Bernhard Peter
Kyoto, Zenrin-ji - Eikando (1): Beschreibung und Photos


Lage und Erreichbarkeit
Der im allgemeinen Sprachgebrauch Eikando genannte Tempel heißt korrekterweise Zenrin-ji, und er trägt noch zwei weitere Namen, nämlich Shoju-raigo-san und Muryosu-in (Shouju-raigou-san und Muryousu-in). Dabei bedeutet Zen-rin-ji "ruhiger-Wald-Tempel", Shoju-raigo-san "zu den Heiligen-gelangen-Berg" und Muryosu-in "Tempel des unermeßlichen Glücks". Er liegt im Stadtbezirk Sakyo östlich der Straße Shishigatani Dori; das Viertel wird Eikando-cho genannt. Die Adresse lautet: 48 Eikandocho, Sakyo-ku, Kyoto-shi, Kyoto, 606-8445 Japan. Das unregelmäßig zugeschnittene Tempelgelände am Fuß der "Ost-Berge" (Higashiyama) hat eine West-Ost-Ausdehnung von ca. 190 m und eine Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 150 m, sowohl im Parkbereich als auch im Bereich der Gebäude.

Man kann den Tempel mit der U-Bahn erreichen: Die Tozai Line verfügt mit der Station "Keage" über einen Bahnhof, der 820 m Luftlinie vom Haupteingang entfernt ist; man wählt am besten den Weg durch das Nanzen-ji-Gelände und ist ca. eine halbe Stunde unterwegs. Vom Bahnhof Kyoto aus kann man die Buslinien 5 und Raku 100 nehmen, Bussteig Nord A1 oder D1: Der 5er Bus hat als Ziel Ginkakuji/Iwakura, der 100er-Bus Kiyomizudera/Ginkakuji. Der 5er Bus hält an der Haltestelle Nanzenji Eikando-michi (liegt 300m westlich des Haupteingangs), der 100er Bus an der Haltestelle Miyanomaecho (liegt 300 m im Norden vom Haupteingang). Ab Sanjo Keihan-mae kann man den 5er Bus am Bussteig D nehmen, Ausstieg wie oben.

Der Tempel ist sehr sehenswert, einer der interessantesten und schönsten Zen-Tempel der Stadt, und er ist Teil der "Perlenkette" der Tempel, die sich am Fuße der Higashiyama-Berge entlangzieht, wird also in der Regel als Teil einer mehr oder weniger ausgedehnten Tempeltour besucht. Da er gleich nördlich des Nanzen-ji zu finden ist (ca. 300 m Distanz), bietet sich die Besichtigungs-Kombination an. Egal, ob man nun südlich vom Nanzen-ji und seinen Subtempeln oder nördlich von der Route Philosophenweg kommt (Distanz zum Otoyo-Schrein ca. 400 m), jeder Besucher der Stadt und der "östlichen Tempelmeile" kommt über kurz oder lang hier vorbei - es ist daher ein gut besuchter Tempel, an dem aber andererseits kein Weg vorbei führt, den man also unbedingt besuchen, aber in Stoßzeiten (Wochenende, Goldene Woche etc.) vermeiden sollte. Wegen der ausgedehnten Korridore kann man den Tempel auch gut an Regentagen besuchen.

