Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1763
Freiburg im Breisgau

Das Schloß von Ebnet bei Freiburg

Im weit östlich der Innenstadt gelegenen Freiburger Stadtteil Ebnet liegt das gleichnamige Rokokoschloß. Die ältesten belegten Grundherren in Ebnet waren die Zähringer, nach deren Erlöschen die Grafen von Urach-Freiburg, und durch Verpfändungen kam der Grundbesitz 1348 an das Freiburger Patriziergeschlecht der Schnewlin von Landeck, die durch Silberbergbau reich geworden waren. Sie besaßen Ebnet bis zu ihrem Erlöschen im Mannesstamme im Jahre 1566. 1568 kam die Ortsherrschaft durch Heirat an die Herren von Sickingen. Friedrich v. Sickingen zu Hohenburg (24.9.1544-10.5.1581) hatte Anna Schnewlin v. Landeck zu Wiesneck (4.9.1544-16.8.1604) geheiratet, die Erbin von Ebnet, Wittenthal, Wiesneck, Breitnau, Hinterzarten, Orschweier, eines Anteiles an Littenweiler und von Riegel/Breisgau. Weil die Stammburg Wiesneck 1644 durch französische Truppen zerstört worden war, verlegten die von Sickingen ihren Herrschaftssitz nach Ebnet. Die ursprüngliche Wasserburg wich einem barocken Landhaus, und ein kompletter Neubau erfolgte ab 1748 unter Johann Ferdinand Sebastian Meinrad Freiherr v. Sickingen zu Hohenburg (21.1.1715-23.11.1772) im Stil des Rokoko.

Die Baupläne für das zweigeschossige, langgestreckte Schloß wurden von Johann Jacob Fechter (1717-1797) aus Basel angefertigt. Die Ausführung übernahm Simon Schratt (1714-1781) aus dem Oberallgäu. Die Schauseite des Schlosses ist die siebenachsige Gartenfassade. Im Dreiecksgiebel des dreiachsigen Mittelrisalites befindet sich das Allianzwappen des Bauherrn, eine Arbeit aus gebranntem Ton von Christian Wenzinger (1710-1797), der auch die anderen schmückenden Steinmetzarbeiten ausführte. Auf der gegenüberliegenden Seite des mit einem Mansarddach abgeschlossenen Gebäudes ist mittig ein turmartig vier Meter vorspringendes Stiegenhaus angebaut. Schloß und Park sind Privateigentum und nicht öffentlich zugänglich.

Das Allianzwappen im Giebelfeld der Gartenfassade bezieht sich auf Johann Ferdinand Sebastian Meinrad Freiherr v. Sickingen zu Hohenburg (21.1.1715-23.11.1772), Sohn von Ferdinand Hartmann Freiherr v. Sickingen zu Hohenburg (1673-29.8.1743) und Maria Elisabeth Margareta Sidonia Gräfin v. Pappenheim (17.9.1680-20.4.1734), und auf seine erste Frau Maria Anna Sophia von Greiffenclau-Vollraths (15.4.1722 - 1758), der Tochter von Johann Erwein Freiherr von Greiffenclau-Vollraths Burggraf zu Friedberg (1663-1727) und dessen Frau Maria Dorothea Freiin v. u. zu Franckenstein (ca. 1693-9.1.1756). Johann Ferdinand Sebastian Meinrad Freiherr v. Sickingen heiratete in zweiter Ehe Maria Anna Eleonore Sophia Theresia Antonia Walburga Eva Paulina Schenk v. Castell (-8.4.1778). Von seinen Nachkommen stammte aus erster Ehe Johann Nepomuk Kasimir Ferdinand Graf v. Sickingen zu Hohenburg (11.1.1745 -29.5.1795), k.k. Kämmerer und Burgmann zu Friedberg, und aus zweiter Ehe Johann Baptist Ferdinand Nepomuk Maria Adam Graf v. Sickingen zu Hohenburg (24.7.1769-15.10.1794).

