Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1264
Zöbingen (Unterschneidheim, Ostalbkreis)

Wallfahrtskapelle St. Maria Zöbingen

Zöbingen gehört seit der Eingemeindung 1975 zur Gemeinde Unterschneidheim im Ostalbkreis. Beherrschend ist die auf einer Anhöhe am östlichen Ortseingang gelegene Wallfahrtskapelle, ein Juwel der Barockbaukunst. Von außen erkennt man schon die Genialität des Grundriß-Konzeptes, ein Kreuz, dessen Arme durch konkave Wände miteinander verbunden sind, und durch die abwechselnd geraden und konkaven Mauerstücke gerät die Außenform in Bewegung und erhält Rhythmus. Im Inneren nimmt man den Bau als ein Hybrid aus Zentralbau (zentraler, holzkuppelgewölbter weiter Innenraum mit abgehenden kapellenartigen Enden) und Längsbau (Chorbezug) wahr. Lisenen gliedern das Bauwerk vertikal. Der Chor selbst ist konvex gerundet, so daß der Grundriß hier beidseitig in eine S-förmige Schwingung übergeht. An den Chor stößt im Osten der Turm auf quadratischem Grundriß an, sich nach oben verjüngend. Vermutlich geht dieses Konzept auf eine Planung des Architekten Gabrielo de Gabrieli zurück. Die vielbewunderte Schönheit des Bauwerks läßt vergessen, daß der Bau sich wegen ständigen Geldmangels äußerst lange hinzog (Grundsteinlegung 1718, Bauleitung Franz de Gabrieli, Bruder des Gabrielo de Gabrieli), sogar zwischenzeitlich ruhte (seit 1737 wurde nicht mehr weitergebaut), Teilabbrüche der Bauruine beinhaltete und insgesamt nur eine verändernde Teilverwirklichung des Gabrieli-Planes ist, die 1782-83 von Sebastian Manz und Georg Mayer ausgeführt wurde, 65 Jahre nach der Grundsteinlegung vollendet.

Das abschließende Gebälk lädt weit aus, und über den Kreuzarmen ist jeweils ein Giebel zu sehen, an den beiden Seiten mehr oder weniger dreieckig, an der Eingangsseite oben rund und mit schneckenförmig eingerollten Voluten an den Seiten. Die Eingangsfront zeigt über hohem Sockel, der bis zur Oberkante der Tür reicht, zwei doppelte Pilasterpaare. Über der Tür sind ein hohes und ein ovales Fenster übereinander, ein Gliederungsschema, das wir an jeder der sieben Außenflächen wiederfinden (Chor ausgenommen).

Das Hauptportal wird von zwei Säulen mit Volutenkapitellen flankiert, und zwischen zwei diese bekrönenden Vasen sehen wir ein prachtvolles Wappen der Grafen von Oettingen.

Das Wappen der Grafen von Oettingen
In einer ovalen Kartusche sehen wir das Wappen der Grafen von Oettingen: Golden-rot geteilt, belegt mit einem blauen Herzschild, der oben auf eine Reihe roter, unten auf eine Reihe gestürzter goldener Eisenhüte stößt, an den Herzschild beiderseits anstoßend je ein die Teilung überdeckender, mit der Spitze nach außen gerichteter Eisenhut in verwechselten Farben, alles überdeckt von einem silbernen Leistenschragen, darüber ein goldener Herzschild mit rotem Doppelhaken (Wolfsangel). Das Wappen hat die Darstellungsvariante I (Diskussion s. u.). Ein roter, hermelingefütterter und goldengefranster Wappenmantel wird gehalten von einem hier braunen, auf den Ohren mit einem silbernen Andreaskreuz bez. Brackenkopf. Dieser spielt auf die Helmzier an, wobei der Brackenkopf der Helmzier allerdings golden mit roten Ohren ist, auf denen der silberne Schragen liegt.

Entwicklung des Schildbildes der Grafen und Fürsten von Oettingen
Das Wappen der Grafen, späteren Fürsten von Oettingen hat eine komplexe Entwicklung durchgemacht. Anhand dieser Entwicklung kann man beispielhaft sehen, wie sich aus einem anfangs wenig geordneten Motiv ein Resultat hoher ästhetischer Ordnung herausbildet. Und dennoch hat es das Haus Oettingen geschafft, die Schönheit ihres Stammwappens ohne größere Änderungen zu bewahren.

Insbesondere in der Frühzeit haben wir zum einen noch wolkenförmigen Feh, zum anderen abweichende Anordnungen desselben mit einer relativ großen darstellerischen Breite:

Dann passieren nacheinander mehrere Änderungen, die das charakteristische und unverwechselbare Schildbild der Oettinger erzeugten:

Besondere Darstellungsvarianten:

Entwicklung des Oberwappens der Grafen und Fürsten von Oettingen
Auch das Oberwappen hat sich über verschiedene Formen zum jetzt üblichen Bild verändert, wobei uns ein faszinierendes Stück heraldischer Rechtsgeschichte begegnet:

Die fürstlichen Wappen werden später ohne Helme dargestellt, nur mit Prunkstücken, z. B.

Chronogramme
Auf dem Bogen des Portales lesen wir ein Chronogramm: Craffto ab Oettingen incepit, Franciscus Wilhelmus filius confecit = Kraft von oettingen hat es begonnen, sein Sohn Franz Wilhelm hat es vollendet. Addieren wir die vergrößert dargestellten Buchstaben, die zugleich römische Zahlzeichen sind, wobei das "W" als 2x "V" gezählt wird, kommen wir auf: C+ I + I + C + I + C + I + C + V + V + V + I + L + L + M + V + I + L + I + V + C + C + I = 1783 als Baujahr.

Die genannten Personen, Kraft Anton Wilhelm Graf v. Oettingen, Sötern, Hohenbaldern u. Dagstuhl (8.10.1684 - 25.4.1751) und Franz Friedrich Wilhelm Notger Joseph Graf v. Oettingen-Katzenstein (8.9.1725 - 14.1.1798) sind fett markiert in dem folgenden Genealogie-Ausschnitt.

Auf dem Schlußstein des Bogens lesen wir: "Pro unigenito dei filio eiusque matri virgini erecta sistit". Das Pro ist falsch und ein Ergebnis einer Restaurierung, ursprünglich stand hier "Christo", damit ist die Inschrift: "Christo unigenito dei filio eiusque matri virgini erecta sistit" = wurde für den eingeborenen Sohn Gottes und seine jungfräuliche Mutter erbaut. Addieren wir wiederum die vergrößert dargestellten Buchstaben als römische Zahlzeichen, kommen wir auf: C + I + V + I + I + D + I + I + L + I + I + V + V + M + I + V + I + I + I + C + I + I = 1783, genau wie oben.

Verschiedene Linien der Grafen und Fürsten von Oettingen
An dieser Stelle sollen zum besseren Verständnis ganz kurz die verschiedenen Linien erwähnt werden:

Teilungen 1418:

Weitere Teilungen 1442 und 1485. Ab 1522 gab es zwei Hauptlinien:

Genealogie der Linie Oettingen-Baldern und Oettingen-Baldern-Katzenstein:

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Fürsten A1.3.3.A, Die Fürsten des HRR, M-Z, und Fürsten M 1.3.1., Die mediatisierten Fürstengeschlechter in Deutschland.
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Dr. Ludwig Mangold, Wallfahrtskapelle St. Maria Zöbingen, Hrsg. kath. Pfarramt St. Mauritius, Zöbingen

Die Wappen der Grafen und Fürsten von Oettingen

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