Aufgrund der parkartigen Gestaltung des weitläufigen Westbereiches rings um den malerischen See ist der Eikando neben dem Nanzen-ji und dem Tofuku-ji einer der beliebtesten Plätze zum Betrachten farbigen Herbstlaubes. Um die 3000 Ahorne wachsen auf dem Tempelgelände. Das Herbstlaub hier ist der helle Wahnsinn - doch das wissen alle. Entsprechend groß ist der Andrang hier im November und in der ersten Dezemberwoche. Und hier muß nun jeder Einzelne entscheiden, ob er das Gedränge, das Warten und das Geschiebe vertragen kann, ob er sich schon um 8 Uhr morgens in die Schlange an der Kasse einreiht, um dann wie eine Sardine in einer Dose eingekeilt in den Massen einen Blick auf die Blätter zu erhaschen, oder ob er sich den wunderschönen Anblick versagen will, genau wie an den anderen berühmten Momiji-Stellen. Abends wird der Garten auch noch künstlich illuminiert. Viel schöner und entspannter ist es jedenfalls, den Tempel abseits der jahreszeitlichen Höhepunkte zu besuchen, und wie man an den Bildern sieht, bietet der Tempel auch im "langweiligen" Monat September und selbst bei diesigem Wetter reichlich Futter für Auge und Kamera. Im Innern des Tempels ist Photographieren nicht gestattet, nur im Garten, und entsprechend die Gebäude von außen.


Geschichte und Bedeutung
Der Tempel wurde in der Heian-Zeit im Jahr 853 von Shinsho (Shinshou) gegründet, einem Schüler von Kukai (Kuukai, Kobo Daishi, 774-835). Hier sollten die fünf Buddhas (Gochi Nyorai, die 5 Dhyani-Buddhas, die 5 Tathagatas, Sanskrit: Pancatathagata) verehrt werden. Shinsho (797-873) war ein Mönch der esoterischen Shingon-Schule am To-ji und wurde der dritte Meister dieser Richtung. Für die Neugründung wurde als Gebäude ein Haus des Fujiwara no Sekio erworben und zu einem Tempel umfunktioniert, eine damals gängige Praxis, die zu einer stilistischen Prägung der Architektur führte: Dieser Tempel ist im Stil Shoin-Zukuri erbaut, dem Stil traditioneller Residenzen des Adels. 863 wurde der Eikando von Kaiser Seiwa offiziell als Tempel anerkannt. Diese späte offizielle Wahrnehmung lag daran, daß vorher der Bau von Tempeln innerhalb der Stadt Kyoto untersagt war. Die neue Hauptstadt war gerade erst gegründet und bezogen worden, und man hatte ja gerade von Nara die Hauptstadt nach Kyoto verlegt, um Ruhe vor den übermächtigen Tempeln zu haben. Deshalb wurde der Zenrin-ji erst 863 offiziell gegründet, auch wenn er bereits 10 Jahre bestand. Im Jahre 877 wurde der Tempel zum Chokugan-ji erhoben, eigentlich zu einem Gebets-Tempel, der auf kaiserliche Anordnung gebaut wurde, de facto aber nachträglich.

Auch wenn der Name Zenrin-ji es nahelegt und auch wenn einige Architekturelemente im Zen-Stil sind, bei diesem Tempel handelt es sich nicht um einen Tempel des Zen-Buddhismus, sondern um einen Tempel zuerst der Shingon- und dann der Jodo-Schule.

Daß der Zenrin-ji allgemein Eikando genannt wird, hängt mit dem 7. Oberpriester Yokan = Eikan-rishi zusammen, denn Eikan-do ist von seinem Namen abgeleitet und bedeutet damit primär "Yokans Halle", wobei "Eikan" natürlich selbst die Bedeutung "Blick auf die Ewigkeit" hat (zwei Lesungen, zwei Bedeutungen). Yokan (1033-1111) lebte in der späten Heian-Zeit und war ein Vertreter der Sanron-Schule. Das ist eine 625 begründete Schule, deren wichtigste Sutra die San-ron-Sutra ist und deren Haupttempel der Gango-ji und der Daian-ji in Nara sind. Yokan verließ im Jahre 1072 den Todai-ji und baute den Tonan-in auf dem Gelände des Zenrin-ji. Yokan war ein Wegbereiter des sozialen Engagements und gründete 1097 den Yakuo-in (Yakuou-in), eine Einrichtung für Krankenpflege und für wohltätige Arbeit. Durch sein soziales Engagement für Alte, Kranke und Arme wurden er und sein Tempel bekannt, und deshalb verband sich sein Name im Volksmund mit der Einrichtung. Yokan begann auch die Praxis den Nenbutsu, des Anrufens des Namens von Amida Buddha.

