Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1931
Untergröningen (zu Abtsgmünd, Ostalbkreis)

Das Schloß Untergröningen

Aus dem bewaldeten Bergzug südlich des Kochers schiebt sich wie eine lange Zunge ein Hügel nach Norden, und auf diesem Umlaufberg steht in exponierter, das ganze Tal überblickender Lage Schloß Untergröningen hoch über dem gleichnamigen Ort. Das Plateau, auf dem das dreiflügelige Schloß steht, ist durch einen breiten Graben vom Hügelzug abgesetzt. Der Südflügel mit einem Eckturm an der Südostecke ist von den zusammenhängenden beiden anderen Flügeln im Osten und Norden etwas abgesetzt und stößt nur übereck an diese. Von Westen her führt eine steinerne Brücke zwischen zwei niedrigeren Flankierungsbauten hindurch in den Hof. Diese westliche Schauseite zeigt das Schloß am vielseitigsten mit den Kavaliersbauten und den beiden volutengeschmückten Giebeln an den Stirnseiten von Nord- und Südflügel.

Dieses Schloß ist das Ergebnis einer komplexen Baugeschichte. Es gab wohl früher einen Ortsadel von Gröningen, denn 1102 wird ein Witho de Gröningen in der Gründungsurkunde des Klosters Lorch als Bürge erwähnt, nähere Umstände sind nicht bekannt. Eine weitere Erwähnung datiert von 1108. Ein Burchardus de Groningen wird 1193 genannt, ein Sifridus de Gruningen 1218 und 1229, und ein Chunradus de Grueningen 1313. Ob diese auf einer entsprechenden Burg saßen oder nur ein Haus im Ort hatten, ist nicht belegbar. Am 7.11.1351 und 1436 wird jeweils eine Burg an dieser Stelle erwähnt, die sich zur Kontrolle des Tales in strategischer Lage geradezu anbietet. Die Erwähnung 1351 hat zum Hintergrund, daß Johann II. von Rechberg an seinen Bruder Ulrich VI. von Rechberg die Burg Untergröningen gegen Anteile an Sindelfingen verkauft (der Käufer der anderen Anteile war Württemberg). Die Burg Untergröningen ist über mehrere Generationen Besitz der Rechberger. Danach kam sie kurzfristig an die Herren von Yberg, die sie an die Schenken von Limpurg weiterverkauften, vorerst nur anteilig, bis die Schenken auch den Rest der Burg erwarben. Insgesamt erstreckte sich die Erwerbsphase von 1436 bis 1557. Ihr Vorkaufsrecht mußten die Schenken militärisch vor Ort und juristisch in Schwäbisch Gmünd und vor dem Rat der Reichsstadt Ulm durchsetzen.

Der Südflügel (rechts im unteren Bild) markiert die nächste Ausbauphase 1560-1565. Unter Christoph Schenk von Limpurg, dem nach einer Erbteilung 1557 neben Gaildorf nun die ganze Burg Untergröningen mit allen Anteilen gehörte, wurde die mittelalterliche Burg zum Schloß ausgebaut, indem ältere Wohnhäuser im südlichen Bereich durch den jetzigen Südflügel als Sitz des Vogtes ersetzt wurden. Die weiter unten beschriebene Wappentafel zeugt von diesem Ausbau, doch damals befand sie sich noch über dem neu erbauten Tor im Süden der Anlage, welches durch eine Zugbrücke gesichert war, die den tiefen Burggraben überspannte. Die nächste Ausbauphase fand 1603-1610 statt, Untergröningen wurde zum Jagdschloß und zur Sommerresidenz der Schenken von Limpurg umgebaut, und nun wurden Nord- und Ostflügel zusammen erbaut. Damals war das Schloß noch eine Vierflügelanlage vom Kastelltyp mit Innenhof, und der Zugang erfolgte immer noch durch ein seit dem späten 18. Jh. nicht mehr vorhandenes Tor unter der Wappentafel (s. u.). Die Westseite war jedenfalls durch mittelalterliche Mauern und Gebäude geschlossen.

