Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1183
Münzenberg (Wetterau)

Burgruine Münzenberg

Münzenberg ist eine Burg in der Wetterau, die wegen ihrer Anlage mit doppeltem Bergfried unter Burgenkundlern als Besonderheit (neben Thurandt) bekannt ist. Ihre Lage auf länglich-ovalem Basaltkegel macht sie optisch beherrschend für das Umland. Weiterhin ist diese Burg aufgrund des reichen Bauschmucks (Fenster, Gewände) kunsthistorisch bedeutsam. Erbaut wurde sie von den Herren von Münzenberg, die zu den Reichsministerialen von Hagen-Arnsburg (stammen von den Herren von Hagen ab, Reichsforst Dreieich. Eberhard von Hagen hatte Gertrud von Arnsburg, die Erbin der Arnsburger Besitzungen, geheiratet) gehörten und sich ab 1162 nach der Burg von Münzenberg nannten (Kuno I, königlicher Kämmerer, der Sohn Conrads II. von Hagen-Arnsburg, zog vollständig in seine neue Burg, siedelte 1174 in der alten Arnsburger Burg Zisterzienser an und wird so zum ersten Herren "von Münzenberg"). Einerseits waren sie Ministerialen, damit eigentlich unfreie Dienstmannen, andererseits werden sie in den Urkunden auch als "liberi imperii" geführt und sind reichsunmittelbar (Reichsministerialen). Seit 1155/56 ist die Herrschaft Münzenberg (Minzenberg) bezeugt. 1165 war die Burg bezugsfertig. Die Burg spielte eine wichtige Rolle in den staufischen Bemühungen, die Wetterau als Reichsterritorium von zentraler Lage zu sichern, und kontrollierte den Zugang aus dem Nordosten. Die Herren von Münzenberg (Minzenberg) blühten nur in drei Generationen. Der letzte Münzenberger im Mannesstamm war Ulrich II von Münzenberg, gest. 1255. Nachfolger waren die Herren von Falkenstein, die die Burg weiter ausbauten. Denn Philipp von Falkenstein (gest. 1270) hatte 1236 Isengard von Münzenberg geheiratet, eine von insgesamt sechs Erbinnen der Herrschaft Münzenberg und Schwester des letzten Münzenbergers. Man tauschte gegenseitig und kaufte sich Anteile ab, bis am Ende des 13. Jh. die Grafen von Hanau ein Sechstel und die Herren von Falkenstein fünf Sechstel besaßen.

Die Höhenburg ist in mehreren Bauphasen errichtet worden. Die Kernburg datiert in die Zeit der Romanik (ca. 1150-1165) und wurde unter den Münzenbergern errichtet (staufischer, südlicher Palas; älterer, östlicher Bergfried; innere, in ovalem Verlauf der Form des Basaltkegels folgende Buckelquader-Ringmauer). Die nächste Ausbauphase (13. Jh., 1260-1298) ist im wesentlichen den Herren von Falkenstein zuzurechnen (zweiter Palas, zweiter Bergfried im Westen wird fortgeführt, Aufstockung der ersten Ringmauer unter Verschluß der Zinnen, zweite Mauer). In der Mitte des 13. Jh. entstand Brandschutt, vermutlich anläßlich einer teilweisen Zerstörung der Burg, so daß bereits unter Ulrich II. von Münzenberg der Wiederaufbau eingeleitet wurde, der dann nach seinem 1255 erfolgten Tod von den Herren von Falkenstein fortgeführt wurde. 1298 verlegten die Herren von Falkenstein ihre Residenz nach Lich. Im ersten Viertel des 15. Jh. wird die äußere Zwingeranlage errichtet mit den Schalentürmen. Ein späterer Ausbau um 1500 AD ergänzte die Außenwerke mit einem weiteren Tor, weiterhin entstanden die Batterietürme. Der Torkapellenkomplex wurde dabei umgebaut, damit man Lafetten durchs Tor nach innen fahren kann. Außerdem wurde ein neuer Küchentrakt erbaut. Zerstört wurde die Burg, die bereits seit ca. 1600 nicht mehr unterhalten wurde und ihren strategischen Zweck der Herrschaftssicherung durch die neuen Besitzverhältnisse nach dem Tod der Falkensteiner eingebüßt hatte, während des 30jährigen Krieges von wallensteinschen Truppen.