Die erste Phase der Tempelgeschichte, die als Shingon-Tempel, reichte von Shinjo (797-873) bis Yokan (1033-1111). Der Tempel hat seither die Richtung gewechselt. Der Wechsel fand zum Amida-Buddhismus der Jodo-shu (Joudo-shuu, Schule des Reinen Landes, 1175 durch den Mönch Honen gestiftet) statt. Die Jodo-shu gab es zur Gründungszeit des Eikando noch gar nicht. Der erste Oberpriester des Eikando, der sich der neuen Schule zuwandte, war Johen (1166-1224), ein Schüler des Honen. Noch blieb die Gesamtausrichtung dem Shingon-Buddhismus treu. Diese Zeit von Yokan bis Johen ist die zweite Phase der Tempelgeschichte, als der Eikando offiziell noch zur Shingon-Richtung gehörte, hier aber auch der Amida-Buddhismus der Sanron-Schule gelehrt wurde, die eine der sechs Nara-zeitlichen Richtungen repräsentierte. Die dritte Phase begann unter Johens Nachfolger als Oberpriester, Shoku (= Seizan, 1177-1247), der seit 1190 Schüler von Honen war. Dieser gründete den Seizan-Zweig der Jodo-Schule, und unter seinem Nachfolger, Sho-on (auch: Jo-on, 1201-1271), wechselte der Tempel offiziell zur Schule Jodo-shu. Im Jahre 1235 wurde die erste Halle zur Amida-Verehrung (Amida-do) errichtet.

Im Jahre 1264 baute der Kaiser Go-Saga (1220-1272) im südlichen Teil des Tempelgeländes eine separat gelegene kaiserliche Villa Zenrin-ji-dono (Zenrin-ji-den) als Rückzugsort. Sein Sohn, Kaiser Kameyama, seit 1274 im 26. Lebensjahr offiziell zurückgetreten, wandelte diesen Palast, genauer gesagt nur den unteren Teil, 1291 in einen Tempel um, aus dem sich in der Folgezeit der Nanzen-ji entwickelte, der aber im Gegensatz zum Eikando ein Zen-Tempel ist.

Der Eikando ist heute der oberste Tempel eines eigenen Zweiges innerhalb der Jodo-shu, der Seizan-Zenrin-ji-Zweig genannt wird. Das heutige Oberhaupt ist das 90. und heißt Nakanishi Genrei. Entsprechend ist das im Tempel verehrte Hauptbild eine Figur des Amida Nyorai. Deshalb hat das Sumigaki des Tempels, also die schwarzen handgeschriebenen Zeichen der Pilgerstempel (Goshuin, gibt es linkerhand hinter dem Eingang an der Rezeption zum Hauptbereich) den Wortlaut "Amida Nyorai".

Im Jahre 1876 wurde der Seizan-Zweig in vier Unterzweige aufgeteilt; ihre jeweiligen Haupttempel sind der Zenrin-ji, der Komyo-ji (Seizan Jodo-shu), der Seigan-ji (Jodo-shu Seizan Fukakusa-Schule) und der Enpuku-ji. Im Jahr 1885 wurde die Schule Jodo-shu Seizan wieder autorisiert. Im Jahre 1919 spaltete sich die Richtung Seizan Zenrin-ji wiederum von der Seizan-Schule ab. Heute gehören zur Jodo-shu Seizan Zenrinji-Schule beispielsweise die Tempel Hosen-ji in Tsushima, Zenko-ji in Kasamatsu, Choon-ji und Saikou-in in Nagoya, Dairin-ji in Ise, Anjou-in in Gifu, Komyo-ji in Onomichi, Enkou-ji in Tokyo, Raikou-ji, Ekou-ji, Fukuden-ji und Komyo-in Kyoto, Daikaku-ji in Himeji, Chouju-in in Akashi und Anyo-ji in Fukui. Der Haupttempel der ganzen Jodo-shu ist der Chion-in.

