Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2067
Goldrain (Coldrano, Latsch/Laces, Italien, Provinz Bozen, Region Trentino-Südtirol)

Schloß Goldrain im Vinschgau (Südtirol)

Schloß Goldrain (Castel Coldrano) liegt etwa auf halber Strecke zwischen dem Reschenpaß und Meran im Nordosten der gleichnamigen, zur Südtiroler Marktgemeinde Latsch (Laces) gehörenden Ortschaft inmitten von Apfelplantagen und Weinbergen und ist eine malerisch über dem Ort am Hang des Sonnenberges gelegene Anlage, bestehend aus dem Kernschloß mit Innenhof und einer mit vier Eckrondelltürmen versehenen Umfassungsmauer (Schloßstraße 33, I-39021 Goldrain). Das mit mehreren Erkern geschmückte, freistehende Kernschloß umschließt einen kleinen Innenhof mit Arkaden und mit einer Loggia und steht ansonsten fast frei im später errichteten, mit seinen turmbewehrten Ecken in die vier Himmelsrichtungen weisenden Mauergeviert von 58 x 70 m und 4 m Höhe. Etwas abgesetzt vom Kernschloß und an die Umfassungsmauer angebaut befindet sich im Südosten die Kapelle. In seiner Geschlossenheit und seinem nach umfassender Renovierung vorzüglichen Erhaltungszustand ist Schloß Goldrain ein direkt modellhaft zu nennender, repräsentativer Herrensitz der Renaissancezeit im Vinschgau.

Besitzgeschichtlich gehörte Goldrain erst den Scheck von Goldrain ("Colroun", später "Goldern", dann "Golrain"), einer auch auf der Burg Untermontani ansässigen Ministerialenfamilie im Dienste der Bischöfe von Chur. Sie errichteten im Mittelalter in der Mitte des 14. Jh. den ältesten Teil der Anlage, einen Wohnbau von langrechteckigem Grundriß, der heute noch den Kern des Nordosttraktes bildet. Für einen in der Lit. oft noch erwähnten Wohnturm aus mittelalterlicher Zeit finden sich hingegen keine Anhaltspunkte. Seit der zweiten Hälfte des 15. Jh. ist die aus dem Oberinntal in Nordtirol stammende Familie Hendl Besitzer von Goldrain. Simon Scheck hatte eine Anna Hendl geehelicht, Tochter von Hans Hendl. Das schuf einen gewissen Zusammenhang, war aber noch nicht die Ursache für den Besitzübergang. Anna starb früh, schon vor Durchführung der Ehe, und Simon heiratete statt ihrer Magdalena Heustadl. Simon Scheck, Sohn von Philipp Scheck von Goldrain, war 1496 noch unmündig, und Hans Hendl, schon 1474 als Inhaber von Goldrain genannt, vertrat diesen und dessen Bruder Wolfgang Scheck als Lehensträger. Das widerlegt einen Besitzübergang über Simon Scheck, wie behauptet wird. Entweder wurde die Burg also über die mit beiden Familien verschwägerten Rathgeb vererbt und kam um diese Ecke an die Hendl, oder aber es handelte sich um ein Veräußerungsgeschäft, denn zeitnah zur Etablierung der Hendl auf Goldrain kamen die Scheck auf Niedermontani (1472 Belehnung). Möglich ist auch erst einmal ein gemeinsamer Besitz an Goldrain, die genauen Vorgänge sind ungeklärt. Jedenfalls waren die Hendl bald unangefochtene alleinige Besitzer von Goldrain. Deren Vertreter überformten das Schloß, so daß die mittelalterlichen Teile zwar im Nordostteil erhalten sind, kenntlich an den Schwalbenschwanzzinnen an der westlichen Giebelmauer, aber völlig überdeckt sind von den Umbauten des 16. und 17. Jh.