Dann gab es erst einmal eine genealogisch bedingte Pause: Wilhelm Heinrich Schenk und Graf von Limpurg-Gaildorf (27.6.1652-12.5.1690), 1676 Herr von Limpurg-Gaildorf, 1682 Herr zu Schmiedelfeld, war mit Elisabetha Dorothea v. Limpurg-Gaildorf (13.11.1656-29.1.1712) vermählt, und die beiden hatten folgende Kinder: Juliana Dorothea Louise Gräfin zu Limpurg-Gaildorf (8.5.1677-4.10.1734), Karl Friedrich v. Limpurg-Gaildorf (16.3.1678-10.4.1678), Wilhelmina Christiana Gräfin v. Limpurg-Gaildorf (24.9.1679-15.12.1757), Karl Erdmann v. Limpurg-Gaildorf (1682-1682), Juliane Charlotte v. Limpurg-Gaildorf (1688-22.3.1699) und Sophia Elisabetha v. Limpurg-Gaildorf (7.8.1688-15.5.1705). Fazit: Die Söhne waren alle vor ihrem Vater gestorben, und die Linie zu Gaildorf erlosch. Nach ein bißchen Zank ums Erbe kamen Schloß und Amt Untergröningen an die beiden anderen Linien der Schenken von Limpurg zu Speckfeld und Obersontheim. Doch auch diese erloschen. Der allerletzte Schenk war Vollrath Schenk und Graf v. Limpurg (12.6.1641-19.8.1713), 1673 in Speckfeld, 1676 in Obersontheim, vermählt mit Sophia Eleonora v. Limpurg-Gaildorf (29.9.1655-18.5.1722).

Die drei Söhne, Philipp Johann Friedrich (1676), Christian Friedrich Gottfried (1689) und Friedrich Gottfried Adam (1691) verstarben alle als Babys, weiterhin drei Töchter, Eleonore Charlotte (1686), Christine Dorothea Amöne (1687) und Vollrathine Maria Sophia (1692). Es blieben mit Wilhelmine Sophie Eva (31.10.1677-21.8.1735), Christiana Magdalena Juliana (25.6.1683-2.2.1746), Amöne Sophie Friederike (24.8.1684-20.2.1746), Friderica Augusta (26.1.1694-28.7.1746) und Sophia Eleonora (10.6.1695-28.1.1738) 5 Erbtöchter. Die hatten in die Familien der Grafen von Prösing, der Landgrafen von Hessen-Homburg, der Grafen zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg, der Grafen von Schönburg-Waldenburg und der Grafen von Erbach geheiratet, und jetzt ging der Erbstreit nicht nur um Untergröningen richtig los. Der Streit ging irgendwann in die zweite Generation und dauerte bis 1774.

Man durchschlug den Gordischen Knoten schließlich durch Losentscheid, und das Los Untergröningen fiel am 22.11.1774 auf Sophia Maria Friderica Charlotte Landgräfin v. Hessen-Homburg (18.2.1714-1.5.1777), Tochter der oben genannten Sophia Eleonora v. Limpurg-Gaildorf (29.9.1655-18.5.1722), und Sophia Maria Friderica Charlotte war dreizehnjährig durch Heirat am 26.5.1727 in Straßburg mit dem 25 Jahre älteren Carl Philipp Franz Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein (17.7.1702-1.3.1763), Richter am Reichskammergericht in Wetzlar, selbst Fürstin von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein geworden. Nun wurde sie, mit 49 Jahren Witwe geworden, 1774 auch noch Herrin von Schloß Untergröningen. Sie, die viel lieber ihren Geburtsort Obersontheim bekommen hätte, machte das Beste daraus: Sie baute um. Architekt Sebastian Manz kam aus Ellwangen und barockisierte das Schloß. Die alte Zugbrücke wurde abgerissen, das Tor zugemauert. Im Westen wurde die kastellartige Anlage geöffnet, das noch mittelalterliche Reuterhaus wurde abgebrochen, und hier wurde eine breite und feste Zufahrt angelegt (Abb. oben). Dabei kamen auch die beiden Pavillons für die Offizianten rechts und links der Zufahrt hinzu mit ihren abgesetzten Dächern, und das Schloß erhielt sein heutiges Aussehen als Dreiflügelanlage einheitlicher Gestaltung. 1776 war das Schloß bezugsfertig, und ein spätbarocker Hofstaat zog ein und belebte die Mauern wieder, um die so lange gestritten worden war.