Die Tempelgebäude verbrannten im Onin-Krieg bis auf eine einzige Buddha-Statue vollständig. Der Wiederaufbau erfolgte 1472-1497. Kaiser Go-Tsuchimikado (1442-1500, regierte 1464-1500) spendierte die Halle Miei-do, und Kaiser Go-Kashiwabara (1464-1526, regierte 1500-1526) stiftete den Shaka-do und weitere Gebäude. Im Jahre 1504 wurde die gewundene Treppe Garyuro erbaut. Seit 1560, als auf kaiserlichen Befehl eine Schule gegründet wurde, gehört der Zenrin-ji zu den drei Kangakuin (Bildungseinrichtungen). Im Jahre 1596 wurden der Glockenturm erbaut und die Glocke gegossen. Im Jahr 1600 wurde ein neuer Miei-do errichtet. Im Jahre 1607 bekam der Tempel eine Amida-Halle aus einem Tempel in Osaka.

Die Bautätigkeit des 18. Jh. umfaßte das Chu-mon (1744), einen Neubau des Glockenturmes (1754), die Halle Sobyo-do (1764). Im frühen 19. Jh. wurden das Chokushi-mon (1811) und das So-mon (1840) neugebaut. Eine Durststrecke für den Tempel wurde die Meiji-Zeit mit ihrer absichtlichen anti-buddhistischen und pro-shintoistischen Politik. In dieser Zeit wurde der Tempel vernachlässigt und verfiel. Der Zuishi-den wurde 1895 neugebaut. Der Sobyo-do wurde erweitert. 1912 entstand ein neuer Miei-do. Die Pagode wurde 1928 erbaut. 1930 wurde der Eikando-Kindergarten gegründet. Heute hat sich der Tempel wieder in der Lehre und Ausübung des Amida-Buddhismus gut positioniert. Und die Bautätigkeit hält an, 1970 wurde die Eikando-Halle fertiggestellt, und erst 2001 wurde das Haupttor neu erbaut.


Struktur der Anlage und Beschreibung
Die beiden Tore zum ummauerten Tempelbereich liegen im Westen, das Haupttor (So-mon) und das Südtor. Das in einem rechteckig zurückspingenden Verlauf der Mauer liegende, spät-Edo-zeitliche, in der Mitte des 19. Jh. entstandene und 2001 neu errichtete Haupttor (So-mon) ist vom Typ eines Korai-mon mit zwei senkrecht nach hinten gehenden, überdachten Anschlägen für die Torflügel. Dahinter gelangt man über einen gepflasterten Weg zum 1744 während der Edo-Zeit erbauten inneren Tor (Chu-mon) vom Typ eines Yakui-mon. Diese für sakrale Anlagen ungewöhnliche Kombination erklärt sich aus der Geschichte des Tempels, der sich aus einer Adelsresidenz entwickelt hat. Dahinter führt der Weg gerade nach Osten zum Kakuju-dai, neben dem der Besuchereingang liegt. Das Südtor ist ebenfalls vom Typ eines Korai-mon. Ein weiterer Zugang, aber ohne Tor, führt vom Parkplatz im Norden auf das Gelände. Zum Parkplatz selbst führt noch von der Straße Shishigatani Dori das Nordtor, so daß es insgesamt an der westlichen Außenseite des Tempelgeländes drei Tore gibt.

