Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 447
Arnstein (Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)

Das Pfründnerspital in Arnstein (Huttenspital)

Das ist eine Rarität: Ein Wappenstein mit gleich fünf Fürstbischöfen auf einmal, der zudem Bischöfe aus zwei Bistümern friedlich vereinigt! Und so eine Kostbarkeit schlummert in einer kleinen 8000-Seelen-Stadt in Unterfranken: In Arnstein nördlich von Würzburg auf halber Strecke nach Hammelburg. Es handelt sich um den Wappenstein am Pfründnerspital, Marktstraße 61, das auf Veranlassung von Moritz von Hutten erbaut wurde. Er hatte eine besondere Beziehung zu Arnstein, weil er hier geboren ist (am 26.11.1503). Erst war er Dompropst in Würzburg, ehe er 1539 den Bischofssitz in Eichstätt bestieg. Das Spital war gedacht als Alten- und Pflegeheim, und das ist es auch heute noch.

Der Gründer und Stifter Moritz von Hutten starb bereits am 6.12.1552 in Eichstätt, nur 49 Jahre alt. In seinem Testament legte er aber fest: "von wegen unserer der von Hutten begräbnüs ein spithal für ihre arme leuth, hindersassen undt alte diener und ehehalten damit dieselbe zu ihrem alter und armuth versehen seyn und nit noch allererst leiden döfften". Dieser Tradition fühlt sich das Seniorenheim auch heute noch verbunden, denn "daß es zu ewigen zeiten ein spithal bleibe", wurde ebenfalls im Testament bestimmt. Der Vollzug der Stiftung erfolgte wohl erst 1555-1558 mit einem ersten Gebäude. Das heutige Gebäude entstand jedoch erst viel später, als man mehr Platz brauchte.

Die Bauinschrift ist unter dem Wappenstein, der am Kapellenflügel straßenseitig zwischen den beiden Rundbogenfenstern der Kapelle angebracht ist, angebracht und hat den Wortlaut: "Im Jahr Christi 1558 ist durch gottseelige Vermächtnuß MAURITII / Bischoffens zu Eichstatt und Domb:Probsten zu Würtzburg Freyherrns von Hutten dieses Spithal ge:/stifftet, dieses Gebäu(de) aber in diese Gestalt und Bequemlichkeit unter glorreicher Regierung vier nacheinan:/der gefolgten Bischoffen und Fürsten zu Würtzburg und Hertzogen zu Francken, JOANNIS PHILIPPI, / Freyherrn von Greiffenclau, JOANNIS PHILIPPI FRANCISCI, Reichs:Graffen von Schönborn / Buch(h)eim, CHRISTOPHORI FRANCISCI auch Freyherren von Hutten zum Stolzenberg, / FRIDERICI CAROLI, gleichfal(l)s Reichs:Graffen von Schönborn:Buch(h)eim auch Bischoffen / zu Bamberg von Anno 1713 angefangen und 1730 in diesen Stand gebracht worden."

Moritz von Hutten konnte also selber seine Stiftung nicht mehr ausführen, darum kümmerten sich die Würzburger Fürstbischöfe, in deren Herrschaftsgebiet Arnstein ohnehin lag. Die dreiflügelige Anlage erbaute der Barockbaumeister Joseph Greissing im 1713 vergebenen Auftrag der Spitalverwaltung, die unter Aufsicht der fürstbischöflichen Regierung stand. Am 27.6.1715 fand die Grundsteinlegung zum Neubau statt. Während des Baus gab es mehrere Planänderungen, z. B. wurde ein drittes Geschoß hinzugenommen, um noch mehr Platz zu haben. Greissing konnte den Bau nicht zur Gänze vollenden; bei seinem Tod fehlten am Pfründnerbau noch die Tünchner- und Dachdeckerarbeiten. Bis 1730 wurde das Triklinium mit dem Kapellenbau von Johann Leonhard Stahl und Mathes Kolb nach Greissings Plänen vollendet. Wenigstens im Außenbau folgte man strikt den Plänen, aber im Innenausbau gab es Änderungen bei der Raumaufteilung im Kapellenflügel, was Streit zwischen Stahl und Johann Philipp Fasel als Kontrollinstanz gab.

Im Zentrum des Wappensteines befindet sich das Wappen des Spitalstifters, Moritz von Hutten, Bischof von Eichstätt (1503-1552). Außenherum befinden sich die Wappen der vier Würzburger Fürstbischöfe, die als örtliche Bauherren auftraten, um im 18. Jh. die alten Gebäude zu erneuern: Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths (reg. 1699-1719), Johann Philipp Franz von Schönborn (reg. 1719-1724), Christoph Franz von Hutten (reg. 1724-1729) und zuletzt Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg) (reg. 1729-1746). Insgesamt hat sich also der Neubau des Spitals über die Regierungszeit von insgesamt vier Würzburger Fürstbischöfen erstreckt, 1713-1730.

Das Spital ragt in imposanter Lage über der Stadt auf. Durch die Lage am Hang mußte straßenseitig über mächtigen Substruktionen eine Terrasse mit Stützmauer angelegt werden; eine längs angebaute Freitreppe mit einem Absatz führt zum südlichen Portal hinauf. Ein stark profilierter Dreiecksgiebel mit Kugelaufsatz in der Mitte und Pinienzapfen-Aufsätzen an den Seiten und zwei seitliche Volutenschnecken schmücken das Portal. Von der Bergseite aus gelangt man in Höhe des ersten Stocks an das Gebäude. Der Altbau wurde 1985-1987 unter Beibehaltung alter Substanz generalsaniert. Die heutige Zufahrt erfolgt rechts außerhalb des Bildes, wo sich auch ein moderner Anbau aus dem Jahr 1996 befindet.