In einer zweiten Bauphase ca. 1528-1529 wurde der bestehende Ansitz unter den Hendl an seiner nordöstlichen Längsseite um ca. 4 m verbreitert, an der Nordecke mit einem Turm und an der südöstlichen Schmalseite mit einem Erker versehen, aus dieser Zeit stammt auch der neue Aborterker im Nordwesten. Vor 1572 kam der südliche Teil des dreigeschossigen Südwesttraktes hinzu (unten rechts im Bild, mit Erker), mit einem kleinen Zwischenbau mit dem bestehenden Bau verbunden. Eigentlich war es wohl als einheitlicher Bau geplant, wurde aber in zwei Abschnitten realisiert. Die Nahtstelle zwischen beiden Bauphasen ist heute noch an der Südwestfassade am Dachversatz und den unterschiedlichen Traufhöhen zu erkennen, und das optische Zusammenwachsen beider Bauteile wird durch die später eingebauten kleinen Abortfenster gestört. Die vierte Bauphase ca. 1586-1589 schuf den restlichen Teil des Südwesttraktes (unten links im Bild) und den Nordwesttrakt und angrenzend einen neuen viereckigen Turm an der Nordseite des Kernschlosses sowie die Schloßkapelle (unten ganz rechts im Bild angeschnitten). Dabei wurde der Innenhof mit seinen Arkaden geschaffen, und das Kernschloß war baulich so gut wie abgeschlossen. Erst in der fünften Bauphase ca. 1606-1607 wurde die viereckige, leicht trapezförmige Umfassungsmauer mit den vier mit jeweils einem Kegeldach versehenen, dreigeschossigen Ecktürmen errichtet. Vorbild für diesen Umbau könnte Schloß Maretsch in Bozen gewesen sein, das ab 1560 umgebaut wurde, und da mehrere Heiratsverbindungen zwischen den Hendl und den Römer von Maretsch bestanden, ist die Vorbildfunktion naheliegend. 1612 wurde Maretsch sogar von den Hendl erworben, als die Römer von Maretsch ausstarben. Ca. 1618 folgte in einer sechsten Bauphase noch ein kleiner Anbau an der Nordecke des Kernschlosses.

Linienteilungen zersplitterten in der Folgezeit die Hendl und ihren Besitz, und die Bedeutung der Familie wurde ab dem 17. Jh. geringer. Nach dem Erlöschen der Hendl zu Goldrain im Jahre 1861 (das Gesamtgeschlecht erlosch erst 1998) kam Schloß Goldrain auf dem Erbwege an die Plawenn. 1863 wurde das Schloß von diesen für 18000 fl. an die Gemeinde Goldrain verkauft, es stand leer bzw. wurde teilweise als Lehrer-, Pfarrer- und Mesnerwohnung genutzt, mal als Klassenzimmer, dann wieder als Kindergarten, sogar als Theatersaal und Sitz der örtlichen Feuerwehr, verkam aber im Laufe der nächsten hundert Jahre immer mehr, bis der fortschreitende Verfall zu akuter Einsturzgefahr der Dächer führte. 1902 stürzte ein großes Gewölbe sogar tatsächlich ein.

Beinahe wäre das Schloß doch wieder in private Hand gelangt, als 1974 eine Versteigerung erfolgte. Die Bieter waren Sepp Rinner aus Latsch und Josef Pobitzer aus Burgeis, ersterer erhielt den Zuschlag, letzterer focht diesen an. Die Gemeinde vollzog keinen Eigentumsübergang, und schließlich griff ein Bürgerkomitee unter der Führung von Ernst Steinkeller ein und verhinderte 1980 im allerletzten Moment die Privatisierung des Schlosses. Gerettet wurde Schloß Goldrain 1985 durch Erneuerung aller Dächer und neuer Eindeckung mit Hohlziegeln durch das Denkmalamt unter dem Landeskonservator Dr. Helmuth Stampfer. Die Sanierungs- und Umbauarbeiten dauerten bis 1999 an. Die Eigentumsfrage wurde gelöst, als der Gemeinderat von Latsch am 25.6.1986 beschloß, das Eigentum an Schloß Goldrain vollständig zu erwerben. Es wurde ein zukünftiges Nutzungskonzept erstellt, das das zuvor erwähnte Bürgerkomitee bereits 1980 vorgezeichnet hatte, und am 19.5./25.9.1987 wurde die Genossenschaft „Bildungshaus Schloß Goldrain“ gegründet, und aus dem alten Familiensitz wurde ein modernes Tagungszentrum im historischen Ambiente, ergänzt durch ein neugebautes Gästehaus im Südosten der Anlage.