Das Wappen der von Sickingen zeigt in Schwarz fünf (2:1:2) silberne Kugeln (hier ohne sichtbare Bordierung des Schildes). Die Helmzier wäre ein silberner (Gruber) oder goldener (Scheiblersches Wappenbuch) Schwanenrumpf, rückwärts mit hahnenfedergezierten roten Kugeln (auch als rote Äpfel mit drei schwarzen Blättern interpretiert) besteckt. Die Helmdecken, hier darstellerisch vernachlässigt, wären theoretisch rot-silbern (Gruber) oder schwarz-silbern (Wappenbuch der Stadtbibliothek in Zürich) bzw. schwarz-golden oder schwarz-silbern (Rahrbach) oder schwarz-golden (Scheiblersches Wappenbuch), insgesamt eine große Vielfalt bei den Quellen. Das Wappentier der von Sickingen, der silberne Schwan, taucht heraldisch rechts als Schildhalter auf. Die von Sickingen-Hohenburg erloschen 1954 zu Wien; eine adoptierte Linie blüht fort.
Das Wappen der von Greiffenclau-Vollraths ist geviert, Feld 1 und 4: silbern-blau geteilt, darüber ein goldenes Glevenrad (Greiffenclau-Vollraths), Feld 2 und 3: in Schwarz ein silberner Schräglinksbalken (Ippelbrunn). Hier verschmelzen die beiden Schräglinksbalken zu einem einzigen, der über den gesamten Schild gelegt wird. Die Helmzier ist eine goldene Greifenklaue mit silbern-blauer Befiederung. Das Kleinod von Ippelbrunn taucht nicht auf. Die Helmdecken, hier darstellerisch vernachlässigt, sind theoretisch gespalten, rechts blau-silbern, links schwarz-silbern. Das Wappentier der von Greiffenclau-Vollraths, der Greif, taucht heraldisch links als Schildhalter auf.

Man muß sich die verwandtschaftlichen Verhältnisse vor Augen halten, diese enge familiäre Nähe zu wichtigen Amtsträgern und Reichsfürsten, um zu sehen, was für eine glänzende Partie diese Ehefrau aus gesellschaftlicher Hinsicht war:

Dazu paßte eine glänzende Repräsentation der Familie durch ein neues Rokoko-Schloß.

Nach den von Sickingen wurden die Großherzöge von Baden neuer Besitzer des Schlosses. Der letzte Sickinger auf Ebnet war Maria Wilhelm Joseph Xaver Alois Graf v. Sickingen-Hohenburg (2.12.1777-7.3.1855), Sohn von Johann Nepomuk Kasimir Ferdinand Graf v. Sickingen zu Hohenburg (11.1.1745-29.5.1795) und dessen Frau Maria Amalia Josepha Walburga Freiin Speth v. Zwiefalten-Hettingen (21.10.1757-22.3.1800), und Enkel des oben erwähnten Johann Ferdinand Sebastian Meinrad Freiherr v. Sickingen zu Hohenburg (21.1.1715-23.11.1772). Graf Wilhelm verkaufte das Schloß am 6.12.1808 an Carl Friedrich Großherzog v. Baden (22.11.1728-10.6.1811), Sohn von Friedrich Erbprinz v. Baden-Durlach (1703-26.3.1732) und Anna Charlotte Amalia Louise Prinzessin v. Nassau-Oranien-Dietz (2.10.1710-17.9.1777).

Großherzog Carl Friedrich verkaufte wiederum sein Schloß (nur das Schloß und den Park, nicht die wirtschaftlich interessante Grundherrschaft) im Jahre 1811 an Christian Freiherr Gayling von Altheim (1775-1832), der sein Reisemarschall war. Der Großherzog folgte im selben Jahr seinem Großvater auf den Karlsruher Thron und hatte kein Interesse mehr an Schloß Ebnet. Die neuen Eigner bauten sich den zugehörigen Gutsbetrieb und Grundbesitz selbst auf.