Wappen des Eichstätter Fürstbischofs Moritz von Hutten (1503-1552)

Das Wappen in der Mitte der Tafel ist geviert:

Zwei Helme sind auf dem Wappen zu sehen:

Die Freiherren von Hutten:
In dieser Familie gibt es viele Personen, die in der Geschichte eine herausragende Rolle gespielt haben. Bischöfe, Offiziere, Äbte, hohe Beamte - die Freiherren von Hutten machten Geschichte. Urahn ist Freiherr Rudolph von Hutten, 1179 AD. Das Geschlecht der Freiherren von Hutten spaltete sich unter seinen Enkeln, Frowin und Friedrich, in zwei verschiedene Linien auf.

Wappen der Hutten von Steckelberg: In Rot zwei goldene Schrägbalken, selten eine Linie mehr und damit fünfmal rot-golden schräggeteilt. Helmzier ein offener roter Flug, beiderseits mit zwei goldenen Schrägbalken belegt, sparrenweise gegeneinander gewendet. Helmdecken rot-golden.

Linie der Hutten von Steckelberg: Begründet von Friedrich, benannt nach Burg Steckelberg bei Schlüchtern, ihrem Stammsitz seit dem 13. Jh. Im Mittelalter u. a. als Raubritter bekannt. Die Steckelburg wurde schließlich als Raubnest geschleift. Einige Mitglieder der Familie sind in Gewalttaten verwickelt. Der Familienbesitz lag in Steckelburg, Schlüchtern, Volmers etc., dazu im Sinngrund und im Jossatal. Die Linie erlosch 1422 und wird von der Gronauer Linie fortgesetzt. Der berühmteste Vertreter dieser Linie ist Ulrich von Hutten, der Humanist und Reformationskämpfer, der auch maßgeblich an der Vertreibung Herzog Ulrichs von Württemberg beteiligt war.

Wappen der Hutten von Stolzenberg und Frankenberg (hier): In Rot zwei goldene Schrägbalken, selten eine Linie mehr und damit fünfmal rot-golden schräggeteilt. Helmzier Rumpf eines bärtigen Mannes, rot gewandet, mit einer silbernen Mütze, rot gestulpt, oben und an beiden Seiten mit schwarzen Hahnenfedern besteckt. Farbliche Variationen der Mütze möglich. Helmdecken rot-golden.

Linie der Hutten von Stolzenberg und Frankenberg (hier): Gegründet von Frowein, brachte im 14. Jh. die Burg Stolzenberg, eine fuldische Burg über dem Tal der Kinzig, an sich und benannte den Familienzweig nach seiner neuen Stammburg. Auch diese Burg wird 1252 zerstört, auch hier darf als Grund Raubrittertum angenommen werden. Der Familienbesitz der Stolzenberger Linie lag im wesentlichen in Romsthal, Eckardroth, Kerbersdorf, Marborn, Wahlert, Steinbach. Weiterhin hatte die Familie die Amtmannschaft Arnstein inne, dazu Birkenfeld im Kanton Baunach. Das hohe Ansehen der Familie liegt aber in den erstaunlich vielen und hochangesehenen Klerikern begründet, die die Familie hervorbrachte: Moritz v. H., Bischof von Eichstätt (1539-1552), Dompropst von Würzburg, Philipp von Hutten, Gouverneur in Venezuela, gest. 1546, Christoph Franz v. H., Bischof von Würzburg, Peter Philipp v. H., Domscholaster von Würzburg, Franz Christoph v. H., Bischof von Speyer (1743-1770), 1769 Kardinal etc. Die Familie stellte weiterhin drei Ritterhauptleute in den Kantonen Baunach und Odenwald.

Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp von Greiffenklau-Vollraths (1699-1719)

Das Wappen optisch links oben auf der Tafel ist geviert:

Wappen des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp Franz von Schönborn (1719-1724)

Das Wappen optisch rechts oben auf der Tafel ist geviert:

Wappen des Würzburger Fürstbischofs Christoph Franz von Hutten (1724-1729)

Das Wappen optisch links unten auf der Tafel ist geviert:

Wappen des Würzburger Fürstbischofs Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg) (1729-1746)

Das Wappen optisch rechts unten auf der Tafel ist geviert mit Herzschild:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.97725,9.9702785,20z - https://www.google.de/maps/@49.97725,9.9702785,81m/data=!3m1!1e3
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag - Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4

http://www.arnstein.de
http://www.pfruendnerspital.de/
Johannes Mack: Der Baumeister und Architekt Joseph Greissing, mainfränkischer Barock vor Balthasar Neumann, hrsg. von der Gesellschaft für fränkische Geschichte, VIII. Reihe: Quellen und Darstellungen zur fränkischen Kunstgeschichte, c/o Verlag Ph. C. W. Schmidt, 1. Auflage 2009, 797 S., ISBN-10: 3866528167, ISBN-13: 978-3866528161, S. 643

Die Wappen der Fürstbischöfe von Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Die Wappen der Fürstbischöfe von Bamberg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Der Fränkische Rechen - Das Rennfähnlein - Der Bamberger Löwe

Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn

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