Bernhard Peter
Kyoto, Shozen-ji


Der Tempel Shozen-ji (Shouzen-ji) liegt im äußersten Norden von Kyoto, etwa in der Mitte zwischen Kinkaku-ji und Kamo-Schrein. Man erreicht den Tempel (Adresse: Shichiku Nishinoyamacho, Kita-ku, Kyoto-shi, 603-8444 Japan) mit öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit einer Kombination aus U-Bahn und Bus. Vom Bezugspunkt JR-Hauptbahnhof aus nimmt man die Karasuma Line der U-Bahn nach Norden und fährt bis zur Haltestelle Kitaoji. Man kann natürlich auch mit dem Bus Nr. 205 von Hauptbahnhof nach Kitaoji fahren, das dauert nur wesentlich länger. Vom dortigen Bus-Terminal ausgehend nimmt man einen Bus der Linien 1 oder 8. Die 1 fährt in Richtung Nishigamo Shako via Bukkyo University, und man steigt an der Haltestelle Gentaku-shita aus. Von dort geht man 200 m in südwestliche Richtung zum Tempel. Oder man nimmt die Buslinie Kita-1 nach Gentaku via Bukkyo University and Takagamine Genkoan, dann steigt man an der Haltestelle Murasakino Sendocho aus und geht ca. 350 m nach Norden zum Tempel. Wer nicht gerne umsteigt, kann vom Bahnhof Kyoto aus am Bussteig A3 die Buslinie 6 nach Gentaku via Bukkyo University and Takagamine Genkoan nehmen, der fährt durch bis Gentaku-shita, dabei passiert man 28 Zwischenstopps. Der Tempel liegt auch in der Mitte zwischen dem Daitoku-ji-Komplex und dem Tempel-Areal Takagamine, das läßt sich alles miteinander kombinieren, ist aber insgesamt zu viel Programm für einen Tag. Also entweder Daitoku-ji-Komplex, Imamiya-Schrein und Shozen-ji oder Shozen-ji und das Tempel-Areal Takagamine, das sind jeweils prallvolle Tage.

Das im Nordwesten angrenzende Areal "Omiya Doi-cho" läßt aufhorchen: Direkt hinter dem Tempel, von Nordosten nach Südwesten, verlief der O-doi, die 22,5 km lange Erdwall-Befestigung rings um Kyoto, die Toyotomi Hideyoshi 1591 während der Azuchi-Momoyama-Zeit in kürzester Zeit hatte errichten lassen. Außen vor dem Erdwall mit trapezförmigem Querschnitt lag ein Wassergraben, deshalb wurde das Befestigungswerk ursprünglich auch Doi-bori genannt, Erdwall-Graben. Hier ist noch ein 240 m langes Stück davon erhalten. Noch ein Stück ist östlich davon im Omiya Nishiwakidaicho erhalten. In gerader Linie ging dieser Wall dann zum Kamo-Fluß, und auch dort stehen ein paar Teilstücke des Walls. Dazwischen ist der Verlauf erkennbar an parallelen Straßenzügen, die das rechteckige Raster schräg schneiden. Im Westen stieß der Wall an die Hügel, wo heute das Shozan Resort steht, auch dort ist ein Teilstück erhalten, 610 m westsüdwestlich des Tempels. Das war die alte Außengrenze der Hauptstadt, innerhalb war Stadt, außerhalb war Land. Im Schutze dieses Walls wurde das Überschwemmungsgebiet links des Kamo-Flusses neu besiedelt. Wenige Jahrzehnte später wuchs die Stadt über diese Grenze hinaus weiter. Als das Erdwerk bedeutungslos wurde, verfüllte man den Wassergraben mit Schutt. Als im 19. Jh. die Parzellen als Bauland freigegeben wurden, verschwanden die alten Wälle zügig bis auf wenige Überreste. Allzu hoch sollte man die Erwartungen an das erhaltene Teilstück aber nicht stecken, das ist einfach ein mit ziemlich viel Gras, Unkraut und Gebüsch bewachsener, langgezogener Erdhaufen von noch beachtlicher Höhe hinter einem Maschendrahtzaun, aber nicht wirklich spektakulär, wenn es nicht so geschichtsträchtig wäre.

