Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1272
Schöntal (Jagst, Hohenlohekreis)

Kloster Schöntal (Teil 1)

Kloster Schöntal im Tal der Jagst ist eines der schönsten und besterhaltenen Klöster Baden-Württembergs in landschaftlich einmaliger Lage. Es handelt sich um eine Stiftung aus dem 12. Jh., die von Maulbronn aus mit Mönchen besiedelt wurde, erst in Neusaß, aber schon im 12. Jh. erfolgte der Umzug an den heutigen Ort. Im Jahre 1418 wurde das Kloster auf dem Konstanzer Konzil reichsunmittelbar. Das Kloster verfügte jedoch nicht über die Reichsstandschaft, außerdem war es 1495 dem Schutz des Erzstifts Mainz unterstellt worden, nicht unwidersprochen, so daß der Status des Klosters lange Streitpunkt war. Wegen der Zerstörungen im Bauernkrieg und der zeitweisen Auflösung im Dreißigjährigen Krieg brachte der sich daran anschließende Aufschwung des Klosters einen barocken Neubau von Klosterkirche, Konvent und Neuer Abtei mit sich.

Insgesamt gibt es außen am Kloster Schöntal 9 Wappendarstellungen, im Inneren von Kirche, Kreuzgang und Abteigebäuden sind weitere zu sehen. Außen finden wir:

Das Wappen am äußeren Torturm
Der äußere Torturm wurde 1621 erbaut unter Abt Theobaldus II Fuchs (im Amt 1611–1621). Der Torturm gibt Zugang zu dem Hauptkomplex der Abtei und schließt sich nördlich an den alten Offiziantenbau an. Jenseits der Straße liegt der barocke Abteigarten. Auf der Außenseite (Feldseite, im Bild ist hingegen die Südseite zu sehen) des unten quadratischen, in den oberen zwei Stockwerken aber achteckigen und mit einer geschweiften Haube bekrönten Torturmes ist ein Renaissance-Wappenstein angebracht, der mehrere Wappen zusammenstellt. 1713 wurde der Torturm erneuert, das ältere Wappen wurde belassen.

Zwei Engel halten als Schildhalter den zentralen Wappenschild des Klosters. Dieser ist oben gekrönt und zusätzlich mit einer Inful bedeckt. Der Schild ist geviert mit Herzschild. Feld 1 und 4 zeigen in Blau (verblichen) einen goldenen, gekrönten Löwen, Feld 2 und 3 in Schwarz den silbern-rot geschachte Schrägrechtsbalken, das Wappen der Zisterzienser. Der Herzschild zeigt in Rot einen aus dem linken Schildrand kommenden Arm, der einen goldenen Abtsstab pfahlweise in das Feld hält, das eigentliche Klosterwappen. Es soll hier nach der Lit. der Stab von Abt Johannes III Hoffmann (1486-1492) sein (unbelegt), einem Abt aus der reichsfreien Zeit.

Heraldisch rechts unten sehen wir in Silber eine rote Burg mit zwei Zinnentürmen, das ist das Wappen für den Klosterstifter, den Edelfreien Wolfram von Bebenburg. Die Stiftung geht angeblich zurück auf ein auf dem Zweiten Kreuzzug geleistetes Gelübde. Der Stifter stattete das Kloster mit Grundbesitz als Startkapital aus, darunter die drei Höfe Halsberg, Brechelberg und Stein sowie dem Allod Neusaß. Wolfram von Bebenburg trat selbst als Konverse in das neue Kloster ein und verstarb dort 1163. Sein Epitaph in der Klosterkirche stammt freilich aus dem 15. Jh. Die von Bebenburg waren Reichsministerialen und starben 1516 mit Wilhelm von Bebenburg aus. Sie standen früher den Staufern sehr nahe, was evtl. die Aufnahme des Löwenmotivs in das Klosterwappen erklären könnte (spekulativ). Die Helmzier ist ein rotgekleideter, wachsender, gekrönter Frauenrumpf mit silbernen Flügeln statt der Arme. Decken rot-silbern. Im Grünenbergischen Wappenbuch sind die Flügel grün bemalt, und andere Quellen charakterisieren sie als Pfauenflügel. Der Kopf ist hier beschädigt. Übrigens wird dieses Wappen von den 1615 geadelten bayerischen Karg, danach Karg von Bebenburg, geführt, ohne daß der geringste genealogische Zusammenhang bestünde. Neben der Form hier wird für die Bebenburger auch die invertierte Farbversion mit silberner Burg in rotem Feld beschrieben. Vgl. Siebmacher Band: WüA Seite: 9 Tafel: 1 und WüA Seite: 77 Tafel: 46.

Das dritte Wappen, heraldisch links unten, zeigt endlich das Familienwappen des Abtes Theobald Fuchs, ein redendes Wappen mit einem aufspringenden roten Fuchs in silbernem Feld. Statt einer Helmzier sitzt hier eine Inful dem Schild auf, dahinter ein Abtsstab mit wehendem Sudarium.

