Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1603
Himmelkron (Landkreis Kulmbach, Oberfranken)

Der Kreuzgang des Klosters Himmelkron

Das kunsthistorisch interessanteste Baudetail des Zisterzienserinnen-Klosters Himmelkron ist der Kreuzgang, von dem sich allerdings nur ein Stück entlang der südlichen, dem Innenhof zugewandten Außenseite der Stiftskirche erhalten hat, aber dieser eine Flügel mit sieben Jochen zwischen zwei Eck-Kompartimenten ist von atemberaubender Schönheit. Dieser erhaltene Teil läßt ahnen, was für ein Kleinod in der Mitte des 18. Jh. zerstört wurde, und es ist nur dem persönlichen Einsatz des damaligen Pfarrers zu verdanken, daß wenigstens dieser eine Teil überlebt hat. Er ist ein reiches Werk der Spätgotik mit einem Netzrippengewölbe, in dessen rautenförmige Felder viele Sandsteinreliefs eingesetzt sind. Die Bauherrin war Äbtissin Elisabeth von Künsberg (Tochter von Friedrich III. von Künsberg), gest. 31.1.1484, und der Bau wurde unter ihrer Ägide (Äbtissin 1460-1484) am 30. Juli 1473 mit der Grundsteinlegung begonnen. Das Familienwappen der v. Künsberg kann zweimal im Kreuzgang entdeckt werden, einmal an der Stirnseite, und ein weiteres Mal in der Mitte des östlichen Eckjochs im Zentrum des mittleren Gewölbefeldes, dessen Besprechung den Anfang bilden soll:

Rings um dieses Wappen sind in den angrenzenden Gewölbefeldern insgesamt 16 Symbole von ritterlichen Orden europäischer Könige und Fürsten gruppiert. Aufgrund dieser Orden kann als eine Möglichkeit abgeleitet werden, daß dieses Wappen einer männlichen Person zuzuordnen ist, die wohl der Bauherrin des Kreuzganges und Äbtissin des Klosters verwandtschaftlich sehr nahe gestanden haben muß und vermutlich auch Förderer und Geldgeber des Klosters war. Gleichzeitig muß er aber auch eine militärische Karriere in herausgehobener Stellung gehabt haben, vielleicht in Diensten der Markgrafen von Brandenburg, die ihn in Kontakt mit vielen europäischen Landesherren brachte, die ihn mit der Aufnahme in die jeweiligen Ritterorden auszeichneten, um auf diese Weise verläßliche Ritter um sich zu scharen, die sich politisch und militärisch für die Ordensziele instrumentalisieren ließen. Vorname und Lebensdaten dieses Ritters aus dem Hause Künsberg erschließen sich uns jedoch nicht. Dies wäre nur eine Möglichkeit, denn es ist völlig offen, ob der Unbekannte wirklich echtes Mitglied all dieser Orden war, was angesichts der Anzahl zu hinterfragen wäre, oder ob es eine Sammlung all jener Mitgliedschaften war, die die Familienmitglieder jemals innehatten, oder, gar nicht so abwegig, ob man hier die bekannten Orden zusammengestellt hat, um die hohe ritterliche Motivation des Betreffenden oder der Familie sinnbildlich zu unterstreichen. Die genauen Zusammenhänge sind wohl nicht mehr nachvollziehbar. Im folgenden werden die Ritterorden einzeln beschrieben.

Abb. links: Im zentralen, rautenförmigen Gewölbefeld befindet sich das Wappen der v. Künsberg, in Blau eine silberne, eingebogene Spitze, auf dem Helm mit meist rot-silbernen Decken ein silbern gestulpter, flacher, roter Hut, aus dem zwei rote Büffelhörner wachsen, an der Spitze mit hier quastenförmig oder bommelförmig aufgelösten Büscheln, die meist vereinfachend als Kugel dargestellt oder auch als Eichel beschrieben werden. Abb. rechts: Die Felder des Gewölbes sind mit musizierenden Engeln geschmückt. Insgesamt sind 26 Engel im Gewölbe zu entdecken, und 19 von diesen musizieren auf zeitgenössischen Musikinstrumenten. Dieses Engelskonzert bildet mit deutlichem Bezug zum Namen des Klosters eine Art "Himmel", wie man sich ihn in der Spätgotik vorstellte.

