Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2022
Bischofsheim an der Rhön (Landkreis Rhön-Grabfeld, Unterfranken)

Der rechteckige Brunnen von 1592 auf dem Marktplatz

Der zweite gußeiserne Brunnen auf dem Bischofsheimer Marktplatz steht auf dem schmäleren Südostende des Dreiecks vor einem Café. Er ist von der Grundfläche her der größere von beiden, und er hat einen viereckigen Brunnentrog, wobei jede der vier Seiten von vier gußeisernen Reliefplatten gebildet wird. Vier Plattentypen wechseln einander auf jeder Seite ab. Die zentrale Brunnensäule aus Stein von 1612 hat genau wie bei dem achteckigen Brunnen einen schmiedeeisernen Aufsatz, der das Motiv der geharnischten Wächter aufgreift, ein Typ zu jeder Seite. Im Vergleich zum ein Jahrzehnt früher entstandenen achteckigen Brunnen gibt es hier keinerlei Inschriften außer der Jahreszahl, auch die Initialbuchstabengruppen fehlen größtenteils.

Drei der vier Reliefplattentypen tragen das Stadtwappen (im obigen Bild die drei optisch linken Platten), zwei der Typen das fürstbischöfliche Wappen (im obigen Bild die zweite und die vierte Platte, von links gezählt), und alle sind mit der Jahreszahl 1592 bezeichnet. Alle Platten werden oben von einem flachen Bogen abgeschlossen, der aus geraden Teilstücken zusammengesetzt ist.

Der erste Typus der Reliefplatten trägt nur das fürstbischöfliche Wappen von Julius Echter von Mespelbrunn innerhalb eines kreisrunden, viermal gebundenen Laubkranzes. Es ist geviert: Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, für das Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Schrägbalken, belegt mit drei blauen Ringen, Stammwappen der Echter von Mespelbrunn, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg.

Der zweite Typus hat das fürstbischöfliche Wappen oben zwischen zwei männlichen Figuren, in der Mitte die Jahreszahl 1592, und unten das Stadtwappen. Von geübter Hand sind modulare Vorlagen erstellt worden, die von ungeübter Hand zur Gußform zusammengestellt wurden: Ganz deutlich wird das nicht nur bei den erkennbaren Rändern der Grundplatten der einzelnen Module, sondern auch bei den kleinen Fehlern. So kann wie oben versehentlich das Stadtwappen mal auf dem Kopf stehen (was bei Absicht traditionell als eine Schande für ein Wappen und dessen noch existierenden Besitzer angesehen wird), wenn es falsch herum in die Form gepreßt wurde, und bei einzelnen Ziffern wie oben der 9 und unten bei der 2 darf man es mit der Ausrichtung auch nicht so genau nehmen.

Bei diesem zweiten Vertreter des ersten Plattentyps sitzt das Stadtwappen wenigstens richtig herum. Das Stadtwappen von Bischofsheim zeigt in Rot eine silberne Stadtbefestigung mit drei Zinnentürmen, unter dem gemauerten Torbogen befindet sich der Kopf eines Bischofs mit silberner Mitra. Heute wird das Wappen mit blaubedachten Türmen geführt, und der Hintergrund des Bischofskopfes ist ebenfalls blau. Die Tinkturen sind seit dem 16. Jh. belegt. Damit wird der Name der Stadt redend umgesetzt: Das Zuhause des Bischofs.

Zum fürstbischöflichen Wappen gehören drei Helme: Helm 1 (Mitte): ein Paar blauer Büffelhörner, jeweils belegt mit einem silbernen Schrägbalken, der wiederum mit drei blauen Ringen belegt ist, Helmdecken blau-silbern, Stammkleinod der Echter von Mespelbrunn, Helm 2 (rechts): ein Paar Büffelhörner, jeweils im Spitzenschnitt rot-silbern geteilt, Helmdecken rot-silbern, für das Herzogtum zu Franken, Helm 3 (links): auf einem Fürstenhut drei Straußenfedern in den Farben Silber, Rot und Blau (Reihenfolge kann variieren) zwischen zwei rot-silbern gevierten Standarten mit goldenem Schaft, Helmdecken rot-silbern, für das Hochstift Würzburg. Viele der Details sind hier dem relativ groben Guß zum Opfer gefallen, insbesondere beim Echter-Wappen in der kleineren Version zwischen den beiden Bewaffneten.

