Bernhard Peter
Typisch japanische Dinge (46): Tabi


Tabi sind typisch japanische Socken, die vorne gespalten sind, also eine tiefe Furche zwischen dem großen Zeh und dem Zeigezeh haben. Dieser Einschnitt ist notwendig, weil Tabi nicht nur als einzige Fußbekleidung innerhalb des Hauses, sondern auch draußen in Kombination mit Zori (Strohsandalen) oder Geta (Holz-Sandalen) getragen werden, die wie unsere Flipflops genau an der Stelle den Steg haben. Genausowenig wie mit unseren Strümpfen läuft man mit Tabi im Straßendreck herum, aber auf den empfindlichen Tatami-Matten sind sie genau richtig. Tabi sind die korrekte Fußbekleidung zu Kimono oder Yukata. Tabi sind als Form der Fußbekleidung seit der mittleren Heian-Zeit belegt, fanden aber erst später allgemeine Verbreitung. Auch für manche Sportarten gehören sie zur korrekten Trainingskleidung. In allen traditionellen japanischen Innenräumen sind sie die einzig wirklich korrekte Fußbekleidung, z. B. in Teehäusern und auf Noh-Bühnen.

Die Farbe ist traditionell weiß, und diese Farbe sollte z. B. beim Besuch einer Tee-Zeremonie gewählt werden, schwarze Tabi sind selten und werden eher auf Reisen getragen, bunte oder gemusterte sind ganz selten und entsprechen nicht traditionellem Stil. Im Kabuki-Theater tauchen bunte Tabi als Teil charakteristischer Kostüme auf, gezielt ausgewählt und der Wiedererkennung der Bühnenfigur dienend. Schwarze Tabi werden zum Kampfsport Bujinkan (Ninjutsu) getragen, so wie die komplette Kleidungsfarbe der Unsichtbarkeit nachts dient, weiße werden zur Kampfkunst Kyodo (Kyuudou, Bogenschießen) verwendet. Es gibt auch bei zweischichtigen Tabi keine Polsterung unter dem Fuß, so daß stets ein intensives Bodengefühl beim Tragen gewährleistet ist.

Man zieht Tabi an, indem man den knöchelhohen Schaft einmal nach außen umstülpt, bis zu einem Drittel der Fußlänge, und nach dem Hineinschlüpfen wieder über die Ferse zieht und hochklappt. Verschlossen werden Tabi durch vier oder fünf metallene Lippen (Kohaze-Verschlüsse), die seitlich am Schlitz entlang des Knöchels eingenäht sind und die man in doppelte Schnur-Schlaufen (kohaze-kake) auf der Gegenseite einhakt, so daß die Lippen von außen nicht mehr sichtbar sind. Diese traditionellen Verschlußhaken, die etwa die Form eines Fingernagels haben und aus Messing oder Aluminium gefertigt sind, besitzen am geraden Ende meist drei Löcher in Reihe, wodurch sie an die Tabi angenäht werden können. Die Schlaufen (Kakeito) auf der Gegenseite sind meist in zwei Reihen angebracht, damit man eine Variationsmöglichkeit hinsichtlich der Enge und Weite hat. Diese Kohaze findet man genauso an Kyahan (japanische Leggings) und Tekkou (japanische Handschuhe). Kohaze gibt es seit der Meiji-Zeit, vorher wurden Tabi am Schlitz übereinander gelegt und mit Stoffbändseln gebunden. Moderne Varianten von Tabi sind aus Stretch-Material. Früher waren Tabi aus Baumwolle, heute kommt bei besseren Modellen eine Mischung zum Einsatz, innen Baumwolle, außen Synthetik, es gibt sie aber auch ganz aus Polyester oder sogar Nylon, wobei letzteres keine wirklich gute Idee ist, weil solche Tabi den Schweiß gar nicht aufnehmen und genauso schnell müffeln wie Nylon-Hemden.

Als Jika-tabi (auch: Chika-tabi oder Hadashi-tabi = Barfuß-Tabi) werden Tabi bezeichnet, die früher eine Sohle aus Leder oder Stroh besaßen, heute eine Gummi-Sohle besitzen und nicht für drinnen, sondern für draußen gedacht sind, also als Alternative zu Schuhen getragen werden, wenn man besseren Halt braucht als in traditionellen Schuhen (Zori, Geta) möglich ist, wie z. B. im Gelände, auf Gerüsten, auf den Feldern, im Garten etc. Der Ausdruck Jika-tabi bedeutet wörtlich: Tabi, die den Erdboden berühren. Moderne Formen ähneln eher einem dünnen Stiefel mit einer Abteilung für den großen Zeh. Eine andere Variante sind Oka-tabi. Als Matsuri-tabi bezeichnet man eine Zwischenvariante, die oben wie Innen-Tabi aussieht, aber dennoch eine dünne Gummisohle hat, damit man sie auf Fest-Prozessionen in traditioneller Kleidung auf der Straße tragen kann. Wenn man aber das Wort "Tabi" allein benutzt, meint man immer die Innenraum-Tabi.


Literatur, Links und Quellen:
Tabi auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Tabi - https://en.wikipedia.org/wiki/Jika-tabi
Tabi:
https://www.kineyatabi.com/discover-1/what-is-tabi/ - https://www.kineyatabi.com/discover-1/types/


Andere Artikel über Japan lesen
Andere Länder-Essays lesen
Home

© Copyright bzw. Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2022
Impressum