Bernhard Peter
Milzbrand - was ist das?
(Bitte besprechen Sie im Zweifelsfall Ihre Beschwerden und Maßnahmen mit einem Arzt Ihres Vertrauens)

 

Was ist Milzbrand?

Milzbrand (Anthrax) ist eine bakterielle Krankheit, die gewöhnlich die Haut, seltener die Atemwege und ganz selten den Verdauungstrakt befällt. Das Besondere an diesem Krankheitserreger (vgl. Abb.) ist, daß er sich bei schlechten Lebensbedingungen zu sog. "Sporen" abkapselt, die äußerst widerstandsfähig und noch nach Jahrzehnten ansteckend sind. Bakterien sind meistens nicht haltbar, wenn man sie trocknet, erhitzt o.ä.; Milzbrand kann als sich aber als Spore "verpacken" und wieder aktiv werden, sobald die äußeren Bedingungen wieder besser werden. Dies ist die Voraussetzung für die Verwendung als biologische Waffe der Terroristen. Verbreitet ist der Erreger weltweit, bevorzugt in wärmeren Klimazonen und in Viehzuchtgegenden, aber kaum in den industrialisierten Ländern Mitteleuropas. Der natürliche Lebensraum ist der Erdboden. Eigentlich ist der Bazillus auf Pflanzenfresser (Aufnahme des Bazillus mit dem Futter) spezialisiert, der Mensch ist eher ein sog. Fehlwirt. Den Namen hat der Bazillus von der bei erkrankten Tieren gefundenen vergrößerten, tief dunkelrot gefärbten Milz. Milzbrandbazillen produzieren ein Gift, das unter anderem das Abwehrsystem des Organismus (weiße Blutzellen) schädigt und für die rasche Verbreitung im Körper sorgt.

 

Wie kann man sich infizieren?

Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch findet i.d.R. nicht statt. Folgende Infektionswege sind möglich:

Welche Arten von Milzbrand gibt es?

Inkubationszeit: Sehr unterschiedlich, i.d.R. wenige Stunden bis 7 Tage, aber auch bis zu 60 Tage nach dem Einatmen möglich.

Hautmilzbrand (90-95%): An der Eintrittstelle entsteht eine rasch wachsende und juckende rote Papel mit schwarzem Zentrum, die sich zu einem nicht schmerzhaften, mit schwarzem Schorf bedeckten Geschwür entwickelt. Der zentrale Karbunkel ist von einem ausgeprägten, wallartigen hochroten Hof umgeben. Die weitere Ausbreitung erfolgt unter Auftreten neuer Bläschen und Hautblutungen. Dazu kommen hohes Fieber, Benommenheit, Kreislaufstörungen, Hirnhautentzündung. Im Verlauf der Erkrankung kann der Erreger auf andere Organe übergehen. Tod erfolgt häufig durch Atemlähmung nach Schädigung des zentralen Nervensystems.

Lungenmilzbrand: Die anfänglichen Beschwerden ähneln einer Infektion der oberen Luftwege. Innerhalb kürzester Zeit kommt es zu einer schweren Lungenentzündung, hohem Fieber, Schüttelfrost, Atembeschwerden, blutigem Auswurf und Schockanzeichen.

Darmmilzbrand (selten): Symptome sind starke Bauchschmerzen, Erbrechen, blutige Durchfälle, Bauchfellentzündung bis hin zu allgemeinem Herz-Kreislauf-Versagen.

 

Wie hoch ist das Risiko einzuschätzen?

Ohne Therapie entwickelt sich bei einem Hautmilzbrand eine sog. "Milzbrandsepsis" ("Blutvergiftung" mit dem Erreger), die in ca. 5-20% tödlich verläuft. Bei rechtzeitig begonnener Antibiotika-Therapie sind die Heilungschancen gut. Viel gefährlicher sind Lungen- und Darmmilzbrand, die unbehandelt innerhalb weniger Tage tödlich sind. Wegen der Aggressivität der Infektion und der raschen Entwicklung ist eine frühzeitige Antibiotika-Gabe lebenswichtig. Beide Formen sind wesentlich gefährlicher als Hautmilzbrand.

Eine Infektion setzt einen erheblichen Kontakt voraus. Eine gleichzeitige Infektion vieler Menschen mit Lungenmilzbrand durch ein in terroristischer Absicht ausgebrachtes Aerosol (feinverteilter Stoff in Luft) ist nur bei großen Mengen möglich, weil die zur Ansteckung nötige Bazillen-Anzahl relativ hoch ist und weil das Pulver äußerst fein verteilt und zugleich in hoher Konzentration vorliegen muß. Von Mensch zu Mensch wird der Erreger normalerweise nicht übertragen; eine Ansteckung setzt Kontakt mit dem konzentrierten ursprünglichen Material oder mit dem erkrankten Gewebe selbst voraus.

 

Kann Milzbrand geheilt werden?

Eine Milzbrand-Infektion kann vom Arzt erfolgreich mit Antibiotika (z. B. Penicillin G, Ciprofloxacin oder Doxycyclin) behandelt werden. Wichtig ist die frühzeitige Gabe derselben. Die Heilungschancen sind bei Hautmilzbrand am besten.

 

Gibt es eine Impfung?

Ja, es gibt prinzipiell eine Impfung, die aber derzeit in Deutschland nicht kurzfristig zur Verfügung steht. Eine flächendeckende Durchimpfung der Bevölkerung ist momentan weder möglich noch notwendig. Risikogruppen sind:

Nur für diesen Personenkreis wäre überhaupt eine Impfung sinnvoll. Personen, die Erregern wahrscheinlich ausgesetzt waren, erhalten besser vorbeugend Antibiotika.

 

Wie können Sie sich schützen?

Normalerweise wird ein Bürger der Bundesrepublik überhaupt nicht in Kontakt mit dem Problem namens Anthrax kommen. Vor dem Hintergrund der terroristischen Akte weltweit achten Sie aber bitte auf jede Unregelmäßigkeit und öffnen Sie Briefe von Ihnen unbekannten oder nicht plausiblen Absendern besonders vorsichtig. Sollte Ihnen ein verdächtiges Pulver auffallen, bewahren Sie Ruhe, vermeiden Sie jeden Kontakt mit dem Pulver, legen Sie das Objekt vorsichtig weg, halten Sie die Luft an bis zum Verlassen des Raumes, waschen Sie sich gründlichst die Hände, veranlassen Sie das Abschalten von Klimaanlagen und Belüftungssystemen im Gebäude, fordern Sie andere Personen zum Verlassen desselben auf, rufen Sie die Polizei, wechseln Sie die Kleidung, suchen Sie einen Arzt auf. Eine vorbeugende Einnahme von Antibiotika ist aber nicht sinnvoll.

Zurück zur Übersicht Infektionskrankheiten
Andere pharmazeutische Seiten
Home

© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2004
Impressum
Bestandteil von
www.dr-bernhard-peter.de