Bernhard Peter
Tempel: Kyoto, Marishisonten-do


Der Marishisonten-do (auch: Marishi-ten-do, Marishi = Name der Gottheit, ten = Gott, do = Halle) ist ein Subtempel des Kennin-ji und liegt im Stadtteil Gion (Adresse: 14 Komatsu-cho, Higashiyama-ku, Kyoto 605-0811). Er bildet die Südwestecke des großen Rechtecks im Stadtbild, das vom Kennin-ji eingenommen wird, und hat einen Zugang von Westen her von der Yamato Oji Dori und einen weiteren von Süden her von der Yasaka Dori aus. Letzterer ist der Hauptzugang, der mit einem Sanmon ausgestattet ist und gerade auf den Hondo zuführt. Im Nordosten grenzt der Tempelbereich an den Zenkyo-an, einem weiteren Subtempel des Kennin-ji. Die beiden Zugangswege werden von ein bißchen Grün gesäumt und verbergen die unspektakuläre Realität dahinter: Parkplätze. Erreichbar ist der kleine Tempel am besten über die Station Gion Shijo der Keihan Line, über die Station Kawaramachi der Hankyu Line oder ab Bahnhof mit den Bussen 100 oder 206, Haltestelle Higashiyama Yasui, Minamiza-mae. Der Tempel wird praktisch nur von Einheimischen besucht; die wenigsten Touristen verirren sich hierher.

Die hier verehrte Göttin Marishi (abgeleitet von der indischen Göttin Marici) ist eine Göttin des Lichts und der Sonne, eine mächtige Himmelskönigin. Sie wird oft auf einem Eber reitend dargestellt oder auf einem Wagen fahrend, der von Ebern gezogen wird. Diese aus dem Hinduismus entlehnte Gottheit wurde in Japan zu Marishi-Sonten und zu einer Wächtergottheit umgedeutet. Ein Priester brachte den Kult in Form einer kleinen Tonfigur Im Jahr 1327 mit, als er als Lehrer an den Tempel Kennin-ji kam. Neben dem Tempel hier in Kyoto gibt es noch zwei andere wichtige Marishi-Tempel in Japan, einen Nichiren-Tempel in Tokyo und einen Shingon-Tempel in Kanazawa. Dieser hier gepflegte Kult ist eine völlig andersartige Praxis im Vergleich zum Haupttempel Kennin-ji, der ein reiner Zen-Tempel ist. Auf der anderen Seite, wenn man die Besucher des Tempels beobachtet, gewinnt man den Eindruck, daß sie mit der handfesteren Verehrung dieser Gottheit, der man seine Wünsche sagen kann und bei der man um deren Erfüllung bitten kann, mehr anfangen können als mit den abstrakten und unpersönlichen Meditationstechniken des Zen-Tempels. Es ist eben menschlich, einen "Ansprechpartner" und "Verantwortlichen" der unbestimmten Selbstreflexion vorzuziehen.

Der Tempel hat daher einen besonderen Bezug zum Eber bzw. Schwein. Überall auf dem Gelände stehen mehrere mehr oder eher weniger kunst- und geschmackvolle Figuren des Tieres, am auffälligsten rechts und links den Eingang zum Hondo flankierend. Amulette und tönerne Votivgaben in Schweinchenform werden zum Verkauf angeboten. Die Ema sind auf der Vorderseite mit Schwein-Motiven bedruckt. Da der Eber bzw. das Schwein ein Tier des chinesischen Tierkreises ist, ist dieser Tempel besonders beliebt bei Menschen, die im Jahr des Schweines geboren sind, also ganz grob 1923, 1935, 1947, 1959, 1971, 1983, 1995 und 2007. Das nächste Jahr des Schweines wird 2019 sein. Die Überlappung mit unseren Jahren ist nicht vollständig, weil das astrologische Jahr im chinesischen Kalender später beginnt, traditionell an Li-Chun, dem Frühlingsbeginn (4. Februar, nicht identisch mit chinesisch Neujahr).


Eingang an der Yasaka Dori mit Mon

Vor dem Hondo, Südseite

Rechterhand: Gelegenheit zum Reinigen.

Statuen von Ebern bzw. Schweinen flankieren den Weg zum Hondo.

vorgezogener Eingang vor dem Hondo

Der Eber bzw. das Schwein ist ein Tier des chinesischen Zodiaks.

Der Tempel ist komplett von diesem Tier geprägt und besitzt unzählige Darstellungen des Ebers.

Deshalb ist er besonders beliebt bei Besuchern, die in einem Jahr des Schweines geboren sind.

In die Hibiskusbüsche wurden Omikuji geknotet.


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@34.9992912,135.7725431,19.25z - https://www.google.de/maps/@34.9992936,135.7725002,41m/data=!3m1!1e3
Auf den Seiten zum Kennin-ji:
https://www.japanvisitor.com/japan-temples-shrines/kenninji
Auf den Seiten zum Kennin-ji:
http://www.greenshinto.com/wp/2016/01/17/zen-and-shinto-2-kennin-ji/


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