 

Drei Generationen Hendl hinterließen ihre heraldischen Spuren an und in Schloß Goldrain und geben Zeugnis von Generationenfolge, Wappenentwicklung und über die geschickt gewählten Ehefrauen auch vom sozialen Aufstieg der Familie Hendl, die es innerhalb weniger Generationen zu einem der bedeutendsten Geschlechter Südtirols und (neben den Grafen Trapp) im Laufe des 16. Jh. zur führenden Familie im Vinschgau brachten. Die Vertreter der Familie übten wichtige Funktionen im Dienste des Landesherrn und des Kaisers aus und sammelten immer mehr Besitztitel, dazu erwarben sie die Gerichtsherrschaften in Schlanders und Kastelbell auf dem Pfandweg. Schließlich gehörten der Familie neben Schloß Goldrain die Burg Rotund im Münstertal, die Burg Reichenberg im Münstertal, die Hendlsburg in Glurns, Schlandersegg und das Plawennhaus in Schlanders, die Schlandersburg, die Burg Schlandersberg, der Mairhof zu Schanzen in Goldrain, die Burg Latsch, das Schloß Juval, das Schloß Kastelbell (1531 als Pfandschaft gegen 12000 fl.), der Ansitz Kasten in Galsaun, die Burg Hochgalsaun und das Schloß Maretsch bei Bozen.

Großvater, Vater und Enkel - drei aufeinanderfolgende Generationen bauten Schloß Goldrain zu dem aus, was es heute ist, und machten das Anwesen, das der bedeutendste, aber bei weitem nicht der einzige Besitz der Familie war, zum identitätsstiftenden Mittelpunkt. Die älteste Wappendarstellung des Schloßensembles befindet sich als Relief am Viereckerker im rechten Bild oben, genauer am Südosterker des Nordosttraktes des Kernschlosses, über der auf einer marmornen Wandvorlage ruhenden Auskragung und unterhalb des schmiedeeisernen Fensterkorbes. Der unregelmäßige Stein ist auf 1528 datiert und enthält innerhalb eines Dreipasses drei (1:2) Schilde von symmetrischer Tartschenform mit spitz ausgezogenen oberen Ecken und lebhaft bewegtem oberem Rand mit einer Kerbe in der Mitte zwischen zwei S-förmigen Begrenzungszügen und mit zu einer kleinen Spitze ausgezogenen, bauchig-runden Unterseite. Dieser Erker (Abb. oben rechts) stammt aus der zweiten Bauphase. Die Abb. links zeigt hingegen den Erker an der Südecke des Kernschlosses aus der dritten Bauphase.

Es handelt sich um das Wappen von Sigmund Hendl zu Goldrain und dessen zweiter Ehefrau Dorothea von Ramschwag, Tochter von Donat von Ramschwag und dessen Frau Praxedis (Braxedis) von Montani. Über den Schilden der beiden Ehepartner ist der erzherzogliche Bindenschild als Symbol für die engen und guten Beziehungen zum Landesherrn. Das Wappen des Ehemannes zeigt in Silber ein rotes Mühlrad. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Tir Seite: 8 Tafel: 9. Das hier nicht dargestellte Kleinod wäre auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem silbernen Kissen ein rotes Mühlrad. Sigmund Hendl hatte den großen Osterker als Erweiterung an das Kernschloß anbringen lassen. Er war es, der dem Aufstieg der Familie große Impulse gab, durch gute Beziehungen zum Landesfürsten, durch Zuerwerbungen und durch planvolle Verheiratung seiner Kinder mit alten und einflußreichen Adelsgeschlechtern. Seine Söhne plazierte er als Amtmänner des Landesherrn oder er ließ sie in Kriegsdiensten Karriere machen, was ebenfalls die Nähe der Familie zum Landesherrn förderte. Sigmund Hendl war wirtschaftlich sehr erfolgreich und konnte es sich leisten, seinem Landesherrn Geldmittel zur Verfügung zu stellen, die größte Summe floß 1531 für die Pfandschaft für das Gericht Kastelbell: 12000 fl., kein Wunder, daß die Beziehungen zu Erzherzog Ferdinand I. sehr gut waren. Neben Goldrain baute Sigmund Hendl auch Schloß Kastelbell aus.