Dieses ist das Mitteltor, eines von insgesamt drei Toren, die ins Innere führen. Das innerste Tor gehört der romanischen Bauphase an, wurde aber um 1500 zu einem befahrbaren, tonnengewölbten Tunnel durchs Gebäude hindurch umgebaut. Das mittlere Tor stammt aus dem ersten Viertel des 15. Jh. Das äußere Tor dagegen stammt aus der letzten Ausbauphase um 1500 und wird von einem Batterieturm moderner Technik geschützt. Auf dem Schlußstein des mittleren Tores befindet sich das einzige Wappen der Burganlage, ein von Rot und Gold geteilter Schild.

Ist das das ursprüngliche Wappen? Interessanterweise finden sich redende Siegel, z. B. von 1220, die auf einem Dreiberg drei beblätterte Pflanzenstengel mit jeweils einer Blüte tragen, traditionell als Minze (Münzenberg = Minzenberg!) gedeutet. Alternative Siegelbilder zeigen auf einem Dreiberg zwei durch eine Mauer verbundene Türme, dazwischen einen Pflanzenstengel. Diese redenden heraldischen Symbole, die auch auf den Münzenberger Münzen Anwendung fanden, verschwinden mit dem Aussterben des Mannesstammes. Die rot-goldene Teilung setzte sich als Wappensymbol durch. Die Erben der Herrschaft Münzenberg führen das Heroldsbild wie hier am Torbogen abgebildet, zuerst ein goldenes Feld mit rotem Schildhaupt. Mit der Zeit (insbesondere in den vermehrten Wappen der Erben) rutschte die Trennlinie immer tiefer und wurde zur rot-goldenen Teilung.

Exkurs: Der Weg dieses Wappens in andere Wappen der Region
Wo finden wir das Münzenberg-Falkensteiner Wappen später wieder? Es fand Eingang in alle "Erben": Solms, Hanau, Hessen, Stolberg, Eppstein und begegnet einem im südlichen Hessen auf Schritt und Tritt.

Teilung 1: Der letzte Münzenberger im Mannesstamm war Ulrich II von Münzenberg. Als mit ihm die Herren und Reichsministerialen von Münzenberg im Mannesstamme ausstarben, wurde die Herrschaft 1255 aufgeteilt:

So kam das Wappen der Herren von Münzenberg in die Wappen der Herren von Falkenstein und der Grafen von Hanau.

Erbe 1: Vermehrtes Wappen der Grafen von Falkenstein: Die Herren von Falkenstein sind eigentlich eine Seitenlinie der Herren von Bolanden. Philipp I, ein Sohn Werners III von Bolanden nannte sich seit ungefähr 1220 nach seiner Burg Falkenstein am Donnersberg. Damit ist das Stammwappen der Falkensteiner ursprünglich das Rad, wie es auch die von Bolanden führten, differenziert durch andere Farben (in Blau ein silbernes Rad, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein silbernes Rad; die Herren von Bolanden führten in Gold ein rotes Rad, auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein rotes Rad). Nach der Münzenberger Erbschaft kommt dieses Wappen geviert mit Münzenberg vor, doch geriet das Rad schnell in Vergessenheit, die Herren siegelten seitdem ausschließlich mit dem rot-golden geteilten Schild. Das Münzenberger Wappen wurde mit dem Falkensteiner identisch. Helmzier 1302 ein goldener Hut mit rotem Aufschlag (später Varianten), bald darauf oben mit einer goldenen Kugel und einem natürlichen Pfauenstoß besteckt. Helmdecken rot-golden. Von dieser Helmzier sind zwei andere Varianten bekannt, bei denen a) im Stulp zusätzlich zwei rot-golden geteilte Fähnchen an goldenem Schaft stecken, oder bei denen b) ein silberner Hund zwischen vier Münzenberger Fähnchen auf dem Hut sitzt. Bei dem gevierten Wappen wäre die Helmzier ähnlich, aber das Rad auf dem rechten Fähnlein. Übrigens erbauten die Herren von Falkenstein oberhalb von Königstein Burg Neu-Falkenstein. Dies ist jedoch nicht ihre Stammburg.

v. Bolanden v. Bolanden-
Falkenstein
v. Münzenberg v. Falkenstein-
Münzenberg
v. Falkenstein-
Münzenberg

v. Falkenstein,
Bischof von Trier

Erbe 2: Vermehrtes Wappen der Grafen von Hanau: Geviert:

Abb.: Grafen von Hanau-Münzenberg. Abbildung nicht aus Münzenberg, sondern aus der Pfarrkirche Lich. Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis der Evangelischen Marienstiftsgemeinde Lich (www.marienstiftsgemeinde-lich.de) und Herrn Pfarrer Lutz Neumeier vom 10.12.2007, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Teilung 2: Philipp VII. von Falkenstein-Münzenberg erreichte 1397 die Erhebung in den Grafenstand. Doch da war es schon nicht mehr weit bis zum Aussterben des Geschlechts. Der allerletzte Falkensteiner im Mannesstamme war Graf Werner III. von Falkenstein (gest. 1418), Erzbischof von Trier von 1388 bis 1418. Das letzte weibliche Familienmitglied war Gräfin Anna, Schwester des genannten Erzbischofs. Die Grafen von Solms beerbten die Herren von Falkenstein 1418 nach deren Erlöschen (Graf Otto von Solms (gest. 27.10.1409) hatte Agnes, die Tochter von Philipp VIII von Falkenstein und Münzenberg und Erbin beider Herrschaften geheiratet), so kam das Wappen von Münzenberg in das der Grafen von Solms, die zuletzt 20/48 der ehemaligen Herrschaft Münzenberg hatten. Miterben waren die Grafen von Sayn und die Grafen von Virneburg, ferner kam ein Teil des Solmsischen Erbes an Isenburg-Büdingen. Ein weiterer Erbe der Falkensteiner waren die Grafen von Eppstein, die ebenfalls 20/48 hatten. Die Herren von Hanau behalten nach wie vor ihren 1255 erworbenen Anteil. Also ist die neue Aufteilung:

v. Eppstein v. Eppstein v. Eppstein-
Königstein
v. Hanau v. Hanau v. Solms

v. Solms

Erbe 3: Vermehrtes Wappen der Grafen von Solms: Geviert:

Abb.: Grafen von Solms. Abbildung nicht aus Münzenberg, sondern aus der Pfarrkirche Lich. Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis der Evangelischen Marienstiftsgemeinde Lich (www.marienstiftsgemeinde-lich.de) und Herrn Pfarrer Lutz Neumeier vom 10.12.2007, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Erbe 4: Vermehrtes Wappen der Grafen von Eppstein: Geviert:

Abb.: Wappen von Eppstein. Nicht aus Münzenberg, sondern aus Königstein im Taunus.

Teilung 3 und 4: Die Eppsteiner teilten sich 1433 in eine Linie Eppstein-Münzenberg und eine Linie Eppstein-Königstein. Als die Eppsteiner 1535 in den Hauptlinien Münzenberg und Königstein ausstarben, wurden 1581 deren Anteil an Münzenberg zwischen Stolberg und dem Hochstift Mainz zu gleichen Teilen aufgeteilt. Die neue Verteilung der ehemaligen Herrschaft Münzenberg sah wie folgt aus:

Der Anteil von Mainz kam 1684 an die Grafen von Hanau, die jetzt 18/48 innehatten. Dieser Teil kam mit dem Erbe der Grafen von Hanau 1736 an Hessen-Kassel. Der Anteil fiel 1810 über Frankreich an Hessen-Darmstadt. Die Solmser Güter kamen im frühen 18. Jh. direkt an Hessen-Darmstadt.

Erbe 5: Vermehrtes Wappen der Grafen von Stolberg-Königstein-Wertheim:

Abb.: Wappen der Grafen von Stolberg-Königstein-Wertheim. Nicht aus Münzenberg, sondern aus der Burg Wertheim

Erbe 6: Vermehrtes Wappen der Landgrafen von Hessen-Kassel ab 1736: Das Wappen ist komplex aufgebaut:

Bildbeispiel: Lemgo, Alte Abtei (jetzt Volkshochschule), Breite Straße 10, Wappen von "Anna Friderique Wilhelmine Landgrawe zu Hessen Philipsthal", datiert auf 1768.

Bei all diesen Wappen verweisen die Wurzeln hierhin, auf die Burgruine Münzenberg. Hier ist die Keimzelle dieser Vielfalt, und hier nahm die heraldische "Verteilung" ihren Ausgang.

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Bettina Jost: Burgruine Münzenberg – Adelsburg der Stauferzeit - bedeutende Höhenburg des 12. und 13. Jahrhunderts, Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Broschüre 9, Schnell und Steiner Verlag, Regensburg, 1. Auflage 2000, ISBN 3-7954-1285-4
Hessische Kulturdenkmäler:
http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=6135&session=913&event=Query.Details

Das Feld für Münzenberg und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen

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