Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2004
Reichmannsdorf (zu Schlüsselfeld, Landkreis Bamberg, Oberfranken)

Das Schloß in Reichmannsdorf

Das Reichmannsdorfer Schloß ist eine mächtige Dreiflügelanlage mit einem langen Hauptflügel, dessen Gartenfassade nach Süden weist, und zwei kurzen Seitenflügeln, die nach Norden zur Straße hin einen breitrechteckigen Ehrenhof bilden. Jenseits der Straße befinden sich Wirtschaftsgebäude. Gartenseitig vorgebaut ist eine riesige, rechteckige Terrasse mit abgeschrägten Ecken, die große Teile der Räumlichkeiten des Hotelbetriebes enthält, zu dem auch ein östlich des Schlosses in Nord-Süd-Richtung errichteter Neubau gehört. Der Hotel-Betrieb ist so baulich eng mit dem Barockschloß verzahnt. Die beiden unteren Stockwerke und die Kellergewölbe werden vom Hotel genutzt, nur das oberste Stockwerk ist die Privatwohnung des Schloßherrn. Südlich des Schlosses befinden sich Garten und Park, an den im Westen zwei durch einen Damm voneinander getrennte, künstlich angelegte Seen anschließen (Großer Mühlsee), die noch weiter in gerader Linie nach Westen durch mehrere aufeinanderfolgende Teiche fortgesetzt werden (Reichmannsdorfer Teiche). Von der nach Westen führenden Staatsstraße von diesen getrennt, erstreckt sich nördlich ein weitläufiger, 1991-1995 angelegter Golfplatz, betrieben vom Golfclub Schloß Reichmannsdorf e. V. und dem derzeitigen Schloßherrn, Franz Ferdinand von Schrottenberg, der zugleich Präsident des Golfclubs ist, und seinem Sohn Ferdinand von Schrottenberg, der den Hotelbetrieb leitet.

Abb.: Gartenfassade des Schlosses

Die von Schrottenberg erscheinen relativ spät in Franken. Das Geschlecht stammt aus der Obersteiermark und Tirol. Die erste Herrschaft Schrottenberg lag an der mährischen Grenze und wurde verkauft. Die nächste Heimat der Familie lag in Südtirol; sie waren 1393 mit Bischof Georg von Lichtenstein dorthin gekommen und konnten durch Heirat Fuß fassen. In Südtirol spaltete sich die Familie in zwei Linien. Deren jüngere, die zu Salurn, wandte sich nach Franken. Einst war hier Besitz der Truchseß von Pommersfelden (1710 ausgestorben) und der von Laufenholz. Das Schloß der Truchsessen wurde 1642 durch Brand vernichtet. Das ruinöse ehemalige Schloß wurde 1689 von Wolf Philipp von Schrottenberg (15.7.1640-6.10.1715) erworben, Sohn von Christoph Carl von Schrottenberg (1604-29.4.1640) zu Salurn (Südtirol), kaiserlicher Obrist-Wachtmeister, und dessen Frau, Dorothea von Lauter (1612-15.7.1681). Gegen Ende des 17. Jh. kaufte er auch weite Teile der Gemeindeflur hinzu, um sich eine Grundherrschaft aufzubauen. Wolf Philipp von Schrottenberg, der nach seines Vaters Tod geboren wurde, war Herr zu Reichmannsdorf, Ober- und Untermelsendorf, Eckersbach und Treppendorf. Er war kaiserlicher, kurmainzischer und bambergischer Rat, Oberkämmerer, Oberhofmarschall am fürstlich-bambergischen Hof und Oberamtmann zu Lichtenfels. Ferner war er Ritterrat des Kantons Steigerwald. Er wurde 1709 von Kaiser Joseph I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Vermählt war er mit Maria Juliana Sophia von Erthal, Tochter von Adam Albrecht von Erthal zu Leuzendorf und Gochsheim und dessen Frau Christina von Buttlar (1653-1702). Wolf Philipp von Schrottenberg, der die Familie in Franken etablierte, hatte nur einen Bruder, Octavius Melchior von Schrottenberg zu Salurn, geb. 1636, der als kaiserlicher Lieutenant in Kriegsdiensten stand und unvermählt starb. Eine Schwester namens Magdalena Barbara starb jung.