Das Wappen der niederadeligen von Ramschwag zeigt in Silber zwei schreitende, rote, golden gekrönte, hersehende Löwen übereinander. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken drei wachsende, silberne Schwanenhälse hintereinander. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 67 Tafel: 40. Das Wappen wird u. a. in der Züricher Wappenrolle von ca. 1340 abgebildet. Die 1176 erstmalig urkundlich belegte Familie stammte ursprünglich aus der Schweiz, genauer aus dem Kanton St. Gallen; ihre Mitglieder standen einerseits im Dienste der Äbte von St. Gallen, andererseits der Habsburger. Ihnen gehörten neben der Stammburg Alt-Ramschwag in Häggenschwil (kurz nach 1200 errichtet, heute Ruine) die Burg Neu-Ramschwag im selben Ort (abgetragen), die Burg Ramschwag bzw. Welsch-Ramschwag in Nenzing (1270-1290 errichtet, 1405 zerstört), der Hof und die Vogtei Waldkirch, der Reichshof Kriessern mit der Burg Blatten in Oberriet im Rheintal (1277 als Pfand, heute ebenfalls Ruine), der Zoll Lindau (Bayern), die Vogtei über die freien Leute im oberen Thurgau, die Burg Gutenberg bei Balzers in Liechtenstein (seit 1309, Herren von Ramschwag waren Vögte 1470-1746, im späten 18. Jh. Verfall, 1906-1910 wiederaufgebaut) und die Burg Kemnat bei Kaufbeuren (1280-1373, 1805 zerstört). Die Familie der Herren von Ramschwag ist 1854 mit dem württembergischen Hauptmann Maximilian Christoph von Ramschwag im Mannesstamm erloschen.

Das gleiche Paar Wappenschilde für Sigmund Hendl zu Goldrain und dessen zweite Ehefrau Dorothea von Ramschwag, aber nun ohne den dritten, hochgesetzten Schild, ist noch einmal am Schlußstein des reich profilierten Spitzbogenportales aus Laaser Marmor an der Nordostseite des Kernschlosses, vom sog. Hinterhof aus am Nordostzubau zu sehen. Diese Erweiterung stammt aus der zweiten Bauphase. Durch die gotische Schrifttype der Datierung wirkt der Stein sehr altertümlich, wurde fälschlicherweise auch lange für den ältesten heraldischen Beleg am Schloß gehalten, doch der Eindruck täuscht: Die in römischen Zahlzeichen notierte Jahreszahl ist m ccccc ... xxix, also 1529, damit ist der Stein ein Jahr nach dem zuvor beschriebenen gehauen worden, und die Form der Tartschen ist an beiden Steinen identisch. Auch die Darstellung der Löwen mit den anatomisch zu kurz geratenen Vorderbeinen und den Schwänzen mit jeweils drei Quasten ist so ähnlich, daß der gleiche Steinmetz angenommen werden darf. Heute kommen die beiden Wappensteine wenig gut zur Geltung, weil sie sich in Nebenkompartimenten des Ensembles befinden, doch zur Entstehungszeit bestand die Umfassungsmauer noch nicht, so daß die Wappendarstellungen unmittelbar auf den Ankommenden wirken konnten. Eine weitere Darstellung dieses Paares ist im Innern des Schlosses am Bartlmä Dill-Riemenschneider-Ofen in der Mesnerstube zu finden, sogar in Farbe.

Mit diesem Wappenstein, ebenfalls an der Nordostseite des Kernschlosses zu finden, springen wir eine Generation weiter, denn dieses aus zwei Schilden bestehende Allianzwappen steht für Franz Hendl (-1.9.1591) und seine Ehefrau Maria Botsch von Zwingenberg zu Auer, Tochter von Simon Botsch von Zwingenberg, Landeshauptmann, und dessen Frau Sibilla von Welsberg-Villanders. Durch die Position des Schwiegervaters war das eine politisch klug gewählte Verbindung. Dieser Wappenstein stammt aus der Zeit nach 1562 und zeugt von Erweiterungsmaßnahmen unter Franz Hendl zu Goldrain, wobei die Zuordnung durch die Initialen FHzG unter den Schilden untermauert wird. Franz Hendl hatte zwei einfache Erker auf Kragsteinen an das Kernschloß anbringen lassen, um mehr Licht in die Innenräume gelangen zu lassen, und an dem rechten (westlichen) davon befindet sich dieser Wappenstein unter dem Fenster des Obergeschosses. Franz Hendl ließ ferner den Südtrakt mit dem Rittersaal, den Balkon und die Loggia im Innenhof errichten.