Im Norden dieses Zuweges liegen die beiden Substrukturen Shogaku-in (der westliche von beiden) und (Chifuku-in (der östliche von beiden). Beide Substrukturen haben ihr Tor im Süden, zum Hauptweg gerichtet. Nach Osten abgesetzt und durch einen Parkplatz von den vorgenannten Tempeln getrennt liegt der 1970 fertiggestellte Eikando Kaikan (die Eikando-Halle), zu dem hinter dem zweiten Tor der Weg nach Norden abzweigt, wo er unmittelbar das nächste Tor (Kangaku-Tor) in der Abschlußmauer erreicht. Weiter im Osten dieses Kangaku-Tores folgen Seihoukaku und das alte Badehaus mit Dampfbad (Yokushitsu). Dahinter, noch weiter im Osten und bereits neben dem Kakuju-dai, befindet sich die Tempelverwaltung. Was hier Kakuju-dai heißt, wird in anderen Tempeln Kuri genannt, und ist ein Küchen-, Lebens- und Verwaltungsbereich.

Am Kakuju-dai beginnt ein komplexes, sich nach Südosten staffelndes System von mit Korridoren vernetzten Hallen und Gebäuden verschiedenster Größte, die aber alle in der gleichen Ausrichtung angeordnet sind, so daß die auf den ersten Blick schwer zu durchschauende Anlage dennoch aufgeräumt und ordentlich aussieht. Kakuju-dai, alter Hojo (Ko-Hojo, Taimenjo), Zuishi-den und Shaka-do bilden im Uhrzeigersinn eine Baugruppe um einen Innenhofgarten, den man von den ringsum verlaufenden Veranden aus von allen Seiten betrachten kann. Das Gebäude des Ko-Hojo ist Edo-zeitlich und wurde 1666 errichtet. Weil es auch als Arbeitsbereich genutzt wird, wird es auch Shoin genannt, Arbeitszimmer oder Studierzimmer.

Der Zuishi-den ist ein Gebäude aus dem Jahr 1895; hier wird eine hölzerne Sitzfigur des Amida Nyorai verehrt. Er wird auch Hiyoke-no-Amida genannt, der Amida, der dem Feuer entkam. Einst waren hier fünf gründungszeitliche Buddha-Statuen aufgestellt. Als Kyoto während des Onin-Krieges in Schutt und Asche versank, verbrannten vier davon. Nur diese eine Figur überlebte den Brand des Tempels.

Der Shaka-do stammt aus der Muromachi-Zeit und der Zeit des Wiederaufbaus 1472-1497 nach dem Onin-Krieg. Kaiser Go-Kashiwabara stiftete den Shaka-do. Er wird als Hojo verwendet, als Abtsquartier und repräsentiert den Stil Shoin-zukuri. Die bemalten Fusuma (Motive: Matsutori-zu, Shoutyou-zu und Gunsen-zu) trennen insgesamt 6 Räume ab. Im Westen vor dem Shaka-do liegt das Chokushi-mon, das Tor für die kaiserlichen Gesandten. Es ist stilistisch als Karamon ausgeführt, als "chinesisches Tor" mit geschweiftem Dach. Es stammt aus der späten Edo-Zeit und wurde 1830 erbaut. Zwischen dem Tor und der Halle ist ein Sandberg mit sorgfältig abgeplatteter Oberseite aufgeschüttet, wobei die Oberseite noch mit einem Schachbrettmuster verziert wird.

Wie ein Anhängsel am Shaka-do wird über einen abknickenden Korridor der Senbutsu-do erreicht. Hinter dem Senbutsu-do  führt ein gewinkelter Korridor mit zwei Treppen zum Miei-do (Daiden; Goei-do), zu dem auch ein Hauptweg aus dem westlich gelegenen Park heraufführt. Der spät-Meiji-zeitliche, 1912 erbaute Miei-do ist die größte Halle der ganzen Anlage und das zweitletzte Gebäude des Komplexes in südlicher Richtung. Hier wird Honen Shonin verehrt, der Gründer der Jodo-Schule des Buddhismus. Ein erster Vorgängerbau war nach dem Onin-Krieg von Kaiser Go-Tsuchimikado gestiftet worden, ein zweiter Mieido war im Jahr 1600 errichtet worden, der 1912 wegen Baufälligkeit ersetzt wurde.

