Bernhard Peter
Genital-Herpes
(Bitte besprechen Sie im Zweifelsfall alle Beschwerden und Maßnahmen mit einem Arzt Ihres Vertrauens!)

Wer ist der Erreger von Genitalherpes?
Genitalherpes wird durch Herpesviren verursacht. Es gibt eine ganze Reihe von Herpesviren, die dem Menschen gefährlich werden können. Sie sind sehr ähnlich hinsichtlich Aufbau, Vermehrung und Verhalten im menschlichen Organismus. Wir haben deshalb eine grundlegende Beschreibung von Herpesviren hier für Sie zusammengestellt. Ein Typ dieser Herpesviren ist der Erreger von Genitalherpes. Den Herpes simplex-Virus gibt es in zwei Unterarten, HSV1 und HSV2. Die genetische Verwandtschaft der beiden ist groß. Daher sind die von ihnen hervorgerufenen Krankheitsbilder klinisch kaum zu unterscheiden. Dabei ist es typischerweise der Typ 2 von Herpes simplex, welcher Genitalherpes verursacht, aber zunehmend wird auch der ansonsten für Lippenherpes zuständige Typ 1 zum Verursacher von Genitalherpes.

Wie wird der Herpes simplex Virus übertragen?
Typischerweise durch Geschlechtsverkehr von Schleimhaut zu Schleimhaut. Die Durchseuchung der Bevölkerung beginnt deshalb mit der Pubertät.

Eine Infektion der Lippenregion, also ein Herpes labialis, kann beim Oralverkehr auf die Genitalien übertragen werden und dann zum Herpes genitalis mit HSV1 führen.

Bei Kindern ist eine Infektion in der Gebärmutter vor der Geburt oder häufiger während der Geburt im Geburtskanal möglich.

Die HSV2-Infektionsrate liegt bei 10-20% der Bevölkerung. Das Virus kommt weltweit vor.

Wie verläuft eine Infektion mit Herpes genitalis?
Am Anfang steht eine erstmalige Infektion mit Herpesviren. Die Inkubationszeit liegt bei 2-12 Tagen. Diese erste Infektion hat nichts mit den typischen Bläschen gemeinsam. Häufig wird sie gar nicht bemerkt, weil sie ohne Beschwerden verläuft (inapparenter Verlauf). Vielfach ist es auch eine einfache Schleimhautentzündung der Scheide, die man gar nicht bewußt mit Herpes in Zusammenhang bringt. Die eindringenden Viren lösen die Bildung gegen sie gerichteter Antikörper aus.

Vom Ort der ersten Infektion gelangen die Viren über sensorische Nerven zum zugehörigen Ganglion (Nervenknoten) und lösen dort ebenfalls einen Befall der Nerven aus. In diesen Nervenknoten verbergen sie sich und bleiben latent. Diese infizierten Zellen dienen als lebenslanges Erregerreservoir. Dieser Typ Herpes-Viren sucht sich z. B. Lumbosakralganglien (Nervenknoten rechts und links des Rückgrates ziemlich weit unten) als Versteck. In Form seiner Erbinformation kann das Virus für das Immunsystem unerkennbar und daher unangreifbar überdauern. Dort bleiben sie, bis sie reaktiviert werden. Sobald sich die immunologische Lage verschlechtert, kommt es zu einer erneuten "Reinfektion", den so genannten „endogenen Rezidiven“. Dabei können verschiedene Krankheitsbilder entstehen.

Wie verläuft ein Rezidiv bei Genitalherpes?
Ein wiederaufflammender Genitalherpes verläuft schwerer als ein Lippenherpes. Es kommt zu den typischen, flüssigkeitsgefüllten Bläschen, in Gruppen angeordnet, auf einer roten, entzündeten Stelle angesiedelt, sowie zu örtlichen Schmerzen.

Es gibt aber auch „beschwerdefrei“ ablaufende Rezidive. Das heißt, es kommt nicht zu den typischen Bläschen, sondern „nur“ zu Abgeschlagenheit, Unterleibsziehen, Juckreiz im Genitalbereich oder Brennen.

Bei der Frau: Vulvovaginitis herpetica
Nach einer Inkubationszeit von einer Woche treten bei der Frau in der Scheide, am Muttermund, im Gebärmutterhals und an der Harnröhre in Gruppen stehende Bläschen auf rot entzündetem Untergrund auf. Vor dem Auftreten der typischen Bläschen treten oft unspezifische entzündliche Veränderungen an der Harnröhre auf. Begleitend kann Fieber auftreten, als Komplikation sind schwere Allgemeinsymptomen möglich.