Franz Hendl setzte die Politik seines erfolgreichen Vaters fort und erwarb zusammen mit seinen Neffen die Burg Juval, eine landesherrliche Lehensburg, mit der die Familie 1581 belehnt wurde und die von den verschiedenen Familienzweigen gemeinschaftlich verwaltet wurde. Franz bekam bei der Linienteilung Goldrain und erwarb die Herrschaft Schlanders. In enger Bindung an den Tiroler Landesherrn machte er militärisch Karriere: Franz war Truppenhauptmann und führte 1566 ein Heer gegen die Türken nach Ungarn. 1568-1578 hatte er das Kommando über die Besatzungskräfte, die das Hochstift Trient im sog. Temporalienstreit besetzt hielten. 1573 wurde ihm der Titel eines Ritters zuerkannt. Seit 1573 war er Tiroler Obrist Feldzeugmeister und verantwortlich für die Ausstattung der Landesburgen mit Kriegsgerät. Im Vinschgau war er Viertelhauptmann. Seit 1582 war er Verwalter der Landeshauptmannschaft und seit 1590 Landeshauptmann an der Etsch als Nachfolger von Franz Trautson, ein Amt, das er bis zu seinem Tod im September 1591 bekleidete. Und gleichzeitig war er auch Burggraf auf Tirol, weil diese beiden Ämter miteinander verknüpft waren.

Für die Hendl finden wir hier erstmals das vermehrte Wappen, wie es ab 1561 geführt wurde (Wappendiplom). Es ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein rotes Mühlrad (Stammwappen), Feld 2 und 3: schräggeteilt, oben rot, unten blau-silbern gerautet (erloschene von Reichenberg). Die hier nicht dargestellten beiden Kleinode wären: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken auf einem silbernen Kissen ein rotes Mühlrad (Stammhelm Hendl), Helm 2 (links): auf dem gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken ein Flug in den Formen und Farben von Feld 2 und 3 (Kleinod der ausgestorbenen v. Reichenberg). Hierbei handelt es sich um das freiherrliche Wappen.

Die Hendl sind 1998 insgesamt ausgestorben, in der späteren jüngeren Linie zu Goldrain schon am 18.11.1861 im Mannesstamm mit dem 1780 geborenen Grafen Kaspar Hendl, der im Alter von 70 Jahren die 20jährige Bürgerliche Karolina Antonia Daxer geheiratet hatte, mit der er fünf Kinder hatte, die aber laut Testament des Grafen Karl Hendl von der Erbschaft ausgeschlossen waren.

Das Wappen der Tiroler Familie Botsch von Zwingenberg zeigt in Silber drei schwarze Balken. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: TirA Seite: 20 Tafel: 2. Es wird ferner im Donaueschinger Wappenbuch geführt, dort allerdings unter dem Namen gotcz = Gotsch. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu schwarz-silbernen Decken ein silberner, mit drei schwarzen Balken belegter Hut mit Hermelinstulp, oben mit schwarzen Hahnenfedern besteckt. Eigentlich hat diese Familie ihre Wurzeln in Florenz, und ihr Name wandelte sich von de Rossis oder auch de Bambarossi, und aus dem Namen Botzo de Rossis entwickelte sich der neue Familienname Botsch, also eigentlich aus einem Vornamen unter Weglassung des Stammnamens. Die Familie wandte sich nach Bozen und wurde einer der bedeutendsten Familien Tirols. Ihren Beinamen erhielt sie von der Zwingenburg bei Tisens-Prissian, ein Lehen, welches sie seit 1417 innehatte. Die Burg Auer bei Dorf Tirol hatte sie seit 1468 als erzherzogliches Lehen inne, und so entstand der vollständige Name Botsch von Zwingenberg und Auer. Weitere Burgen in Familienbesitz waren die Burg Kasatsch bei Nals (seit 1390) und die Burg Goien bei Schenna (seit 1498). Die Familie ist 1639 im Mannesstamm erloschen. Das Wappen gelangte daraufhin an die von Stachelburg (Bestätigung im Grafendiplom 1698).

