Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1145
Moritzburg (Sachsen)

Das Landgestüt in Moritzburg

Gegenüber dem Moritzburger Schloß in unmittelbarem Anschluß an das Schloßgelände befindet sich an der nach Süden in Richtung Dresden führenden Straße das sächsische Landgestüt. Es wurde von Kurfürst Friedrich August ll 1733 (dem Jahr des Regierungswechsels) als Stallung gegründet, denn Moritzburg war vor allem Jagdschloß, und für die dort stattfindenden alljährlichen Parforcejagden der Hofgesellschaft brauchte man Unterstände für die Pferde, und so baute Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel nach Plänen Pöppelmanns ein barockes Stallgebäude für die Unterbringung von ca. 180 Pferden in den Jahren 1733-1735. Pöppelmann (1662-1736) war bis 1734 Hofarchitekt und Leiter des Bauamtes, dann folgte Knöffel (1686-1752) nach. Die beiden straßenseitigen Eckhäuser sind heraldisch interessant, wobei das linke, nördliche ein verschlungenes Monogramm trägt, das rechte, südliche aber ein exzellentes Wappen des Bauherrn. Ursprünglich war geplant, die Anlage auf der anderen Straßenseite spiegelbildlich fortzusetzen, wozu es aber nicht kam.

Aus diesen Stallungen entwickelte sich ein Zuchtbetrieb, der die Zucht von landwirtschaftlichen Nutzpferden und vor allem auch die Zucht von Schlachtpferden für die zahlreichen Kriege, in denen Sachsen mitmischte, oblag. Von König Anton dem Gütigen (1827-1836) stammt der königliche Erlaß vom 23.1.1828 (Gestütsgründung), in den ehemaligen Jagdstallungen 38 Hengste als Landbeschäler aufzustellen, und bis 1830 wurde das Gestüt entsprechend erweitert. Erst wurde mit verschiedenen Rassen gezüchtet, später wurde ab 1871 der Oldenburger als schweres Warmblut verbindliches Zuchtziel, später kamen Kaltblüter der belgisch-brabantischen Zuchtrichtung hinzu. Mit dem Verlust der Rolle der Pferde in der Landwirtschaft wurde auf moderne Reitpferde (Trakehner, Hannoveraner) umgezüchtet.

Trotz mehrfacher Erweiterungen und Umbauten sind diese Gebäude nach wie vor erhalten, ein Geviert rings um einen weiten Hof, mit zwei doppelstöckigen Eckbauten zu Straße, einem Mittelstück zwischen zwei Einfahrten, und rückwärts einem hufeisenförmig den Hof umgebenden Stallgebäude, an dessen rückwärtigen Flügel wiederum die Reithalle mittig nach Osten angebaut ist. Heute ist die Stallanlage für ca. 125 Pferde eingerichtet.

Das Landgestüt Moritzburg ist übrigens nicht das einzige Gestüt der Sächsischen Gestütsverwaltung, dazu gehört noch das Hauptgestüt Graditz bei Torgau. Heute hat das Gestüt in Moritzburg zusätzlich neue Stallungen, die 1915 unter dem letzten sächsischen König in der Nähe von "Adams Gasthof" nebst einem Trainingsplatz errichtet wurden. Ab 1961 wurde der Hengstparadeplatz für die alljährliche Moritzburger Hengstparade im September eingerichtet, 1980 kam eine große Reithalle mit 500 Sitzplätzen für das traditionelle Hallenreitturnier im April jeden Jahres hinzu, und 1985 wurden die Tribünenanlagen am Paradeplatz fertiggestellt.

Über dem straßenseitigen Eingang des südlichen Eckhauses befindet sich ein Wappen aus der Zeit des Kurfürstentums, als der Kurfürst zugleich König von Polen war. Im Gegensatz zu sonstigen Darstellungen sind hier jedoch mehr Komponenten vertreten, die seit der Jülich-Klevischen Erbschaft als Anspruch geführt wurden. Der Aufbau im Detail:

Über dem Herzschild ein Kurhut, über dem Hauptschild die polnische Königskrone.

Detailaufnahme: Die Inhalte der Kartusche mit dreilagigem Aufbau aus Hauptschild, Mittelschild und Herzschild.

Die obige Zuordnung entspricht der heutigen Farbgebung. Es wäre allerdings zu diskutieren, ob die plastische Darstellung an sich nicht auch eine zweite Interpretation erlauben würde, wobei der Hauptschild der im allgemeinen Kapitel Sächsische Wappen (2), Albertinische Linie beschriebenen "kleineren Variante" entspräche mit den vier Herzogtümern. Dann wäre das Wappen schichtweise aufgebaut Herzogtümer-Königreich-Kurfürstentum:

Diese Interpretation, die eine Fehltingierung bei einer Restaurierung unterstellen würde, wird durch die Darstellungen auf zeitgenössischen Münzen gestützt, auf denen das Wappen auch in dieser Form geführt wird (bzw. Berg und Jülich ausgetauscht).

Detailaufnahme: Die Königskrone über dem Wappen.

Dieser Stein am nördlichen Eckhaus dokumentiert einen Umbau: Unten ist noch die Jahreszahl 17.. zu erkennen, vermutlich 1733. Links neben der Krone steht die Jahreszahl 1826, die Initialen FA3R stehen für Friedrich, August III Rex, wobei sich die Zahl drei auf die Nummerierung als polnischer König beziehen muß, denn Friedrich August llI. von Sachsen trug nicht die polnische Krone, sondern war nur Herzog von Warschau, als er schon König von Sachsen war und die Nummerierung wieder auf 1 zurückgesprungen war, denn jetzt zählte man sächsische Könige. Polnische Könige waren nur Friedrich August I. und Friedrich August II.

Komplizierte Nummerierung der vielen Friedrichs und Augusts:

Literatur, Links und Quellen
Siebmachers Wappenbücher
Heinz Quinger: Dresden und Umgebung, Geschichte, Kunst und Kultur der sächsischen Hauptstadt, DuMont Kunstreiseführer, 5. Auflage 2007, ISBN 978-3-7701-4028-2
Landgestüt:
http://www.smul.sachsen.de/sgv/index.html und http://www.radeburg-net.de/moritzburg/landgestuet sowie http://www.dresden-und-sachsen.de/dresdner_umland/moritzburg_gemeinde_wald.htm
Ein herzliches Dankeschön für wertvolle Hinweise an Herrn Johannes Weise

Moritzburg (Sachsen): Postdistanzsäulen - Schloß Moritzburg

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