Am Schloß hat sich ein einziger repräsentativer Wappenstein aus der Ausbauphase des 16. Jh. erhalten. Die Position des Wappensteines mit der Bauinschrift schockiert den Photographen, hoch oben an der Wand und unnahbar befindet er sich in luftiger Höhe, so daß man nur mit überstrecktem Genick aus dem südlichen Schloßgraben in steilem Winkel heraufstarren kann, während hinter dem Betrachter dichter Wald jedes Photo aus erhöhter Position verhindert. Hier überquerte einst die Zugbrücke den Burggraben, ehe sie abgebrochen und durch die neue Zufahrt im Westen ersetzt wurde. Der frühere Zugang ist mittlerweile im Wald verschwunden. Die unten gegebenen Details sind folglich das Ergebnis teilweise erheblicher Bildnachbearbeitung.

 

Die Inschrift der linken Tafel lautet: "Wir christoff Herr zu Limpurg des Hay(ligen) Röm(ischen) Reichs Erbschenk semperfrei haben di(e)sen Baw vol(l)fuert in anno 1564." Die Inschrift der rechten Tafel lautet: "Maria Fraw zu Limpurg gebor(e)ne Gr(a)effin zu Wi(e)dt, Runckeln vnd Isemberg sein e(he)liche Gemahel.&ldquo Bei dem Bauherrenpaar handelt es sich also um Christoph zu Limpurg-Gaildorf, des Heiligen Römischen Reiches Erbschenk und Semperfrei (12.7.1531-3.9.1574) und seine erste Frau Maria von Wied-Runkel und Nieder-Isenburg (-15.3.1563).

Christoph zu Limpurg-Gaildorf (12.7.1531-3.9.1574), 1544 Student zu Wittenberg, 1545 Student zu Leipzig, seit 1557 Herr zu Gaildorf, war der Sohn von Wilhelm Schenk von Limpurg-Gaildorf (12.4.1498-9.3.1552) und Anna della Scala. In erster Ehe hatte er Maria von Wied geheiratet, die Tochter von Johann III. Graf von Wied (-1533) und dessen Frau Elisabeth Gräfin von Nassau-Dillenburg (1488-3.6.1559). Die Ehe blieb ohne Nachkommen.

Danach heiratete Christoph erneut, diesmal eine Verwandte aus der Nachbarlinie, Eva von Limpurg-Speckfeld (-25.3.1587), die Tochter von Karl I. Schenk von Limpurg-Speckfeld (17.3.1498-2.9.1558) und dessen Frau Adelheid Wild- und Rheingräfin zu Kyrburg (-12.10.1580). Aus dieser Ehe entsprossen an Kindern 1.) Albrecht III. von Limpurg-Gaildorf (2.10.1568-6.11.1619), 2.) Karl II. von Limpurg-Schmiedefeld (1569-30.4.1631), 3.) Margareta von Limpurg-Gaildorf und 4.) Ludwig Georg von Limpurg-Gaildorf (7.8.1571-7.5.1592), wovon nur Albrecht mit zahlreichen Nachkommen die Familie fortsetzte.

Es gibt übrigens noch eine eheliche Verbindung zwischen den gräflichen Häusern Limpurg und Wied, denn Gottfried IV. Schenk zu Limpurg-Speckfeld (1548-16.6.1581) hatte Agnes von Wied (-1.5.1581) geheiratet, die Tochter von Johann IV. Graf v. Wied und dessen Frau Katharina von Hanau-Münzenberg. Hier ist aber das erstgenannte Paar durch die Inschrift eindeutig identifiziert.

Das Wappen für Christoph zu Limpurg-Gaildorf heraldisch rechts ist geviert mit einem in der Mitte plazierten, goldenen Schenkenbecher (Doppelbecher), Feld 1 und 4: mit vier Spitzen von Rot und Silber geteilt, Feld 2 und 3: in Blau 5 (3:2) aufrechte silberne Heerkolben. Die Helmzier zeigt den goldenen Schenkenbecher (Doppelbecher) zwischen zwei rot-silbern im Spitzenschnitt geteilten Büffelhörnern, normalerweise in den Mundlöchern jeweils mit einem rot-silbern mit vier Spitzen geteilten Fähnchen an silberner Stange besteckt, hier im oberen Teil beschädigt, Helmdecken rot-silbern (z. B. Wappenbuch des Stephan Brechtel) oder blau-silbern (z. B. Scheiblersches Wappenbuch).

