Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1652
Straßburg (Kärnten, Österreich)

Burg Straßburg, Lapidarium mit alten Grabsteinen

Unter den nördlichen Innenhofarkaden des Schlosses Straßburg sind etliche alte Grabsteine angebracht, von denen mehrere heraldischen Schmuck tragen. Dieser Lapidariums-Bereich ist im Bild ganz rechts unter den großen Arkaden zu finden. In der Bildmitte ist der Durchgang zur Vorburg. Die gesamte zweistöckige Arkadenummantelung stammt aus der Barockzeit und ist den mittelalterlichen Strukturen vorgeblendet.

Die Inschrift des ersten hier vorgestellten Steines beginnt oben mit 2 Korinther 5: "ABER WIER WISSEN SO VNSER IRDISCH HAVS DISER WONVNG ZERBROCHEN WIERT DAS WIER EINEN BAV HABEN VON GOTT ERBAVET". Sie setzt sich unten als personenbezogene Inschrift fort: "HIE RVETH DIE WOLGEBORNE FRAV FRAV VERONICA GEBORNE FREYN ZV SPAVR VND VALOR DES EDLN GESTRENGEN HERRN HARTMAN ZINGLS ZV RVEDEN GEWOSTE EEFRAV WELICHE DEN ... OCTOBER DES 1596 IARS GOTSELIGGLICHE IN GOTT ENTSCHLAFEN....."

Dies ist der wappengeschmückte Grabstein der 1596 verstorbenen Veronica Zinggl zu Ruden, geborene v. Spaur und Valèr (Valör). Sie war die Ehefrau von Hartman Zinggl, welcher Hauptmann des Bistums Gurk zu Straßburg und Landesvicedomus in Kärnten war. Der Name und das Wappen der v. Spaur war uns bereits am Stall- und Kastengebäude begegnet, und hier haben wir es mit einem teilweise anders aufgebauten Wappen einer anderen Linie zu tun. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein roter Löwe, der in seinen Pranken einen goldenen Doppelbecher hält (Klein-Spaur/Erbschenk), hier alle Löwen linksgewendet, Feld 2 und 3: silbern-blau geschacht mit einem roten Balken (erloschene von Lichtenberg). Zwei gekrönte Helme: Helm 1 (rechts): auf dem Helm mit rot-silbernen Decken der rote Löwe mit goldenem Doppelbecher wachsend, Helm 2 (links): auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein hermelingestulpter, roter, oben mit einem Kreuzchen besetzter Hut vor zwei schräggekreuzten silbernen Hellebarden, deren Schäfte je nach Quelle silbern, blau oder auch von Silber und Blau geschacht sein können (erloschene von Lichtenberg). In dieser Form ist es das Wappen des jüngeren Stammes und davon das der jüngeren Linie (Alt-Spaur). Der kaiserliche Rat Johann von Burgstall auf Alt-Spaur, Flavon, Ober-Valèr und Metz erhielt den Reichsfreiherrenstand am 31.1.1464 zu Wiener Neustadt, und bei der Gelegenheit wurde das gevierte Wappen eingeführt.

Diese spätgotische Wappengrabplatte ist für den 1477 verstorbenen Pfarrer Adam Pruckdorffer angefertigt worden. Das Wappen zeigt zwei halbe, jeweils aus den Schildrändern hervorkommende Wagenräder nebeneinander, die sich in der Mitte berühren, auf dem Helm ein Flug, jeder Flügel mit einem halben Wagenrad belegt, die Rundungen gegeneinander gekehrt (Hinweise zu den Tinkturen und Literatur-Nachweise willkommen). Die Inschrift lautet: "Anno d(o)m(ini) m cccc l xx vii Sexto idus octobris obiit venerabilis vir ... adam prucckdarffer plebamus in hoff... ... anima requiescat in pace."

