Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 79
Würzburg - ein heraldischer Leckerbissen

Dom zu Würzburg, Konrad von Thüngen, Epitaph

Das Grabdenkmal für Konrad von Thüngen befindet sich im südlichen Querschiff. Es wurde angefertigt von Loy Hering aus Eichstätt. Eine Aufsatz-Zone zeigt drei Wappen, das fürstbischöfliche Vollwappen in der Mitte und noch einmal zwei separate Schilde, die von je einem geflügelten Putto gehalten werden.

Die Hauptzone darunter wird von zwei Säulen gerahmt und ist in eine Gebälkzone, eine Reliefzone und eine Sockelzone gegliedert. Die Gebälkzone hat in der Mitte das fächerförmig gestaltete Nischendach, und seitlich befinden sich die ersten zwei Wappen der Ahnenprobe, je von einem Löwen gehalten. Die Reliefzone zwischen den Säulenschäften zeigt den Fürstbischof betend in kniender Stellung vor dem Bild des Gekreuzigten.

Hinter ihm halten zwei Personen seine Insignien, ein Mann in geistlicher Gewandung den bischöflichen Krummstab, und ein Mann in weltlicher Kleidung das Schwert für die weltliche Macht des Reichsfürsten.

In der untersten Zone zwischen den beiden Säulenbasen befindet sich die an einigen Stellen zerstörte Inschrift, die Konrad von Thüngen nennt, der fast 20 Jahre lang Bischof war und die Zeit der Bauernkriege im Hochstift erlebte. Zeitweise mußte er sogar an den pfalzgräflichen Hof nach Heidelberg fliehen. Da seine Getreuen jedoch die Festung Marienberg gegen die aufständischen Bauern gehalten hatten, konnte er zurückkehren und "aufräumen". Es waren wilde Zeiten in seiner Amtszeit, Zeiten der Unruhen, des Aufruhrs des Niederadels sowie des Kampfes des Schwäbischen Bundes gegen Raubritter in Franken.

Wappen des Bischofs Konrad von Thüngen (1519-1540). Geviert. Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken. Feld 2 und 3: Stammwappen von Thüngen, in Silber ein (hier) 5x im Wellenschnitt gold-rot gespaltener Balken. In seiner älteren Form zeigt der Schild in Silber einen roten Querbalken, darin drei schrägrechte goldene Wellen. Später wurden daraus nach rechts ausgebogene Pfähle, und in späterer Zeit nahm man es mit der Anzahl der Linien nicht mehr so genau oder tauschte die Farben, meistens wird in Silber ein mehrfach mit rechts oder links ausgebogenen Linien gold-rot gespaltener Balken gezeigt. Hier ist es z. B. ein 5x im Wellenschnitt gold-rot gespaltener Balken. Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg.

Die Helmzier ist eine Kombination aus den Helmzieren aller drei Wappen. Die Thüngen-Helmzier ist ein wachsender Männerrumpf ohne Arme, rot gewandet, mit silbernem Kragenaufschlag, bärtig, mit einem roten Hut mit silbernem Aufschlag, besteckt mit einem Hahnenfederbusch. Ganz klein duckt dieser sich unter den Büffelhörnern. Die Standarten und Federn gehören zum Hochstift Würzburg, die Büffelhörner zum fränkischen Rechen. Hier wurde bei der Wappenvereinigung eine Kombinations-Helmzier gebastelt, wobei die derer von Thüngen proportionsmäßig deutlich unterrepräsentiert ist. Zu späterer Zeit wurden statt dessen drei Helme nebeneinander auf den Schild gesetzt. Helmdecken von Thüngen rot-silbern.

Hier wurde das Stammwappen Thüngen verwendet. Später wurden die Wappen der beiden Linien derer von Thüngen variiert, die Lutzische Linie (jüngere Linie) verwendet das Stammwappen, manchmal in verwechselten Farben hinsichtlich des Balkens, und ergänzt die Helmzier durch zwei Banner mit schwarzem Doppeladler in Gold. Die ältere, sog. Andreasische Linie nimmt das Stammwappen als Herzschild auf einem gevierten Schild (Feld 1 und 4: von Rot und Silber geteilt und fünfmal gespalten in verwechselten Farben, Feld 2 und 3: In Blau ein gekrönter silberner Sparren, begleitet von 3 (2:1) goldenen Sternen).