Hinter diesen Tempelgebäuden beginnt unmittelbar der Berghang. Während das Vorfeld der Gebäude im Westen weitläufig und parkartig angelegt ist, geht es hier im Osten ziemlich abrupt in den Steilhang über mit wenig Platz für Gartenanlagen. Auf der Rückseite des Miei-do verzweigt sich das Korridorsystem: Nach links (Norden) schraubt sich der bogenförmige, überdachte Treppenlauf (Garyu-ro, Garyuu-rou, in dieser Form eine große Seltenheit) den Hang hinauf und erreicht dort den Kaizan-do (Kaisan-do), in dem Shinsho, der Tempelgründer, verehrt wird. Weil sich der Korridor, der mit seiner Biegung der Form des Berghanges folgt, wie ein Drache den Berg hochwindet, enthält sein Name das Wort Ryuu = Drache. Ro (Rou) bezeichnet einen gedeckten, seitlich offenen Laufgang. Garyuu-rou ist damit der Laufgang in Form eines schlafenden Drachens. 1504 wurde der Garyu-ro ursprünglich erbaut, später freilich erneuert.

Am Verzweigungspunkt befindet sich ein Suikinkutsu, die Höhle mit der sogenannten Wasserharfe: Die fallenden Wassertropfen erzeugen durch den Wiederhall in einem Resonanzkörper Töne. Nach rechts (Süden) führt das Korridorsystem (Ro, Rou) am Ihai-do vorbei zum Amida-do, zu dem von Westen her ein Weg mit langer Treppe hinaufführt. Die Amida-Halle stammt aus der Azuchi-Momoyama-Zeit und wurde 1597 errichtet. Sie stammt ursprünglich aus dem Shitenno-ji in Osaka und wurde im Jahr 1607 in den Eikan-do verbracht. Eine von einem Handwerker angebrachte Inschrift erlaubt die exakte Datierung. Das reich geschnitzte Tragwerk des Daches ist teilweise bunt bemalt. Ein hübsches Detail sind die geschnitzten Block-Konsolen in Form eines Fabelwesens mit Elefantenrüssel, die Beine mit den mächtigen Krallen sind nach vorne gerichtet: Das Wesen wird Baku genannt, und dieses Fabeltier verzehrt Träume ebenso wie Alpträume. Im Inneren wird eine hölzerne Standfigur des Amida Nyorai (Mikaeri Amida, zurückblickender Amida-Buddha) verehrt, der über seine linke Schulter schaut, eine ganz seltene Darstellungsform. Das geht auf eine Legende um den Mönch Eikan-rishi zurück: Die Buddha-Figur soll anläßlich seines Gebetes im Jahr 1082 aufgestanden, losgelaufen sein und sich umgedreht haben, wann Eikan-rishi endlich nachkäme. Auch die Decke im Inneren ist bemalt, mit unzähligen Blumen. Diese farbenfrohe Ausstattung soll das Reine Land versinnbildlichen, das die Gläubigen durch Nenbutsu erreichen. 2006-2010 wurde die Ausmalung restauriert, wobei man allerdings zu Forschungszwecken ein Viertel der Halle in ihrem ursprünglichen Zustand beließ.

Im Süden dieses zusammenhängenden Komplexes befinden sich noch mehrere Einzelbauten, darunter der Edo-zeitliche Shoro (Glockenturm) und der Koka-Brunnen. Der Vorgänger des Shoro entstand 1596; damals wurde auch die Glocke gegossen. Der Neubau erfolgte in der Mitte des 18. Jh.