Der Shozen-ji wurde um 1702 in der Genroku-Zeit (1688-1704) an der heutigen Stelle gegründet. Der zur Joudo-shuu (Jodo-Schule) gehörende Tempel liegt an einer ruhigen Parallelstraße zur Shichiku-nishi-dori und wird durch das am Ende einer steilen Treppe stehende Tor (San-mon) auf der Ostseite betreten; das Gelände kann frei durchstreift werden. Am Fuß der Treppe steht rechterhand eine hohe Steinstele mit dem Namen des Tempels und der Zugehörigkeit zur Joudo-shuu. Eine zweite Stele auf der linken Seite der Treppe trägt die Inschrift "Namu Amida Butsu". Man sieht aber oben nicht viel mehr als das Tor, die Außenansichten der Hallen und den Glockenturm, dazu einen sehr interessanten Azaleen-Garten (Teien). Auf den ersten Blick hat er die Elemente eines Karesansui-Gartens mit einem Ozean aus Kies, in den Inseln aus Felsen mit umgebender Flora eingebettet sind. Wo aber in typischen Trockengärten Moosflächen die Felsen umgeben, sind es hier die Azaleenbüsche, die so geschnitten sind, daß sie flächig zusammenlaufen und wie durchgehende Kissen die Felsen umgeben. Am besten sieht man im Luftbild auf google Earth, was das Innovative und die moderne Qualität dieses Gartens ausmacht. Dieser Garten ist zur Blütezeit der Azaleen (Tsutsuji) im frühen Juni ein wirklicher und völlig unbekannter Höhepunkt. Dadurch, daß der Tempel aber nicht wirklich nahe zu irgendwelchen "besseren" oder bekannteren Zielen liegt, wird er von so gut wie allen Reisenden ignoriert. Hier ist touristenfreie Zone. Die Aufnahmen auf dieser Seite entstanden im blütenlosen September, aber man kann gut erkennen, wie aufregend und schön dieser Garten im Juni sein muß. Ein weiterer Höhepunkt dieses Gartens ist eine riesige, weiß blühende Magnolie, die Anfang April in Blüte zu sehen ist. Angeblich soll dieser Baum, der seit 2003 Naturdenkmal der Stadt Kyoto ist, 400 Jahre alt sein. In der Nähe der Haupthalle steht weiterhin eine hohe japanische Zeder.

Eine hölzerne Kalligraphietafel rechts am San-mon mit vertikaler Anordnung der Kanji nennt den Berg-Namen (San-go) des Tempels: "Hon-nen-zan Shouzen-ji". Zu den Tempelgebäuden gehört im wesentlichen die einstöckige Haupthalle (Hondo) mit breit ausladendem Irimoya-Dach im Westen des Azaleen-Gartens, auch hier gibt es eine Kalligraphietafel mit dem Sango des Tempels, "Hon-nen-zan", aber diesmal in horizontaler Anordnung der Kanji, von rechts nach links. Das Hauptkultbild des Tempels ist eine Figur von Amida Nyorai. Vom Gelände aus gelangt man durch ein Tor zum ausgedehnten Friedhofsbereich im Westen hinter dem Tempel. Eine Innenbesichtigung des Tempels wird nicht angeboten; die Hallen bleiben dem Touristen verschlossen.


Photos

 


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@35.0511896,135.7405872,21z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@35.0512642,135.7405229,51m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Shozen-ji auf Kyotofukoh:
https://kyotofukoh.jp/report2336.html
Shozen-ji bei Damien Douxchamps:
https://damien.douxchamps.net/photo/japan/kyoto/north/shozen-ji/


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