Die von Thüngen waren Erbküchenmeister des Herzogtums Franken sowie Untertruchsessen des Hochstiftes Würzburg. Friedrich von Thüngen wurde 1303 mit der Stammburg Thüngen belehnt. Die Familie erwarb den Stammsitz 1406 als Eigengut. In der Rhön und im Werntal erwarben sie ein relativ geschlossenes Herrschaftsgebiet (z. B. Burgsinn, Gräfendorf, Heßdorf, Thüngen, Völkersleier, Detter, Weißenbach, Zeitlofs, Rupboden, Dittloffsroda, Windheim, Adelsberg, Kloster Schönau, Büchold, Waizenbach etc. zählten zu ihrem Besitz). Die Familie war eng mit Würzburg und Fulda verbunden und hatte unzählige Mitglieder in wichtigen Ämtern im Dienste der Kirche. Allein in Würzburg stellte die Familie zwischen 1319 und 1681 insgesamt 29 Mitglieder des Domkapitels: Dekane, Landrichter, Scholastiker, Pröpste etc. Sowohl in Bamberg als auch in Würzburg stellte die Familie je einen Fürstbischof, Konrad in Würzburg (1519-1540) und Neithard in Bamberg (1591-1598). Dazu kommt noch Nikolaus von Thüngen, Bischof von Ermland (1467-1489). Aber auch in weltlichen Diensten waren sie hochangesehen. Sie stellten vier Ritterhauptleute im Kanton Rhön-Werra und einen im Kanton Steigerwald. Andere wichtige Familienmitglieder waren Adam Hermann von Thüngen, Kammerpräsident Württembergs, 1706 in den Freiherrenstand erhoben, sowie Johann Karl von Thüngen, Kommandant in Würzburg, Generalwachtmeister der fränkischen Truppen, 1708 in den Reichsgrafenstand erhoben. In neuerer Zeit ist Karl Freiherr von Thüngen bekannt geworden in Zusammenhang mit dem 20.7.1944.

Sechs einzelne Wappenschilde umgeben das Grabmal. Davon entfallen zwei auf den "Fränkischen Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, sowie auf das "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg, die anderen vier sind die Ahnenprobe des Verstorbenen (s.u.).

Heraldisch rechts oben ist das Familienwappen der von Thüngen (in Silber ein (hier) 5x im Wellenschnitt rot-gold gespaltener Balken). In der Ahnenprobe steht das für den Vater des Fürstbischofs, Dietz von Thüngen zu Reußenberg und Sodenberg (-1502), kurmainzischer und bambergischer Hofmeister, und für den Großvater väterlicherseits, Cunz von Thüngen. Heraldisch links oben ist der Wappenschild der Truchseß von Wetzhausen (in Gold zwei in zwei Reihen silbern-rot geschachte Balken). In der Ahnenprobe steht der Schild für die Mutter des Fürstbischofs, Anna Truchsessin von Wetzhausen, bzw. für den Großvater mütterlicherseits, Hans (n. Salver) oder Karl (n. Biedermann) Truchseß von Wetzhausen, Amtmann in Haßfurt.

Heraldisch rechts unten ist das einwärts gewendete Familienwappen der von Carben (geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender roter Löwe, unten in Blau eine silberne Lilie (Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 37 und Seite 88, 52, Siebmacher Band: NaA Seite: 19 Tafel: 26, Zobel Tafel 62). In der Ahnenprobe steht der Schild für die Großmutter väterlicherseits, Gutta von Carben.

Heraldisch links unten ist das Familienwappen der von Bibra (in Gold ein schwarzer Biber). In der Ahnenprobe steht der Schild für die Großmutter mütterlicherseits, Barbara von Bibra, Ehefrau des Karl Truchseß von Wetzhausen. Auch die Brüder des Fürstbischofs standen übrigens in würzburgischen Diensten: Eustachius von Thüngen (-1544) war würzburgischer Rat und Amtmann zu Trimberg und Aschach, und der andere Bruder Bernhard von Thüngen (-1541) war würzburgischer Hofmeister, Reichstagsgesandter sowie Amtmann zu Rothenfels.

