Bernhard
Peter
Kyoto:
Reikan-ji
Lage
und Erreichbarkeit
Der im Stadtbezirk Sakyo
gelegene Tempel Reikan-ji gehört zur
Tetsugaku-no-michi-Tempelgruppe bzw. Philosophenweg-Tempelgruppe,
also zum nördlichsten Abschnitt der bekannten und bei Touristen
beliebten Tempelmeile zwischen Ginkaku-ji und Kiyomizudera.
Dieser nördliche Abschnitt beginnt im Norden mit dem Ginkaku-ji
und führt dann über den Honen-in und den Anraku-ji nach Süden
bis zum Reikan-ji, dann kommt ein Versatz, ehe es ab dem Eikando
weitergeht mit der Tempelreihe. Der Ennaruyama Reikan-ji ist
südlich des Anraku-ji und des Mausoleums von Kaiser Reizei an
einer Straßenkreuzung zu finden (Adresse: 12 Shishigatani
Goshonodan-cho, Sakyo-ku, Kyoto-shi, Kyoto-fu); das Eingangstor
liegt am oberen Ende einer im Südwesteck der Anlage ostwärts
bergauf führenden Stufenstiege.
Meistens wird man den Tempel im Kontext besuchen und den Philosophenweg von Norden her ablaufen, vom Ginkaku-ji her kommend, den man gut mit dem Raku-Bus 100 erreicht, oder aus Richtung Nanzen-ji, den man gut über den U-Bahnhof Keage erreicht. Wenn man jedoch gezielt nur zum Reikan-ji möchte bietet sich ab JR Hauptbahnhof die Bus-Linie 5 an, die vom Bussteig A1 bis zur Haltestelle Kinrinshako-mae auf der Shirakawa-Dori fährt (ca. 30 min., 19 Haltestellen). Das angegebene Fahrziel des Busses lautet Ginkaku-ji via Heian-jingu. Von dem Stop Kinrinshako-mae sind es 500 m zu Fuß, nächste südliche Querstraße nach Osten gehen. Man kann auch an der Haltestelle Shinnyodo-mae aussteigen. Alternativ kann man am Bussteig D1 den Raku-Bus Nr. 100 wählen mit dem Fahrziel Ginkaku-ji via Kiyomizu-dera. Ausstieg an der Haltestelle Miyano-mae-cho. Von der Lage her kann man den Besuch des Reikan-ji auch gut mit dem des Shinnyodo und des Kurodani kombinieren.
Wer von Hankyu Kawaramachi aus anreist, bekommt auch dort an der Bushaltestelle Shijo Kawaramachi am Bussteig H den Bus Nr. 5 und fährt ca. 20 min. bis Shinnyodo-mae oder Kinrinshako-ma.Alternativ kann man auch den Bus Nr. 203 mit dem Fahrziel Ginkaku-ji via Gion nehmen, der fährt in Shijo Kawaramachi an Bussteig E ab und hält ebenfalls an der Haltestelle Shinnyodo-mae.
Weit kommt man normalerweise nicht, weil dieser Tempel den größten Teil des Jahres keinen Publikumsverkehr möchte. Der Reikan-ji öffnet nur für je zwei Wochen im Frühling und im Herbst, genauer die beiden ersten April-Wochen während der hier sehenswerten Kamelienblüte und die beiden letzten November-Wochen während der Zeit der Rotfärbung der Ahornbäume, zu allen anderen Zeiten endet der Weg an einem hölzernen Gatter noch auf dem vorderen Teil des Sando (vorderer Zuweg). Wenn man also zu den genannten Zeiten in Kyoto ist, sollte man sich die seltene Gelegenheit nicht entgehen lassen, wegen der Seltenheit einer Zugänglichkeit, wegen der Malereien der Kano-Schule im Shoin und weil Gebäude und Gärten ein schönes Ensemble mit saisonalen Höhepunkten bilden.
Geschichte
und Bedeutung
Der Reikan-ji ist ein Kloster für Nonnen, und er war ein
Monzeki-Tempel, wie man an dem vielfach anzutreffenden
Chrsyanthemen-Wappen des japanischen Kaiserhauses sieht.
Gegründet wurde der Tempel im Jahre 1654 für die zehnte Tochter
des Kaisers Go-mizunoo (1596-1680, regierte 1611-1629). Sie hieß
Johosshinin-no-miya Shucho. Der Kaiser lebte damals schon nach
seinem Rücktritt vom Hofe zurückgezogen, während Kaiserin
Meisho übernahm. Prinzessin Gensho (1637-1662) war die Tochter
von Go-Mizunoo und Sono (Fujiwara) Mitsuko (1602-1656, später
als Mibu-in bekannt). Der Tempel gehört also zum Typ eines
Ama-monzeki, eines von auf diese Weise versorgten Frauen der
kaiserlichen Familie geleiteten Tempels mit großer Nähe zum
Kaiserhaus. Die also von Anfang an bestehende Monzeki-Tradition
endete erst mit den Meiji-Reformen. Seitdem wurden Angehörige
des Adels als Äbtissinnen eingesetzt. Im Inneren des Tempels
befindet sich eine kleine Ningyo-Sammlung (japanische Puppen),
die aus Geschenken der kaiserlichen Familie an die hier
untergebrachten Prinzessinnen aufgebaut wurde. Die ca. 200 Puppen
(Gosho Ningyo) umfassende Sammlung hält jedoch dem Vergleich mit
dem Hokyo-ji nicht stand.
Früher befand sich etwas weiter hoch am Berg (Nyoi-ga-take) ein anderer Tempel namens Nyoi-ji, der aber verfallen war. Doch aus dem Schutt konnte ein heiliger Spiegel (Reikan) geborgen werden, und daher bekam der Tempel seinen Namen: Tempel des heiligen Spiegels. 1687 wurde der Tempel, der sich ursprünglich etwas weiter südlich befand, unter Prinzessin-Äbtissin Fugen-in-no-miya an den heutigen Platz verlegt. Viele Gebäude des Tempels stammen aus einem ehemaligen, nicht mehr benötigten Palast des Kaisers Gosai (1638-1685, regierte 1655-1663) und wurden dem Tempel gespendet, darunter das Tor, der Shoin und der Genkan. Deshalb ist ein alternativer Name für den Tempel "Tani-no-Gosho", kaiserlicher Palast (Gosho) im Tal (Tani). Wir finden das ehemalige Palastgebäude im gegenwärtigen Shoin wieder. Aus Anlaß dieser Schenkung wurden die etwas weiter nördlich des ursprünglichen Standortes vorhandenen Palastgebäude mit den nun versetzten Strukturen neu kombiniert, der Tempel zog quasi mit seinen Gebäuden ein Stückchen nach Norden, und dort baute man aus allem etwas Neues. Ein weiterer Name ist "Shishi-ga-tani"-Kloster. Das gesamte Ensemble ist noch größtenteils Edo-zeitlich. Nur die Haupthalle ist relativ neu, denn sie wurde 1803 gebaut. Der Bau geht zurück auf eine finanzielle Zuwendung des 11. Shoguns der Tokugawa-Familie, Tokugawa Ienari (1773-1841, regierte 1787-1837). Denn während des 18. Jh. war der Tempel ein bißchen baufällig geworden, und mit dieser Spende wurde er wiederhergestellt.
Der Reikan-ji gehört zum Zen-Buddhismus in der Rinzai-Richtung und innerhalb desselben zur Schule des Nanzen-ji als Daihonzan (Haupttempel). Das hier verehrte Hauptbild (Honzon) ist eine Nyoirin Kannon, die japanische Form von Avalokiteshvara, dem Bodhisattva der Barmherzigkeit. Deshalb ist auf dem Goshuin des Tempels auch der Wortlaut "Nyoirinkanzeon" zu lesen. Zur Zeit der Kamelienblüte wird für eine begrenzte Zeit ein zweites Goshuin ausgegeben mit dem Wortlaut "Chiri-tsubaki", was eine bestimmte Kamelienart bezeichnet.
Rundgang
und Beschreibung
Eine kleine Treppe an der Straßenkreuzung führt zu einer Stiege
von ca. 30 m Länge, deren größter Teil eine steinerne
Stufenstiege ist (Ishidan = Steinstufen). Nördlich dieses
Zuweges (Sando) liegt die Halle Myoken-do (auch: Myoken-gu, wenn
man es als Schrein ansieht). Am Ende der Stiege passiert man das
1687 errichtete Omote-mon, das vordere Tor, hinter dem linkerhand
der Empfang mit Ticketbüro liegt (Uketsuke). Dahinter führt der
Weg gerade weiter zum Genkan (Dai-Genkan, großes
Eingangsgebäude). Der 1687 an seine heutige Stelle versetzte
Genkan (wichtiges Kulturgut der Präfektur Kyoto) hat seine
Hauptfront nach Süden gerichtet.
Daneben endet der Weg an einem schlichten Tor (Chu-mon, mittleres Tor) zum Garten, das in dessen Begrenzungsmauer integriert ist und ein einfaches Satteldach trägt. Der Garten mit viel Moos, Steinlaternen im Stil Hannya-ji-gata und einigen markant aufgestellten Felsen ist eine typisch Edo-zeitliche Anlage vom Typ eines Chisen-teien, eines Teich- und Wandel-Gartens. Der einst von Hangwasser gefüllte Gartenteich ist heute jedoch trocken. Der Garten hat nur schmale Wege, was bei saisonbedingtem größerem Besucherandrang schnell zum Problem wird. Der Höhepunkt des Gartens sind seine Kamelien, hier wachsen über 100 verschiedene Sorten, darunter Jikko-tsubaki (Naturdenkmal der Stadt Kyoto), Chiri-tsubaki, Hakubotan-tsubaki, Maizuru-tsubaki und viele andere mehr. Von Kaiser Go-Mizunoo besonders geschätzt wurde die Kamelie Chiri-tsubaki, deshalb hat ihr Name es auch auf das zeitweise ausgegebene Goshuin geschafft. Ein besonderer Takao-Ahornbaum ist mehr als 350 Jahre alt.
Hinter dem Omote-mon, dessen Ziegel mit dem Chrysanthemenblütenstand, dem kaiserlichen Ka-mon, als Motiv verziert sind, kann man auch nach Norden abzweigen und kommt so vor die Front der Wohn- und Küchengebäude. Ganz im Norden liegt noch ein langgestrecktes Lagerhaus (Dozo). Der Genkan ist über mehrere kurze Korridore sowohl mit dem Wohnbereich als auch mit dem östlich gelegenen Shoin verbunden. Dieser Shoin (wichtiges Kulturgut der Präfektur Kyoto) ist das ehemalige Palastgebäude des Kaisers Gosai, das dem Tempel bei seiner Verlegung 1687 gespendet wurde, und aus diesem Anlaß wurden die Tempelgebäude umgruppiert. Im Shoin gibt es Gemälde von Kano Motonobu (1477-1559) und Kano Eitoku. Dargestellt sind jahreszeitliche Blüten und Vögel (Shiki Kacho-zu). Zudem gibt es hier etliche Erinnerungsstücke an die kaiserlichen Familienmitglieder zu sehen, z. B. Briefe der Kaiser Go-nara, Ogimachi, Go-mizunoo und Go-sai, ein Kimono der Prinzessin Tofukumon-in, Kartenspiele (E-karuta) etc. Zwischen den genannten drei Gebäuden gibt es einen größeren und einen winzigkleinen Innenhofgarten.
An den Shoin ist nördlich der Oku-Shoin angebaut. Vom Shoin aus führt ein weiterer Korridor (Kairo) ostwärts und überwindet dabei einen Geländeanstieg mit zwei Stufenabschnitten und entsprechendem Dach-Versatz. Er führt zur erst 1803 errichteten Haupthalle (Hondo, wichtiges Kulturgut der Präfektur Kyoto), hinter der das Gelände weiter ansteigt. Im Hondo wird das Hauptkultbild des Tempels aufbewahrt, die Nyoirin Kannon, die ein Wunscherfüllungsjuwel besitzt und deshalb quasi omnipotent alle irdischen Wünsche erfüllen kann. Im Südosten des Geländes befindet sich neben einem größeren Massivbau (Lagerhaus, Dozo) der kleine Schrein Chinju-sha no tenmangu (wichtiges Kulturgut der Präfektur Kyoto) mit Steinlaterne davor. Dieser Schrein ist für die Schutzgottheit des Tempelareals. Im Osten läuft der Garten parkartig aus; die Wege werden weitläufiger. Weiterhin befindet sich auf dem Gelände im Nordosten ein Teehaus (Chashitsu) des Namens Senshin-tei.
Myoken-do
Myoken-do
Sando mit Ishidan
Omote-mon
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@35.0207186,135.7963315,19.79z - https://www.google.de/maps/@35.0206656,135.796327,86m/data=!3m1!1e3
Reikan-ji auf Japan Travel Manual: http://jpmanual.com/en/reikanji
Webseite des Tempels: http://www.dab.hi-ho.ne.jp/sasroku/reikanji.html
Reikan-ji auf Japan-Kyoto: https://japan-kyoto.de/reikanji-tempel-kyoto/
Reikan-ji auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report454.html
Reikan-ji bei Damien Douxchamps: https://damien.douxchamps.net/photo/japan/kyoto/sakyo/reikan-ji/
Reikan-ji auf Inside Kyoto: https://www.insidekyoto.com/reikan-ji-temple-northern-higashiyama
Reikan-ji auf Traditional Kyoto: http://traditionalkyoto.com/gardens/reikan-ji-2/
Kaiser Go-Mizunoo: https://en.wikipedia.org/wiki/Emperor_Go-Mizunoo
Reikan-ji auf Samurai Archives: https://wiki.samurai-archives.com/index.php?title=Reikan-ji
Gouverneur Mosher: Kyoto, a Contemplative Guide, Tuttle
Publishing, 1964, S. 247 ff. - https://books.google.de/books?id=wc_ZAwAAQBAJ
Reikan-ji auf Kyoto Travel: https://kyoto.travel/de/planyourvisit/events/schedule/182 - https://kyoto.travel/de/planyourvisit/events/schedule/268
auf Japan 365 days: http://www.japan365days.com/kyoto_reikanji.php
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