Abb.: Dreiecksgiebel der Südseite

Wolf Philipp von Schrottenberg ließ ab 1714 hier ein großzügiges Schloß anlegen. Die Pläne des Schlosses fertigte Leonhard Dientzenhofer an, und ausgeführt wurde der Bau durch seinen Bruder Johann Dientzenhofer. Der Rohbau war Ende 1715 fertig, aber die Fertigstellung außen dauerte bis 1719 und innen sogar bis 1730, das wurde alles unter den Söhnen des Gründers fertiggestellt. 1737 waren die Gartenanlagen fertiggestellt. Die Söhne von Wolf Philipp waren 1.) Philipp Dietrich Franz Freiherr von Schrottenberg (22.6.1675-26.11.1725), kaiserlicher, kurmainzischer und bambergischer Geheimer und Hof-Rat, Kämmerer und Oberamtmann zu Lichtenfels sowie Ritterhauptmann des Kantons Steigerwald, vermählt mit Eva Juliana Catharina von Sturmfeder, aber kinderlos, und 2.) Otto Philipp Freiherr von Schrottenberg (21.7.1681-10.5.1738), hochfürstlich-bambergischer geheimer, Hof- und Kriegsrat, Generalmajor, Kommandant und Oberschultheiß der Stadt und Festung Forchheim, vermählt mit Anna Catharina Sophie Heuslein von Eusenheim. Von letzterem, der 1702 bei der Belagerung von Landau schwer verwundet wurde und 1705 zu einem fränkischen Kreisregiment versetzt wurde, stammen die heutigen Schloßherren ab, allerdings nicht im Mannesstamm.

Die genannte Ämterkumulation der Familienmitglieder in Diensten der Bamberger Fürstbischöfe bildete die finanzielle Grundlage für den gewaltigen Schloßbau. Vor allem zeigte sich der Bamberger Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn dankbar für die stete Unterstützung bei all seinen Bauprojekten, und das waren, wie bei den Schönborns üblich, viele, z. B. Schloß Weißenstein in Pommersfelden. Diese Nähe zu fürstbischöflichen Bauprojekten machte es auch möglich, von den in fürstbischöflichen Diensten stehenden Baumeistern und Handwerkern zu profitieren, so kam man z. B. an den Hofbaumeister Johann Dientzenhofer als Architekten für das eigene Privatschloß. Seit Fertigstellung wurde Schloß Reichmannsdorf ununterbrochen bis heute von der Familie von Schrottenberg bzw. Sachenbacher von Schrottenberg bewohnt. Die dreistöckige Schauseite zum Garten hin ist 15 Fensterachsen breit, drei in dem durch Lisenen abgesetzten Mittelteil unter dem flachen Dreiecksgiebel und je sechs in den seitlichen Abschnitten. Zum Ehrenhof hin sind es wegen der Hanglage nur zwei Stockwerke. Die nach Norden offene Hufeisenform, die mit einem Gitter zur Straße hin abgeschlossen wird, ist übrigens konzeptionell eng verwandt mit dem fürstbischöflichen Schloß Pommersfelden, was bei der engen Verbindung von beiden Schlössern und Bauherren, der Gleichzeitigkeit der Entstehung und dem gleichen Urheber nicht verwundert. Und beiden Schlössern ist auch gleich, daß das hinter dem Mittelrisalit befindliche Treppenhaus mit zweiläufiger Treppe das repräsentative Herzstück des Konzeptes wurde.

Der Mannesstamm der Freiherren von Schrottenberg ist mittlerweile ausgestorben, der letzte männliche Nachkomme, Ferdinand Amand Ignaz Maria Freiherr von Schrottenberg, geb. 5.9.1908, ist 1941 in Rußland verschollen. Er war der Sohn von Ferdinand Johann Ignaz Maria Freiherr von Schrottenberg (23.9.1863-7-11-1928), vermählt mit Anna Katharina MacDonald (24.7.1874-). Der Reichmannsdorfer Zweig führt heute in weiblicher Linie über des Verschollenen Schwester Elisabeth Freiin von Schrottenberg auf Reichmannsdorf (31.7.1906-22.9.1987) den Namen fort als von Schrottenberg des Stammes Sachenbacher, bzw. als Sachenbacher von Schrottenberg, da sich die Eignerfamilie nun in männlicher Abstammung auf den Küfer Franz Sachenbacher zurückführen läßt, von dessen Nachkommen Alfred Sachenbacher (11.8.1906-) besagte Elisabeth geheiratet hatte. Der Familienzweig Voccawind ist bereits kurz zuvor, im Jahre 1933, erloschen. Deshalb sind die gegenwärtigen Schloßherren eigentlich Sachenbacher von Schrottenberg.