Abb. links: "konig kristoffel vo(n) tenmark". Es handelt sich um die Gesellschaft des Königs Christophs III. von Dänemark (26.2.1416 - 1448), einem Wittelsbacher auf dem dänischen Thron, Sohn von Johann Pfalzgraf bei Rhein zu Neumarkt und von Katharina v. Pommern-Stolp. Er hat den Orden entweder begründet oder neu aufleben lassen. Das Symbol dieses Ritterordens ist der Lindwurm oder besser der Drache, mit zwei oder vier Beinen, zwei Flügeln und geringeltem Schwanz dargestellt, sowohl als Kettenglied als auch als davon herabhängendes Kleinod. Abb., rechts: "des kongs von temark". Dies ist der zweite dänische Ritterorden in dieser Sammlung. Die Kette besteht aus einer Reihe von Vierbeinern, die man nur mit viel Phantasie als Elefanten identifizieren kann, und dieser Orden ist der spätere Elefantenorden. Das von der Kette herabhängende Kleinod zeigt in einem Medaillon im Dreipaß gestellt drei Nägel. Das wurde später vor dem Hintergrund des Protestantismus aus der Ordenskette entfernt, statt dessen wurde ein Elefant mit Turm und Mohr als Kleinod gewählt.

Abb. links: "des grafen von mantha". Damit ist die die Gesellschaft des Grafen von Mantua gemeint; sie bezieht sich auf Ludovico Gonzaga. Als Symbol wird ohne Ordenskette ein Stier abgebildet. Abb. rechts: "des hertzogs von osterich". Es handelt sich um die Gesellschaft des Herzogs von Österreich, und auch hier ist nur das Kleinod unter einem gewundenen Band abgebildet. Inmitten eines Flammenkranzes ist ein liegendes Kalb o. ä. zu sehen.

Abb. links: "kaisser sigemunt". Das ist der von Sigismund von Luxemburg (1368 -1437), König von Ungarn (1387-1437) und römisch-deutscher Kaiser (1410-1437) begründete ungarische Drachenorden. Der Drachen wird zum Kreis gebogen und nach heraldisch links gewandt dargestellt, mit einem Kreuz belegt, und über dem Drachen ist noch einmal ein Kreuz, was nur dem engeren Kreis der Mitglieder einer höheren Klasse zugebilligt wurde. Abb. rechts: Diese Darstellung ist eine Ausnahme, denn sie ist die einzige von allen 16 Ordensdarstellungen ohne erläuterndes Schriftband. Der aus Wolken hervorkommende Arm trägt auf der Hand einen sitzenden Vogel. Es handelt sich um das Zeichen der Gesellschaft vom Adler. Die beiden hier im selben Gewölbefeld zusammengefaßten Orden stehen in enger Beziehung zueinander, denn Kaiser Sigismund, der Gründer des Drachenordens, war der Schwiegervater von Herzog Albrecht V von Österreich, dem Gründer der zur Bekämpfung der Hussiten etablierten Gesellschaft vom Adler 1433.

In diesem silbernen Feld werden gleich zwei Orden von ein und demselben Brustbild präsentiert, das über jedem der ausgestreckten Arme seitlich eine Kollane hält. Abb. links: "des koniges von kastilia". Zu sehen ist eine Art doppellagiger Kragen mit jeweils schuppenförmig ausgerundetem Rand, offensichtlich Bestandteil der Ordenstracht, ohne anhängendes Kleinod. Es handelt sich dabei um das Symbol des 1429 von König Johann II. von Kastilien zur moralischen Festigung der Reconquista gegründeten, aber nur kurzlebigen Ordens de la squama (von der Schuppe). Entsprechend dem Ordensnamen ist das Symbol folglich als Schuppenkragen anzusprechen. Abb. rechts: "aragona des kongs". Hier begegnet uns der von König Ferdinand I. von Kastilien und Aragon gestiftete aragonesische Kannenorden, wobei die Kollane aus lauter Krügen oder Kannen besteht, in denen je drei Lilien stecken, während das daran hängende Kleinod einen Greifen zeigt.