Weitere Wappendarstellungen für Franz Hendl und seine Frau sind im Innern des Schlosses zu finden, so in der Kapellenstube in der Kassettendecke, ein weiteres Wappen für Franz Hendl ist am Chorstuhl der Herrschaftsloge in der Schloßkapelle. Über dem Portal zum Rittersaal ist ein weiteres marmornes Wappenrelief: im Dreiecksgiebel über der Tür ist das vermehrte Vollwappen der Hendl, an den beiden Seiten sind die später hinzugefügten, stilistisch jüngeren Wappenschilde Botsch und Ramschwag zu sehen, das einzige generationenübergreifende "Wappenprogramm" des Schlosses. Ein vergleichbares Allianzwappen dieses Paares Hendl/Botsch ist im Innenhof des Schlosses Kastelbell zu finden.

 

Abb. links: Blick in den Innenhof des Kernschlosses aus der vierten Bauphase ca. 1586-1589. Im zweiten Obergeschoß befindet sich die herrliche Renaissance-Loggia mit Arkaden auf toskanischen Säulen, Wandkonsolen aus Marmor und einem darauf ruhenden Kreuzgratgewölbe. Abb. rechts: Das beschriebene vermehrte Wappen der Hendl von Goldrain findet sich in den Grünanlagen vor dem Hauptzugang als moderne Mosaikarbeit aus bunten Platten, von einer Hecke eingefaßt.

Die beste Steinmetzarbeit mit dem vermehrten Hendl-Wappen befindet sich auf dem südwestlichen Rustika-Portal des Kernschlosses, das aus der vierten Bauphase stammt und aus weißem Marmor gefertigt ist. In der Laibung des Portalscheitels steht die Jahreszahl 1586, zu finden unter dem die Kartusche unten abschließenden Rollwerk.

Die Erhebung der Hendl in den Freiherrenstand erfolgte durch Erzherzog Maximilian am 26.6.1615. Sie erhielten den Titel als Freiherren Hendl "zu Goldrain, Juval und Maretsch, Herren zu Ober- und Niederreichenberg". Im Jahre 1635 wurde der Familie von Kaiser Ferdinand II. das Ehrenprädikat "wohlgeboren" zugestanden, und das Wappen wurde später weiter gebessert. 1697 erfolgte die Erhebung in den Grafenstand.

 

Ein weiteres vermehrtes Hendl-Wappen ist als Fassadenmalerei als Bestandteil einer Sonnenuhr an der Westecke der Südwestfassade des Schlosses über dem dortigen Balkon angebracht, der fast ein bißchen venezianisch wirkt. Es handelt sich um eines der wenigen Wappenfresken des Schlosses, das im Gegensatz zu anderen Ansitzen der Region eher wenig davon besitzt. Wie oben zu sehen, bevorzugte man hier Reliefdarstellungen aus Laaser Marmor an markanten, repräsentativen Stellen. Mit diesem Allianzwappen springen wir eine Generation weiter, denn bei dem Ehepaar handelt es sich um Ulrich Freiherr Hendl und dessen Frau Margarethe von Thun. Die Wappenschilde sind farbig gefaßt, wobei allerdings die Farbe Blau verblichen ist. Unter den beiden Konsolsteinen des Balkones ist das gleiche Wappenpaar zu sehen (Abb. unten). Ulrich Hendl, der auch den von seinem Vater begonnenen Rittersaal fertigstellte, ließ diesen Balkon nachträglich an den von seinem Vater errichteten Bau anbringen.

                         

Ein kleines Detail an der Sonnenuhr-Wappendarstellung ist bemerkenswert: Dem silbernen Balken des Herzschildes ist ein goldener Stern aufgelegt, der nur hier am Schloß Goldrain auftaucht und sonst nirgends verifiziert werden kann, und der Wappenschild unter der rechten Balkonkonsole hat sogar nur diesen Stern im Herzschild.