Dieses undatierte Fragment ohne Inschrift mit zwei nur teilweise erhaltenen Vollwappen zeigt heraldisch rechts das Wappen der Familie Jochner, geviert, Feld 1 und 4: ein einwärts aufspringender Steinbock, Feld 2 und 3: einwärts ein Ochse. Die Familie stammt aus dem Salzburgischen und aus dem Lungau, und eine Linie kam als Vasallen von Gurk nach Kärnten. Im Siebmacher Band Salzburg Seite: 29 Tafel: 11 wird das Stammwappen wie folgt dargestellt: In von Rot und Silber gespaltenem Schilde ein Steinbock in verwechselten Farben, auf dem Helm mit rot-silbernen Decken zwischen silbern-rot übereck geteilten Büffelhörnern drei Straußenfedern, eine rote zwischen zwei silbernen. Im Rietstap findet sich die Beschreibung der vermehrten Form: Écartelé, aux 1 et 4 parti de gueules et d'argent, à un bouquetin rampant au naturel, brochant sur le parti, aux 2 et 3 d'argent à un boeuf passant de sable. Cimier: 1° trois plumes d'autruche accostées de deux proboscides coupées alternant d'argent et de gueules, 2° un boeuf issant de sable. Deutsch: Geviert, Feld 1 und 4: in von Rot und Silber gespaltenem Schilde ein naturfarbener Steinbock, Feld 2 und 3: in Silber ein schreitender schwarzer Stier. Zwei Helme, Helm 1 (rechts): auf dem Helm drei Straußenfedern, eine rote zwischen zwei silbernen, zwischen silbern-rot übereck geteilten Büffelhörnern, Helm 2 (links): auf dem Helm ein wachsender schwarzer Stier. Heraldisch links befindet sich das Wappen der Familie Radhaupt (geviert, Feld 1 und 4: zwei aufrechte, mit den Schneiden einander zugewandte und mit den Rücken nach außen gestellte Sicheln, Feld 2 und 3: zwei schräggekreuzte zweizinkige Gabeln, zwei Helme, Helm 1 (rechts): ein Flug, jeweils mit einer mit der Schneide nach innen gestellten Sichel belegt, Helm 2 (links): zwei schräggekreuzte zweizinkige Gabeln; Hinweise zu den Tinkturen und Literaturquellen willkommen).

Eine Besonderheit: Der Grabstein für den 1426 verstorbenen Vinzenz von Straßburg (Strasburg, Hinweise zu den Tinkturen und Literaturquellen willkommen) und seine 1469 verstorbene Frau Elsbeth zeigt das Vollwappen des Ehemannes gestürzt wie beim Erlöschen eines Geschlechtes üblich, den Beischild der Ehefrau aber aufrecht. Die im Zentralfeld angebrachte Inschrift ist für seine Ehefrau nachgetragen ("und Elsbeth sein hausfraw obiit anno domini m cccc l xix..."), und auch die Ausrichtung dieser Schrift läßt keinen Zweifel an der beabsichtigten gestürzten Darstellung. Das Wappen der Ehefrau zeigt ein Pentagramm, unten von zwei fünfzackigen Sternen begleitet.

Dieser mit Inful und Krummstab als Wappen eines kirchlichen Würdenträgers ausgewiesene Stein ist halbgespalten und geteilt, oben rechts ein Löwe, oben links eine rechte Fußflanke, unten ein Löwe mit einem zu einem Achtknoten verschlungenen Schwanz ("Brezelschweif"), wie er für Wappendarstellungen der Familie Lodron typisch ist (silberner Löwe in rotem Feld). Man würde im Gurker Herrschaftsgebiet ein Schildhaupt Gurk erwarten, doch dazu müßte der linke Teil geteilt sein, nicht diese rechte Fußflanke haben, diese Abweichung ist ungeklärt. Laut Beschriftung des Burg-Museums soll der Stein zum Gurker Bischof Sebastian Graf von Lodron gehören.

Position der besprochenen Wappensteine im Grundriß

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
objektbezogene Hinweistafeln an Burg Straßburg
Grundriß in: Dehio, Kärnten, S. 686, Bodo Ebhardt I, Abb. 670, Kohla, S. 312, Tafeln vor Ort, ferner in: Friedrich-Wilhelm Krahe: Burgen des Deutschen Mittelalters, Grundriß-Lexikon, Bechtermünz Verlag, Augsburg 1996, ISBN 3-86047-219-4
Familie v. Spaur und Flavon:
http://www.coresno.com/aktuell/129-lex-bayern/2647-lex-spaur-flavon.html
Familie v. Spaur und Flavon:
http://www.coresno.com/aktuell/61-kategorie-beitraege/2157-lex-spaur-flavon.html
Den Mitgliedern des Forums
http://www.coresno.com/forum/5-heraldik/3170-wappenstein-in-strassburg-kaernten.html ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise

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