 

Wie beim Achteckbrunnen tauchen auch hier die beiden dort beschriebenen Bewaffneten auf, sowohl auf den Platten, wobei jede der vier Brunnentrogseiten eine Platte mit den Beiden hat, als auch oben als schmiedeeiserne Figur auf der zentralen Brunnensäule. Der jeweils heraldisch Rechte ist so gut wie identisch an beiden Brunnentrögen, der jeweils heraldisch Linke trägt auf den Reliefplatten des Viereckbrunnens jedoch keine Hellebarde wie beim Achteckbrunnen, sondern nur einen kleinen, länglichen Gegenstand in der ausgestreckten Rechten. Als Figur auf der Brunnensäule hat er hingegen wieder die Hellebarde in der Hand.

Der dritte Grundtyp der Reliefplatten hat oben für sich alleine das bereits beschriebene Stadtwappen, welches die Jahreszahl in zwei Ziffernpaare teilt, unten sind zwei Vollwappen von in der Rhön beheimateten Adelsgeschlechtern ohne jede weitere Funktionszuordnung zu sehen.

Das heraldisch rechte Wappen der beiden unteren ist das der von der Tann, in Rot eine gebogene silberne Forelle, auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein golden gekrönter roter hoher Hut (oder als Säule beschrieben, ursprünglich aber ein Hut, der wie so oft später zur Säule wurde), belegt mit der silbernen Forelle, oben mit rot-silbernen Federn besteckt.

Das heraldisch linke Wappen der beiden unteren ist das der Schutzbar gen. Milchling, in Silber drei (2:1) dreipaßförmig zusammengestellte und miteinander verbundene schwarze Kugeln (auch als Blätter bzw. insgesamt als Kleeblatt beschrieben), auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit dem Schildbild.

Beide Wappen zusammen sind das Ehewappen von Melchior Anhard (Anark) von der Tann (14.2.1533-5.6.1608), der zuerst fürstlich-fuldischer Amtmann zu Rockenstuhl war, dann fürstbischöflich-würzburgischer Amtmann in Bischofsheim. Er war der Sohn von Eberhard von der Tann (1495-9.6.1574), dem Begründer der wieder erloschenen Eberhardischen Nebenlinie, vermählt am 4.1.1529 mit Maria Anna Schenk von Schweinsberg (-8.8.1567). Melchior Anhard (Anark) von der Tann war vermählt mit Agnes Schutzbar gen. Milchling. Sein Epitaph befindet sich in der evangelischen Friedhofskirche Tann mit je 8 Ahnenwappen für ihn und seine Frau.

Der vierte Grundtyp der Reliefplatten besitzt drei (1:2) Schilde. Oben ist für sich alleine das oben bereits beschriebene Stadtwappen, das die Jahreszahl in zwei Ziffernpaare teilt, unten sind zwei mit in den Schild gesetzten Initialen TB und HW personalisierte Bürgermeisterwappen, vom Motiv her, das eine mit dem Faß, das andere mit dem Wagenrad, sind es die gleichen wie am Achteckbrunnen.

Wie die obige Abbildung zeigt, tauchen an den einzelnen Seiten alle vier verschiedenen Grundtypen der Reliefplatten auf, die Reihenfolge ist aber keine festgelegte, sondern die Gußplatten werden zufällig nebeneinandergereiht.

Literatur, Links und Quellen:
Reinhold Albert, Chronik von Bischofsheim a. d. Rhön: mit Haselbach und dem Kreuzberg, Bischofsheim a.d. Rhön, 2010.
Bischofsheim:
http://www.franken-wiki.de/index.php/Bischofsheim_an_der_Rhön - http://de.wikipedia.org/wiki/Bischofsheim_an_der_Rhön
Baudenkmäler:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Bischofsheim_an_der_Rhön
Stadtwappen:
http://www.hdbg.eu/gemeinden/web/index.php/detail?rschl=9673117
Barbara Schock-Werner, Die Bauten im Fürstbistum Würzburg unter Julius Echter von Mespelbrunn, 536 S., Schnell & Steiner Verlag 2005, ISBN-10: 379541623X, ISBN-13: 978-3795416232, S. 326-327
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974, 192 S.

achteckiger Marktbrunnen von 1582 - kath. Pfarrkirche St. Georg - fürstbischöfliches Amtshaus

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