Acht weitere Ordenssymbole umgeben das Wappen in weiterem Abstand, so daß wir auf insgesamt 16 begleitende Abzeichen von Rittergesellschaften kommen (ohne Abb.): "des konigs von Engelant", eine Kette aus S-förmigen Gliedern mit einem runden, geschlossenen Gürtel als Kleinod, "des konigs von nafern" (Navarra), mit einer Kette aus verbundenen Schriftbändern, "furst von hessen", mit einem wolkenartigen Band und einem Löwen, der von einem herabstürzenden Adler gehalten wird (Symbol des Löwenbundes), "des hoch Meister von Sant anthonii", der sog. Antonius-Orden mit den charakteristischen krückenförmigen Elementen, "der konig von ziperen", der zypriotische Schwertorden mit Kettengliedern und Kleinod in Form eines Schwertes mit darum geschwungenem Schriftband, "des kong vo spais", mit zackigem Band, "marckgraff albre(cht)", der Schwanenorden der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, und zuletzt "bischoff von mantz (vermutlich Mainz)", mit einer Kette aus S-förmigen Gliedern und einem Mann als Kleinod. Manche dieser Orden sind gut bekannt, andere wiederum harren noch der näheren Erforschung.

Abb. links: Künsberg-Wappen an der Stirnseite des erhaltenen Kreuzgangflügels, über einer Stifterinschrift ("Do man zalt nach (christi) gepurt m cccc l xx iii (= 1473) am freitag nach iacobi ist der eirst stey (= der erste Stein, Grundstein) gelegt an dissn creutzgag (= Kreuzgang) durch frawe eltzabet (= Frau Elisabeth) vo kispg (= von Künsberg) eptissin ditz clostes (= Äbstissin dieses Klosters)"), neben dem heutigen Eingang. Auch wenn das Wappen nicht so gut erhalten ist wie das an der Decke und die Büffelhörner der Helmzier fehlen, erkennt man auch hier die selten detaillierte Gestaltung der Hornenden mit Büscheln. Abb. rechts: Blick durch den Kreuzgang, im Hintergrund ist die Platte mit dem Künsberg-Wappen angebracht. Man beachte die gedrehten Dienste an der kirchenseitigen Wand und die weiteren spätgotischen Reliefs an derselben.

Literatur, Links und Quellen
Gewölbe des Kreuzganges: http://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Himmelkron#Gew.C3.B6lbe
Artikel über das Kloster:
http://www.rororo-selb.de/ahnen/Orte_Fi.....ler%29/Heimaterzaehler%201959-28.pdf
Kloster Himmelkron:
http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/kloster/klo...ichte
Geschichte der Familie v. Künsberg:
http://www.art-connection.de/pages/kuensberg.history.1.html etc.
Äbtissin Elisabeth von Künsberg
http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_von_K%C3%BCnsberg
Drachenorden:
http://www.historie.hranet.cz/heraldika/etc/drachenorden.pdf
Untersuchung der einzelnen Ritterorden:
http://www.planet-franken-online.de/Himmelkron/blick.html
Helmuth Meißner, Der Kreuzgang Himmelkron, Geschichte und Beschreibung, in: Historischer Verein für Oberfranken e.V. (Hrsg.), Archiv für Geschichte von Oberfranken. Band 54, Bayreuth 1974.
Helmut Meißner, Stiftskirche, ehemaliges Kloster und Schloß Himmelkron, Große Baudenkmäler Heft 245, Deutscher Kunstverlag München, Berlin, 5. Auflage 1998
Werner Bergmann, Rätsel um ein altes Deckengewölbe - auf der Suche nach neuen Erkenntnissen zu 16 spätmittelalterlichen Ordenszeichen, in: Orden und Ehrenzeichen - das Magazin für Sammler und Forscher, BDOS-Jahrbuch 2001
Himmelkron:
http://www.himmelkron.de/13.html

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