Abb.: Schrottenberg-Wappen im Dreiecksgiebel der Südseite zum Garten hin

Das vermehrte Wappen der Freiherren von Schrottenberg in der fränkischen Linie ist geviert, Feld 1 und 4: in Schwarz drei gestürzte, silberne Mondsicheln, Feld 2 und 3: in Silber ein roter Hahn. Auf der Südseite (Abb. oben) wird die Wappenkartusche von einer reichverzierten Laubkrone überhöht, auf der Nordseite (Abb. unten) werden jedoch die beiden Helme des Oberwappens dargestellt: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein Paar silberner Büffelhörner, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Hahn. Das Wappen wird beschrieben im Schöler S. 99, Tafel 38, mit dem etwas anders gestalteten Stammwappen (gespalten, rechts rot, links in Schwarz drei gestürzte, silberne Mondsicheln), ferner im Siebmacher Band: Bay Seite: 57 Tafel: 60, Band: Bad Seite: 74 Tafel: 44. In allen Quellen wird das Stammwappen wie beschrieben als Feld 1 und 4 beibehalten. Die fränkische Linie gab jedoch die rote Spalthälfte auf.

Abb.: Schrottenberg-Wappen im Dreiecksgiebel der Nordseite zum Ehrenhof hin

Der Übergang von konventioneller Schloßbewirtschaftung durch Forst- und Teichwirtschaft zu einer modernen Bewirtschaftung der Immobilie durch Golfplatz und Hotelbetrieb war ein recht dorniger und manchmal haarscharf am Scheitern. In den 80er Jahren wurden eine Betreiber-Firma gegründet und der Hotelbau begonnen, bis 1995 das finanzielle Aus kam und der Geldhahn seitens der Banken zugedreht wurde. 15 Jahre kämpfte man mit einem verwaisten Rohbau ums Überleben und nahm größte Entbehrungen in Kauf, um den Plan doch noch zu verwirklichen, eine harte Zeit für alle Beteiligten, und nach Auflösung des Pachtvertrages mit der Betreibergesellschaft 1999 erfolgte seit 2010 die Vollendung des Rohbaus, der in der Zwischenzeit verwildert war und beinahe zur Ruine geworden wäre: Im September 2011 konnte das Kongreß- und Tagungshotel eröffnet werden, und die Erhaltung dieses barocken Kleinods im Steigerwald ist sichergestellt.

 

Abb.: Wasserspeier an der Nordseite (links) und an den Wirtschaftsgebäuden (rechts).

Literatur, Links und Quellen:
Reichmannsdorf: http://www.franken-wiki.de/index.php/Reichmannsdorf_%28Schl%C3%BCsselfeld%29 - http://de.wikipedia.org/wiki/Reichmannsdorf_%28Schl%C3%BCsselfeld%29
Werner Dettelbacher, Stefan Fröhling, Andreas Reuß, DuMont Kunst Reiseführer Franken, 352 Seiten, DuMont Reiseverlag, Ostfildern, 5. Auflage 2010, ISBN-10: 3770141865, ISBN-13: 978-3770141869
Golfanlage:
http://www.golfanlage-reichmannsdorf.de/
Tagungs- und Kongress-Hotel:
http://www.schloss-reichmannsdorf.de/
http://www.infranken.de/regional/bamberg/Schloss-Reichmannsdorf-strahlt-in-neuem-Glanz;art212,332051
Genealogie der von Schrottenberg: Biedermann, Geschlechts-Register der Reichs-Frey unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken, löblichen Orts Steigerwald
http://books.google.de/books?id=5tJDAAAAcAAJ
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Schloß Reichmannsdorf beim Kniggebund:
http://www.kniggebund.de/index.php/unsere-repraesentanz.html
Schlösser im Steigerwald:
http://www.hv-bamberg.de/index.php?cat=Veranstaltungen&page=2012-04-28%20Steigerwald
Genealogie:
http://www.geneall.net/D/per_page.php?id=1654146 etc.
Wappen Schrottenberg: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 28 Seite 158
Schlösser und Burgen in Oberfranken, von Ruth Bach-Damaskinos, Peter Borowitz. Hofmann Verlag Nürnberg, ISBN 3-87191-212-3, S. 28-29

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