Ein weiteres Mal begegnet uns das Wappen der Beiden am Haupttor der südwestlichen Ringmauer (Abb. unten) aus der fünften Bauphase. Ulrich Hendl ließ die Umfassungsmauer und die vier Rundtürme an den Ecken errichten. Obwohl die Türme mit ihren Schießscharten wehrhaft erscheinen, dienten sie mehr der Repräsentation als der Verteidigung und mußten ihre Stärke im Verteidigungsfall nie unter Beweis stellen. Das Tor aus weißem Marmor ist äußerst repräsentativ, mit einer doppelten Diamantquaderreihe im unteren Teil beiderseits der Durchfahrt und Rustikaquadern darüber. Während das linke Wappen (Hendl) über dem Tor abhanden gekommen ist, ist rechterhand das Wappen Thun auf der stark einwärts geneigten Kartusche zu sehen, es ist geviert, Feld 1 und 4: in Blau ein goldener Schrägbalken (Thun), Feld 2 und 3: gespalten, rechts in Silber ein halber roter Adler am Spalt, links in Schwarz ein silberner Balken (Königsberg a. d. Etsch, Monreale).

Im Jahre 1516 hatten die Herren von Thun das Wappen der Herren von Königsberg und deren Schloß in der Ebene von Rotaliana übernommen. Da im Jahre 1619 das Symbol für die Herrschaft Caldes (erloschene Familie der Herren von Caldes) als Herzschild hinzukam, welcher am Tor noch fehlt, ist dieses Wappen (Abb. unten rechts) vor 1619 zu datieren. In der Freskenmalerei (Abb. weiter oben rechts) hingegen ist der Caldes-Herzschild zu sehen, damit ist diese Sonnenuhr nach 1619 gemalt worden. Somit haben wir folgende Entwicklungsstufen zu unterscheiden: vor 1604 geviert mit zwei Helmen, 1604-1619 geviert mit drei Helmen, ab 1619 geviert mit Herzschild und drei Helmen. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bö Seite: 177 Tafel: 77, Band: Bö Seite: 264 Tafel: 121, Band: OÖ Seite: 458 Tafel: 112, Band: Salz Seite: 67 Tafel: 27 etc.

 

Jeweils nicht dargestellt sind die zwei bzw. drei zum Wappen Thun gehörenden gekrönten Kleinode. Vor der Wappenvermehrung sind das: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit blau-goldenen Decken ein blaues Paar Büffelhörner, rechts schrägrechts und links schräglinks mit einem goldenen Schrägbalken belegt (Thun), Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein Flug, rechts silbern mit einem halben roten Adler, links schwarz mit einem silbernen Balken (Königsberg, Monreale), Varianten in der Literatur, z. B. schwarz-silberne Helmdecken für Helm 2. Mit der Wappenvermehrung kam noch ein dritter Helm zwischen die beiden beschriebenen hinzu, Helm 1 (Mitte): auf dem Helm mit rechts blau-goldenen und links rot-silbernen Decken ein wachsendes rotes Einhorn, mit einem silbernen Balken belegt (Caldes). Die aus Tirol stammende Familie Thun, die 1604 in den Freiherrenstand und 1629 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, stellte übrigens zwei Fürstbischöfe von Salzburg. 1911 erfolgte sogar die Erhebung in den Fürstenstand (Weitergabe an den jeweils Erstgeborenen), dessen sich die Familie aber nur bis zum Adelsaufhebungsgesetz 1919 erfreuen konnte.

Ein ganz ähnliches Allianzwappen der selben Eheleute, aber mit allen vier (2x2) Kleinoden, befindet sich als Reliefschnitzerei in der Decke des Rittersaales. Ein weiterer Stein mit der gleichen Kombination ist in Schloß Goldrain am Weihwasserstein in der Rahmung des Kapellenportales zu finden, weiterhin am Türsturz des Nordturmes der Ringmauer. Am Ofen im Geisterzimmer sind weitere Wappenkacheln dieses Paares, wobei das Thun-Wappen in mehreren Entwicklungsstufen zu sehen ist (1601 bzw. 1633). Außerdem ist diese Wappenkombination Hendl/Thun an Schloß Maretsch in Bozen zu finden, dort allerdings in einer späteren Version mit dem Herzschild für die Herrschaft Caldes.