Der westliche Bereich ist eine sehr weitläufige Parkanlage mit Teich. Im großen Hauptteich (Hojo-ike) liegt eine Insel (Benten-shima) mit dem Benten-Schrein (Benten-sha). Über eine bogenförmige Brücke mit einem grauen Torii am landseitigen Brückenkopf kann die Insel erreicht werden. Neben einem weiteren Teilbereich des Teiches im Westen befindet sich die Bibliothek. Nahe der südlichen Abschlußmauer ist die Halle Gasen-do zu finden, von Norden her zugänglich. Der Teich zieht sich in Form eines Baches bis kurz vor die Amida-Halle, vorbei an der Yasuragi-Kannon und dem Imayo-Monument. Eine Besonderheit im Gartenbereich ist die Sanko-no-matsu, eine Kiefer, die nicht zwei-, sondern dreinadelig ist. Im Südwesten des Tempelareals befinden sich die Higashiyama Junior + Senior Highschool und ein Kindergarten. Der in mehrere Abschnitte taillierte Teich wird noch von drei weiteren Brücken überspannt: Der direkte Weg auf den Miei-do führt über die Gokuraku-Brücke. Der West-Teil des Teiches wird zwischen Bibliothek und Gasen-do von der Kaede-Brücke (weiter westlich) und der Kotobuki-Brücke (vor dem Hauptteich) überspannt.

Wenn man vor der Amida-Halle steht, zweigt linkerhand ein Weg ab, über dem man unter dem Verbindungsgang zwischen Miei-do und Amida-do hindurch in den bergseitigen Garten gelangt. Den Aufstieg begleitet der Hangwald mit bemoosten Steinlaternen (Ishidoro). An einem kleinen Wasserfall befindet sich eine Statue von Fudo-Myo-o. Eine Treppenanlage führt um den Kaizan-do herum hoch zur am Berghang gelegenen, zweistöckigen Pagode (Taho-to, Tahou-tou), dem östlichsten Bauwerk des Tempels. Und sie ist zugleich eines der neuesten Gebäude, denn sie wurde erst 1928 errichtet. Wie üblich bei zweistöckigen Pagoden, ist das Erdgeschoß quadratisch, das obere Geschoß rund im Querschnitt. Von hier hat man einen besonders guten Blick über die Anlage und über die Stadt. Im Innern werden Figuren von Shaka Nyorai und Taho Nyorai verehrt.


Kunstschätze
Die berühmte Heian-zeitliche Amida-Statue (Mikaeri Amida Nyorai, 77 cm hoch) ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Als Nationalschätze gelten eine Kamakura-zeitliche Hängerolle mit dem Thema "Yamagoshi Amida zu", Amida über den Bergen und ein Kei, eine aus der Tang-Dynastie stammende Klangplatte mit Lotus-Dekoration. Als wichtige Kulturgüter gelten das Kamakura-zeitliche Mandala "Taima mandara", ein aus der Zeit der Goryeo-Dynastie stammendes Gemälde von Buddha Shakyamuni, eine Kamakura-zeitliche Darstellung von Amida und 25 Bodhisattvas, eine Kamakura-zeitliche Darstellung der 10 großen Schüler, eine aus der Tang-Dynastie stammende Darstellung der 16 Rakan, eine Darstellung eines Medizin-Buddhas etc. Daneben besitzt der Tempel etliche andere Kunstschätze, diverse Statuen und Gemälde der Künstler Kano Motonobu ("Shakyamuni und Bodhisattvas"), Tosa Mitsunobu ("Yuzu Nembutsu Engi") und Hasegawa Tohaku ("Hatou-zu" = Wellen, "Take Tora zu" = Bambus und Tiger). Die meisten dieser Kunstwerke sind an Museen ausgeliehen. Einige werden im Rahmen einer jährlich stattfindenden Kunstaustellung gezeigt.