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Das Wappen an der östlichen Stirnseite des Alten Offiziantenbaus
Der alte Offiziantenbau von 1617 bildet den nördlichen Abschluß des Klostergeländes (neuere Bauten außerhalb der Mauer und Abteigarten unberücksichtigt) und wird im Osten vom äußeren Torturm sowie im Westen vom Dicken Turm begrenzt. Der Name leitet sich ab von den Offizianten, das waren Amtsträger niederen Ranges zur Verwaltung des Klosters, abgeleitet von Officium = Amt, Dienst. Mit der heutigen Bezeichnung, die zelebrierende Geistliche meint, hat der Name nichts zu tun. Der alte Offiziantenbau wird heute als Rathaus genutzt.

An der östlichen Stirnwand befindet sich über einer Arkade ein Wappenstein für den Bauherrn, Abt Theobaldus II Fuchs (im Amt 1611–1621). Das Wappen zeigt in Silber einen nach links aufspringenden roten Fuchs, denn das Wappen ist gewendet, zum Eingang hin. Der goldene Rand ist hier nicht signifikant.

Die Initialen stehen für Theobaldus Abbas zu Schöntal, die Datierung ist die gleiche wie der Torturm, 1621.

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Das Wappen an der Hauptfassade der Abteikirche
Die Klosterkirche Mariae Himmelfahrt, eine dreischiffige Hallenkirche, wurde 1707-1736 erbaut unter Abt Benedikt Knittel, im Amt 1683-1732. Der Entwurf stammt von Johann Leonhard Dientzenhofer, der noch vor der Grundsteinlegung 1708 verstarb. Erst wird Jakob Ströhlein 1708-1711 Bauleiter, nach dessen Tod 1711-1724 Bernhard Schießer. Für 1710-1712 sind Zimmerarbeiten durch Joseph Greissing beim Abschluß der Türme und beim Dach des Langhauses gesichert. Vermutlich hat Greissing erheblichen Einfluß auf die Gestaltung der Turmabschlüsse genommen, denn die Formen der Glockengeschosse und der Kuppeln, die jeweils auf einer Attika ruhen, sind absolut charakteristisch für Greissings Stil. Das Langhaus steht 1712 im Rohbau, 1722 beginnen die Arbeiten am Chor, und 1724 geht man an die Kuppel, allerdings mit einer schweren Panne, denn sie stürzt mit allen vier tragenden Pfeilern ein. Bernhard Schießer muß gehen, und seine Nachfolger Mathes und Johannes Zobel vollenden den Bau mit einer erheblich leichteren Kuppelkonstruktion. 1736 schließlich konnte die neue Klosterkirche geweiht werden. Die Fertigstellung hat Knittel nicht mehr erlebt. Heute ist sie nicht mehr Klosterkirche, da der Konvent bei der Säkularisierung aufgelöst wurde, sondern seit 1807 die kath. Pfarrkirche St Joseph. Über einem relativ hohen Sockel ist die Fassade dreigeschossig, alle Zonen sind durch kräftige Simse getrennt. Jede Zone weist zwei Statuennischen zwischen drei Fenstern auf, das mittlere Fenster in den beiden oberen Zonen jeweils mit einer kleinen Steinbrüstung. Die Nischen enthalten Statuen von Benedikt und Bernhard in der untersten Zone (siehe Bild links unten), Josef und Andreas darüber in der mittleren Zone (siehe Bild links unten) sowie Maria und Johannes d. Täufer in der dritten Zone (ohne Detailbild). Die Säulenordnung steigert sich klassisch von unten nach oben: Dorisch, ionisch und korinthisch. Über allem befindet sich ein flacher Dreiecksgiebel zwischen den beiden Türmen. Eine solche hohe und repräsentative Doppelturmfassade ist übrigens eher untypisch für zisterziensische Baukunst.

Das Wappen des Bauherren befindet sich im Scheitel des Fensterbogens unterhalb des ersten Gesimses. Der Schild ist geviert mit Herzschild. Feld 1: in Schwarz ein silbern-rot geschachter Schrägrechtsbalken - das Wappen der Zisterzienser. Feld 2: in Blau ein goldener Löwe (unklar). Feld 3: In Rot ein aus dem vorderen Schildrand kommender, schwarz gekleideter Arm, der einen goldenen Abtsstab hält, das eigentliche Klosterwappen. Eigentlich ist ein Abtsstab ja nichts Besonderes für ein Kloster, und er erscheint sowieso hinter dem Schild. Es soll hier aber nach der Lit. der von Abt Johannes III Hoffmann (1486-1492) sein (unbelegt), einem Abt aus der reichsfreien Zeit. Feld 4: in Silber eine rote Burg mit zwei Zinnentürmen, das ist das Wappen für den Klosterstifter, den Edelfreien Wolfram von Bebenburg.