Analog beim Mann: Balanitis herpetica oder Balanoposthitis herpetica
Nach einer Inkubationszeit von einer Woche treten beim Mann an der Eichel (Balanitis) oder zusätzlich auch an der Vorhaut (Balanoposthitis) und an der Harnröhre in Gruppen stehende Bläschen auf rot entzündetem Untergrund auf. Vor dem Auftreten der typischen Bläschen treten oft unspezifische entzündliche Veränderungen an der Harnröhre auf. Begleitend kann Fieber auftreten, als Komplikation sind schwere Allgemeinsymptomen möglich.

Proktitis (selten)
Infektion der Darmschleimhaut am Darmausgang mit Schmerzen beim Stuhlgang und Nässen. Eine Proktitis wird meistens durch HSV2 verursacht.

Herpessepsis des Neugeborenen
Wenn die Mutter während der Geburt an einem akuten Genitalherpes leidet, kann dieser im Laufe der Geburt auf das Kind übertragen werden und zu einer schweren und oft auch lebensbedrohlichen Erkrankung des Neugeborenen führen. Ein Kaiserschnitt kann dies verhindern.

Genitalherpes – Verbot von Geschlechtsverkehr?
Richtig ist, daß der Inhalt der Herpesbläschen hochansteckend ist. Auch bei beschwerdefrei ablaufenden Rezidiven ist eine Ansteckungsgefahr gegeben.
Falsch ist, daß der Partner davon ebenfalls nach ein paar Tagen einen Genitalherpes bekommt. Denn die sichtbaren Herpesbläschen sind ein Rezidiv, nicht die Erstinfektion. Der Partner würde also eine Erstinfektion bekommen, vielleicht davon gar nichts bemerken und vielleicht Jahre später (vielleicht auch nie) einen Genitalherpes bekommen, gespeist aus bis dato verborgenen, latenten Viren.
Richtig ist, daß jemand, der schon seropositiv ist, nicht zum zweiten Mal infiziert wird, aber bei 10-20% Durchseuchung im aktiven Alter ist die Mehrzahl der Menschen damit gefährdet.
Kondome würden schützen, aber man sollte auch daran denken, daß ein Genitalherpes schmerzhaft ist.
Fazit: Während einem manifesten Genitalherpes auf Geschlechtsverkehr verzichten.

Wie ist das mit der Immunität bei HSV1 und HSV2?
Es sind zwar zwei Untertypen desselben Virus, aber sie sind doch verschieden genug, daß eine vorangegangene Infektion mit HSV1 nicht vor einer Neuinfektion mit HSV2 schützt.

Was ist das besondere Risiko bei Genitalherpes?
Besonders die genitale Infektion ist ein begünstigender Faktor für die Entstehung bösartiger Tumoren an den Genitalien.

Wie behandelt man eine Erkrankung an Genitalherpes?
Welche Behandlung der Arzt wählt, hängt von der Art der Beschwerden und der Schwere der Erkrankung ab.

Ein örtlich begrenzter Befall der Haut oder Schleimhaut kann häufig unbehandelt bleiben. Wegen des oben erwähnten Zusammenhangs mit Tumorentstehung kann aber auch hier eine antivirale Behandlung erwogen werden.

Bei ausgedehnten oder schweren oder häufig wiederkehrenden Erkrankungen wird der Arzt ein Arzneimittel verordnen, welches die Virenvermehrung verhindert. Als geeigneter Arzneistoff steht z. B. Aciclovir zur Verfügung. Es wird von den Zellen als Trojaner in die Erbinformation der Viren eingebaut und führt dort zu einem Strangabbruch. Die komplette Vernichtung der Viren ist jedoch nicht möglich, es kann nur die Vermehrung unterdrückt werden.

Bei einer Superinfektion geplatzter Bläschen mit Bakterien sind eventuell Antibiotika und lokal desinfizierende Arzneimittel nötig.

Zur Austrocknung der Bläschen und Juckreizstillung eignet sich z. B. Zinkschüttelmixtur.

Wie wird die Reaktivierung des Virus ausgelöst?
Als Auslösefaktor können viele Faktoren dafür verantwortlich sein, daß Herpesviren wieder aus ihrer Latenz „erwachen“: