Bernhard
Peter
Kyoto,
Jikko-in (Ohara)
Teil (1): Beschreibung und Kyakuden
Lage und
Erreichbarkeit
Der Jikko-in ist ein Tempel im Dorf Ohara am Nordrand von Kyoto,
das noch zum Stadtbezirk Sakyo gerechnet wird (Adresse: 187,
Ohara Shorinincho, Sakyo-ku, Kyoto-shi, Kyoto-fu). Er liegt
zentral in der Tempelgruppe östlich der Hauptstraße. Das Dorf
ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur per Bus erreichbar. Von
der örtlichen Bushaltestelle, die wenige Schritte südlich der
Brücke über den Takano-Fluß liegt, kurz vor der Ampel und der
Einmündung einer größeren Straße von Osten, sind es ca. 25
min. Fußweg zum Tempel. Zu den Anreisemöglichkeiten per Bahn
und Bus siehe beim Sanzen-in. Man folgt der im Kapitel zum
Sanzen-in gegebenen Wegbeschreibung bis zu diesem und geht dann
an dem Goten-mon vorbei weiter nach Norden und überquert den
Bach Ritsu-gawa. Mit ein paar Stufen getreppt führt der Weg an
der Tempelmauer vorbei. Auf Höhe der rechts des Weges
befindlichen Kaisergräber liegt der Jikko-in auf der linken
Seite. Ginge man weiter geradeaus, käme man zum Shorin-in.
Von den Tempeln im ländlichen Ohara ist der Sanzen-in der Publikums-Magnet, und da der Jikko-in nur wenige Schritte entfernt liegt, bekommt er ebenfalls den vollen Besucherstrom ab. Man kann beim Eintrittsgeld wählen, oben man mehr bezahlt und dafür eine Schale grünen Tees bekommt. Die Hauptattraktion des Tempels sind nicht seine relativ jungen Gebäude, sondern die Gärten. Entsprechend voll wird es hier zur Zeit der Herbstlaubfärbung. An einem verregneten Septembertag war der Tempel jedoch völlig leer. Das Goshuin (der Pilgerstempel) hat als Wortlaut "Bonnonjaku" für die schwarz kalligraphierte Schrift (Sumigaki), das ist der gleiche Text wie auf einem steinernen Monument im Garten (s. u.).
Geschichte
und Bedeutung
Ursprünglich hieß der Tempel Jikko-bo und war eine
Mönchsunterkunft der späten Heian-Zeit. Diese entstand in
Zusammenhang mit der Revitalisierung des Shorin-in durch den
Mönch Jakugen im Jahre 1013. Jakugen war in neunter Generation
ein Schüler von dem Tendai-Mönch Ennin (Jikaku Daishi,
794-864), der Shomyo aus China nach Japan brachte. Der Tempel
wurde von Soshin Hoin während der Oei-Ära (1394-1428) in der
Muromachi-Zeit erneut revitalisiert. Das Tempelgelände war
damals größer und lag auf dem Gelände rechts (= östlich) der
Straße, wo sich die Kaisergräber befinden. 1919 wurde das
Tempelgelände beschnitten und der Tempel auf die Westseite der
Straße verlegt. Tatsächlich wurden in diesem Tempel während
der Muromachi-Zeit die Erinnerungstafeln an die beiden Kaiser
aufbewahrt. Heute sind sie allerdings im Ohara no Misasagi in der
Nachbarschaft. Die Anlage des Jikko-in in der gegenwärtigen Form
ist also Taisho-zeitlich. Der Jikko-in ist ein Subtempel des
Shorin-in. Wie dieser gehört er der Richtung des
Tendai-Buddhismus an. Das im Tempel verehrte Hauptkultbild
(Honzon) ist ein Jizo Bosatsu (Jizo Bodhisattva). Hier wird
ebenfalls die gesangartige Rezitation gepflegt, die Shomyo
genannt wird, wie auch im Shorin-in, im Hosen-in und im Raigo-in.
Rundgang
und Beschreibung:
Man betritt den Tempel durch
das San-mon, ein schlichtes Tor mit Satteldach. In dem
Hauptgebäude dahinter befindet sich der 1921 errichtete,
Taisho-zeitliche Kyakuden (Gästehalle, Empfangshalle) linkerhand.
Auf den Ranma (Partie über den Schiebetüren, gesprochen
"Ramma") sind kleinformatige Edo-zeitliche Malereien
der Kano-Schule ausgestellt, Portraits der 36 großen
chinesischen Dichter, zusammen mit Gedichten ihrer Urheberschaft,
jeweils über ihrem Bild. In den Tatami-Räumen und in der
Schmucknische (Tokonoma) sind alte Musikinstrumente ausgestellt,
darunter Glocken, die zur Begleitung der buddhistischen Gesänge
genutzt wurden. Eine Besonderheit ist ein Lithophon, gebaut wie
unser Xylophon, nur mit Steinen als Klangelementen. Auf dem Altar
steht eine Gruppe von drei Figuren, Jizo Bosatsu als
Hauptkultbild in der Mitte, mit weißer Körperfarbe und einem
Pilgerstab in der Rechten, sitzend, mit einer kreisrunden und
oben kielbogenförmig ausgezogenen Aureole, begleitet von
Bishamonten (rechts vom Betrachter aus gesehen) als Beschützer
des Nordens und Fudo Myo-o (links vom Betrachter aus gesehen, mit
riesiger Flammen-Aureole). Die drei Figuren wirken nicht
aufeinander abgestimmt, das helle Weiß der mittleren
kontrastiert mit der schwarzen Oberfläche der beiden äußeren
Figuren, weiterhin wirkt durch die unterschiedliche
Aureolen-Gestaltung die linke Seite übergewichtet, obwohl die
Figur selbst die gleichen Proportionen wie ihr Gegenüber hat.
