Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 376
Aschaffenburg (Regierungsbezirk Unterfranken)

Stiftskirche St. Peter und Alexander: einzelne kurfürstliche Wappen

In der Stiftskirche St. Peter und Alexander gibt es abseits der fürstbischöflichen Epitaphien und der Gedächtnisanlage noch einige bemerkenswerte Einzelwappen der Mainzer Kurfürsten. Im südlichen Querschiff befindet sich ein spätgotischer Taufstein, auf 1487 datiert und vom Maurer und Bildhauer Konrad von Mosbach angefertigt, der wahrscheinlich ein Mitglied der Baumeistersippe der Eseler von Alzey war. Ursprünglich stand der Taufstein im Hauptschiff des Langhauses. Ein Maler namens Mathis hat ihn farbig gefaßt. Der runde Sockel des oben zwölfeckig abgeschlossenen Beckens ist wie bei einem Pokal tailliert. An der sich nach hinten einziehenden Fläche ist auf der Nordseite ein Wappen des Mainzer Fürstbischofs Berthold von Henneberg (reg. 1484-1504) zu sehen, von einem Engel gehalten. Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein sechsspeichiges, silbernes Rad, Erzstift Mainz, Feld 2 und 3: Grafen von Henneberg-Römhild, erneut geviert, Feld a und d: Colonna, in Rot eine goldgekrönte silberne Säule, Feld b und c: gefürstete Grafschaft Henneberg, in Gold auf eigentlich grünem Dreiberg eine schwarze Henne mit eigentlich rotem Kamm und ebensolchem Kehllappen. Von den fünf anderen Engelshalbfiguren, die in jeweils ein herzförmiges Blendmaßwerkornament mit oben doppelten Dreipässen gesetzt sind, halten drei Musikinstrumente, einer ein Buch und der letzte ein Schriftband mit der Datierung. Diese mit dem Wappenengel insgesamt sechs Elemente entsprechen durch die Verdoppelung des Dreipaßmotivs unter dem oberen Abschluß den zwölf Flächen des Beckenrandes.

 

Von dem gleichen Fürstbischof, Berthold von Henneberg, ist eine auf die drei Kernmotive reduzierte, sehr seltene und sonst nirgends belegte Form am Sockelstein zum Schildbogen einer Kapelle des nördlichen Seitenschiffs zu sehen. Der Schild ist gespalten und halbgeteilt, Feld 1: Erzstift Mainz, Feld 2: gefürstete Grafschaft Henneberg, Feld 3: Colonna. Neben dem Schild ist noch der Rest eines decapitierten Löwen zu erkennen.

In der auf der Nordseite erhöht gelegenen Maria-Schnee-Kapelle ist an der Nordwand ein Wappenstein Albrechts von Brandenburg eingelassen, in der frühen, kleinen Form mit vier weltlichen und drei geistlichen Inhalten, wie es auch in der "Beweinung Christi" auftaucht. Der Hauptschild ist geviert, Feld 1: in Silber ein roter Adler für die Markgrafschaft Brandenburg, Feld 2: in Silber ein roter Greif für das Herzogtum Pommern, Feld 3: innerhalb eines silbern-rot gestückten Bordes in Gold ein schwarzer, doppelschwänziger Löwe für die Burggrafschaft Nürnberg, Feld 4: silbern-schwarz geviert, das Stammwappen der Hohenzollern. Die drei (2:1) gestellten Herzschildchen repräsentieren seine kirchlichen Würden, Herzschild 1: in Rot ein silbernes, sechsspeichiges Rad für das Erzstift Mainz, Herzschild 2: rot-silbern geteilt für das Erzstift Magdeburg, Herzschild 3: silbern-rot gespalten für das Hochstift Halberstadt. Hinter dem Schild ist oben ein Prozessionskreuz zwischen dem gestürzten Schwert und dem Krummstab zu sehen, dahinter dient ein Engel zugleich als Schildhalter und als Konsole für den darüber befindlichen Ansatz der Gewölberippen, die an der Decke ein komplexes Schlingensystem bilden. Seine Flügel sind weit ausgespannt und bilden quasi ein Dach für die helmdeckenartigen seitlichen Ornamente, die mangels Helm heraldisch sinnfrei und darstellerisch unbefriedigend sind.

Die stark abgekürzte Inschrift lautet: "R(EVEREN)SISS(IMVS) ET ILLVSTRISS(IMVS) D(OMINVS) ALBERTVS (= Albrecht) S(ANCTISSIMAE) R(OMANAE) E(CCLESIAE) T(I)T(VLO) S(ANCTI) PETRI AD VI(N)CVLA P(RES)B(YTE)R CARD(INALIS) MOGV(N)T(INAE) ET MAGD(EBVRGENSIS) ECCLE(SIARVM) ARCHIEP(ISCOPV)S ADMINIST(RATOR) HALBERST(ADII) GERMAN(IAE) PRIMAS PRINCEPS ELECT(ORIS) MARCHIO BRA(N)DENBVRG(ENSIS) CASSVBOR(VM) ET SCHLAVOR(VM) ZC(= et cetera) DVX RVGIE QVE PRI(N)CEPS ZC (= et cetera) SACELLV(M) HOC ET ALTARE CO(N)SECRAVIT ET INDVLGE(N)TIS DOTAVIT AN(NO) D(OMI)NI MDXVI XII K(A)L(ENDIS) NOVE(M)B(RIS)" - der verehrungswürdigste und erlauchteste Herr Albrecht, der heiligen Römischen Kirche Kardinal mit der Titularkirche San Pietro in Vincoli al Colle Oppio, Erzbischof der Kirchen von Mainz und Magdeburg, Administrator von Halberstadt, Primas von Germanien, Kurfürst, Markgraf von Brandenburg, Herzog der Kassuben, Slaven etc. und Fürst von Rügen etc. hat dieses Heiligtum und den Altar geweiht und gnädig dotiert im Jahre des Herrn 1516 an den 12. Kalenden des Novembers.

Literatur, Links und Quellen:
Liste der Baudenkmäler in Aschaffenburg: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkmäler_in_Aschaffenburg
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Seite 56-58
Stiftskirche Aschaffenburg, Schnell-Kunstführer Nr. 230, 8. Auflage 2003, Verlag Schnell & Steiner Regensburg, ISBN 3-7954-4193-5
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von der Kath. Kirchenstiftung St. Peter und Alexander, 23.1.2007
Stiftspfarrei St. Peter und Alexander:
http://www.stiftsbasilika.de/
Stiftsbasilika:
http://www.stiftsbasilika.de/basilika/ - http://www.stiftsbasilika.de/basilika/kirchenraum
Pfarreiengemeinschaft St. Martin:
http://www.st-martin-aschaffenburg.de/index.html
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Walter Hotz: Konrad von Mosbach - ein Baumeister der Spätgotik, in: Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften, Sonderveröffentlichung des Breuberg-Bundes 1972, Breuberg 1972, S. 67-75.
Hanns Hubach: Die Heilig-Grab-Kapelle der Asc
haffenburger Stiftskirche, in: Andreas Tacke (Hrsg.): "Ich armer sundiger mensch" - Heiligen- und Reliquienkult am Übergang zum konfessionellen Zeitalter, Schriftenreihe der Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Göttingen 2006, S. 415-498, insbes. S. 461, www.hdbg.eu/kloster/web/index.php/pdf?id=KS0013 - https://books.google.de/books?id=Bf6DcnWNfDYC

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