Haupttor

Eingang, im Hintergrund am Berghang die Pagode

Chokushi-mon (Kara-mon)

Teichgarten mitten zwischen Kakuju-dai, Ko-Hojo, Zuishi-den und Shaka-do.

rechts die Norseite des Shaka-do

rechts Gang hinter dem Shuin, im Hintergrund die Norseite des Shaka-do

 

Shaka-do durch die Bäume gesehen

Teichgarten im Norden des Shaka-do

 

ästhetisches Wechselspiel zwischen knorrigen Stämmen und zartem Ahornlaub

Shaka-do, vom Berghang aus gesehen

farbenprächtige Koi

Links im Bild angeschnitten Shaka-do

links Shaka-do, im Hintergrund Shuin

Shaka-do, Ostseite

 

Teichgarten im Zentrum der vier Hallen, Blick auf den Kakujudai


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.0144831,135.7945944,19.5z - https://www.google.de/maps/@35.0140461,135.7950376,217m/data=!3m1!1e3
eigene Webseite:
http://www.eikando.or.jp/ - http://www.eikando.or.jp/English/index_eng.htm - Liste der Kunstschätze: http://www.eikando.or.jp/English/zihouichiran_e.html - Geschichte: http://www.eikando.or.jp/English/nenpyou_e.html
John H. Martin, Phyllis G. Martin: Kyoto - 29 Walks in Japan's Ancient Capital, 376 S., Verlag: Tuttle Pub. 2011, ISBN-10: 4805309180, ISBN-13: 978-4805309186, S. 92-95
auf Discover Kyoto:
https://www.discoverkyoto.com/places-go/eikan-do-zenrin-ji/
auf JPManual:
http://jpmanual.com/en/eikando
auf Japan-Kyoto:
https://japan-kyoto.de/eikando-tempel-kyoto/
auf Kyoto Project:
http://thekyotoproject.org/english/breezeways-maples-and-eikando/
auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Eikan-d%C5%8D_Zenrin-ji
auf Japan Guide:
https://www.japan-guide.com/e/e3956.html
auf Inside Kyoto:
https://www.insidekyoto.com/eikan-do-temple-northern-higashiyama
auf Kyoto Travel: 
https://kyoto.travel/en/shrine_temple/152
auf Japan Travel:
https://www.japan.travel/in/spot/1172/
auf JNTO: Kyoto Walks
https://www.jnto.go.jp/eng/pdf/pg/pg-503.pdf
auf Japan Experience:
https://www.japan-experience.com/city-kyoto/zenrin-ji
auf Trip Kyoto:
http://eng.trip.kyoto.jp/spot/db/eikando/
Tale of Genji:
http://www.taleofgenji.org/eikan-do.html
Places of interest in Kyoto:
http://kyoto.asanoxn.com/places/higashiyama_nth/eikando.htm
auf Japan Visitor:
https://www.japanvisitor.com/japan-temples-shrines/eikando-temple
auf Travel around Japan:
http://www.travel-around-japan.com/k62-27-eikando.html
auf Japanhoppers:
https://www.japanhoppers.com/de/kansai/kyoto/kanko/813/
auf Japantravel:
https://en.japantravel.com/kyoto/eikan-do-zenrin-ji-temple-kyoto/9986
Tempel auf Kyotofukoh:
https://kyotofukoh.jp/report195.html
Grundriß:
http://en.enjoy-jp.net/img/articles/eikando_keidai.jpg - http://images.plurk.com/3DcvW31CCy9MPE1OQiYCHM.jpg - https://tokyophotolog.wordpress.com/eikando-zenrin-ji-temple-kyoto/m/
Perspektive:
http://www.eikando.or.jp/English/bird_eye_view_e.pdf
Besucher-Faltblatt des Tempels
http://www.eikando.or.jp/Guide_EN.pdf
Ian Littlewood, Ayumi Oe Littlewood: Kyoto Without Crowds, A Guide to the City's Most Peaceful Temples and Gardens, 264 S., CreateSpace Independent Publishing Platform, 1. Auflage 2018, ISBN-10: 1978158998, ISBN-13: 978-1978158993, S. 96


Eikando / Zenrin-ji (2) - Eikando / Zenrin-ji (3)

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