr 1514; 2.) ebenfalls in Sterzing ein ehemaliger Gewölbeschlußstein der Pfarrkirche von 1510, nicht mehr im Originalkontext, 3.) in Lana im Priesterkonvent des Deutschen Ordens uaf seinem Portrait, Öl auf Leinwand, 4.) in Bozen, Weggenstein, Landkommende, am Knöringen-Turm, datiert auf 1508, 5.) Burg Reifenstein bei Sterzing, an der nördlichen Außenseite der Ringmauer, datiert auf 1511, 6.) Lengmoos auf dem Ritten, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, Gewölbeschlußstein (in falschen Farben), datiert auf 1514, 7.) ebenfalls an der Pfarrkirche Lengmoos in der linksseitigen Laibung eines spätgotischen Fensters eines Südfensters des Langhauses, datiert auf 1514.

Nun folgen auf der dritten Hierarchieebene die örtlichen Komture der Ordensniederlassungen, beide am rechten Erker zu finden, auf den beiden Seitenflächen des dreiseitigen Polygonalerkers. Die Inschrift über dem Wappen auf der linken Seitenfläche lautet: "BARTLME VON KNERINGEN CO(MEN)THV(R) ZV SCHLANDER(S) DEV(T)SCH ORDE(N)" - Bartholomäus von Knöringen Deutschordenskomtur zu Schlanders. Bartholomäus von Knöringen ist hier noch einfacher Komtur, aber später einmal wird er dem oben genannten Heinrich von Knöringen als Landkomtur der gleichen Ballei nachfolgen und 1534-1541 die Ballei führen. Heinrich von Knöringen hatte bereits im Jahre 1524 von Albrecht von Brandenburg die schriftliche hochmeisterliche Versicherung erwirkt, daß er sein Nachfolger werden würde, was dann auch 1534 eintraf, nachdem Walter von Cronberg seinen Emissär Eberhard von Ehingen, Komtur zu Heilbronn, zur Visitation und zur Bestätigung des neuen Landkomturs nach Südtirol geschickt hatte. 1539 verkaufte er das Innsbrucker Stadthaus. Bartholomäus (Bartlme/Bartlmä) starb 1541, und sein Nachfolger als Landkomtur wurde Engelhard von Ruest.

Das Wappen Knöringen (Abb. unten) ist gewendet, damit es aus der Fassade herausschaut und sich dem Betrachter zuwendet, und es zeigt in Schwarz einen silbernen Ring, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken auf einem roten, bequasteten Kissen ein silberner Ring, oben mit einer Krone und mit drei daraus hervorkommenden, schwarzen Straußenfedern besteckt. Die Abb. unten rechts ist eine Ausschnittsvergrößerung des weiter oben vorgestellten Landkomturswappens. Das Knöringen-Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Wü Seite: 9 Tafel: 10, Band: Erg Seite: 37, ferner im Münchener Kalender 1934 von Otto Hupp, eine weitere Abbildung ist im Scheiblerschen Wappenbuch auf Folio 29.

 

Die Inschrift des anderen Wappens auf der rechten Seitenfläche des Erkers lautet: "IORG VON SPAVR COMENTHV(R) LENGENM(OO)S TH(E)VTS(C)H ORDE(NS)" - Jörg von Spaur, Deutschordenskomtur zu Lengmoos. Das Wappen der von Spaur zeigt in Silber einen roten Löwen, der in seinen Pranken einen goldenen Doppelbecher hält, wobei letzterer ein Hinweis auf das Erbschenkenamt ist, zu rot-silbernen Decken wird auf dem gekrönten Helm der rote Löwe mit goldenem Doppelbecher wachsend geführt. Das dritte Feld des rechten Erkers in der Mitte zeigt nur komplex überkreuzte Blendmaßwerkbögen. Im zweiten Obergeschoß gibt es an diesem Erker keine heraldischen Reliefs, dort werden der hl. Christophorus mit dem Kind und der hl. Georg im Kampf mit dem Drachen jeweils innerhalb von Blattkränzen dargestellt, die Ordenspatrone. Das vordere bzw. mittlere Feld zwischen den beiden figürlichen Reliefs zeigt wiederum Blendmaßwerk.

 

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel am Objekt
Siebmacher Wappenbücher wie angegeben
Denkmalgeschützte Objekte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgeschützten_Objekte_in_Innsbruck-Innsbruck/L-Z
Rudolf von Granichstaedten-Czerva: Alt-Innsbrucker Stadthäuser und ihre Besitzer, Band 1-4, Sensen-Verlag, Wien 1962-1966.
Dieses Haus betreffender Auszug:
http://www.austroaristo.com/themen/genealogie/59-gen-chroniken/gra-innsbruckhaus/2725-gra-gebhard.html
Deutschordenshaus:
http://innsbruck.antonprock.at/website/sehenswuerdigkeiten/deutschordenshaus.html
Deutschordenshaus auf Burgen-Austria:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1075
Johanna Felmayer: Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck, Altstadt-Stadterweiterungen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Teil der Österreichischen Kunsttopographie, hrsg. vom Institut für Österreichische Kunstforschung, Verlag A. Schroll, 1972
Landkomture der Ballei Etsch und Gebirge:
http://wiki-de.genealogy.net/Deutscher_Orden/Landcomthure_in_der_Ballei_Etsch
Ballei an der Etsch und im Gebirge:
http://www.damian-hungs.de/geschichte/kommenden-des-deutschen-ordens/ballei-der-etsch-und-im-gebirge/
Ballei an der Etsch und im Gebirge:
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordensballei_An_der_Etsch_und_im_Gebirge
P. Justinian Ladurner: Urkundliche Beiträge zur Geschichte des deutschen Ordens in Tirol, Innsbruck 1861,
http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/VeroeffFerd_3_10_0001-0232.pdf S. 122 ff.
Franz-Heinz von Hye: Auf den Spuren des Deutschen Ordens in Tirol, eine Bild- und Textdokumentation aus Anlaß des Ordensjubiläums 1190-1990, Bozen 1991, ISBN-10: 8870146219, ISBN-13: 978-8870146219, S. 24-27, S. 96-97

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