An besagtem Haupttor in der südlichen Ringmauer dominiert in der Mitte des gesprengten Dreiecksgiebels das erzherzogliche Wappen mit dem Bindenschild (in Rot ein silberner Balken), überhöht von einem Erzherzogshut (sieben Zacken des Aufschlages mit jeweils einem Hermelinschwänzchen, gerautete Füllung, Mittelspange in Astform und zwei Seitenbügel, oben Reichsapfel mit Kreuz, Detailvergrößerung unten links). Man beachte vor allem die feine Damaszierung der roten Plätze im Schild. Unter der erzherzoglichen Krone ist in der oberen Rollwerkeinfassung eine Fratze zu sehen.

 

Ausschnitt aus der Genealogie der Hendl unter Hervorhebung der Wappenbesitzer:

Literatur, Links und Quellen:
Wilfried Bahnmüller, Burgen und Schlösser in Tirol, Südtirol und Vorarlberg, Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, Wien, Linz 2004, ISBN 3-85326-333-X, S. 172-174.
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Klaus Brandstätter: Der Stammbaum der Hendl, in: Schloß Goldrain und die Grafen Hendl, herausgegeben vom Südtiroler Kulturinstitut und vom Bildungshaus Schloß Goldrain, Tappeiner Verlag, 2000, ISBN: 88-7073-256-8, S. 71 ff.
Günther Schöpf: Die Heraldik der Hendl in Schloß Goldrain, in: Schloß Goldrain und die Grafen Hendl, herausgegeben vom Südtiroler Kulturinstitut und vom Bildungshaus Schloß Goldrain, Tappeiner Verlag, 2000, ISBN: 88-7073-256-8, S. 137 ff.
Helmut Stampfer: Zur Baugeschichte von Schloß Goldrain, in: Schloß Goldrain und die Grafen Hendl, herausgegeben vom Südtiroler Kulturinstitut und vom Bildungshaus Schloß Goldrain, Tappeiner Verlag, 2000, ISBN: 88-7073-256-8, S. 107-136, Pläne S. 182-187.
Klaus Brandstätter: Geschichte der Familie Hendl vom Mittelalter bis ins 18. Jh., in: Schloß Goldrain und die Grafen Hendl, herausgegeben vom Südtiroler Kulturinstitut und vom Bildungshaus Schloß Goldrain, Tappeiner Verlag, 2000, ISBN: 88-7073-256-8, S. 17-63.
Herren von Ramschwag:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ramschwag
Herren von Ramschwag: Martin Leonhard, Ramschwag [Ramswag], von, im Historischen Lexikon der Schweiz,
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D20305.php
Botsch von Zwingenberg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Botsch
Schloß Goldrain:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Goldrain - http://it.wikipedia.org/wiki/Castello_di_Coldrano
http://books.google.de/books/about/Schloss_Goldrain_und_die_Grafen_Hendl.html?id=A4xJAQAAIAAJ
Geschichte:
http://www.dickemauern.de/goldrain/ge.htm - Grundriß: http://www.dickemauern.de/goldrain/gr.htm
http://www.burgen-adi.at/schloss_goldrain/ - http://www.burgen-adi.at/schloss_goldrain/goldrain_geschichte.htm
Bildungshaus:
http://www.schloss-goldrain.com/cgi/sdcgi.exe?sprachid=D - Gründung des Bildungshauses: http://www.schloss-goldrain.com/cgi/sdcgi.exe?USERID=5880132DCAB1169342F942B2&SID=I&action=&fname=&ebene=013002001&mkrecno=89&iklasse=2
Oswald Trapp: Tiroler Burgenbuch, Band I: Vinschgau, Athesia 1972, ASIN: B00I1M4ST8
Josef Rampold: Vinschgau, Landschaft, Geschichte und Gegenwart am Oberlauf der Etsch. Das westliche Südtirol zwischen Reschen und Meran, Bozen, Athesia 1977, ASIN: B004WGR6TQ

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