Der Herzschild zeigt schließlich das persönliche Wappen des Bauherrn, des Abtes Benedikt Knittel. Es ist wie bei so vielen Äbten von Schöntal ein redendes Wappen, denn ein Knittel ist ein Knüppel, und der Herzschild zeigt einen aus dem linken Schildrand hervorkommenden angewinkelten Arm, der einen goldenen Knüppel schwingt.

Über dem Schild schwebt eine Krone und darüber noch eine reich verzierte Inful. Hinter dem Wappen sind zwei Krummstäbe schräggekreuzt, die von je einem Putten gehalten werden. Mit der inneren Hand ergreifen sie den Stab des Pedums, mit der äußeren Hand ein aus der Inful heraushängendes und zur Seite gezogenes Band.

Abb.: Position des besprochenen Wappens im Grundriß.

Unter Benedikt Knittel, geb. 16.12.1650 als Johannes Knittel in Lauda an der Tauber, erlebte das Kloster seine größte Blüte, kulturell und wirtschaftlich; die Klosterchronistik blühte, ebenso die Bau- und Dichtkunst. Seine Karriere in Stichworten: 1671 Profess, 1675 Priesterweihe, 1677 Subprior, 1680 Aufseher über die Klostermühle, 1681 Verwalter der Ernte und Prior, 1682 Novizenmeister, 16.7.1683 Abt. Und das Faszinierendste: Er erbaute die Klosterkirche, das Konventsgebäude und die Heiliggrabkapelle außerhalb und hinterließ nach 49 Jahren Regentschaft dennoch das Kloster schuldenfrei. Die lateinische Versdichtung von Benedikt Knittel ist innen und außen allgegenwärtig, Inschriften, Verse und Chronogramme, Kommentare zum Heilsgeschehen oder Hinweise auf historische Ereignisse. Daß sich von seinem Namen die Knittelverse ableiten, ist jedoch Legende aufgrund des schön passenden Namens.

Ein solches Beispiel ist diese Inschrift am Sockel des nördlichen Turmes, die in blumigen Worten die Grundsteinlegung zur neuen Abteikirche beschreibt (Speciosa Valle = Schöntal). Die Inschrift ist zugleich ein Chronogramm, das in jeder Zeile das Jahr 1708 ergibt - am 10.5.1708 war die Grundsteinlegung. Alle 13 in Stein gehauenen Inschriften ergeben die selbe Jahreszahl!

Auch in dieser Inschrift, 90 Grad zur obigen an dem nördlichen Sockel angebracht, ergibt fast jede Zeile die Jahreszahl 1708, mit Ausnahme der achten, die ein "D" zu viel hat.

Genauso ergeben alle Inschriften an den Statuen der Fassade das Jahr 1713. In ihrer Fülle und Originalität stehen diese Inschriften, die die Schlüsselzahlen des Baus ergeben oder beinhalten, für die Verschmelzung von Poesie, Baukunst und Mathematik unter Knittel, wie sie in dieser Form und Durchdringung nur hier zu finden ist.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung bei Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.3287541,9.5056439,18z - https://www.google.de/maps/@49.3287541,9.5056439,328m/data=!3m1!1e3
kulturelles Kloster Schöntal:
http://www.kloster-schoental.de/
Hinweistafeln an den einzelnen Gebäuden
Kloster Schöntal:
http://www.schloesser-magazin.de/de/kloster-schoental/Startseite/267825.html
Maria M. Rückert, Kloster Schöntal:
http://maja.bsz-bw.de/kloester-bw/klostertexte.php.......Geschichte
Maria M. Rückert, Von der frommen Adelsstiftung zur reichsunmittelbaren Abtei: Kloster Schöntal in den ersten 250 Jahren seines Bestehens. In: D. R. Bauer (Hrsg.): Unter Beobachtung der heiligen Regel. Zisterziensische Spiritualität und Kultur im baden-württembergischen Franken (Forschungen aus Württembergisch Franken 48). Stuttgart 2002, 25-38.
Urkunden von Kloster Schöntal:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=17306
Wolfgang Kootz, Kloster Schöntal, Kloster Lädle, J. Hofmann, Schöntal-Kloster, 2003.
Paul Bauer, Foto Besserer, Ein Gang durch's Kloster Schöntal, Hrsg. Kath. Kirchengemeinde St. Joseph Kloster Schöntal, Aquarell Verlag und Druckerei, Lauda-Königshofen.
Georg Himmelheber, Die Kunstdenkmäler des ehem. Oberamtes Künzelsau, Verlag Wolfgang Weidlich, Frankfurt 1983.
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Willy Leenders für wertvolle Hinweise
Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte, c/o Verlag Ph. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009, 797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. S. 625

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