Die Familie der Gayling von Altheim war in der unterelsässischen, fränkischen und schwäbischen Ritterschaft vertreten. Am 6.8.1773 erhielt die Familie von König Louis XV. die Bestätigung des französischen Baronats. Hauenstein bei Aschaffenburg ist einer der Stammsitze, ebenfalls Buesweiler im Unterelsaß. Sie nannten sich nach dem 1429 durch Heirat von den von Bobenhausen erhaltenen Ort Altheim im Hanauischen, wo sie das Patronat innehatten.

Die auf dem Schloß wehende Flagge zeigt das Wappen des derzeitigen Eigentümers: Nikolaus von Gayling-Westphal (geb. 1942) besitzt das Schloß seit 1975. Das Stammwappen der Gayling von Altheim (auch Geyling geschrieben) zeigt in Blau eine silberne Hirschstange (Geweihstange), auf dem blau-silbern bewulsteten Helm mit blau-silbernen Decken eine silberne Hirschstange (Geweihstange). Es wird im Aschaffenburger Wappenbuch aufgeführt und im Siebmacher Band: Bad Seite: 8 Tafel: 6, Els Seite: 9 Tafel: 11, wobei im Siebmacher als Helmzier jedoch ein beiderseits mit der silbernen Hirschstange belegter blauer Flug angegeben wird.

Dieses Wappen der Gayling wurde um das der Westphal vermehrt. Diese hamburgische bürgerliche Familie führt in Silber ein von zwei aufgerichteten schräggekreuzten Pfeilen mit goldenem Schaft und schwarzer Spitze und ebensolcher Befiederung durchbohrtes rotes Herz, darunter ein zweites, kleineres rotes Herz. Die Helmzier ist das Schildbild zwischen zwei silbernen Büffelhörnern zu rot-silbernem Wulst und ebensolchen Decken. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bg4 Seite: 48 Tafel: 57.

Im vermehrten, gevierten Wappen ist das Schildbild der Westphal in den Feldern 1 und 4, das Wappen der Gayling in den Feldern 2 und 3, und das Wappen der von Gayling-Westphal wird mit beiden Kleinoden geführt, das der Westphal auf Platz 1, das der von Gayling auf Platz 2. Zu dieser Namens- und Wappenvereinigung kam es, weil die Familie von Gayling mit Heinrich Freiherr Gayling von Altheim (27.11.1847-31.3.1940), badischer Kammerherr und vermählt mit Catharina Carolina Louise Douglas (geb. 24.5.1852), im Mannesstamm erloschen war und die Nachkommen aus weiblicher Linie den Besitz übernommen hatten. Olga Gayling von Altheim (1912-1987), Tochter von Karl Heinrich Gayling von Altheim (18.3.1875-1931), hatte Otto Westphal (1913–2004) geheiratet, und ihre Nachkommen führten seit 1986 die Namens- und Wappenvereinigung durch.

Literatur, Links und Quellen:
Ein herzliches Dankeschön an Herrn v. Gayling-Westphal für seine freundliche Erlaubnis, das Wappen zu photographieren und hier vorzustellen.
Paul-René Zander, das Rokokoschloß Ebnet bei Freiburg i. Br., Schnell Kunstführer Nr. 2256, Verlag Schnell & Steiner Regensburg, 1. Auflage 1997, ISBN 3-7954-600-7
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben.
Familie Gayling von Altheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Gayling_von_Altheim
Familie Gayling von Altheim:
http://books.google.de/books?id=wlIBAAAAQAAJ&pg=PA459#v=onepage&q&f=false
Homepage des Schlosses:
http://www.schloss-ebnet.de/

Greiffenclau zu Vollraths - eine rheinische Familie im Dienste der Hochstifte

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