Übersicht über die Vorfahren des Konrad von Thüngen (nach Salver):

Eltern:
  • Dietz von Thüngen zu Reußenberg und Sodenberg (-1502)
  • Anna Truchsessin von Wetzhausen

Großeltern:

  • Cunz von Thüngen
  • Gutta von Carben
  • Hans Truchseß von Wetzhausen
  • Barbara von Bibra
  Urgroßeltern:
  • Dietz von Thüngen
  • Els von Grumbach
  • Friedrich von Carben
  • Katharina von Schlitz gen. Görz
  • Albrecht Truchseß von Wetzhausen
  • Anna von Schaumberg
  • Kaspar von Bibra
  • Kunigund Wolfskeelin von Reichenberg

Dom, Konrad von Thüngen, Messingbeschlag der Grabplatte

Der Messing-Beschlag, der einst die eigentliche Grabplatte zierte, wurde an die Wand eines Seitenschiffs übertragen. Die zentrale Bischofsfigur hat vor sich das Amtswappen wie beschrieben. Die umlaufende Inschrift lautet: "ANNO D(OMI)NI MDXL XVI IVNII OBIIT R(EVERENDISSI)MVS IN CHRISTO PATER ET DOMINVS D(OMI)N(V)S CONRADVS D(EI) G(RATIA) EP(ISCOPV)S HERBIPOLEN(SIS) ET FRANCIAE ORIE(N)T(ALIS) DVX CVIVS A(N)I(M)A DEO VIVAT".

 

Die vier Ecken enthalten runde Medaillons mit den Wappenschilden der Ahnenprobe wie oben beschrieben. Abgebildet sind hier die beiden unteren mit den Wappen der von Carben (Abb. links) und der von Bibra (Abb. rechts). Man achte auf die detaillierte Darstellung der Schwimmhäute an den Hinterläufen, die fast Entenfüßen ähneln.

 

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:

Rudolf II. von Scherenberg 1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg 1558-1573
Julius Echter von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz) 1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach 1673-1675
Peter Philipp von Dernbach (desgl. Bischof von Bamberg) 1675-1683
Konrad Wilhelm von Wernau 1683-1684
Johann Gottfried von Guttenberg 1684-1698
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1699-1719
Johann Philipp Franz von Schönborn 1719-1724
Christoph Franz von Hutten 1724-1729
Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg) 1729-1746
Anselm Franz von Ingelheim 1746-1749
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1749-1754
Adam Friedrich von Seinsheim (dsgl. Bischof von Bamberg) 1755-1779

Literatur und Links:
Bistum Würzburg: http://www.bistum-wuerzburg.de/
Bistum Würzburg bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_W%C3%BCrzburg
St. Kilians-Dom:
http://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Aschaffenburger Wappenbuch.
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Konrad von Thüngen:
http://www.wuerzburgwiki.de/wiki/Konrad_II._von_Th%C3%BCngen
Konrad von Thüngen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Konrad_II._von_Th%C3%BCngen
Franz Xaver von Wegele, Konrad von Thüngen, in: Allgemeine Deutsche Biographie (1882):
http://www.deutsche-biographie.de/xsfz44420.html mit Genealogie
Genealogie von Thüngen: Biedermann, Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken Löblichen Orts Rhön und Werra
http://books.google.de/books?id=j9JDAAAAcAAJ
Veröffentlichung der Photos aus dem Innenraum mit freundlicher Erlaubnis des Bischöflichen Ordinariates, Presse- und Informationsstelle, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg, vom 24.01.2007.
Beschreibung dieses Epitaphs in: Joh. Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 408-411

Dom, Konrad von Bibra - Dom, Melchior Zobel von Giebelstadt - Dom, Friedrich von Wirsberg - Dom, Julius Echter von Mespelbrunn - Dom, Joh. Gottfr. von Aschhausen - Dom, Philipp Adolf von Ehrenberg - Dom, Christoph Franz von Hutten - Dom, Franz Ludwig von Erthal - Dom, Karl Georg von Fechenbach

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