Das Wappen für Maria von Wied-Runkel heraldisch links ist geviert, Feld 1 und 4: in mehrfach golden-rot schrägrechtsgeteiltem Feld ein natürlicher, rechtsgekehrter Pfau (Grafschaft Wied), Feld 2: in Silber mit zwei roten Pfählen ein rechtes blaues Obereck (Herrschaft Runkel), Feld 3: in Silber zwei rote Balken (Herrschaft Isenburg). Dazu werden zwei Helme geführt, Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-goldenen Decken der naturfarbene Pfau (Grafschaft Wied), ein Rad schlagend, Helm 2 (links): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner Zinnenturm (Herrschaft Runkel), hier interessanterweise von viereckigem Grundriß (meist wird bauplastisch ein runder Turm dargestellt).

 

Nach den Fürsten von Hohenlohe folgten als Eigentümer von Schloß Untergröningen 1804 die Fürsten Colloredo-Mansfeld, aber schon zwei Jahre später wurde mediatisiert, und die Herrschaft Gröningen kam 1806 durch militärische Inbesitznahme an Württemberg, und 1827 verkauften die Colloredo-Mansfeld nach zähen Verhandlungen ihren Besitz an die württembergische Krone. Aus württembergischer Zeit stammt der Brunnen im Winkel zwischen Pavillon und Südflügel, an dessen gußeisernen Trog sich das unten abgebildete württembergische Wappen befindet, das aber auf 1795 datiert ist. Es wurde also ein älterer Trog hier aufgestellt, denn das Wappen war 1806 auch nicht mehr up to date. In Württembergischer Zeit diente das Schloß als Beamtensitz und -Wohnung. Eine Schule hielt 1822 Einzug, und 1852 eine Suppenküche für Bedürftige, schließlich 1862 eine Realschule. Zuletzt kamen noch Lehrerwohnungen und Pfarrämter hinzu. Im 20. Jh. waren im Schloß zahlreiche Wohnungen eingerichtet. In den 1980ern war die Zukunft des heruntergewirtschafteten Schlosses ungewiß, es war für das Land Ballast, ein geplanter Verkauf kam nicht zustande. Erst in den 1990ern wurde das Schloß dank einer Beschäftigungsinitiative für arbeitslose Jugendliche gerettet und saniert. Heute befinden sich in dem 1996-1997 renovierten Schloß, das immer noch dem Land Württemberg gehört, der Sitz und die Ausstellungsräume (temporäres Museum) des Kunstvereins KISS Kunst im Schloß Untergröningen e.V. (AdKV), ein Zentrum für moderne Kunst mit entsprechenden Veranstaltungen wie dem internationalen, jeweils von Mai bis September stattfindenden Kunst- und Kultursommer.

Das württembergische Wappen am Brunnentrog war frühestens 1789 in dieser Form möglich, und es wurde bis 1803 geführt. Die Initialen stehen für Ludwig Eugen Johann Herzog zu Württemberg (6.1.1731-20.5.1795). Die Farben erscheinen so falsch, weil das Rot komplett verblichen ist. 1780/82 erwarb man bereits einen Teil der Grafschaft Limpurg, und so nahm man das komplette Wappen der Schenken von Limpurg auf. Das Wappen ist wie folgt aufgebaut:

Literatur, Links und Quellen:
Roland Knobloch, Geschichte von Schloß Untergröningen: http://www.abtsgmuend.de/pdf/SchlossgeschichteUntergroeningen.pdf
Schloß Untergröningen:
http://www.bauforschung-bw.de/objekt/id/291314119030/schloss-untergroeningen-in-73453-abtsgmuend-untergroeningen/
Schloß Untergröningen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Untergr%C3%B6ningen
Oberamtsbeschreibung Gaildorf, Stuttgart 1852
Museum:
http://www.kiss-untergroeningen.de/ - http://www.kiss-untergroeningen.de/aktuelles.html
Geschichte:
http://www.kiss-untergroeningen.de/konzept.html
Museum:
http://www.abtsgmuend.de/data/temporaeresMuseumKiss.php
Schenk von Limpurg:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schenken_von_Limpurg
Schenk von Limpurg:
http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_45830
Wappen der Schenken von Limpurg:
http://www.historisches-lexikon-bayern.....rg2.jpg
Wappen der Schenken von Limpurg:
http://codicon.digitale-sammlungen.de//Blatt_bsb00020447,00457.html
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, Selbstverlag Willig, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 16.

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