Parallel zum Kyakuden steht der etwa gleich dimensionierte Kuri
(nicht für Besucher zugänglich). Beide werden durch einen
schmalen Korridor miteinander verbunden.
Der Jikko-in besitzt zwei Gartenanlagen. Der eine liegt südlich der Halle Kyakuden, heißt Keishin-en und ist vom Typ eines Chisen-kanshoshiki-teien (Teich-Wertschätzungsgarten, Chi = Teich, sen = Quelle, kansho = betrachten, shiki = Stil, teien = Garten). Kei-shin-en bedeutet Garten (en) des Herz-(shin)-Versprechens (Kei). Er ist ein Betrachtungsgarten, in seiner Wirkung optimiert auf das Betrachten von der Südseite des Kyakuden aus. Der Teich, in dem Koi-Karpfen gehalten werden, wird vom Bach Ritsu-gawa gespeist. Viele klassische Elemente lassen sich wiederfinden. Der äußere Umriß des Shin-ji-ike entspricht dem Kanji für "Herz" (Shin, Kokoro). Felsen neben dem Wasserfall stehen für den mythischen Berg Horai (Horai Ishigumi) und für das Reine Land, das Paradies. Auf dem künstlichen Hügel (tsuki-yama) steht eine Kiefer, die einen Kranich (Tsuru) symbolisiert. Links daneben steht eine fünfstöckige Steinpagode. Im See selbst liegt die Schildkröteninsel (Kame-jima), so daß wir wieder beide Langlebigkeitssymbole repräsentiert haben. Rechts des Hügels liegt das Südtor der Anlage. Es handelt sich bei diesem Garten um eine spät-Edo-zeitliche Anlage.
Der zweite, flächenmäßig größere Westgarten ist ein Wandelgarten mit verschlungenen Wegen. Er ist eine spätere Hinzufügung und jünger als der zuvor vorgestellte Garten. Viele Felsen, Steinlaternen, Steinpagoden, Moosflächen etc. schaffen ein immer wieder abwechselndes Wahrnehmungserlebnis. Er bezieht geschickt nach dem Prinzip der geborgten Landschaft (Shakkei) die drei sichtbaren Berge von Ohara ein (Ohara Sanzan). Prägend sind die beiden Berge Konpira-yama und Koshio-yama. Hier wächst eine große Besonderheit, eine Kirschbaumart, die vom September bis in den Frühling hinein blüht (Fudan-zakura). So kommt es zu der äußerst seltenen Konstellation, gleichzeitig Kirschblüten (Sakura) und rote Ahornblätter (Momiji) sehen zu können. In der Kunst werden die beiden Motive als Symbole jahreszeitlicher Höhepunkte gerne gemeinsam dargestellt und als Unkin-Motiv angesprochen, z. B. auf Lackarbeiten wie Natsume. Hier kann der Besucher das mit etwas Glück selbst in natura erleben. Der Teich des Westgartens ist wie ein Flaschenkürbis geformt, in der taillierten Mitte mit Trittsteinen zum Überqueren. In der Nähe des Baches, der den Shinji-ike mit dem zweiten See verbindet, steht ein Jizo Bosatsu. In der Tiefe des Gartens befinden sich noch ein steinernes Grabdenkmal (Hokyoin-to, Houkyou-in-tou) und ein Wasserbecken, das wie ein riesiger Steinkelch geformt ist. In den Westgarten integriert ist ein Showa-zeitliches Teehaus (Rikaku-an); es wurde erst 1975 erbaut und kann von Besuchern nicht betreten werden. Bereist vor dem abtrennenden Zaun steht in der Nordwestecke des Gartens das kleine Wartehäuschen (Machiai für die Teilnehmer einer Teezeremonie). Ganz im Westen befindet sich noch ein Stein-Monument, mit der Inschrift "Bonnonjaku" in drei Kanji-Zeichen, mit "Bonnon" = "Stimme des Gebets zu Buddha" und "Jaku" = "Stille" - sinngemäß: in der Stille dieses Ortes vernimmt man die Stimme des Gebets zu Buddha.
Weg vom Sanzen-in zum Jikko-in
San-mon und Eingangsbereich
Kyakuden
einige Portraits der 36 großen chinesischen Dichter, zusammen mit Gedichten
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@35.1205836,135.8341632,19.66z - https://www.google.de/maps/@35.1205836,135.8341632,137m/data=!3m1!1e3
Jikko-in auf Japan Travel Manual:
http://jpmanual.com/en/jikkoin
Jikko-in auf
Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report134.html
Ohara: https://kyotofukoh.jp/report137.html
Auf Japan Visitor: https://www.japanvisitor.com/japan-temples-shrines/jikkoin
Ohara auf Japan Guide: https://www.japan-guide.com/e/e3932.html
Jikko-in auf Discover Kyoto: https://www.discoverkyoto.com/places-go/ohara/jikko-in/
Webseite des Tempels Jikko-in: http://www.jikkoin.com/index.php?data=./data/l3/
Ohara: https://www.discoverkyoto.com/places-go/ohara/
John H. Martin, Phyllis G. Martin: Kyoto - 29 Walks in Japan's
Ancient Capital, 376 S., Verlag: Tuttle Pub. 2011, ISBN-10:
4805309180, ISBN-13: 978-4805309186, S. 304-305
Judith Clancy, Ben Simmons: Kyoto - City of Zen, 144 S., Verlag
Tuttle Shokai Inc. 2012, ISBN-10: 4805309784, ISBN-13:
978-4805309780, S. 90-91
Besucherfaltblatt des Tempels
Jikko-in (2): Südgarten, Westgarten und Teehaus
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